Wolverine: Weg des Kriegers [2013]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 11. August 2013
Genre: Action / Fantasy

Originaltitel: The Wolverine
Laufzeit: 126 min.
Produktionsland: Australien / USA
Produktionsjahr: 2013
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: James Mangold
Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Hugh Jackman, Tao Okamoto, Rila Fukushima, Hiroyuki Sanada, Svetlana Khodchenkova, Brian Tee, Hal Yamanouchi, Will Yun Lee, Ken Yamamura, Famke Janssen


Kurzinhalt:
Nach der Schlacht von Alcatraz mit ihren Folgen, hat sich Logan (Hugh Jackman) in die Berge zurückgezogen und lebt für sich allein. In Alpträumen sieht er nicht nur Jean (Famke Janssen), sondern erinnert sich auch an Ereignisse, die mehr als 50 Jahre zurückliegen. Der Tod verfolgt ihn schon so lange, wie Logan sich erinnern kann. Damals rettete er dem jungen japanischen Soldaten Yashida (Hal Yamanouchi / Ken Yamamura) das Leben. Da sich dessen Leben dem Ende zuneigt, schickt er Yukio (Rila Fukushima), um Logan aufzuspüren. Nach all der Zeit hat er einen Weg gefunden, seine Schuld zu begleichen.
Mit der Hilfe von Dr. Green (Svetlana Khodchenkova) ist es Yashida gelungen, Logans Unsterblichkeit zu beenden. Kurz darauf erliegt Yashida seinem Krebsleiden und vermacht sein Firmenimperium seiner Enkelin Mariko (Tao Okamoto), eine Schmach für ihren Vater Shingen (Hiroyuki Sanada). Doch bereits bei der Beerdigung versucht die japanische Mafia, Mariko zu entführen. Logan gelingt mit ihr zwar die Flucht, doch seine Fähigkeit zur Selbstheilung scheint ihn gerade jetzt im Stich zu lassen. Während Logan versucht, Mariko zu beschützen, wird er von Minute zu Minute schwächer. Wieso Mariko überhaupt in das Visier der Yakuza geraten ist, ist schleierhaft – Yashidas Testament ist noch gar nicht eröffnet worden ...


Kritik:
Filmemacher James Mangold bemüht sich mit Wolverine: Weg des Kriegers, dem bereits aus der X-Men-Reihe bekannten Charakter zu der eigenständigen Geschichte zu verhelfen, die er bereits im ersten Alleingang X-Men Origins: Wolverine [2009] verdient gehabt hätte. Über weite Strecken gelingt ihm das außerordentlich gut, einzig im letzten Drittel fällt er wieder in das bekannte Comic-/Superhelden-Schema zurück, das sich in den letzten zehn Jahren im Genre so oft wiederholt hat, dass es kaum mehr packt.

Die Geschichte setzt nach X-Men - Der letzte Widerstand [2006] an und zeigt, wie Logan alias Wolverine zurückgezogen in der Einsamkeit der Wildnis von Alpträumen verfolgt wird. Gibt es für jemand, dem schon zum zweiten Mal das Wichtigste im Leben genommen wurde und der mit seinen Schuldgefühlen nicht mehr leben kann, etwas Schlimmeres als die Unsterblichkeit? Dabei sieht er in seinen Träumen nicht nur Jean Grey, sondern erinnert sich auch an seine Zeit in Japan vor mehr als einem halben Jahrhundert. Damals rettete er den jungen Soldaten Yashida, eine Schuld, die dieser am Ende seines eigenen Lebens zu begleichen hofft. Er lädt Logan nach Japan ein und unterbreitet ihm ein Angebot: Yashida kann ihn sterblich machen, seinem Leid ein Ende setzen. Kurz darauf stirbt Yashida, der nicht seinen Sohn Shingen, sondern seine Enkelin Mariko zur Alleinerbin bestimmt hat und sie damit zur einflussreichsten Frau Asiens macht.

Bereits zu Beginn nimmt sich das Drehbuch von Mark Bomback und Scott Frank unerwartet viel Zeit für die Figuren und zeichnet ein von Tradition ebenso geprägtes Bild Japans, wie die Besinnung gleichermaßen auf Vergangenheit und Zukunft. Gerade deshalb passen die zahlreichen Rückblicke, die Logans Melancholie noch unterstreichen. Bei Yashidas Beerdigung versucht die japanische Mafia, Mariko zu entführen. Das Großaufgebot von Feuerwaffen und Nahkämpfern sollte Logan nichts anhaben können, doch aus irgendeinem Grund heilen seine Wunden nicht wie zuvor – er ist verwundbar.

So einfach die Idee, eine beinahe unbesiegbare Figur nicht mehr nur durch ihre Achillesferse, sondern überhaupt verwundbar zu machen, so gelungen funktioniert es hier. Noch ehe deutlich ist, was geschieht, sieht man Wolverine vor Schmerzen beinahe zusammenbrechen, sieht ihn von einer Übermacht überwältigt und es geschieht, was bei ihm schon lange nicht mehr der Fall war: Man fiebert mit ihm mit! Mit etwas Abstand reiht Regisseur Mangold hier die beiden besten Actionsequenzen, die es seit Marvel's The Avengers [2012] in einer Comic-Verfilmung zu sehen gab aneinander. Zum einen den Angriff bei der Beerdigung und zum anderen die anschließende Konfrontation auf dem Dach eines Hochgeschwindigkeitszuges. So abstrus letztere auch sein mag, sie ist so packend, dass man keine Zeit findet, über die Machbarkeit nachzudenken.

Manchen Zuschauern mag der Mittelteil, der sich um die Figuren Logan und Mariko dreht, zu lange dauern, aber es sind gerade diejenigen Momente, die Wolverine entwickeln und sich mit ihm beschäftigen, wie es zuvor in seinem letzten X-Men-Abenteuer der Fall war. Vor allem machen diese Entscheidungen der Filmemacher Wolverine: Weg des Kriegers über weite Strecken erfreulich unvorhersehbar, da sich der Film nicht im 15-Minuten-Takt zum nächsten Explosionsfeuerwerk schleppt.

Das ändert sich erst, wenn Wolverine mit seiner Begleiter- und Beschützerin Yukio Marikos Verlobten, den Justizminister Noburo in einer für ihn peinlichen Situation überrascht. Ab diesem Moment scheint die Story darum bemüht, alle Entscheidungen, welche die Figuren bis dahin dauerhaft verändert hätten, wieder auszuhebeln und außerdem ein Finale einzuläuten, wie es das Zielpublikum solcher Actionfilme erwarten würde. Das beinhaltet einen gestaffelten Aufbau, bei dem wie in einem Videospiel immer ein noch größerer Gegner folgt, ehe beim Höhepunkt die obligatorische Offenbarung auf die Zuseher wartet, die Aufmerksame schon lange haben kommen sehen.

Insofern ist es schade, dass Wolverine: Weg des Kriegers deutlich schwächer endet, als er beginnt. Dass auch in der Figur das Potential für einen mitreißenden Film schlummert, beweist James Mangold eindrucksvoll in erstklassigen Actionmomenten, die sich mit erstaunlich vielschichtigen Charakterszenen abwechseln. Das ist durchweg hervorragend gemacht und erinnert in keiner Weise an die durchwachsenen Spezialeffekte des ersten Alleingangs von Wolverine. Mit dem Verweis auf einen kommenden Comic-Film, der während des Abspanns eingestreut wird, verhält es sich, wie mit dem Film selbst. Der Cameo-Auftritt ist zu Beginn gelungen, die Auflösung wird dem allerdings leider nicht gerecht.

Die nachträgliche 3D-Konvertierung ist als solche zwar nett, für den Film allerdings vollkommen unnötig und auch nicht so gelungen wie bei anderen Sommerfilmen dieses Jahr. Den Aufpreis kann man getrost sparen.


Fazit:
Es dauert lange, ehe Hugh Jackman die Rolle des gebrochenen Logan durch Wolverine austauscht. Wenn er es tut, ist der Wandel aber perfekt gelungen. Nicht nur durch seine physisch beeindruckende Präsenz, auch durch sein gesamtes Auftreten hat er sich die Rolle so zu Eigen gemacht, dass sich daran eigentlich niemand anders je wird versuchen müssen. Dass er den anderen Darstellern dennoch Raum lässt, ist ihm hoch anzurechnen. Von den übrigen Figuren ist es bezeichnenderweise die offenkundige Mutantin Viper, gespielt von Svetlana Khodchenkova, die enttäuscht. Insbesondere die asiatischen Figuren wirken auf Grund des taktvoll eingebrachten, geschichtlichen Hintergrunds merklich facettenreicher und sind ausnahmslos gut getroffen. Ebenso der Gastauftritt von Famke Janssen, der inhaltlich sogar wichtig ist.
Regisseur James Mangold gelingt ein packender Auftakt, mit dem er sich mühelos mit den X-Men-Filmen messen kann und ein Mittelteil, der die Figuren spürbar definiert. Einzig für den letzten Akt von Wolverine: Weg des Kriegers beschwören die Macher die bekannten Klischees und Gegner auf, die so groß sind, dass ihre Bedrohung nicht von der Leinwand auf das Publikum überspringt. Das ist umso bedauerlicher, da ein konventionelleres Finale nicht nur mitreißender gewesen wäre, sondern der Film auch den Mut hätte haben können, die Figuren dauerhaft zu beeinflussen.