Loyal Friend [2024]
Wertung:
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Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 3. Juni 2025
Genre: Drama / Unterhaltung
Originaltitel: The Friend
Laufzeit: 119 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren
Regie: Scott McGehee, David Siegel
Musik: Trevor Gureckis, Jay Wadley
Besetzung: Naomi Watts, Bill Murray, Noma Dumezweni, Sarah Pidgeon, Carla Gugino, Sarah Baskin, Constance Wu, Juliet Brett, Ann Dowd, Felix Solis, Gina Costigan, Owen Teague, Josh Pais, Tom McCarthy, Bruce Norris
Kurzinhalt:
Die Teilnahme an der Trauerfeier für ihren Mentor, den bekannten Autor und Dozenten Walter (Bill Murray), fällt Iris (Naomi Watts) merklich schwer. Sie waren seit vielen Jahren eng befreundet und haben sich stundenlang über alles unterhalten können. Während Iris versucht, ihr Leben als Lehrerin zu ordnen und das Projekt abzuschließen, das sie zusammen mit Walters Tochter Val (Sarah Pidgeon) begonnen hat, eine Veröffentlichung von Walters Korrespondenz, bittet Walters Witwe Barbara (Noma Dumezweni) Iris um einen Gefallen. Es sei Walters Wunsch gewesen, dass sich Iris um Apollo kümmern würde, eine Dänische Dogge, die Walter vor einiger Zeit aufgelesen hatte. Doch die alleinlebende Iris hat keinerlei Erfahrung mit Hunden und wohnt in einem kleinen Apartment, in dem das riesige Tier kaum Platz hat. Dafür hat sie mit Apollo eines gemeinsam, sie beide trauern um Walter und wissen nicht, wie sei weitermachen sollen …
Kritik:
Die Verfilmung des Bestsellerromans Der Freund [2018] von Sigrid Nunez erzählt von einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen einer alleinstehenden Autorin und einer hühnenhaften Dänischen Dogge, derer sie sich nach dem Tod ihres Mentors annehmen soll. Mit leichtfüßigen Momenten gespickt, ist Loyal Friend im Kern ein Drama über Verlust und darüber, nicht Abschied nehmen zu können. Dank der sehenswerten und charismatischen Besetzung überzeugt das trotz inhaltlicher Längen.
Der allein in New York lebenden Iris fällt es schwer, mit dem plötzlichen Tod des bekannten Autors Walter zurecht zu kommen. Nicht nur, dass sie seit langem befreundet waren, für Walter war Iris sogar seine beste Freundin, mit der ihn mehr verbunden hat, als mit seinen drei Ehefrauen. Zuletzt sollte sie, da sie ihren vor Jahren begonnenen Roman nicht fertigstellt, ein Projekt für ihn übernehmen, zusammen mit seiner Tochter Val. Es soll eine Sammlung von Korrespondenzen sein, die er geführt hat. Doch dann lässt der plötzliche und unerwartete Tod Familie wie Freunde mit offenen Fragen zurück. Selbst diejenigen, die zu ihm hielten, als an der Universität, an der er unterrichtete, Vorwürfe von einem Fehlverhalten aufkamen. Während Iris versucht, ihr Leben zu ordnen, wendet sich die Witwe Barbara an sie mit der Bitte, ob Iris die Obhut für Apollo übernehmen könnte. Apollo ist eine Dänische Dogge, die Walter herrenlos gefunden und bei sich aufgenommen hatte. Doch Iris hat keine Erfahrungen mit Hunden und es fällt ihr schwer, einen Zugang zu dem bereits in die Jahre gekommenen Tier zu finden. Dabei vereint sie zumindest die Trauer um Walter.
Dass Iris’ Welt auf den Kopf gestellt wird, als Apollo in ihr Leben tritt, ist keine Überraschung, immerhin handelt es sich dabei um eine 75 Kilogramm schwere Dänische Dogge, die in einem Moment recht zutreffend als Pony bezeichnet wird. Loyal Friend zieht seinen zurückhaltenden Humor zum großen Teil aus diesen Momenten, in denen Iris ihr Bett einem knurrenden Apollo überlassen muss, oder der sich die Zeit mit der Wohnungseinrichtung vertreibt, während Iris ihrer Arbeit als Dozentin nachgeht. Das ist zwar amüsant und Hundebesitzerinnen wie -besitzer mögen sich darin wieder erkennen, man hat all dies aber bereits sehr oft gesehen. Die zahlreichen Spitzen zwischen den hinterbliebenen Ehefrauen sowohl untereinander als auch gegenüber Iris, um deren Beziehung zu Walter sie sie beneidet haben, geraten dabei nie verletzend oder böse. Lange Zeit ist auch die Darstellung dessen gedämpft, wie die Menschen um Walter trauern, angefangen von seiner Tochter Val, die keine Träne vergießen kann, bis hin zu Iris, deren spärliche Kontakte zur Außenwelt durch den Verlust noch weniger geworden sind. Stattdessen greifen die Regisseure Scott McGehee und David Siegel eine Nebenhandlung auf, bei der Iris Gefahr läuft, aus ihrer Wohnung geworfen zu werden, da es nicht gestattet ist, Hunde zu halten.
Während Iris beruflich kaum vorankommt und nachdem ihre wichtigste Bezugsperson weggebrochen ist, sie nun droht, noch ihr Zuhause zu verlieren, überrascht es nicht, dass sie selbst lange nicht erkennt, dass Apollo mehr ist, als nur jemand, der ebenso um Walter trauert, wie sie. Er ist auch das letzte, was sie mit Walter verbindet. Nach dem plötzlich Tod und der Art und Weise, wie er gestorben ist, hinterlässt Walter bei den Menschen in seinem Umfeld viele offene Fragen. Auch deshalb klammert sich Iris an die letzte Sprachnachricht, die sie von ihrem Mentor erhalten hatte und stellt sich in ihrer Erzählung aus dem Off unentwegt vor, was wohl Walters entscheidende Frage gewesen wäre. Die persönliche Unsicherheit, die mit einem jeden Verlust einhergeht, bestimmte Dinge nicht nochmals angesprochen zu haben, greift Loyal Friend gelungen auf und bringt diese Aspekte dank der starken Besetzung erstklassig zur Geltung. Obwohl Walter kaum zu sehen ist, ist der doch eine Präsenz während der gesamten Erzählung, so, wie die Menschen, die wir verlieren, dennoch jede freie Sekunde in unserem Leben einnehmen, nachdem wir sie verloren haben. Bei Iris gilt dies umso mehr, in Anbetracht der komplizierten Beziehung, die sie und Walter verband. Ob zum Besseren oder Schlechteren, Apollo zwingt sie dazu, sich damit auseinander zu setzen, selbst wenn das letzte, was man nach einem Verlust möchte, ist, sich die Fehler der Person vor Augen zu führen, die man verloren hat.
Statt dabei auf überspitzten Humor oder übersteigerte Dramatik zu setzen, gibt sich Loyal Friend geradezu realistisch, mit vielen leisen Momenten, in denen Naomi Watts’ Mimik, ihr Blick oder ein Zögern mehr verraten, als lange Dialoge. Nichtsdestotrotz verbringt das Drama viel Zeit damit, Iris im alltäglichen Umgang mit ihrem neuen Mitbewohner zu zeigen und insbesondere die Abende wiederholen sich in ihren Aussagen merklich. Dadurch gerät die Geschichte spürbar länger, als sie müsste und findet nur schwer einen Schluss. Während man ihr beiwohnt, ist dies aber nie langatmig. Dank einer einnehmenden Stimmung fühlt man sich beinahe, als würde man diese Figuren deutlich besser kennen. Vor allem muss man kein ausgesprochener Fan von Hunden sein, um nachempfinden zu können, was Apollos Gesellschaft für Iris bedeutet. Selbst, wenn es es sicherlich nicht schadet.
Fazit:
Auf eine so unerwartete wie für den Autorenhintergrund der Hauptfiguren passende Art und Weise finden die Regisseure Scott McGehee und David Siegel eine gelungene Möglichkeit einer letzten Aussprache zwischen Iris und Walter. Es ist der beste Abschnitt des Films, getrieben von einer Ehrlichkeit im Dialog, aus der gleichermaßen die Verletzung wie das Unverständnis hervorgeht. Hinterbliebenen bleibt dieser Abschluss in der Regel verwehrt, was den Moment um so wertvoller erscheinen lässt. Bis es jedoch soweit ist, wiederholen sich zahlreiche Aussagen des Dramas mehrmals, das mit Figuren wie manchen Ex-Frauen Walters gespickt ist, die außer einem humorvollen Moment doch nichts zur Geschichte beizusteuern haben. Mit beinahe zwei Stunden gerät dies merklich zu lang, selbst wenn Naomi Watts und Bill Murray für Vieles entschädigen. Letzteren so offen über den Tod sprechen zu hören, sorgt für eine unbeschreibliche Stimmung, die einem näher geht, als man erwarten würde. Loyal Friend erzählt eine teils berührende Geschichte über Trauer und Verlust, in der sich jede und jeder wiederfinden wird, die bzw. der bereits jemanden verloren hat. Das heißt nicht, dass dies nicht kompakter hätte erzählt werden können, die teils melancholisch traurige, mitunter amüsante Atmosphäre lässt einen darüber aber leicht hinwegsehen.