Wir waren Helden [2002]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 10. Juli 2002
Genre: Kriegsfilm

Originaltitel: We Were Soldiers
Laufzeit: 138 min. (USA) / 126 min. (Deutschland)
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Randall Wallace
Musik: Nick Glennie-Smith
Darsteller: Mel Gibson, Madeleine Stowe, Greg Kinnear, Sam Elliott, Chris Klein


Kurzinhalt:
Lieutenant Colonel Hal G. Moore (Mel Gibson) ist ein erfahrener Soldat und Stratege; er hat bereits im Korea-Krieg gekämpft und als er am 14. November 1965 vietnamesischen Boden betritt, ahnt er noch nicht, dass er und seine 400 Männer des Ersten Bataillons der Siebten Kavallerie hoffnungslos unterlegen sind. Gegen 2000 feindliche Soldaten müssen sie antreten und beginnen damit die erste Schlacht zwischen Amerikanern und Vietnamesen.
Zu Hause wartet seine Frau Julie (Madeleine Stowe) mit seinen fünf Kindern und muss sehr schnell lernen, dass die ersten Briefe mit den Todesmeldungen der Ehemänner eintreffen. Sie erklärt sich bereit, den Frauen diese schreckliche Nachricht selbst zu überbringen, da vom Militär keiner dazu bereit ist.
Moore muss unterdessen im "Ia Drang Tal" (genannt "Valley of the Shadow of Death") schwere Verluste hinnehmen und sich mit taktischer Raffinesse gegen die Übermacht behaupten.


Kritik:
Wer einen kurzen Blick auf die technischen Angaben des Films wirft, wird feststellen, dass der Film hierzulande 12 Minuten kürzer ist, als die amerikanische Kinofassung. Ob es angesichts der Tatsache, dass es sich um einen Kriegsfilm handelt, den sich ohnehin überwiegend Erwachsene anschauen, von Seiten des Verleihs nötig war, den Film zu kürzen, um dadurch eine FSK-16-Freigabe zu erhalten, wage ich zu bezweifeln und finde ich mehr als ärgerlich. Denn um den Film hoffentlich ungekürzt sehen zu können, muss man in Deutschland wohl auf die Video-/DVD-Veröffentlichung warten. Ich persönlich hatte jedenfalls beim Kinobesuch hin und wieder das Gefühl, dass auf Grund einer seltsamen Schnittabfolge etwas fehlte.

Wir waren Helden ist leider nicht das, was ich von einem Anti-Kriegsfilm mit Mel Gibson erwartet hätte, vor allem scheint er irgendwie kein Anti-Kriegsfilm zu sein.
Sicher, dass Kämpfe hart, brutal und unbarmherzig sind, das zeigt der Film eindrucksvoll, die Grundaussage lautet jedoch, dass ein Krieg gerechtfertigt ist, wenn man anderen Leuten helfen will und vor allem, wenn man am Schluss gewinnt. Das haben die Amerikaner in Vietnam zwar nicht, aber davon ist in dem Film auch nichts zu sehen. Selbst die Texttafeln am Schluss sagen nur, dass 60.000 Amerikaner in Vietnam gefallen sind – dass der Krieg dennoch verloren wurde, wird nicht erwähnt.

Ich wage zu behaupten, dass der Film wahrscheinlich deutlich besser geworden wäre, wenn Mel Gibson und nicht Randall Wallace auf dem Regiestuhl gesessen hätte – dessen letzte Regiearbeit Der Mann in der eisernen Maske [1998] mit Leonardo DiCaprio war alles andere als ein Meisterwerk.

Doch die Regie ist ansich nicht das Hauptproblem, vielmehr das Drebuch und die Story, diese ist nämlich nicht gerade vielschichtig: einerseits wird Hal Moore in Vietnam gezeigt, nachdem er anfangs als Familienvater eingeführt wurde, andererseits gibt es seine Frau Julie, die den Witwen die traurigen Nachrichten überbringt. Bei Moore konzentriert sich alles auf eine Schlacht an verschiedenen Fronten. Da man als Zuschauer die genaue Lage des Geländes aber gar nie gesehen hat, ist man von verzweifelten Funksprüchen, die das Zusammenbrechen der Charlie-Kompanie dokumentieren, nicht sonderlich berührt – man weiß ja gar nicht, was das für Auswirkungen hat.
Dabei sind die Schlachtszenen selbst wirklich eindrucksvoll inszeniert – und brutal dazu. Die FSK-Freigabe ist (einmal mehr) ein absoluter Witz. Krieg ist nicht schön, Krieg ist brutal mit zerfetzten Leiber und verstümmelten Menschen, aber das heißt nicht, dass so etwas 16-jährigen vorgesetzt werden muss.

Den Hauptdarstellern kann man nur ein Kompliment machen, sei es Mel Gibson, Madeleine Stowe, Greg Kinnear oder Chris Klein. Sie alle spielen wirklich hervorragend und geben ihren Charakteren eine Glaubwürdigkeit, die der Film dringend nötig hat. Auch die Pyrotechniker hatten offensichtlich ein wahres Fest – der Kriegsschauplatz der Landezone X-Ray wurde bei Tag und Nacht befeuert und gesprengt.

Die Musik von Nick Glennie-Smith ist sehr gut gelungen, er hat zwar sehr wenige Themen geschrieben, variiert diese aber ständig und verleiht dem Film eine Ruhe, die man in den Kampfszenen nicht erwartet hätte.

Den einzigen, dafür aber großen, Vorwurf muss ich dem Drehbuchautor und dem Regisseur machen. Dass die Geschichte auf Grund der Romanvorlage nicht sehr komplex erscheint, ist eine Sache, die häufig kitschigen, patriotischen und völlig überflüssigen Szenen hätten aber spätestens beim zweiten Drehbuchentwurf herausgestrichen werden müssen.
Der Film trieft nicht wie andere Kriegsfilme auf ganzer Länge vor amerikanischem Pathos, er zeigt ihn nur geballt in manchen Szenen. Da stirbt ein Soldat tausende Kilometer von seiner Heimat entfernt in einem Leichenberg, für einen Krieg über dessen Sinn er gar nichts weiß, aber seine letzten Worte sind: "Ich bin froh, für mein Land zu sterben."
Oder Hal Moore bittet in der Kirche um Gottes Beistand für die kommende Schlacht und auch für die gegnerischen Soldaten, die auch nur ihre Pflicht tun – dann fügt er hinzu, dass Gott ihm die Macht geben soll, diese Heiden in Stücke zu zerfetzen.
Mein persönlicher Favorit ist allerdings der "running gag" von Sergeant Major Basil Plumley (Sam Elliot), der auf dem Stützpunkt von einem Soldaten täglich gegrüßt wird und ihm täglich eine neue Beleidigung an den Kopf wirft, woher er denn wisse, wie gut der Tag werden würde. Nach einem Tag der Schlacht, an dem die Amerikaner 40 Soldaten verloren und unzählige getötet haben, steht der Major vor eben diesen Soldaten und sagt ihm ins Gesicht "das war ein guter Tag".
Irgendwie wusste ich nicht, ob das ironisch gemeint war – wenn ja, dann war es pietätlos und unpassend und wenn nicht, dann war es schlicht und ergreifend peinlich und schlecht.

Einige Punkte, die meiner Meinung nach sehr interessant und wichtig sind, spricht der Film nur am Rande an, so wird anfangs gesagt, dass Moore die neueste Technologie zur Verfügung stehen würde und auch die Landkarten, die sie zur Verfügung haben, sind detaillierter als alles, was vorher zugänglich war.
Die Vietnamesen hingegen, erarbeiten ihre Strategie mit handgezeichneten (!) Karten, die nur wenige Markierungen enthalten und grobe Umrisse für Berge und Täler. Und doch sind sie am Ende des Krieges siegreich, sie zwingen die mächtigen und fortschrittlichen USA in die Knie – eine Ironie der Geschichte.

In diesen Szenen, in denen das Geschehen von vietnamesischer Seite aus gezeigt wird, könnte man dem Film beinahe Objektivität zusprechen. Nur tangiert er den eigentlichen Grund, weshalb die USA in den Krieg eingetreten sind, überhaupt nicht. Auch, dass - wie Mel Gibson es selbst zugibt - die USA in dem Krieg eigentlich nichts zu suchen hatten, wird völlig außer Acht gelassen.
An Klischees wird freilich nicht gespaart, da erzählt ein Soldat, dass seine Freundin zu Hause ein Kind bekommen hat – und wenige Sekunden später ist er tot. Schema-F wenn es darum geht, dem Zuschauer die Soldaten des Krieges nahe zu bringen und persönliche Schicksale zu vermitteln.

Während des Kampfes wird zweimal eine Szene eingeschoben, in der das US-Militär-Hauptquartier in Saigon gezeigt wird, wo sich Strategen die Köpfe darüber zerbrechen, wie sie den Krieg weiterführen sollen. Nicht nur, dass dem Zuschauer die dort gezeigten Personen völlig unbekannt sind und die Szenen ruhigen Gewissens, ohne den Inhalt zu beeinträchtigen, herausgeschnitten werden könnten, sie sind auch noch schlecht gespielt.
Wenn ein Verantwortlicher des Militärs angesichts der katastrophalen Verluste der Amerikaner geistesgegenwärtig sagt "das können wir nicht mehr vertuschen", dann frage ich mich erneut, ob das ironisch gemeint ist – immerhin haben sie es Jahre lang getan.
Der einzige Sinn der ersten Szene ist es, zu zeigen, dass die Militäroberhäupter die Schlacht schon verloren glauben und wenigstens Colonel Moore retten möchten – die Soldaten zu verlieren ist zwar bedauernswert, Moore zu verlieren wäre aber eine Tragödie.

Auch die Szenen im Stützpunkt mit Moores Frau sind ansich gut gespielt und fotografiert. Allerdings walzt die Geschichte das Überbringen der Todesnachrichten in einer Szene derart aus, dass man schon fast wieder das Interesse daran verliert.
Einen ähnlichen Effekt haben die Macher verwendet, als sie die Bilder des Photografen Joseph Galloway in den Film eingebracht haben. Da werden Schwarzweiß-Aufnahmen mit dem Darsteller in Überblendung zusammengeschnitten, auf Krampf intellektuell anspruchsvoll. Dabei hätte es doch gereicht, nur die Bilder zu zeigen – oder hätte das das amerikanische Publikum nicht verstanden?

Mit wenigen Änderungen hätte der Film besser abgeschnitten, so wird jedoch das Drama in den Hintergrund gedrängt und der Zuschauer mit einer Bilderflut von Kriegsszenen überschüttet. Von "War-Entertainment" ist das nicht mehr weit entfernt.

Andere Filme wie Der Soldat James Ryan [1998] haben eindrucksvoll gezeigt, dass ein Anti-Kriegsfilm den Zuschauer schockieren und abschrecken kann, gleichzeitig jedoch auch eine fesselnde (wenngleich inhaltlich manchmal dürftige) Story bietet, weil die Macher es verstanden, aus den vorhandenen Szenen ein Optimum herauszuholen.
Der schmale Grat [1998] ist in meinen Augen ein sehr guter Film, weil er künstlerischen Anspruch mit Kriegsgeschehen verbindet und den willigen Zuschauer auf eine Bilderreise mit Widersprüchen zwischen Landschaft und Krieg mitnimmt.
Der Soldat James Ryan ist in einem Wort ein Meisterwerk, ebenso wie Platoon [1986].

Einen Kinobesuch würde ich denen empfehlen, die den Film auf großer Leinwand und mit sehr gutem Ton sehen, beziehungsweise hören möchten. Wer einen guten Fernseher und eine leistungsstarke Soundanlage hat, kann jedoch getrost auf die Video-/DVD-Veröffentlichung warten.
Der Film ist nicht schlecht - wirklich nicht - vor allem Kamera, Schnitt, Musik und Darsteller sind gut bis sehr gut. Nur dem Drehbuch und der Regie hätte eine Generalüberholung gut getan.


Fazit:

Wir waren Helden
zeigt leider nichts, gar nichts, was man nicht in anderen Filmen schon gesehen hat. Die Brutalität wird hier zwar nicht versteckt, war aber in anderen Filmen abschreckender zu sehen. Für ein Drama ist er nicht dramatisch und ergreifend genug, obgleich die Schlachtszenen zwar recht spannend inszeniert sind, aber bei weitem nicht so episch wie in Der schmale Grat oder so erschütternd wie in Der Soldat James Ryan.
Zuletzt wirkt der Film nicht wie ein Anti-Kriegsfilm, da der Krieg an sich nicht verurteilt wird und die Sinnlosigkeit des gesamten Konflikts in Vietnam nicht angesprochen wird.