Wild Things [1998]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 23. Juli 2017
Genre: Thriller / Krimi

Originaltitel: Wild Things
Laufzeit: 108 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1998
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: John McNaughton
Musik: George S. Clinton
Darsteller: Matt Dillon, Neve Campbell, Denise Richards, Kevin Bacon, Theresa Russell, Daphne Rubin-Vega, Robert Wagner, Bill Murray, Carrie Snodgress, Jeff Perry, Cory Pendergast


Kurzinhalt:

An sich könnte es dem Vertrauenslehrer Sam Lombardo (Matt Dillon) in Florida nicht besser gehen. Die Frauen scheinen ihm zu Füßen zu liegen und er ist bei Freunden und Kollegen angesehen. Doch eines Tages behauptet seine Schülerin Kelly Van Ryan (Denise Richards), die ihm seit langem eindeutige Avancen machte, dass er sie vergewaltigt habe. Während die Polizisten Ray Duquette (Kevin Bacon) und Gloria Perez (Daphne Rubin-Vega) ermitteln, zieht Kellys reiche und einflussreiche Mutter Sandra (Theresa Russell) alle Fäden, um Sam das Leben zur Hölle zu machen. Zweifel an Kellys Behauptung bleiben, bis mit Suzie Toller (Neve Campbell) eine weitere Schülerin auftaucht, die behauptet, ebenfalls von Sam Lombardo vergewaltigt worden zu sein. Zusammen mit seinem Anwalt Ken Bowden (Bill Murray) stellt sich Sam dem Prozess, aber wie die Polizei feststellen muss, ist hier lange nichts so, wie es scheint …


Kritik:
Wild Things beginnt als erotisch elektrisierte, leichtfüßige Unterhaltung, wandelt sich dann in ein Drama um ein sexuelles Gewaltverbrechen und wechselt im Anschluss wieder das Genre hin zu einem Crime-Thriller, der bis in den Abspann hinein Haken schlägt, die man beim ersten Ansehen unmöglich vorhersehen kann. Angesiedelt in Süd-Florida erzählt Regisseur John McNaughton eine Geschichte voller moralischer Abgründe und böser Menschen – aber gleichzeitig mit einem bitterbösen, satirischen Unterton, dass es in gewissem Sinne eine Freude ist, zuzusehen.

Was dabei vom ersten Moment an auffällt ist die frotzelnde Musik von Komponist George S. Clinton, der die Stimmung der Geschichte perfekt trifft. Er untermalt die von der ersten Einstellung an beinahe ansteckend schwüle Atmosphäre in der Nähe der Everglades, dem Marschland, in dem ein Teil des Films auch spielt und in das sich der Vertrauenslehrer Sam Lombardo regelmäßig zurückzieht. Er ist bei Schülern wie Schülerinnen beliebt; bei letzteren nur etwas mehr. Als geborener Gigolo verbringt er kaum einen Abend allein. Wie es aussieht, hat seine Schülerin Kelly Van Ryan, deren Mutter Sandra über ein großes Vermögen und ebenso viel Einfluss verfügt, es auf Sam abgesehen. Eines Tages, nach einer Autowaschaktion, die zur Tradition des Abschlussjahrgangs gehört, bezichtigt Kelly Sam, ihn vergewaltigt zu haben.

Während die Polizisten Ray Duquette und Gloria Perez Ermittlungen aufnehmen, nimmt sich Sam notgedrungen und von allerlei gesellschaftlichen Anlässen ausgeschlossen, den Anwalt Ken Bowden (Bill Murray in einer herrlichen Darbietung, die durch seine Körpersprache ungemein gewinnt). Die Frage, die die Polizisten beschäftigt: Sagt Kelly die Wahrheit? Oder kommt sie als verwöhntes Gör mit einer Zurückweisung durch Sam Lombardo nicht zurecht? Doch dann wendet sich die im sozialen Abseits gelandete Schülerin Suzie ebenfalls an die Polizei und behauptet, Lombardo hätte sie im vergangenen Jahr bereits vergewaltigt.

Mehr sollte man über Wild Things nicht verraten, um die vielen Wendungen der Geschichte nicht vorwegzunehmen. Außer vielleicht, dass man hier besser niemandem trauen sollte. Das würde auch für die Figuren in der Geschichte gelten. Filmemacher McNaughton spickt seinen Crime-Thriller von Beginn an mit aufreizenden Einstellungen, vor allem von Denise Richards, die in der Rolle der verwöhnten Kelly schlicht perfekt besetzt ist. Sieht man sie, vor ihrer Mutter um jede Träne bemüht, die Ereignisse der von ihr behaupteten Vergewaltigung schildern, bleibt ein Hauch Zweifel übrig. Erscheint sie andernorts mit der Situation vollkommen überfordert, überzeugt sie ebenso wie in den erotischen Eskapaden. Ihr gelingt hier eine Balance zwischen Furie und teuflischem Unschuldsgesicht, die man nicht erwarten würde. Matt Dillon und Neve Campbell machen ihre Sache ebenso gut, wie auch Kevin Bacon, dessen Figur, der Polizist Ray, im Laufe des Films eine größere Rolle einnimmt.

Sieht man sich die immer abstrusere Wendungen annehmende Geschichte an, mag man gar nicht vermuten, wie viele Abgründe sich hinter den Bilderbuchfassaden in diesem Urlaubsparadies verbergen. Dass die zentralen Figuren im Grunde alle widerliche Persönlichkeiten sind, steht dabei außer Frage, umso passender ist es mitzuerleben, wie sie am Ende alle ihre Strafe erhalten.
Wild Things spielt mit den Erwartungen seines Publikums, was als nächstes geschehen sollte und dreht die Story dann bewusst in eine andere Richtung. Das ist am Ende nicht immer ganz logisch, aber mit einem schelmisch grinsenden Unterton inszeniert, so dass selbst die Gewaltspitzen hier nie zu brutal erscheinen. Zumindest den Beginn des Abspanns sollte man darüber hinaus unbedingt mit ansehen, da hier Schlüsselmomente erklärt werden. Und wer den Film mit diesem Wissen danach nochmals ansieht, der erkennt, dass Vieles bedeutend mehr Sinn ergibt, als beim ersten Mal.


Fazit:
Nicht nur an der gelungenen musikalischen Untermalung werden die Anleihen an Altmeister Alfred Hitchcock deutlich. Zu behaupten, hätte die Regie-Legende einen anzüglichen Crime-Thriller inszenieren wollen (oder zu seiner Zeit überhaupt können), dass dieser vielleicht ähnlich ausgesehen hätte, mag zu viel des Guten sein. Aber Wild Things hätte ihm vermutlich gefallen. John McNaughtons mit durchaus knisternden Sex-Szenen durchsetzter "Was-ist-passiert"-Thriller ist sicherlich kein sehr guter Film. Doch als das, was er sein möchte, ein anzüglicher Noir-Krimi mit eindeutigen B-Film-Elementen mit einer dazu passenden, fantastisch eingefangenen Atmosphäre, der sich dessen auch bewusst ist, könnte er besser kaum sein.Vor allem ist er für die heiße Jahreszeit und das richtige Publikum immer noch ein amüsanter, fieser, kleiner Thriller.