The Shield – Gesetz der Gewalt (Pilotfilm) [2002]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 05. August 2004
Genre: Thriller / Drama

Originaltitel: The Shield: Pilot
Laufzeit: 44 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Clark Johnson
Musik: Matthias Weber
Darsteller: Michael Chiklis, Catherine Dent, Walt Goggins, Michael Jace, Kenny Johnson, Jay Karnes, Benito Martinez, CCH Pounder


Kurzinhalt:
Der Los-Angeles-Distrikt Farmington ist ein heißes Pflaster und eine Hochburg der Drogendealer – dem versucht das hiesige Polizeipräsidium unter Captain David Aceveda (Benito Martinez) Herr zu werden.
Ebenfalls zur Polizei gehört Detective Vic Mackey (Michael Chiklis). Mit seinem brutalen und gnadenlosen Strike Team hat er sich einen Namen gemacht, und hält die Straßen mit zweifelhaften Methoden sauber; aber er ist wie seine Team-Kollegen korrupt und lässt seinen Agressionen während des Dienstes freien Lauf.
Dies ist dem ehrgeizigen Captain natürlich ein Dorn im Auge. Deshalb setzt Aceveda den Polizisten Crowley (Reed Diamond) auf das Strike Team an, der sich einschleusen und Beweise gegen Mackey sammeln soll – doch schon beim ersten Einsatz wird Crowley von Mackey erschossen.
Währenddessen versuchen die Detectives Claudette Wym (CCH Pounder) und Holland Wagenbach (Jay Karnes) ein vermisstes Mädchen zu finden, das von ihrem Vater für Drogengeld verkauft wurde ...


Kritik:
Nie ist sie da, wenn man sie braucht – und wenn doch, dann muss sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie mit übermäßiger Gewalt die Situation löst. Die Polizei hat es nirgendwo auf der Welt wirklich leicht, in Städten wie Los Angeles in den USA aber insbesondere deshalb schwer, weil der multikulturelle Schmelztiegel einfach stets kurz vor dem Überkochen ist. In Gegenden, in denen Drogenhandel und Prostitution das Straßenbild prägen, hat man indes beinahe das Gefühl, dass die Streifenpolizisten eher geduldet werden, als dass sie die Lage kontrollieren.
Diesen Cops eine Serie zu widmen, ist keine neue Idee: Eine gute Polizeiserie wie NYPD Blue [1993-2005] ist dafür ein Beispiel, Homicide: Life on the Street [1993-1999] ein weiteres, und mit der exzellenten, vielschichtigen und leider oft unterschätzten Dramaserie Third Watch - Einsatz am Limit [seit 1999] gibt es sogar einen Vertreter, der neben New Yorker Polizisten auch noch eine Feuerwehrwache und einen Trupp Sanitäter portraitiert. Aber obgleich letztere Serie mit einigen zunächst sehr unsympathisch erscheinenden Charakteren aufwartet, zieht Third Watch die Zuschauer aber gerade dadurch in den Bann, dass die Figuren lebensnah gestaltet sind, ihr Zynismus und ihre Verbitterung, auch ihre impulsiven Reaktionen nur menschlich sind und man ihre Entwicklung stets nachvollziehen kann. Einen grundlegend unsympathischen Charakter gibt es nicht, auch wenn man manche nicht sofort verstehen kann.

Betrachtet man auf der anderen Seite die erste Episode von The Shield, wird das Grundproblem recht deutlich: Hauptcharakter Vic Mackey ist nicht nur korrupt, er ist zudem gewalttätig, verprügelt regelmäßig Verdächtige, schüchtert Zeugen ein und kassiert von Drogendealern regelmäßig seine Anteile. Für den Zuschauer zweifelsohne überraschend ist jedoch, dass er nicht einmal davor zurückschreckt, einen Kollegen, der gegen ihn (und ja durchaus zurecht) ermittelt, einfach im Dienst zu erschießen. Verständlich also, dass spätestens hier jegliche Sympathie des Zuschauers verflogen ist. Sein Vorgesetzter Aceveda benutzt Mackeys Talente zwar, um wichtige Informationen zu erlangen, sieht seine eigene Position im Präsidium aber nur als Übergangslösung, bis er einen besseren Job gefunden hat. Mit Claudette Wym befindet sich darüber hinaus eine Polizistin im Team, die von Mackeys dunklen Machenschaften weiß, sich aber dennoch zurückhält, da sie seine Mittel bei dem offensichtlichen Erfolg für gerechtfertigt hält.
Bleibt Wyms Partner Holland Wagenbach, der angesichst einer weiblichen Leiche nicht umhin kann, deren Oberweite zu bewundern – dabei ist er noch der Sympathischste in der ganzen Truppe! Und wären da nicht die beiden Streifenpolizisten Danielle Sofer (Catherine Dent) und Julien Lowe (Michael Jace), von denen man bisher noch nicht viel gesehen hat, dann würde die ganze Truppe von The Shield dem Zuschauer einen Schauer über den Rücken jagen. Das mag von den Machern durchaus beabsichtigt sein – immerhin ist das Strike Team in der Serie der realen Anti-Drogen Truppe der Rampart Division's des LAPD nachempfunden, das wegen Korruption und Amtsmissbrauch vor Gericht stand – man fragt sich aber trotzdem, ob man denn solche Charaktere in einer Serie noch glorifizieren muss; immerhin begründet sich ihr Erfolg eben auf die fragwürdigen Methoden.
Insofern entspricht das Ergebnis wohl genau dem, was Drehbuchautor und Serienerfinder Shawn Ryan beabsichtigt hatte, obwohl die beiden Fälle, die in der Pilotfolge gezeigt werden, alles andere als komplex oder gut präsentiert sind. Dialoge und Verhaltensweisen unterscheiden sich bis auf die offensichtlichen Ausrutscher in die tiefschwarzenen Zonen jenseits von Gut und Böse nicht von bisherigen Cop-Shows. Deshalb wird man die ersten Episoden abwarten müssen, ob The Shield tatsächlich die Lorbeeren verdient, die es in den USA einheimsen konnte, selbst wenn die Serie in der kürzlich abgeschlossenen dritten Staffel bei den Emmy-Nominierungen übergangen wurde – und zwar gänzlich.

Die Darsteller sind ansich nicht schlecht gewählt und scheinen mit genügend Engagement dabei zu sein; Michael Chiklis ist durchaus charismatisch und geht in seiner Rolle als böser Cop vollends auf, wohingegen CCH Pounder zwar nicht fehlplatziert, aber doch unterfordert wirkt. Von Michael Jace hat man bislang ebensowenig gesehen, wie von Catherine Dent; einzig Jay Karnes kann in der Pilotfolge ein paar Pluspunkte als undurchsichtiger, wenn auch nicht unfähiger Polizist verbuchen.
Der übrige Cast, wie Benito Martinez, und die Gastrollen sind gut besetzt, bekommen hier aber noch nicht allzuviel Arbeit. Die weiteren zwölf Folgen der ersten Staffel werden zeigen, ob die Schauspieler den hoch gesteckten Erwartungen gerecht werden.

Inszenatorisch gibt The Shield leider als ein äußerst zweispältiges Bild ab; einerseits sind manche Aufnahmen recht gut zusammengestellt, andererseits macht einem die ständige Handkamera auch in engen Räumen mit verwackelten Aufnahmen und den pausenlosen, fast schon peinlichen Zooms arg zu schaffen.
Als dieser Stil vor elf Jahren mit NYPD Blue eingeführt wurde, hatten die Macher zwar ebenfalls mit dem Problem des konstant verlorenen Fokus zu kämpfen; dass man bei einer neuen Serie aber immer noch auf das Hindernis stößt, ist verwunderlich und ärgerlich zugleich. So wirkt The Shield zusammen mit dem Einsatz eines permanenten Farbfilters außerhalb von Gebäuden und den im Musiktakt stattfindenden Schnittfolgen wie ein viel zu langer und viel zu hektischer Videoclip.
Das mag zwar den dokumentarischen Charakter der Serie unterstreichen, erscheint aber besonders bei den Innenaufnahmen völlig unpassend. Hier hätte man gerade von einer aktuellen Produktion deutlich mehr erwarten dürfen.

In Bezug auf die Musik lässt sich hingegen kaum eine Bewertung abgeben – vor allem, weil es keinen klassischen Score gibt, sondern entweder gesungene Lieder im Hintergrund, oder Ambient-Stücke, die die jeweilige Szene unterstützen sollen.
Dass angesichts des Themas keine angenehm-harmonische Musik verwendet wurde, kann man den Machern nicht verdenken, ruft aber eine weitere Frage auf den Plan: Die wenigesten erwachsenen Zuschauer können mit einer derartigen Inszenierung samt lauter und schneller Musik etwas anfangen, dafür macht das Gezeigte einen allzu durchgestylten Eindruck; andererseits richtet sich die Serie inhaltlich aber vor allem an ältere Zuschauer und ist für Kinder und Jugendliche eigentlich ungeeignet.

Als sogenannte Mid-Season-Serie wird The Shield in den USA zwischen Frühjahr und Sommer ausgestrahlt, so dass das jeweilige Staffel-Finale mit denjenigen der "normalen" Serien (zu sehen zwischen Herbst und darauffolgendem Frühsommer) zusammenfällt – dadurch ergibt sich die geringe Episodenanzahl pro Staffel. Die vierte Staffel wird in den Staaten ab Frühjahr 2005 zu sehen sein, wobei die Macher für die aktuelle dritte Staffel viel Kritik einstecken mussten; offensichtlich war den Zuschauern und Programmverantwortlichen der Inhalt bisweilen zu kontrovers.
Dabei spricht ansich nichts gegen eine Serie, die den Polizeialltag naturgetreu widergibt – ob dann aber wirklich alle Charaktere so unsympathisch und ihre Verhaltensweisen oft unverständlich sein müssen, sei dahingestellt.


Fazit:
Nach den Lobeshymnen auf The Shield ist die Ernüchterung zuerst groß: Der Pilotfilm bietet nichts, was man nicht schon einmal zuvor – und besser – gesehen hätte, die Darsteller machen ihre Sache zwar gut, aber die Hauptfiguren werden dadurch nicht unbedingt sympathischer.
Ob sich die Serie aber ihr Publikum erhalten kann, liegt vor allem an den nächsten Episoden, denn dass sich dahingehend viel ändern kann, haben erfolgreichere Formate bereits bewiesen.
Nach dem Pilotfilm zu urteilen, ist verständlicherweise immer schwer; hier enttäuschen aber neben den unspektakulären und eher platt dargebrachten Fällen vor allem die unausgegorene Inszenierung und die Charaktere, mit denen man sich beim besten Willen nicht identifizieren kann – und auch nicht sollte.