Star Trek: Raumschiff Voyager: „Endspiel“ [2001]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 3. März 2019
Genre: Science Fiction / Action

Originaltitel: Star Trek: Voyager: „Endgame“
Laufzeit: 90 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2001
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Allan Kroeker
Musik: Jay Chattaway, Jerry Goldsmith (Titelmelodie)
Darsteller: Kate Mulgrew, Robert Beltran, Roxann Dawson, Robert Duncan McNeill, Ethan Phillips, Robert Picardo, Tim Russ, Jeri Ryan, Garrett Wang, Dwight Schultz, Vaughn Armstrong, Manu Intiraymi, Alice Krige, Lisa LoCicero, Amy Lindsay


Kurzinhalt:

Als die Crew der U.S.S. Voyager, die sieben Jahre zuvor im Delta-Quadranten gestrandet war und immer noch Jahrzehnte braucht, um zur Erde zurückzukehren, in einem nahegelegenen Nebel eine unwahrscheinlich große Anzahl Wurmlöcher entdeckt, kann Fähnrich Harry Kim (Garrett Wang) seine Begeisterung kaum bändigen. Was, wenn eines zurück in den Alpha-Quadranten führt? Da sich Dutzende Borg-Schiffe in dem Nebel befinden, entscheidet Captain Janeway (Kate Mulgrew), dass dies das Risiko nicht wert sei. Doch dann erscheint urplötzlich ein Shuttle vor ihnen, das aus der Zukunft stammt – an Bord ist Admiral Janeway, die mehr als 25 Jahre in ihre Vergangenheit gereist ist. Ihr Ziel ist, einen ihrer größten Fehler zu korrigieren und der Crew einen Weg nach Hause aufzuzeigen. Aber nicht nur, dass sie dafür ihr jüngeres Ich überzeugen muss, die Crew muss sich entscheiden, ob sie das Netz aus Transwarp-Kanälen in dem Nebel benutzen will, um zur Erde zu gelangen, oder die Technik zu zerstören und der Borg-Königin (Alice Krige) damit empfindlich zu schaden …


Kritik:
Nach sieben Jahren und mehr als 170 Episoden setzt die Crew des Raumschiffs U.S.S. Voyager zur letzten Etappe ihrer Reise zurück zur Erde an. Im Serienabschluss in Spielfilmlänge mit dem Titel Endspiel kehren die Furcht einflößendsten Bösewichte aus Star Trek zurück – ohne in irgendeiner Art und Weise Furcht einflößend zu sein. Es ist das Finale einer Serie, die mehr als die vorigen Instanzen des Franchise Kritik hinnehmen musste und trotz aller Widrigkeiten ihren Weg gefunden hat. Gerade deshalb wird das Ende Raumschiff Voyager nicht gerecht.

Die Prämisse der vierten Realserie im Star Trek-Universum verhieß, einige Kritikpunkte der Fans an der vorherigen, Star Trek: Deep Space Nine [1993-1999], wiedergutzumachen. Statt einer stationären Ausgangsbasis, erforschte die Crew wieder unbekannte Welten. Umso mehr, da sie zehntausende Lichtjahre von der Erde entfernt gestrandet war und sich auf den langen Nachhauseweg machen musste. Neue Spezies wurden vorgestellt, der Entdeckergeist wiedergefunden. Aber obwohl die Besatzung aus unterschiedlichsten Figuren zusammengesetzt war und mit den zusammengewürfelte Crews aus Sternenflotte und der Widerstandsgruppe Maquis Potential für Konflikte beinhaltete, folgten die Storys bekannten Mustern und kamen die ersten Jahre nicht so recht in Fahrt.

Das änderte sich, als zum Ende der dritten und Beginn der vierten Staffel die kybernetischen Borg als Bösewichte zurückkehrten und in der starken Doppel-Episode Skorpion die Drohne Seven of Nine an Bord kam. Dass die unumwunden attraktive Jeri Ryan hauptsächlich ein männliches Publikum ansprechen sollte, ist unbestritten. Weshalb sonst sollte sie stets in hochhackigen Schuhen und hautengem Unibody-Anzug, perfekt gestylt in Szene gesetzt werden? Man kann den Produzenten ebenfalls vorwerfen, dass fortan entscheidende Episoden auf sie zugeschnitten waren und sich viele Storys nur mit Hilfe der beinahe allmächtigen Borg-Technik auflösen ließen. Aber all das ändert nichts daran, dass Raumschiff Voyager nach ihrem Eintreffen mit die besten Geschichte der Serie erzählte. Der düstere Zweiteiler Ein Jahr Hölle ist immer noch beeindruckend, während die Doppelepisode Equinox treffend vor Augen führt, was aus der Crew hätte werden können, wäre Captain Janeway von ihren (durchaus flexiblen) Prinzipien abgewichen. Der Zeitzeuge ist eine gelungene Allegorie auf die Tatsache, dass Geschichtsbücher nur einen Teil der Wahrheit wiedergeben können, die Neelix-Episode Leben nach dem Tod widmet sich existenziellen Fragen. Insbesondere die letzte Staffel wartet mit einigen erstklassigen Folgen auf. Die Leere ist eine tolle Lektion, was die Föderation (das Prinzip „Zusammenarbeit“ an sich) ausmacht und weswegen Isolationismus der falsche Weg ist; Friendship One sowie Fleisch und Blut, Reue, Zersplittert und Kritische Versorgung zählen allesamt zu den gelungensten Folgen.

Aber während Raumschiff Voyager die Geschichte der Crew selbst im Hintergrund stets fortgeschrieben hat, wird das tatsächliche Serienfinale nicht von langer Hand vorbereitet. Stattdessen werden einmal mehr die Borg als Schurken der Stunde bemüht, die hier – man mag es kaum glauben – die Opfer sind. Dass erneut Alice Krige als Borg-Königin zu sehen ist, dürfte Fans freuen, nachdem Susanna Thompson im Staffelauftakt Unimatrix Zero in die Rolle geschlüpft war. Die eigentliche Rahmenhandlung von Endspiel beginnt jedoch 10 Jahre, nachdem das Raumschiff Voyager zur Erde zurückgekehrt ist. Ihre Heimreise hatte insgesamt 23 Jahre gedauert und die inzwischen ergraute Admiral Janeway macht sich auf, einen Fehler zu korrigieren, der den Nachhauseweg ihrer Crew um 16 Jahre verlängert hatte.

Nicht zum ersten Mal beschäftigen sich die Macher mit dem Thema Zeitreisen. Erstaunlich ist, wie viel Zeit das Drehbuch in dieser Version der Zukunft verbringt, vor allem, wenn man bedenkt, dass all das letztlich ohne bleibende Wirkung sein soll. Dafür nimmt der im Grunde bedeutend interessantere Storystrang um die Borg nicht einmal ein Drittel der eigentlichen Laufzeit ein. Die Königin ist so selten zu sehen, dass ihre Figur wie das Sahnehäubchen der Episode anstatt ihr eigentlicher Gegenpol erscheint. Die Gedankenspiele, was mit den bekannten Charakteren passieren könnte, lassen die eineinhalb Stunden zwar schnell vergehen, spätestens nach dem Endspiel stellen sich jedoch Fragen ein, die das gesamte Finale auf den Kopf stellen würden. Sei es, dass die künftige Janeway einen Massenmord begehen würde, um ihre Ziele zu erreichen, oder dass die Borg offensichtlich einen direkten Weg zur Erde zur Verfügung haben, diesen jedoch nie für einen Frontalangriff nutzten. Auch dass die Figuren am Ende keinen stimmigen Abschied, einen ruhigen Ausklang oder Ähnliches bekommen, verdirbt ein wenig die Stimmung.

Statt viel Zeit mit einem Blick in die Zukunft zu verbringen, wäre es angemessen gewesen, den Figuren eine tatsächliche Rückkehr zuzuschreiben, ein Sich-in-die-Arme-fallen. Doch den Gefallen tut das Skript den etablierten Charakteren nicht. Die einst mächtigen und unbezwingbaren Borg werden hier zu Getriebenen, wenn auch nicht der eigentlichen Voyager-Crew. Endspiel vermittelt nie das Gefühl, dass die Besatzung um ihr Leben kämpfen würde oder tatsächlich etwas auf dem Spiel stünde. Insoweit kommt nie eine richtige Dramaturgie auf und das Ende ebenso überraschend wie unspektakulär. Dass auch diese Crew nicht bis zum Ende erhalten bleibt, ist dabei nur einer von vielen Wermutstropfen. Es kommt zwar glücklicherweise nicht so weit, wie beim Finale von Deep Space Nine, aber weder was den Zusammenhalt der Story, noch der Crew angeht, reicht Endspiel entfernt an das Serienfinale von Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert [1987-1994] heran.

Handwerklich gibt sich der Zweiteiler zwar keine Blöße, Regisseur Allan Kroeker gelingt auch die Inszenierung der zweifachen Kathryn Janeway gut, bemerkenswerte Momente verbergen sich hier jedoch keine. Abgesehen von Kate Mulgrew bleiben auch keine Darbietungen der finalen Minuten mit dieser Crew in Erinnerung. Jeri Ryan darf zwar mehr Emotionen zeigen, als sie Seven of Nine bislang vergönnt waren, da sich dies in den vergangen Folgen jedoch nicht entwickelte, sondern hier urplötzlich kommt, wirkt es jedoch für den Charakter unpassend. Die übrigen Darstellerinnen und Darsteller sind indes kaum gefordert.
Mussten in anderen Star Trek-Serien die Crews für das Gelingen des Serienendes zusammenarbeiten, wird es der Besatzung der U.S.S. Voyager hier merklich zu leicht gemacht. Dank der flotten Erzählung fällt das kaum auf, bis nachdem der letzte Vorhang gefallen ist. Danach stellt sich allerdings schnell die Frage ein, ob das schon alles gewesen sein soll. Man hätte der Crew irgendwie mehr gewünscht.


Fazit:
Wie alle Star Trek-Serien zuvor hat auch Raumschiff Voyager mit den Jahren einen eigenen Weg gefunden. Die Figuren durften ihr Potential ausloten und Freundschaften schließen. Die Autoren widmeten sich aktuellen und zeitlosen Themen, verpackt in mitunter vertraut klingende oder einfallsreich neue Geschichten. Ab der Mitte der siebenjährigen Laufzeit schienen die Macher fokussierter, in welche Richtung die Serie entwickelt werden sollte, so dass die starken Folgen überwogen. Und obwohl die Borg an sich ein zentraler Widersacher der Crew um Captain Picard waren, verbergen sich hier doch einige gelungene Episoden um die schier unbezwingbaren Wesen. Dass ausgerechnet das Serienfinale nicht dazu zählt, ist überaus bedauerlich. Ebenso, auf welche Art und Weise die Crew hier verabschiedet wird. Anstatt die Besatzung und ihre unterschiedlichen Figuren in den Mittelpunkt zu rücken, verbirgt sich hinter Endspiel eine Geschichte um eine zukünftige Version von Kathryn Janeway, die mit ihrem Verhalten das Publikum vermutlich nie für sich gewonnen hätte. Die Borg verkommen zur Staffage angesichts einer Rahmenhandlung in der Zukunft, die mit einem Nebensatz hätte erzählt werden können und die am Ende vollkommen unwichtig ist. Als Abschied ist das der fähigen Besetzung nicht angemessen – aber zumindest so flott erzählt, dass es erst im Nachhinein auffällt.