Rush - Alles für den Sieg [2013]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 08. September 2014
Genre: Drama

Originaltitel: Rush
Laufzeit: 123 min.
Produktionsland: Großbritannien / Deutschland
Produktionsjahr: 2013
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Ron Howard
Musik: Hans Zimmer
Darsteller: Chris Hemsworth, Daniel Brühl, Olivia Wilde, Alexandra Maria Lara, Pierfrancesco Favino, David Calder, Natalie Dormer, Stephen Mangan, Christian McKay, Alistair Petrie, Julian Rhind-Tutt, Colin Stinton


Kurzinhalt:
Bereits bei ihrer ersten Begegnung bei einem Formel-3-Rennen erkennen der österreichische Fahrer Niki Lauda (Daniel Brühl) und der Brite James Hunt (Chris Hemsworth), dass sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Genießt Hunt das Luxusleben, das ihm die Rennen ermöglichen und stellt Frauen nach, ist Lauda mit dem festen Ziel vor Augen angetreten, bei der Formel 1 zu fahren. Später kauft er sich hierfür sogar in einem Rennstall ein.
Hunt, inzwischen verheiratet mit Suzy Miller (Olivia Wilde), folgt ihm in die oberste Rennklasse, unterliegt dem disziplinierten Lauda jedoch. Der hat unterdessen seine Verlobte Marlene (Alexandra Maria Lara) geheiratet und tritt schließlich gegen seine Überzeugung bei ungünstigen Bedingungen gegen Hunt auf dem Nürburgring an. Es ist ein tragisches Rennen, das die Geschichte beider Männer nur noch enger miteinander verwebt ...


Kritik:
Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz in Hollywood, dass Filme, die sich mit der Formel 1 beschäftigen, kein Erfolg werden. Darum wundert es nicht, dass Filmemacher Ron Howard sein Projekt ohne ein großes Studio im Rücken produzieren musste. Doch wer hinter Rush - Alles für den Sieg lediglich einen Film mit Rennautos vermutet, der verkennt, dass es um die Fahrer am Steuer geht. Das Drama bietet einen einmaligen Blick auf zwei Legenden des Sports, um deren Rivalität bis heute Geschichten erzählt werden.

Der wirkliche Niki Lauda wird zitiert, dass sich alles im Film so zugetragen habe. Verkörpert wird der ehemalige Formel-1-Weltmeister von Daniel Brühl in seiner vielleicht besten Rolle. Sowohl Lauda, als auch sein Gegner auf der Rennstrecke, James Hunt, leiten Rush ein und sieht man sich ihren Werdegang an, dann erweckt es den Eindruck, als käme ihr Konkurrenzdenken vor allem daher, da sie beide dasselbe Ziel vor Augen haben, es aber mit vollkommen unterschiedlichen Mitteln erreichen wollen.
Während Hunt mit den Rennen in der Formel 3 zufrieden ist, ihm die Erfolge gewissermaßen zufliegen und er sein Leben als Playboy in vollen Zügen genießt, erscheint mit Niki Lauda ein junger Fahrer auf der Strecke, der verschiedener nicht sein könnte. Diszipliniert, überlegt und auch von menschlicher Seite her, ist der das exakte Gegenteil von Hunt. Lauda hat es sich in den Kopf gesetzt, Formel-1-Rennen zu fahren, hierfür kauft er sich sogar in einen Rennstall ein. Er arbeitet mit den Technikern rund um die Uhr für einen Wagen, der schneller ist als alle anderen auf dem Feld. Wäre Lauda nicht so zielstrebig vorgegangen, wäre Hunt in der Formel 3 zurückgeblieben. So war sein Ansporn, es dem österreichischen Kollegen gleichzutun.

Keine von beiden Lebensweisen scheint die einzig richtige zu sein, so viel hält Ron Howard unumwunden fest. Nicht nur, dass die Fahrer bei jedem Rennen mit einem Unfall rechnen müssen – dass dieser wie Lauda behauptet kalkulierbar sei, ist eher ein Gerücht –, sie sind trotz aller Erfolge nie mit dem zufrieden, was sie erreichen. Zwischen den Rennen begleitet Rush die beiden Ausnahmefahrer im Privaten, zeigt Hunts Ehe mit dem Model Suzy Miller, während Lauda in Marlene eine Frau findet, für die er schließlich sogar den Sieg aufgibt.
Worauf das Drama hinarbeitet ist denjenigen von Anfang an bewusst, die auch nur entfernt die gezeigten Personen zuordnen können. Am 1. August 1976 verunglückt Niki Lauda beim Rennen auf dem Nürburgring. Auf Grund der schlechten Wetterverhältnisse wollte er zuvor das Rennen im Einvernehmen mit den übrigen Fahrern absagen, doch Hunt und die anderen überstimmten ihn.

Bei dem Feuerinferno hat Lauda Verbrennungen erlitten, die ihn Zeit seines Lebens prägen werden. Dass er überhaupt überlebte, grenzt an ein Wunder. Dass er nach etwas mehr als einem Monat das Krankenhaus verließ, um wieder gegen Hunt anzutreten, scheint übermenschlich. Welche Willenskraft es Niki Lauda gekostet haben muss, die schmerzhaften Operationen und Untersuchungen in diesem Tempo durchzustehen, macht Ron Howard deutlich und dank Daniel Brühls Darbietung ist sein Martyrium auch spürbar.

Steuert der Film auf das letzte Rennen der Saison zu, das unter ähnlich schlechten Bedingungen ausgetragen wurde, wie das verhängnisvolle auf dem Nürburgring, könnte man durch das Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Kontrahenten vermuten, Hollywood habe seine Finger im Spiel gehabt. Doch zeigt sich dabei, dass das Leben bisweilen die besten Geschichten selbst schreibt.
Sowohl hier wie auch in den Rennen zuvor beweist Regisseur Howard sein Gespür für einmalige, fantastische Bilder. Selbst die Regentropfen wirken in den Zeitlupen, als wären sie choreografiert worden und erlebt man das Rennen aus der Sicht des Cockpits, erfährt den Tunnelblick der Fahrer im Geschwindigkeitsrausch, dann ist es, als wäre man selbst dabei. Aber auch wenn Rush Rennszenen bietet, wie man sie noch nicht gesehen hat, der Film findet seinen Schwerpunkt in den Figuren, was auch am melancholischen Epilog deutlich wird. Im Gegensatz zu den Studios hat Ron Howard dieses Potential in der Geschichte gesehen. Man kann ihm dankbar sein, dass er es auch umzusetzen weiß.


Fazit:
Das menschliche Drama nimmt im Grunde bereits lange vor dem Unfall seinen Lauf mit einer Feindschaft, die keine hätte sein müssen, und durch deren Konkurrenzdenken beide Fahrer über ihre Grenzen gegangen sind. Ob Hunt oder Lauda auf der Strecke das gefunden haben, was sie suchten, verrät Rush zwar nicht, doch dem elektrisierenden Kräftemessen beizuwohnen, zieht einen durchaus in seinen Bann.
Die Zeit, in der die Rennfahrer Geschichte geschrieben haben, lebt auch in den toll zusammengestellten Bildern wieder auf und die hervorragenden Darsteller bringen die komplexen Figuren auf den Punkt. Das facettenreiche Drama auf die beeindruckenden Rennszenen zu reduzieren hieße nur die Hälfte zu sehen. Ein Interesse am Autosport hilft zwar dabei, sich darin zu verlieren, notwendig ist es aber nicht.