Rogue - Im falschen Revier [2007]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 30. Oktober 2008
Genre: Horror

Originaltitel: Rogue
Laufzeit: 89 min.
Produktionsland: Australien / USA
Produktionsjahr: 2006
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Greg Mclean
Musik: François Tétaz
Darsteller: Radha Mitchell, Michael Vartan, Sam Worthington, Caroline Brazier, Stephen Curry, Celia Ireland, John Jarratt, Heather Mitchell, Geoff Morrell, Damien Richardson, Robert Taylor, Mia Wasikowska


Kurzinhalt:
Pete McKell (Michael Vartan) schreibt über Reisen für eine Zeitschrift und trifft ohne sein Gepäck im Hinterland Australiens ein, wo er eine Bootstour begleiten soll. Abgesehen von einigen Krokodilen, die als Attraktion der Tour angepriesen werden, und einer kleinen Auseinandersetzung der Reiseführerin Kate (Radha Mitchell) mit dem ansässigen Neil Kelly (Sam Worthington) bleibt die Tour für Pete und die übrigen Reisenden aber ereignislos. Bis ein Notrufleuchtsignal am Himmel entdeckt wird.
Kate steuert den älteren Kahn in das Gebiet, aus der der Notruf kam, doch alles, was sie vorfinden, ist ein gekentertes Boot. Bis auch ihr eigenes angegriffen wird. Die Besatzung kann sich auf eine kleine Insel im breiten Fluss retten, der jedoch in einigen Stunden durch die Flut deutlich mehr Wasser führen wird. Wie es scheint hat ein riesiges Krokodil das Boot beschädigt, das die Gruppe nun als Eindringlinge in seinem Revier sieht. Und während die verängstigten Reisenden darüber grübeln, wie sie sich am besten ans Ufer und in den Dschungel retten können, studiert das Tier seine Beute und wartet nur auf den rechten Moment – immerhin lässt sich die Flut nicht aufhalten ...


Kritik:
Das Genre des Monster-Horror-Films ist womöglich so alt wie Filme an sich. Die Geschichten drehen sich dabei zumeist um Tiere oder Wesen, die der Realität entlehnt wurden, oder dieser sehr nahe kommen, und ganz normale Menschen in völlig ungewohnte Situationen bringen. Dass sich Krokodile dafür anbieten, für solche Geschichten herangezogen zu werden liegt einerseits daran, dass sie Furcht einflößend aussehen und ohne Frage ab einer gewissen Größe auch so schon für Menschen gefährlich werden können. Andererseits aber auch darin begründet, dass sich ihre Art seit Jahrmillionen kaum weiter entwickelt hat und sie in ihrem Aussehen eine Brücke in eine Epoche schlagen, über die man schon viel gelesen und gesehen hat, aber die den Menschen doch vorenthalten war.
Das Phantastische Element haftet ihnen ebenso an, wie ihr ursprüngliches, unverändertes Äußeres seit Menschengedenken. Auf Grund des schemenhaften Aufbaus, der absehbaren Handlung und den meist nicht gerade außergewöhnlichen Effekten, haben diese Filme oft den Ruf, sich an ein bestimmtes Publikum zu richten und sind meist im B- oder C-Film-Klassement angesiedelt. Mit Rogue wollten die Macher beweisen, dass dies auch anders geht, verzichten aber im Gegensatz zum ähnlich gelagerten Lake Placid [1999] auf den Humor. So gibt sich Greg Mcleans Film einerseits sehr ernst, beschränkt sich aber gleichzeitig auch auf die notwendigsten Momente, um seine Geschichte zu erzählen. Das funktioniert grundsätzlich ganz gut, auch wenn Actionfans sich von der Prämisse sicherlich mehr erhofft hatten.

Das Drehbuch stammt ebenfalls vom Regisseur, der zuletzt mit dem Horrorfilm Wolf Creek [2005] von sich reden machte. Während aber die Geschichte mit den unterschiedlichen Figuren überraschend lange vorbereitet wird, dauert es erstaunlich lange, ehe das Krokodil endlich in Aktion zu sehen ist. Bis dahin konzentriert sich das Skript auf die unterschiedlichen Figuren, etabliert Familien und Einzelgänger und verpasst es dennoch, den Charakteren in irgendeiner Form Tiefgang zu verleihen. Dass gerade diejenigen, die etwas mehr Hintergrund zu geschrieben bekommen dann auch noch als erstes zu Futter verarbeitet werden, enttäuscht etwas.
Es mag dabei durchaus legitim und im Genre begründet liegen, dass meist sympathische Charaktere zuerst herausgeschrieben werden, um die Zuschauer gegen das Untier zu formieren. Doch da gerade die Hauptdarsteller die in jenem Bezug am schwächsten herausgearbeiteten Figuren verkörpern, mit denen man am wenigsten mitfiebern kann, hat dies an sich genau den gegenteiligen Effekt.
Ist das Riesenkrokodil erst einmal aus dem Sack, konzentriert sich die Vorlage weniger auf eine effektreiche Flucht oder gar einen Kampf gegen das Ungetüm, sondern vielmehr auf einen Stellungskampf, in dem es aber auch weniger Attacken gegen die Menschen gibt, als man vermuten würde. Wer also von einem vielleicht schematischen, aber nichtsdestoweniger effektiven Aufbau ausgeht, dass die Menschen in die Enge getrieben und zwei bis drei Mal mit dem Beist konfrontiert werden, ehe sie einen Weg finden, es zu besiegen, der wird enttäuscht. Der einzige richtige Gegenschlag muss in Rogue funktionieren – bis dahin wird die Gruppe überraschend schnell dezimiert. Weswegen es sich auch Greg Mclean zum Usus macht, in seinem Film Familien zu dezimieren, will heißen Ehepartner auseinanderzureißen oder aber Kindern die Eltern zu rauben, verstehe wer will. Es scheint ausgesprochen grausam und billig, durch solche Tricks, die man sicherlich niemandem in der Realität wünscht, die Zuschauer aufzuwühlen. Wie austauschbar die Figuren und damit auch die Opfer gewesen wären sieht man auch schon daran, dass viele Figuren nicht einmal einen Nachnamen spendiert bekommen.
Wirklich ausgenutzt ist damit das Skript sicherlich nicht, auch wenn mit einem größeren Budget sicherlich eine größere Geschichte hätte erzählt werden können.

Die Hauptdarsteller in Rogue scheinen dabei durchaus gut gelaunt, auch wenn sie Fans ehe aus kleineren Produktionen oder Fernsehserien bekannt sein dürften.
So konnte Radha Mitchell Erfahrung im Genre mit Filmen wie Silent Hill [2006] oder Pitch Black - Planet der Finsternis [2000] und macht ihre Sache hier an sich ganz gut, auch wenn sie nicht übermäßig gefordert ist. Etwas mehr wird dagegen von Michael Vartan abverlangt, der sich unter anderem als Agent in der Serie Alias - Die Agentin [2001-2006] einen Namen machte. Gerade im letzten Drittel ist von ihm nicht nur Körpereinsatz gefragt, sondern ihm gelingt es auch gut, die steigende, innere Panik zum Ausdruck zu bringen, die seine Figur sicherlich erfasst hat.
Kaum zu sehen ist hingegen Sam Worthington, der auf seinen Durchbruch mit Terminator: Die Erlösung [2009] hofft.
Die übrigen Akteure scheinen zwar motiviert genug, aber vom Skript nicht so stark gefordert, dass sie zu höheren Leistungen angespornt werden. Dilettantische Darbietungen sind aber zum Glück nicht zu sehen, was den Film einmal mehr von vielen Genrekollegen abhebt.

Handwerklich wird Regisseur Greg Mclean zugegebenermaßen vom Budget in seine Schranken verwiesen, weswegen es auch bei weniger Groß-, beziehungsweise Weitwinkelaufnahmen vom Outback zu sehen gibt, als man sich wünschen würde. Davon aber abgesehen zeigt er sich dramaturgisch sehr solide, bringt immer wieder ungewohnte und interessante Kameraperspektiven ein und baut seine Spannungsmomente gekonnt auf. Kamera und Schnitt harmonieren gut und fangen die sehr natürlich wirkende Umgebung gekonnt ein.
Dass viele Teile des Films in einem Studio gedreht wurden, sieht man in der Tat nicht, das Setdesign scheint in dem Sinne ausgereifter als bei manchen aktuellen Großproduktionen der Traumfabrik. Umso erstaunlicher ist auch das Design des Riesenkrokodils, das man wenigstens beim Finale richtig zu sehen bekommt, das aber zum größten Teil am Computer entstand. Nicht nur, dass die Bewegungen natürlich erscheinen, auch in Bezug auf das Aussehen bleiben keine Wünsche offen. Die Macher haben sich diesbezüglich merklich ins Zeug gelegt und liefern mit Rogue so eines der realistischsten Riesenmonster ab, die man bisher zu sehen bekam.

Immer im Hintergrund hält sich Komponist François Tétaz, der zwar einige Stücke für den Film geschrieben hat, diese jedoch sehr häufig zu wiederholen scheint. Dass dies nicht stört liegt daran, dass die Klänge gut zum unheimlichen Ambiente passen und gerade in den Spannungsszenen auch zum steigenden Puls der Zuschauer beitragen. Das macht den Score zwar nicht besser, als manch andere, aber er passt gut zu den Bildern und erzeugt eine angenehm gruselige Stimmung.

Worauf sich ein solcher Film meist reduziert ist der Grusel-, Spaß-, und/oder Ekelfaktor, die bei Rogue alle ein wenig, aber nicht übermäßig ausgeprägt sind. So gibt sich der Film nur wenig überraschend und vermag auch nicht so recht mitzureißen, dafür handeln die Figuren aber bei weitem nicht so abstrus wie in manch anderen B-Filmen jener Kategorie. Während sich der Bodycount noch in Grenzen hält, werden auch Splatterfans nicht auf ihre Kosten kommen. Sicherlich richtet sich der Monsterhorror an ein erwachseneres Publikum, doch wird die Gewalt glücklicherweise nicht so zelebriert, wie dies in manch anderen Genrevertretern der Fall ist.
Dafür ist die Darstellung des Krokodils sehr natürlich und auch das Ambiente der australischen Landschaft wird gekonnt eingefangen. Für leichte Unterhaltung ohne groß nachdenken zu müssen eignet sich Greg Mcleans Film somit für all diejenigen, die ein klassisches, modernes "Creature Feature" sehen möchten, ohne den viel berüchtigten und auch unnötigen "Gore-Faktor".


Fazit:
Dass sich die australische, meist unberührte Natur für ein solches Thema anbietet, steht außer Frage. Die Ausgangslage ist diesbezüglich auch gut gelungen, wohingegen die Figuren eher den gängigen Genrekonventionen entsprechen. Doch für die actionreichen Aussichten, die Autor und Regisseur Greg Mclean im Vorfeld offenbarte, gibt sich Rogue überraschend zahm.
Dies ist in Bezug auf die nicht ausgewalzte Gewaltdarstellung kein Kritikpunkt, doch etwas mehr Einsatz des Monsterkrokodils hätte man sich schon gewünscht. So bleibt der Film stellenweise ordentlich spannend, aber nie packend, durchweg gut bis sehr gut gemacht, aber doch nie edel, sondern nur überdurchschnittlich gut gefilmt. Wer auf mehr hofft, wird leider enttäuscht, auch wenn der Film in seinem Genre sicherlich im oberen Drittel der meist unterirdischen Horrorkreaturen schwimmt, hätte man sich mit der Prämisse und den Beteiligten mehr erhofft.