Robin Hood – König der Diebe [1991]

Wertung: 5.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Lars Adrian  |   Hinzugefügt am 02. Oktober 2004
Genre: Unterhaltung / Action

Originaltitel: Robin Hood: Prince of Thieves
Laufzeit: 137 min.(Kinofassung) / 149 min. (Langfassung)
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1991
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Kevin Reynolds
Musik: Michael Kamen
Darsteller: Kevin Costner, Morgan Freeman, Alan Rickman, Mary Elizabeth Mastrantonio


Kurzinhalt:
Kreuzritter Robin von Locksley (Kevin Costner), gerade aus Jerusalemer Gefangenschaft entflohen, kommt nach einigen Jahren wieder in das heimatliche England zurück. Was ihn dort erwartet, ist nicht gerade erfreulich: Der skrupellose Sheriff von Nottingham (Alan Rickman) unterjocht das Volk auf brutale Weise. Robins Vater wurde quasi als Ketzer getötet, das väterliche Schloß niedergebrannt. Zusammen mit seinem maurischen Freund Azeem (Morgan Freeman), den er aus der Gefangenschaft des Kerkers mitbefreit hat (und der seitdem in Robins Schuld steht), zieht sich der Ritter in den Sherwood Forrest zurück, um sich vor den Schergen des Sheriffs verbergen. Hier trifft er auf Little John (Nick Brimble) und seine Räuberbande. Robin wird der Anführer der Aufständischen, nennt sich von nun an "Robin Hood" und beginnt, den Armen in ihrem Kampf gegen den Unterdrücker zu helfen. Dabei verliebt er sich in Lady Marian (Mary Elizabeth Mastrantonio), die jedoch auch vom Sheriff als Gemahlin begehrt wird. Der Sheriff setzt alles daran, Robin Hood und seiner Truppe habhaft zu werden.


Kritik:
Es gibt unzählige Verfilmungen des Robin-Hood-Stoffes. Im Jahr 1991 versuchten sogar zwei Produktionen, die Geschichte neu aufzulegen: Robin Hood – Ein Leben für Richard Löwenherz [1991] mit Patrick Bergin und eben Robin Hood – König der Diebe mit Kevin Costner. Während ersterer nur ein bescheidener Erfolg vergönnt war (in den USA kam der Film nicht mal in die Kinos), wurde die zweite schon dank Starbesetzung zum weltweiten Kassenschlager mit über 390 Millionen Dollar Einspielergebnis.

Weshalb gerade dieser Film einen solchen (berechtigten) Erfolg hatte, dürfte mehreren Gründen zuzuschreiben sein.
Regisseur Kevin Reynolds versteht es hervorragend, das Publikum trotz bekannter Handlung zu fesseln und mitzureißen, indem er zum Beispiel den Hauptdarsteller Kevin Costner nicht zur einzigen Hauptperson macht. Andere hochinteressante Figuren geben dem Film zusätzlich Farbe:
Zum Beispiel der Maure Azeem (Morgan Freeman): Er tritt nicht nur als Freund Robins auf, er kommentiert auch das Geschehen aus muslimischer Sicht und zieht dabei mehr als einmal die Sympathien und Lacher der Zuschauer auf seine Seite.
Alan Rickman (Stirb langsam [1988]) als Sheriff von Nottingham verleiht dem Film, was vielen anderen Produktionen nicht gelingt: Er spielt den Bösewicht so selbstironisch exzentrisch, dass er zum gleichwertigen Gegner Costners wird.
Trotzdem bleibt Costner seinem Image als glänzendem Heldendarsteller natürlich treu. Eine Rolle, in der er absolut überzeugt und den Zuschauer mitreißt.
Sogar Lady Marian, dargestellt von Mary Elisabeth Mastrantonio, ist eine selbstbewußte Frau, die von Robin erst erobert werden muß; eine Frau, die zwar ein Charaktergesicht besitzt, deshalb aber nicht weniger hübsch ist.

Nicht zuletzt zeigt der Film großartige Stunts, verblüffende Trickaufnahmen, reichhaltige Action und unerwartete Story-Wendungen in handwerklicher Perfektion.

Auch die stimmungsvolle Musik von Michael Kamen und der damalige Bryan-Adams-Hit "(Everything I Do) I Do It For You" runden den positiven Gesamteindruck ab.

Ergänzung zur Langfassung ("Extended Edition") des Filmes:
Vor einiger Zeit veröffentlichte Warner Home Entertainment eine erweiterte Langfassung von Robin Hood – König der Diebe, die mittlerweile auch in Deutschland auf DVD erhältlich ist, und sogar schon im Free-TV gelaufen ist. Diese sogenannte "Extended Edition" ist mit insgesamt 149 Minuten Spielzeit ungefähr 12 Minuten länger als die Kinofassung und beinhaltet neben einigen zusätzlichen Szenen, außerdem alternative Einstellungen, die entsprechende Momente aus der Kinofassung ersetzen. Kenner des Films dürfen sich also nicht wundern, wenn Manches aus der Kinofassung in der Langfassung nicht mehr zu sehen ist.
Während es grundsätzlich zu begrüßen ist, dass die Filmemacher den Fans nun Szenen bereitstellen, die für die Kino-Auswertung gekürzt oder weggelassen wurden, stellt sich die "Extended Edition" von Robin Hood – König der Diebe – im Gegensatz zum Beispiel zu Peter Jacksons Herr der Ringe-Trilogie [2001-2003] – als sehr zwiespältige Angelegenheit dar.
Wer sich zu denjenigen zählt, der (oder die) wie ich selbst den Film zum ersten Mal 1991 in Kino kennen und schätzen gelernt hat, wird ihn seitdem sicherlich schon mehrmals gesehen haben, sei es im Fernsehen oder auf Video beziehungsweise DVD, und zumindest im deutschsprachigen Raum in der Regel in synchronisierter Fassung. Deshalb ist es zunächst einmal ein nicht unerheblicher Schock, wenn man feststellen muss, dass der Langfassung eine komplett neue deutsche Synchronisation verpasst wurde. Zwar wurden die Stimmen von Kevin Costner und Morgan Freeman beibehalten (die jetzt allerdings deutlich älter klingen, als noch vor 13 Jahren), doch für die meisten anderen Rollen wurden neue Sprecher besetzt, was insbesondere bei Alan Rickman unangenehm auffällt. Der Grund für die Neusynchronisation ist einfach: Warner wollte die deutsche DVD-Veröffentlichung mit einer Dolby-Digital-5.1-Raumklang-Tonspur ausstatten, und es war entweder nicht möglich, oder zu aufwendig die Dialoge aus dem bisherigen Dolby-Surround-Ton zu extrahieren, weshalb sich die Verantwortlichen für die Erstellung einer komplett neuen Tonspur entschieden. Die Synchronisation selbst ist dabei durchaus gelungen und wirkt professionell; viele Kenner des Films werden sich mit den anderen Stimmen aber trotzdem nur sehr schwer anfreunden können. Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang für die Fans, die die gewohnten Sprecher dem Dolby-Digital-5.1-Sound vorziehen, dass die ursprüngliche Synchronisation (eben in Dolby Surround) leider nicht auf der DVD mitenthalten ist. Es wäre ja ohne Weiteres machbar gewesen, diese Tonspur eben nur um die zusätzlichen Szenen mit den neuen Sprechern zu ergänzen, wie es beispielsweise bei der Langfassung von James Camerons Aliens [1986] der Fall ist.
Auch in Bezug auf die Bildqualität gibt es Anlass zur Kritik. Wurde gegenüber der DVD-Erstauflage das Bild offensichtlich grundlegend restauriert – Kontrast und Schärfe sind sehr gelungen; Bildfehler wie Dropouts oder Ähnliches treten praktisch nicht mehr auf – und nun endlich in anamorpher Abtastung gemastert, so dürfte die eigentliche Farbgebung nicht jedermanns Sache sein. In früheren Versionen von Robin Hood – König der Diebe wurden die Farben stets von einem erdigen, fast schon "schmutzigen" Grundton beherrscht, der sich sehr gut in das mittelalterliche Ambiente des Films eingepasst hat. Die "Extended Edition" präsentiert nun deutlich mehr Leuchtkraft, und gleichzeitig macht sich ein leichter aber dauerhafter Blaustich bemerkbar, der zum Beispiel bei der Haarfarbe des Sheriffs heraussticht, und dem Ganzen einen künstlichen, irgendwie studiomäßigen Eindruck verleiht, der so zumindest früher nicht vorhanden war.
Doch kommen wir nun zu einer Einschätzung der inhaltlichen Erweiterungen in der "Extended Edition". Man hält es kaum für möglich, aber es ist wirklich erstaunlich wie eine knappe Viertelstunde die Stimmung eines kompletten Filmes verändern kann – und meines Erachtens leider zum Nachteil: Die meisten zusätzlichen Sequenzen vertiefen die Beziehung des Sheriffs zu seiner Wahrsagerin und Hexe, die schon in der Kinofassung das einzige Element war, das sich nicht so recht in die restliche Handlung einfügen wollte. Diese neuen Dialoge lassen die Handlung um ein Vielfaches düsterer erscheinen, als notwendig wäre. Zudem ist Rickmans Darstellung des Sheriff in eben diesen Momenten viel zu überzogen. Zusammen mit unvorteilhaften Kameraperspektiven überschreitet die übertriebene Mimik hin und wieder sogar die Grenze zum unfreiwillig Komischen. Bis auf eine Ausnahme, in der ein Geheimnis zwischen der Hexe und dem Sheriff von Nottingham aufgeklärt wird (eine Entwicklung, die mir allerdings überhaupt nicht zusagt!), geben die zusätzlichen Szenen – auch in Bezug auf Azeem und andere Charaktere – dem Film keine lohnenswerten neuen Impulse; bei anderen Filmen würde man sie vielmehr im Abschnitt "Nicht verwendete Szenen" auf der DVD finden. Möglicherweise wird die Langfassung gerade deshalb nicht als sogenannter "Director's Cut" – also die vom Regisseur gewünschte Schnittfassung – bezeichnet, obgleich mir zugegebenermaßen nicht bekannt ist, inwiefern sich Regisseur Kevin Reynolds zu der erweiterten Version geäußert hat. Aufgrund der Tatsache, dass die "Extended Edition" den Film derart grundlegend verändert, ist es umso ärgerlicher, dass Warner die Original-Kinofassung von Robin Hood – König der Diebe nicht zur Auswahl auf der DVD der Langfassung bereitstellt. Hier hat Fox Home Entertainment mit der Alien Quadrilogy mehr Fingerspitzengefühl bewiesen, denn dort kann man neben den neuen Versionen der vier Alien-Filme, auch die urprünglichen Kinofassungen anschauen, womit es technisch gesehen keine Schwierigkeiten gibt.
Aus all den genannten Gründen ziehe ich nachwievor die tolle Kinofassung der enttäuschenden "Extended Edition" vor. Nur schade, dass es die Kino-Version nur in durchschnittlicher Bild- und mittelmäßiger Tonqualität auf DVD gibt. Man kann nur hoffen, dass sich Warner Home Entertainment einen Ruck gibt und eine entsprechende verbesserte Neuauflage veröffentlicht!


Fazit:

Eine spannende Geschichte, einfallsreiche Actionszenen, humorvolle Dialoge und Top-Stars in bester Spiellaune machen Robin Hood – König der Diebe zur modernen Abenteuer-Unterhaltung vom Feinsten.
Allerdings dürften viele Fans des Films mit der üblichen Kino-Version deutlich mehr Spaß haben, als mit der reichlich unnötigen Langfassung!