Rehragout Rendezvous [2023]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 28. Juli 2023
Genre: Komödie / Krimi

Laufzeit: 97 min.
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Ed Herzog
Musik: Martin Probst
Besetzung: Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Eisi Gulp, Enzi Fuchs, Gerhard Wittmann, Daniel Christensen, Max Schmidt, Stephan Zinner, Sigi Zimmerschied, Thomas Kügel, Ferdinand Hofer, Eva Mattes, Michael Ostrowski, Stefan Betz, Castro Dokyi Affum, Monika Gruber, Michael Kranz, Tina Keserovic


Kurzinhalt:

Die Welt des berühmtesten Polizisten in Niederkaltenkirchen, Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel), steht Kopf. Nicht nur, dass Oma Eberhofer (Enzi Fuchs) verkündet hat, sich nicht mehr um das Essen sowie den Haushalt zu kümmern und zur Mooshammer Liesl (Eva Mattes) gezogen ist, Franz’ Susi (Lisa Maria Potthoff) wird zur stellvertretenden Bürgermeisterin ernannt und nimmt in dessen Abwesenheit das Zepter in die Hand. Da sie mit der Modernisierung des Dorfimages alle Hände voll zu tun hat, soll sich Franz im Privaten stärker einbringen. Zu allem Überfluss verschwindet seine Manneskraft im Angesicht der weiblichen Autorität, was auch im Schlafzimmer für Frust auf allen Seiten sorgt. Als wären das nicht Sorgen genug, wird der als vermisst gemeldete Bauer Lorenz Steckenbiller in kleinen Stücken auf einem Feld gefunden, was dem Image Niederkaltenkirchens nicht zuträglich ist. Zusammen mit Privatdetektiv Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) macht sich Eberhofer daran, den Täter zu finden, doch das gestaltet sich nicht nur als schwieriger, als angenommen, sondern auch als gefährlicher …


Kritik:
Zum neunten Mal ermittelt Provinzpolizist Franz Eberhofer aus Niederkaltenkirchen auf der großen Leinwand. In Rehragout Rendezvous ist sein Fall eine mindestens ebenso große Herausforderung, wie was ihn privat erwartet, denn anstatt sich einzig auf die Arbeit konzentrieren zu können, soll er sich nunmehr auch im Haushalt einbringen, während seine Susi Karriere als stellvertretende Bürgermeisterin macht. Die unerwartete Frauenpower sorgt auch für andere Flauten und eine willkommene Richtung für die urige Krimireihe.

Der erste Schock für den granteligen Ermittler kommt dabei ausgerechnet an Weihnachten. Als die Familie vor dem Weihnachtsbaum vereint ist, verkündet Oma Eberhofer, dass sie aufhören will. Das Rehragout, das gerade allen so gut geschmeckt hat, wird ihr letztes sein. Während sich die 86jährige stets für die Familie aufopfert, kocht, wäscht, putzt und bäckt, haben weder ihr Sohn, noch ihre Enkel Leopold und Franz Zeit für sie, wenn sie einmal etwas braucht. So zieht sie zur Mooshammer Liesl und neun Monate später versinkt das Eberhofer-Zuhause im Chaos. Der abgenadelte Weihnachtsbaum steht immer noch, Mäuse tanzen buchstäblich auf dem Tisch. Franz hat jedoch nicht nur keine Lust, sich darum zu kümmern, sondern auch keine Zeit, denn Sohn und Schwiegertochter des Bauern Lorenz Steckenbiller sitzen auf der Dienststelle und geben eine Vermisstenanzeige auf. Die wiegelt Eberhofer ab, bis ihm ein abgetrenntes Ohr zufliegt und wenig später die Überreste einer zerhäckselten Leiche auf einem Feld gefunden werden. Als wäre das nicht genug, fordert Susi seine Unterstützung ein, denn sie soll für den beim Skifahren in den USA verunfallten Bürgermeister einspringen und hat vor, das Image von Niederkaltenkirchen aufzupolieren. Doch mit so viel weiblicher Autorität hat der gestandene Eberhofer arg zu kämpfen, was sich auch in seiner Libido niederschlägt, die durch Abwesenheit glänzt.

Es ist also wieder einmal mehr als genug geboten, um das Leben des Dorfpolizisten Franz Eberhofer in Rehragout Rendezvous auf den Kopf zu stellen, der sich im Grunde nichts mehr wünscht, als Beständigkeit. Selbstverständlich darf auf sein bester Freund und ehemaliger Kollege Rudi Birkenberger nicht fehlen, der auf die Belohnung aus ist, die die Angehörigen des Steckenbiller ausloben. Wie zuvor, ist es auch Birkenberger, der hauptsächlich für die Ermittlungsfortschritte verantwortlich zeichnet, während Eberhofer die Hinweise – wie das Ohr des Opfers – eher zufliegen. War der vorige Fall in Guglhupfgeschwader [2022] (erstaunlicherweise) mehr Krimi als Komödie, steht in Ed Herzogs Adaption von Rita Falks Provinzkrimivorlage nun erneut das Privatleben der Figuren im Zentrum. Für die männliche Seite der Eberhofer-Familie muss es dabei scheinen, als wären alle Frauen verrückt geworden. Die Oma will nicht mehr kochen und sogar den Führerschein machen, die Susi sich nicht länger darum kümmern, dass Sohn Pauli rechtzeitig abgeholt wird, sondern stattdessen Karriere machen.

In überspitzten Momenten emanzipiert Rehragout Rendezvous damit das im Gestern verhaftete Niederkaltenkirchen und schildert gleichzeitig, wie die männliche Familienseite, die es gewohnt ist, den Ton anzugeben, darauf reagiert. Zugegeben, das ist plakativ, inhaltlich nicht neu und ebenso wenig überraschend, aber es sorgt für amüsante Momente und rückt Oma Eberhofer ebenso wie Susi ins Zentrum, deren Emanzipation am Ende nicht zunichte gemacht wird. Auf der anderen Seite versuchen Simmerl, Wolfinger und der als sexsüchtig geoutete Flötzinger (der Eberhofers Dilemma umso weniger nachvollziehen kann), ihren Freund aufzuheitern und begeben sich auf einen Campingtrip, um wieder zu entdecken, was es bedeutet, ein Mann zu sein. Der Abschnitt gerät derart zotig, dass wohl nur ein hartgesottenes Publikum ihn lustig finden wird, und wäre es nicht um das starke Finale, wäre Eberhofers neunter Krimi im Vergleich zum Vorgänger ein wenig enttäuschend. Doch die letzten 20 Minuten reißen das Steuer herum zeigen gleichzeitig, dass sich die urigen Charaktere, derentwegen das Publikum ohnehin in die Kinos strömt, stärker aus der Geschichte hervorgehen, als sie hineingegangen sind. Etwas Schöneres kann man sich für sie kaum wünschen.


Fazit:
Es gibt einen Moment, in dem es den Anschein hat, als würden sich die Verantwortlichen der beliebten Krimireihe von der Darstellerin der Oma Eberhofer, Enzi Fuchs, verabschieden wollen. Dass ihre Figur hier viel zu tun bekommt, veredelt ihren Auftritt, der in dem Moment beinahe melancholische Züge annimmt. Nichtsdestoweniger rückt Ed Herzog die Unterhaltung ins Zentrum, wobei bei den Ermittlungen des eigenbrötlerischen Provinzpolizisten auch die im Dialekt präsentierten Sprüche und Beleidigungen einmal mehr ein Highlight darstellen. Ein Auftritt von Papa Eberhofer in der Tierbedarfshandlung sticht dabei besonders hervor und sorgt für angespannte Lachmuskeln. Dank des Lokalkolorits schimmert stets durch, dass Franz und Rudi nicht ansatzweise so ruppig oder kaltherzig sind, wie sie im ersten Augenblick erscheinen. Der Kriminalfall selbst ist kaum der Rede wert, wobei das Finale überaus gelungen ist. Es sind die privaten Leiden und Verstrickungen, die mehr interessieren und mit aktuellen Themen geht Rehragout Rendezvous einen für die Reihe neuen und erfrischenden Weg. Alles andere ist eben ein Eberhofer-Krimi, und das ist nicht negativ gemeint. Mit dem richtigen Publikum ist das tadellose Unterhaltung, die zahlreiche tolle Momente bereithält.