Out of Play - Der Weg zurück [2020]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 29. März 2021
Genre: Drama

Originaltitel: The Way Back
Laufzeit: 108 min.
Produktionsland: USA / Kanada
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Gavin O’Connor
Musik: Rob Simonsen
Besetzung: Ben Affleck, Al Madrigal, Janina Gavankar, Michaela Watkins, Brandon Wilson, Will Ropp, Fernando Luis Vega, Charles Lott Jr., Melvin Gregg, Ben Irving, Jeremy Radin, John Aylward, Da’Vinchi, Matthew Glave, Nico David, Todd Stashwick, Chris Bruno


Kurzinhalt:

Jack Cunningham (Ben Affleck) ist alkoholsüchtig. Es ist ein Umstand, der ihn nicht nur von seiner Schwester Beth (Michaela Watkins) und deren Familie entfremdet hat, sondern auch von seiner Frau Angela (Janina Gavankar). Als ihn Priester Devine (John Aylward) bittet, das Basketball-Team der Bishop Hayes High School zu trainieren, will er im Grunde bereits ablehnen. Doch die Tätigkeit ist für ihn mehr als nur eine Beschäftigung. In vielen der jungen Spieler sieht er sich selbst, der er einst ein Star des Teams war. Insbesondere in Brandon (Brandon Wilson) erkennt er ein großes Talent. So beginnt er zusammen mit Ko-Trainer Dan (Al Madrigal), die Mannschaft zu trainieren und scheint sogar wieder Fuß im Leben zu fassen. Doch dann holen ihn schmerzliche Erinnerungen aus der Vergangenheit wieder ein …


Kritik:
Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die zweite Zusammenarbeit zwischen Filmemacher Gavin O’Connor (The Accountant [2016]) und Ben Affleck ein klassisches Sportlerdrama sei. Tatsächlich versucht sich das Drehbuch gleichermaßen an einem Drama und einem Sportlerfilm, ist jedoch keines richtig. Die Geschichte um einen alkoholkranken Mann, der den Weg zurück ins Leben findet, ist für den Hauptdarsteller persönlicher, als man vermuten mag, und dank ihm ist Out of Play - Der Weg zurück sehenswert, doch wächst der Film kaum über Genrevertreter hinaus.

Dabei muss man der Produktion zwei Dinge zugutehalten: Zum einen, dass Ben Affleck, dessen Familiengeschichte ebenfalls von Alkoholmissbrauch durchzogen ist, hier anders auftritt, als man es von ihm gewohnt ist. Anstatt seine Szenen einzunehmen, durchtrainiert und gestylt, hat der Alkohol auch körperliche Spuren an ihm hinterlassen. Zum anderen traut sich Regisseur Gavin O’Connor erfreulicherweise, das Publikum in althergebrachter Erzählweise die Figuren kennenlernen zu lassen, anstatt sämtliche Informationen auf einem Silbertablett zu präsentieren. Wo viele Filme heute eine Exposition voranstellen, in der man alles Wissenswerte zum Protagonisten erzählt bekommt, erfährt man hier Stück für Stück von der Lebensgeschichte der Hauptfigur Jack Cunningham. Zwar folgt sie dennoch bekannten Genrekonventionen, aber es ist geradezu erfrischend zu sehen, dass man zur Hälfte des Films noch Details über die Vergangenheit einer Figur erfährt, die erklären, weshalb diese so ist wie sie ist.

Out of Play - Der Weg zurück erzählt von dem Bauarbeiter Jack, der morgens unter der Dusche sein erstes Bier trinkt, während der Fahrt und auf der Baustelle versteckt er den stärkeren Alkohol in einem unauffälligen Thermobecher und abends begibt er sich in eine Bar und trinkt so viel, dass er oftmals nach Hause gebracht werden muss. Das Familienessen zu Thanksgiving mit seiner Schwester, ihrer Familie und Jacks Mutter ist für ihn ein lästiger Pflichtbesuch. Als ihn Pater Devine bittet, das Team der Katholischen High School Bishop Hayes zu unterrichten, stimmt er nur deshalb zu, weil ihm keine überzeugenden Ausreden einfallen, das Angebot auszuschlagen. Dabei war Jack vor 25 Jahren nicht nur selbst ein gefeierter Spieler der High School, ihm standen auch alle Türen für eine erfolgreiche Zukunft offen. Die Person, die man bis dahin gesehen hat, könnte davon weiter kaum entfernt sein. Das Drehbuch von Brad Ingelsby (Auge um Auge - Out of the Furnace [2013]) geht einerseits der Frage nach, was mit Jack geschehen ist, und gleichzeitig, wie er das anfangs mehr als unterdurchschnittliche Team der Bishop Hayes formt.

Der Verlauf der Geschichte ist dabei nicht sonderlich überraschend, wohl aber, wie wenig die einzelnen Figuren des Basketball-Teams beleuchtet werden. Bis auf Starspieler Brandon Durrett, der ebenfalls aus einem belasteten familiären Umfeld kommt, wird kaum jemand überhaupt nur vorgestellt und die jeweiligen Spiele sind allesamt in wenigen Momenten vorbei, sofern sie überhaupt gezeigt werden. Out of Play - Der Weg zurück ist mehr an seiner Hauptfigur interessiert, deren Hintergründe Stück für Stück aufgedeckt werden. Diese behutsame Annäherung ist bemerkenswert gelungen und rundet die Figur spürbar ab. Das Highlight ist dabei unumwunden Ben Affleck selbst, der die verschiedenen Facetten des alkoholkranken Jack preiswürdig herausarbeitet. Dabei sind es insbesondere die leisen, zurückhaltenden Momente, die am meisten in Erinnerung bleiben. Umso bedauerlicher, dass sich das Drama nicht mehr auf seinen Weg konzentriert. Ausgerechnet der lange und beschwerliche Ausstieg aus der Abhängigkeit wird gewissermaßen in einer Collage vorgestellt, anstatt die Höhen und Tiefen auszuloten. Bei der Situation des jungen Basketball-Teams ist es ähnlich, so dass O’Connor diesen Erzählstrang ebenfalls auf einer Note enden lässt, die keinen wirklichen Abschluss bietet.

Der Weg dorthin ist oftmals inspirierend, tadellos gefilmt und mit bemerkenswertem Fingerspitzengefühl erzählt. Doch dies täuscht nicht darüber hinweg, dass man Vieles hiervon bereits intensiver, packender und ungeschminkter gesehen hat. Dafür vermittelt Out of Play - Der Weg zurück letztendlich ein unbelastetes Gefühl, das trotz allem nicht unnatürlich geschönt erscheint. Ob die Kombination des Alkoholismusdramas mit einem Sportlerfilm notwendig ist, sei dahingestellt. Dass beide Elemente nicht soweit erzählt werden, wie sie hätten können, lässt sich jedoch nicht leugnen.


Fazit:
Wird Schicht für Schicht aufgedeckt, was Jack Cunningham widerfahren ist, erzeugt das ein Verständnis dafür, was ihn jeden Abend in die Bar zieht und weswegen er versucht, die Vergangenheit im Alkohol zu ertränken. Es gelingt Regisseur Gavin O’Connor zusammen mit Ben Affleck dank einer seiner besten Darbietungen seit vielen Jahren, Jacks Weg heraus aus der Sucht ebenso greifbar zu machen, wie den Erfolg des jungen Basketball-Teams. Umso schlimmer der Moment, an dem eine Konfrontation mit der Vergangenheit all das gefährdet. Out of Play - Der Weg zurück folgt bekannten Formeln der beiden Genres, sowohl des Dramas als auch des Sportfilms. Dennoch sind Szenen, in denen die jungen Basketball-Spieler einen Punkterückstand aufholen, packend und Jacks Weg eine emotionale Achterbahnfahrt. Es bleibt aber der Eindruck, dass beides schon deshalb nicht mitreißender ist, da den beiden Erzählsträngen zu wenig Zeit eingeräumt wird. So kommt außer Jack kaum eine Figur zum Zug, tatsächlich beleuchtet werden nur wenige Charaktere und ein wirklicher Schluss ist das Ende ebenfalls nicht. Als inspirierendes, wenig belastendes Drama, das sein Publikum schon allein auf Grund der Basketball-Szenen auf die Seite der Protagonisten zieht, ist das dennoch gelungen. Und dank der behutsamen Erzählweise sowie der erstklassigen Darbietung im Zentrum durchaus sehenswerte zwei Stunden.