Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil Eins [2023]

Wertung: 5.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 6. Juli 2023
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: Mission: Impossible - Dead Reckoning Part One
Laufzeit: 163 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Christopher McQuarrie
Musik: Lorne Balfe
Besetzung: Tom Cruise, Hayley Atwell, Esai Morales, Ving Rhames, Simon Pegg, Rebecca Ferguson, Vanessa Kirby, Henry Czerny, Pom Klementieff, Shea Whigham, Greg Tarzan Davis, Frederick Schmidt, Cary Elwes


Kurzinhalt:

Der Auftrag, den Agent Ethan Hunt (Tom Cruise) des verdeckt operierenden Geheimdienstes IMF mit seinem Team um Benji Dunn (Simon Pegg) und Luther Stickell (Ving Rhames) von CIA-Direktor Eugene Kittridge (Henry Czerny) erhält, ist an sich nicht allzu kompliziert. Sie sollen einen Schlüssel besorgen, von dem ihnen nicht gesagt wird, was er öffnet. Der Schlüssel besteht aus zwei Teilen, die sich gegenseitig verifizieren. Eine Hälfte befindet sich im Besitz der abtrünnigen, britischen Geheimagentin Ilsa Faust (Rebecca Ferguson), auf die ein hohes Kopfgeld ausgesetzt ist. Die Hälfte soll anschließend auf dem Schwarzmarkt zum Verkauf angeboten werden, um der zweiten Hälfte habhaft zu werden. Doch als Ethan erfährt, dass die CIA hofft, durch das zu beschaffende Objekt letztlich kontrollieren zu können, was wahr ist und was nicht, steht für ihn fest, dass keine Organisation oder Regierung der Welt eine solche Macht besitzen sollte. Fortan ist nicht nur die CIA darauf aus, Hunts IMF-Team auszuschalten, alle möglichen Organisationen sind auf den Schlüssel aus. Doch wird Ethans Mission durch die Diebin Grace (Hayley Atwell) sabotiert und bei einem Einsatz in Dubai glaubt er, in Gabriel (Esai Morales) einen Geist aus seiner Vergangenheit wiederzusehen. Nie stand für sein Team oder Hunt persönlich mehr auf dem Spiel – und ihr Gegner ist ihnen stets mehrere Schritte voraus …


Kritik:
Vor beinahe 30 Jahren rannte Tom Cruise zum ersten Mal in der Rolle des IMF-Agenten Ethan Hunt über die Leinwand. Sechs Filme später tritt er in Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil Eins das voraussichtliche Finale dieser überaus erfolgreichen Leinwandpräsenz an. Zusammen mit Regisseur Christopher McQuarrie, der als einziger mehrere Teile der Agentenfilmreihe inszenierte, präsentiert er einen klassischen Spionagethriller mit einem überaus aktuellen Thema. Beinahe nebenbei bringt er den kurzweiligsten zweidreiviertel Stunden dauernden Action-Thriller in die Kinos, den man bislang gesehen hat.

Seine vielen vorigen Einsätze, bei denen er Missionen erfüllte, die nicht nur kaum Aussicht auf Erfolg hatten, sondern bei denen er mit seinem Team vollkommen auf sich gestellt war, haben Spuren bei Ethan Hunt hinterlassen. Sieht man ihn zum ersten Mal, wirkt er müde und desillusioniert. Seine aktuelle Mission klingt so gerade heraus wie vage. Er soll einen zweiteiligen Schlüssel beschaffen, von dem nicht bekannt ist, was er öffnet. Nur, dass sich eine Hälfte im Besitz der abtrünnigen MI6-Spionin Ilsa Faust befindet, mit der Ethan mehr als eine berufliche Bekanntschaft verbindet. Als er schließlich von niemand geringerem als CIA-Direktor Kittridge erfährt, was die neue Bedrohung tatsächlich ist, was seine Regierung von ihm verlangt, zu beschaffen, steht für Ethan fest, dass keine Person und keine Regierung der Welt eine solche Macht besitzen sollte. So setzt Kittridge nicht nur die CIA auf das IMF-Team um Hunt, Luther Stickell und Benji Dunn an. Alle Regierungen und Organisationen nehmen sie ins Visier. Ethans einzige Chance ist es, schneller zu sein und die Mission zu beenden.

Deren Schlüssel ist inzwischen im Besitz der international gesuchten Diebin Grace und die Jagd danach führt das Team wieder an zahlreiche internationale Schauplätze, darunter Italien, Dubai und Österreich. Doch statt lediglich von einem Actionhöhepunkt zum nächsten zu sprinten, nimmt sich das Drehbuch die Zeit, einerseits zu beleuchten, was Ethan ursprünglich zur IMF geführt hat und welche Bedrohung von ihrem neuen Widersacher ausgeht. Der ist nur vordergründig verkörpert von Esai Morales als Gabriel, der eine Verbindung zu Ethans Vergangenheit darstellt. Vielmehr hat es das Team mit einer Entität zu tun, die ihnen nicht nur mehrere Schritte voraus ist, sondern einen jeden derselben vorhersagen kann. Die Konsequenzen erläutert Dead Reckoning Teil Eins gleich mehrmals und wenn man dem Film eines vorhalten mag, dann, dass er seinem Publikum nicht zutraut, beim ersten Mal richtig zuzuhören. Doch bieten diese ruhigen Momente buchstäblich die Möglichkeit, durchzuatmen, denn das Actionfeuerwerk, das Filmemacher McQuarrie hier abbrennt, ist in vielerlei Hinsicht atemberaubend. Anstatt das Publikum mit vielen kleinen solcher Szenen mitnehmen zu wollen, konzentriert sich die Geschichte auf weniger, dafür aber umso ausgefeilter und größer aufgebaute Highlights, bei denen nicht die reine Materialvernichtung, sondern trotz allem die Figuren im Mittelpunkt stehen.

Wie hervorragend dies choreografiert ist, verdeutlicht bereits die Sequenz am Flughafen in Dubai zu Beginn, in der sich Hunt und sein Team nicht nur einer Unzahl von Agenten gegenübersehen, die verhindern wollen, dass sich Ethan mit einer Kontaktperson trifft, sondern gleichzeitig eine viel größere Bedrohung schlummert, während der an sich einfache Plan vollkommen aus dem Ruder läuft. Groß angelegte Produktionen wie Fast & Furious 10 [2023] müssen sich angesichts der zwei Autoverfolgungsjagden von Ethan und Grace in Rom an sich in Grund und Boden schämen, so mitreißend und gleichzeitig witzig ist, was Dead Reckoning Teil Eins hier präsentiert. Doch verliert der Film nicht aus dem Blick, wie groß die Gefahr dennoch ist und was auf dem Spiel steht, wird auch für das Publikum spätestens in Venedig greifbar, wenn Ethan gezwungen wird, ein Opfer zu erbringen, das er nicht erbringen kann.

Nicht nur in diesen Momenten beweist Tom Cruise, wie sehr er sich diese Rolle zu Eigen gemacht hat. Allein zu sehen, wie er die vielen Kampfszenen (diejenige in einer engen Gasse ist ein weiterer Höhepunkt), Verfolgungsjagden oder den größten Stunt des Films selbst meistert, jagt einem beim Zusehen eine Gänsehaut über den Rücken. Der Sprung mit dem Motorrad ist das größte Aushängeschild des Films und für sich genommen bereits eine wahre Meisterleistung. Er ist jedoch nur der Auftakt für ein Finale, das so viele packende Momente besitzt. Hayley Atwell ist ein so charmanter wie im späteren Verlauf schlagkräftiger Neuzugang zur bekannten Besetzung, die nicht nur Ving Rhames, sondern auch Simon Pegg in tollen Szenen zurückbringt. Atwells Chemie mit Cruise bereichert die menschliche Komponente der Geschichte ungemein. Rebecca Ferguson und Vanessa Kirby kehren ebenfalls zurück, während Esai Morales und Pom Klementieff mit tollen Momenten überzeugen. Ein wahrer Hingucker ist jedoch die Rückkehr von Henry Czerny als CIA-Direktor Eugene Kittridge, dem Hunt zuletzt in Mission: Impossible [1996] gegenübersaß und der hier die Reihe gelungen zusammenschnürt.

Erst letztes Jahr belebte Tom Cruise das Kino mit seinem unerwartet unterhaltsamen wie mitreißenden Top Gun: Maverick [2022] nach einer Durststrecke neu und in Anbetracht dessen, was Hollywood in der ersten Jahreshälfte an durchwachsenen oder uneinheitlichen Großproduktionen vorgestellt hat, ist man fast versucht zu sagen, dass er es nun noch einmal schaffen muss. Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil Eins ist perfektes Sommerkino, das mit nie dagewesenen Actionhöhepunkten sprachlos macht, während die Verantwortlichen selbst bekannten Szenarien neuen Esprit verleihen. Bereits der lange Teaser vor dem ikonischen Vorspann, der die Ereignisse des Films knapp zusammenfasst, ist ein Fest. Was folgt, ist der bislang unterhaltsamste Action-Thriller des Jahres, bei dem die Zeit nicht nur wie im Flug vergeht, sondern der alle anderen Franchises, die dieses Jahr um die Gunst des Publikums gebuhlt haben, weit hinter sich lässt. Klasse!


Fazit:
Die Idee der Bedrohung, die Filmemacher Christopher McQuarrie hier präsentiert, ist alles andere als neu und auch deren Auswirkungen auf die Geschichte klingen bekannt. Aber nicht nur ist sie erfrischend präsentiert, sondern insbesondere auf Grund der Aktualität im Moment auch für ein breites Publikum verständlich und daher greifbar. Ein Vorwissen zu den bisherigen Teilen der Reihe ist nicht unbedingt nötig, um der Story folgen zu können, gestaltet aber zahlreiche Aspekte umso interessanter. Trotz der ernsten Geschichte und des kompromisslosen Agentengenres, das hier vorgestellt wird, ist der Film bei weitem nicht schwer oder düster, wie selbst der letzte Auftritt des britischen Spions im Geheimdienst ihrer Majestät. Tom Cruise und die durchweg ebenso engagierte Besetzung konzentrieren sich vielmehr darauf, einen Agenten-Thriller zu erzählen, bei dem die unvorstellbar aufwändig und soweit möglich handgemachte Action auch Spaß macht. Erstklassige Produktionswerte, Schauplätze, in die man glaubt, hineintreten zu können, und eine fantastische Optik zeichnen Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil Eins als einen der besten Action-Thriller in einer gefühlten Ewigkeit aus. Es ist ein Erlebnis für die größtmögliche Leinwand, das die Wartezeit bis zur Auflösung der Geschichte nur umso länger scheinen lässt. Dafür braucht es hier zum Glück auch keinen Cliffhanger wie in einem billigen Fortsetzungsroman. Eine Wucht!