Midway - Für die Freiheit [2019]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 16. Juni 2020
Genre: Drama / Kriegsfilm

Originaltitel: Midway
Laufzeit: 138 min.
Produktionsland: China / Hongkong / Kanada / USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Roland Emmerich
Musik: Harald Kloser, Thomas Wanker
Besetzung: Ed Skrein, Patrick Wilson, Woody Harrelson, Luke Evans, Mandy Moore, Luke Kleintank, Dennis Quaid, Aaron Eckhart, Keean Johnson, Nick Jonas, Etsushi Toyokawa, Tadanobu Asano


Kurzinhalt:

Der Navy-Offizier und Leiter des pazifischen Nachrichtendienstes Edwin Layton (Patrick Wilson) hatte lange davor gewarnt, dass die japanischen Streitkräfte einen Angriff planten. Vier Jahre zuvor war er als Marineattaché in Japan auf Admiral Yamamoto (Etsushi Toyokawa) getroffen. Doch seine Warnungen verhallten ungehört, bis der japanische Überraschungsangriff auf Pearl Harbor 1941 die USA aktiv in den Pazifikkrieg verwickelten. Unter Admiral Nimitz (Woody Harrelson) versucht Layton, die nächsten Schritte ihrer Angreifer vorherzusehen, während man verschiedene Gegenschläge plant. Diese auszuführen ist Aufgabe der auf Flugzeugträgern stationierten Sturzkampf-Piloten um „Dick“ Best (Ed Skrein) und Wade McClusky (Luke Evans). Aber jeder Kampf bedeutet hohe Verluste und die Kaiserlich Japanischen Marineluftstreitkräfte sind denjenigen der US-Navy zahlenmäßig überlegen. Am Ende wird alles vom Überraschungsmoment eines groß angelegten Angriffs bei den Midwayinseln abhängen – ein Sieg könnte einen Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg darstellen …


Kritik:
Roland Emmerichs auf wahren Begebenheiten basierendes Kriegsdrama Midway - Für die Freiheit wird nie dem Anspruch gerecht, den der Filmemacher offenbar an die Verfilmung einer entscheidenden Phase des Zweiten Weltkriegs legt. Das ist weniger seiner handwerklichen Umsetzung geschuldet, als der Drehbuchvorlage. Und doch ist es am Ende ein Zusammenspiel aus mehreren Elementen, das dafür sorgt, dass der Film nie über das Niveau einer Videoproduktion hinauskommt und nur selten gar daran heranreicht.

Dabei klingt es durchaus vielversprechend, das Kapitel des Zweiten Weltkriegs zu beleuchten, das unmittelbar auf den Überraschungsangriff der japanischen Marineluftstreitkräfte auf die vor Pearl Harbor ankernde US-amerikanische Pazifikflotte folgte. Dass die Macher die Geschehnisse zumindest teilweise sowohl aus Sicht der amerikanischen wie der japanischen Streitkräfte schildern, ist ihnen durchaus anzurechnen und bedenkt man, dass sämtliche Szenen mit japanischen Soldaten untertitelt und nicht synchronisiert sind, spürt man den Wunsch nach Authentizität und vielleicht sogar Objektivität. Doch reicht dieser Ansatz nicht aus in Anbetracht des erzählerischen Aufbaus des Dramas. Nicht nur, dass in den ersten 15 Minuten der Angriff auf Pearl Harbor, der schließlich den Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg begründete, quasi im Vorbeigehen gezeigt wird, es werden insgesamt ein Dutzend Figuren vorgestellt, bei denen anfangs nicht deutlich wird, wer sie sind und welche Funktionen sie bekleiden. Entsprechend verschenkt sind auch die zahlreichen, namhaften Beteiligten, die schauspielerisch kaum etwas zu tun bekommen.

Wenn man aber nicht weiß, wofür diese Personen verantwortlich sind, wie soll man dann die Entscheidungen, die sie treffen, im geschichtlichen Kontext einordnen können? Filmemacher Emmerich zeigt den Angriff auf Pearl Harbor hauptsächlich aus Sicht zweier Marinesoldaten, über die man nichts weiß und deren Schicksal hier dementsprechend auch nicht berührt. Was für eine Auswirkung der Angriff auf die Streitkräfte hatte, wird nicht einmal erwähnt und wer sich mit der Thematik nicht bereits beschäftigt hat, wird das Gezeigte geschichtlich nicht einordnen können. Über den von Michael Bay pathetisch aufgebauten Pearl Harbor [2001] mag man sagen, was man will, die Angriffssequenz selbst ist übersichtlich und mitreißend inszeniert, eben auch, weil die Figuren zuvor vorgestellt worden sind. In Midway - Für die Freiheit soll dies nur als „Aufhänger“ dienen, die tatsächliche Geschichte im Anschluss vorzubereiten. Dabei wäre das inhaltlich gar nicht notwendig, das Drehbuch hätte auch unmittelbar danach ansetzen können.

Dann nämlich leitet das amerikanische Militär im Pazifik eine Reihe von Gegenschlägen ein, unter Einbeziehung des Navy-Offiziers Edwin Layton, der entscheidende Informationen für die Kampfhandlungen liefert. Die werden zu großen Teilen aus Sicht des Piloten Richard „Dick“ Best erzählt und umfassen Kämpfe bei den Marshallinseln, den Doolittle Raid oder die Schlacht im Korallenmeer. Sie führen letztlich zur Titel gebenden Schlacht bei den Midwayinseln vom 4. bis 7. Juni 1942. Die Szenenabfolge ist dabei eben so bruchstückhaft, wie sich die Beschreibung liest. Ob hier Dinge gleichzeitig geschehen, oder mit Stunden oder Tagen Versatz, ist nicht deutlich. Von einem Moment auf den anderen sind Figuren – die sich in unterschiedlichen Kampfverbänden befinden und die man ohnehin nicht zuordnen kann – statt auf hoher See im Offizierscasino und eine lebensbedrohende Situation wechselt mit einer ausgelassenen Feier.

So gelingt es Midway nie, ein Gefühl dafür zu erzeugen, was wann und wo geschieht, selbst wenn die einzelnen Bilder mitunter nicht schlecht ausgewählt sind. Eindrücke wie über Flammen hängende Soldaten scheinen in Trailern spektakulär, wirken aber vollkommen losgelöst und ohne Zusammenhang. Zum Höhepunkt des Films, wenn sich die Verbände der Kaiserlich Japanischen Marine und der United States Navy eine erbitterte Luft-See-Schlacht liefern, erzählt Filmemacher Roland Emmerich das Geschehen auf mehreren Ebenen mit verschiedenen Geschwadern an unterschiedlichen Orten. Aber es gelingt ihm nicht, dies verständlich oder mitreißend aufzubauen. Seine Darstellung des Kampfgeschehens, ob historisch korrekt, oder nicht, sei dahingestellt, ist nicht mehr als ein Mosaik einzelner Eindrücke, die kein stimmiges Gesamtbild ergeben.

Dass die Trickeffekte nicht nur allzu offensichtlich sind, sondern derart künstlich aussehen, dass die reale Besetzung darin wie ein Fremdkörper erscheint, rundet den unfertigen Gesamteindruck ab. Dabei ist es weniger die Qualität der Spezialeffekte selbst, die hier derart enttäuscht, als die Ausleuchtung des Films. Keine einzige Szene, weder, wenn die Figuren auf Deck eines Flugzeugträgers in blauen Himmel blicken, noch wenn sie an Land sind, weist ein natürliches Licht auf. Die Bilder besitzen einen ebenso künstlichen Look wie die synthesizerlastige Musik gerade in den Kampfszenen enttäuscht. Anstatt heroischer Hymnen gibt es hier austauschbare Themen zu hören, die in den Actionsequenzen minimalistisch an moderne Actionfilme erinnern und somit stilistisch kaum zum Rest passen. Auf diese Weise wird Midway - Für die Freiheit den historischen Figuren oder der Bedeutung der geschilderten Ereignisse nicht gerecht. Schade.


Fazit:
Eine Texttafel erläutert zu Beginn des Films, dass er eine wahrheitsgetreue Schilderung darstellt und die darin gezeigten Ereignisse zur wichtigsten Seeschlacht der amerikanischen Geschichte und einem Wendepunkt im Pazifikkrieg führten. Nur selbst wenn einzelne Bilder eindrucksvoll ausgewählt sind, der Szenenaufbau insgesamt erscheint vollkommen Konzeptlos, als könnte dies nur für ein Publikum Sinn ergeben, das unzählige Bücher über die Geschehnisse gelesen hat. Mit zu vielen Figuren, die kaum vorgestellt werden, einem von Ed Skrein hölzern und uncharismatisch gespielten, heldenhaften Piloten im Zentrum, versieht Regisseur Roland Emmerich seinen Film mit Szenen, die keinen Zweck erfüllen. Wie wenn ein Filmemacher vorgestellt wird, der Aufnahmen auf den Midwayinseln dreht, während diese angegriffen werden – die Aufnahmen sind hier nicht zu sehen und was aus der Figur wird, erfährt man nicht. Die miesen Trickeffekte und die ungelenke Erzählung lassen Midway - Für die Freiheit schlechter erscheinen, als er im Grunde ist. Diese Geschichte verdient es, erzählt zu werden. Nur selbst wenn Emmerichs Umsetzung nie spürbar langweilig ist, ohne das Gezeigte mit den vielen Erzählebenen aber in einen greifbaren Kontext zu setzen, ist es am Ende auch nie packend.