Joey: "Bitteres Ende" [2005]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 18. Oktober 2005
Genre: KomödieOriginaltitel: Joey: "Joey and the Big Break"
Laufzeit: 43 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Kevin S. Bright
Musik: Transcenders
Darsteller: Matt LeBlanc, Andrea Anders, Paulo Costanzo, Jennifer Coolidge, Drea de Matteo, Miguel A. Núñez Jr., Ben Falcone, Kevin Smith
Kurzinhalt:
Es beginnt ein neuer Tag für Joey Tribbiani (Matt LeBlanc), der für ihn und seine Nachbarin Alex (Andrea Anders) allerlei Komplikationen bereithält. Doch damit nicht genug, verliert er durch eine übereilte Tat seiner Agentin Bobbie (Jennifer Coolidge) die Rolle bei der Serie "Deep Powder".
So steht Joey nach einem Jahr in Los Angeles wieder ganz am Anfang. Mehr noch, bei Vorstellungsgesprächen scheint er alles falsch zu machen und zu seinem Unmut scheint sein Neffe Michael (Paulo Costanzo) mehr Glück bei Frauen zu haben, als er. Dessen Mutter hat inzwischen einen Job bei Bobbie angenommen und als wäre das nicht schon kompliziert genug, weiß der neunmal kluge Zach (Miguel A. Núñez Jr.), den Joey am Set kennen gelernt hat, immer wieder eine verrückte Möglichkeit für Joey, um ihm eine Rolle zu beschaffen ...
Kritik:
Wirklich zufrieden sein können die Verantwortlichen beim US-Sender NBC nicht, zwar ist man in Bezug auf Zuschauer nach wie vor der drittgrößte Fernsehsender der USA, doch von der Dominanz der Konkurrenz CBS (unter anderem die CSI-Serien) oder den Hitserien von ABC (Lost [2004-2010], Desparate Housewives [seit 2004]) ist man weit entfernt. Allenfalls die Quoten der Law & Order-Serien können überzeugen und befinden sich unter den Top Ten der Woche. Vor etwa sechs Jahren sah die Fernsehlandschaft gänzlich anders aus: Mit den Hit-Comedy-Serien Friends [1994-2004] und Frasier [1993-2004], sowie dem Krankenhausdrama Emergency Room - Die Notaufnahme [1994-2009] dominierte man die Quoten. Friends sahen durchschnittlich 25 Millionen Zuschauer in den letzten Jahren, Emergency Room bis zu 30 während der Hochzeit – inzwischen sind Friends und Frasier Geschichte und die Zuschauerzahlen von Emergency Room haben sich auf ungefähr 14 Millionen mehr als halbiert. Da tröstet es auch nicht, dass die jüngst gestartete Science Fiction-Serie Surface - Unheimliche Tiefe [2005-2006] mit knapp 10 Millionen Zuschauern immerhin stabile Quoten aufweisen kann.
Den Erfolg von Friends wollte man mit der Spin-Off-Serie Joey zwar nicht wiederholen, doch zumindest aufrecht erhalten – und das möglichst eigenständig, ohne große Gastauftritte der Friends-Darsteller. Inzwischen ist ein Jahr vergangen, und um die Zukunft von Joey sieht es alles andere als rosig aus. Startete die Serie um Joey Tribbiani mit 18 Millionen Zusehern noch sehr erfolgreich, nahmen die Quoten immer weiter ab und pendelten sich am Ende des ersten Jahres auf knapp 9 Millionen ein. Einzig der Auftakt der zweiten Staffel, "Bitteres Ende" unterbot dies mit nur 7,8 Millionen, Tendenz fallend. Wie lange NBC die Serie noch laufen lassen wird, steht in den Sternen, denn auch die in dieser Episode eingeführten Änderungen scheinen keine neuen Zuschauer zu motivieren.
Dass die Autoren darum bemüht sind, Änderungen umzusetzen, ist hingegen offensichtlich. Nicht nur, dass mit Zach eine neue Figur aufgenommen wird, Joey selbst steht einmal mehr ein Arbeitsplatzwechsel bevor und auch für Gina und Michael ändern sich einige Dinge.
Als Zuschauer der ersten Stunde muss man hingegen erst einmal schlucken, so scheinen die Änderungen für Hauptfigur Joey selbst arg gezwungen, die Einführung von Zach macht nicht nur wenig Sinn, sondern er scheint auch für nicht viel mehr verantwortlich, als ein paar witzige Sprüche und Sidekick für die Hauptfigur, doch ohne Tiefe oder wirklich etwas zu tun. Wie sich die Autoren die Weiterentwicklung zwischen Gina und Joeys Agent Bobbie vorstellen, muss man erst abwarten, doch auch hier bewegt sich im Endeffekt kaum etwas – wie auch bei Michael, der im Staffelauftakt ohnehin kaum etwas zu tun hat.
Die Story selbst ist dabei einmal mehr in eine Haupthandlung und mehrere Rahmenstorys aufgeteilt, die sich dieses Mal damit beschäftigen, eine Situation aus dem Finale der vorangehenden Staffel aufzuklären. Doch auch wenn es den Anschein hat, als würden die Autoren sich dazu durchringen können, eine Beziehung zwischen Joey und Alex endlich auf die Wege zu bringen, wie auch bei Joeys Beschäftigung wird in den letzten Minuten alles auf null gesetzt. Ein Mittel, das bereits in der ersten Staffel bei mehreren Handlungsbögen absehbar war, und das sich inzwischen schlicht erschöpft hat.
Wenn den Machern hinter den Kulissen keine Ideen einfallen, die Storys weiterzuentwickeln, ohne sie immer wieder ganz aufzulösen und ähnliche neu zu beginnen, sollte man vielleicht das Konzept der Serie grundlegend überarbeiten.
So wirkt das Skript nicht nur inhaltlich arg gekünstelt, sondern auch stellenweise sehr unglaubwürdig – denn so witzig der Gastauftritt von Regisseur Kevin Smith wäre, für die Folge notwendig ist er nicht.
Dass einem "Bitteres Ende" dennoch gut im Gedächtnis bleibt liegt an den Darstellern, die es verstehen, auch aus den eigentlich nicht sehr einfallsreichen Szenen das beste zu machen. Allen voran Matt LeBlanc, dem zwar die Slapstick-Momente nicht ganz so gut gelingen, wie seinem Friends-Kollegen Matthew Perry, der hier aber sichtlich darum bemüht ist, mit seiner Akrobatik diese zum Leben zu erwecken.
Auch Andrea Anders macht ihre Sache sehr gut, gleichwohl ihr die ernsten Momente von Alex besser liegen, als die komödiantischen. Paulo Costanzo wirkt routiniert, wenngleich unterfordert, und auch Drea de Matteo hatte in der ersten Staffel bereits bessere Auftritte.
Nach wie vor für Lacher sorgt – wie bereits in der ersten Staffel – Joeys Agentin Bobbie, charismatisch verkörpert von Jennifer Coolidge. Sie verpasst ihren Szenen genau jenen Grad an Hysterie und Sarkasmus, der den anderen Figuren leider fehlt. Im Pilotfilm sah das noch ganz anders aus.
So wirkt die Besetzung zwar engagiert, aber mit wenigen Ausnahmen nicht so recht gefordert. Der nur selten zu sehende Miguel A. Núñez Jr. fällt dabei etwas aus der Rolle und ist bislang nicht in der Lage, seinen Charakter zu definieren.
Handwerklich bewegt sich "Bitteres Ende" auf dem gewohnten Comedy-Niveau, samt einer soliden Inszenierung ohne nennenswerte Höhepunkte, einer spärlichen musikalische Untermalung und ein paar wirklich gelungenen Spezialeffekten in den letzten Minuten der Episode. Das erweckt einen sehr engagierten Eindruck und lässt erhoffen, dass die Macher dies in den kommenden Episoden werden halten können.
So weckt der Staffelauftakt des zweiten Jahres bei all denjenigen Zuschauern Lust auf mehr, die auch im ersten Jahr immer eingeschaltet hatten. Wie sich die kommende Season – abgesehen von den geplanten Gastauftritten bekannter Hollywood-Darsteller – entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Zwar gelingt "Bitteres Ende" eine sehr unterhaltsame und witzige Episode, der es jedoch an einem kohärenten und sich wirklich entwickelnden Skript und einer Hintergrundstory mangelt. Die Humoreinlagen kommen hauptsächlich durch die Darsteller wirklich zur Geltung und auch Überraschungen sucht man, gerade in Hinblick auf die verpasste Chance am Ende, selten.
Fazit:
Kevin S. Bright, Produzent und Regisseur bei Friends und Joey, ist der einzig übrig gebliebene Erschaffer der Comedy-Serie, der von Anfang an dabei war – David Crane und Marta Kauffman haben die Serie inzwischen verlassen.
Dass Joey dem großen Vorbild und Vorgänger auch nach einem Jahr nicht das Wasser reichen kann, ist unbestritten, und doch besitzt die Serie einen ganz großen Vorteil, der den Sender NBC bislang auch davon abhielt, sie Serie aus dem Programm zu nehmen: Es gibt kaum Konkurrenz. Doch dies sollte für die Autoren keine Entschuldigung sein, im Auftakt der zweiten Staffel einen so unnötigen und gekünstelten Neuanfang zu wagen, denn anders kann man dies wirklich nicht verstehen. Neue Figuren einzuführen ist bei etablierten Serien eine sehr schwierige Angelegenheit und sollte behutsam vorgenommen werden – Zach hingegen platzt buchstäblich hinein und torpediert den Zuschauer mit allerlei wenig amüsanter Gags, was die Autoren in den kommenden Episoden erst einmal wieder ausbügeln müssen.
Auch inhaltlich kann "Bitteres Ende" nicht überzeugen, die Hintergrundgeschichte ist konstruiert und die Nebenstorys so sehr darum bemüht, alle Entwicklungen zu widerrufen, dass man das Gefühl bekommt, als wären nun neue Leute hinter den Kulissen am Werk. Der Grund für den nicht zu leugnenden Unterhaltungswert sind jedoch die Darsteller, angeführt von einem wirklich gut gelaunten Matt LeBlanc, der sich alle Mühe gibt, den Anforderungen der Zuschauer gewachsen zu sein – wie lange er das noch ist, wird sich herausstellen.