I Still Believe [2020]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 29. Juli 2020
Genre: Drama / Biografie

Originaltitel: I Still Believe
Laufzeit: 116 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2020
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Andrew Erwin, Jon Erwin
Musik: John Debney
Besetzung: KJ Apa, Britt Robertson, Gary Sinise, Shania Twain, Melissa Roxburgh, Nathan Parsons, Abigail Cowen, Reuben Dodd



Kurzinhalt:

Im September 1999 zieht es Jeremy Camp (KJ Apa) aufs College, auch wenn seine Familie um Vater Tom (Gary Sinise) und Mutter Teri (Shania Twain) ihn ungern gehen lassen. Noch am ersten Abend auf dem Campus macht Jeremy die Bekanntschaft des erfolgreichen Sängers Jean-Luc (Nathan Parsons). Jeremy will ebenfalls nichts mehr, als Musik zu machen. Als er bei dem Konzert Melissa (Britt Robertson) entdeckt, ist er Hals über Kopf verliebt. Es dauert ein wenig, bis Jeremy und Melissa ein Paar werden, vor allem, weil sie eng mit Jean-Luc befreundet ist, von dem sie jedoch weiß, dass er mehr für sie empfindet und sie ihn nicht verletzen will. Doch alles ändert sich, als Melissa schwer erkrankt. Bei dem aussichtslosen Kampf gegen den Krebs hilft ihr zwar Jeremy, der nicht mehr von ihrer Seite weicht, und auch ihr Glaube verleiht ihr Kraft, aber retten kann sie am Ende nur ein Wunder …


Kritik:
Dass sich das Liebesdrama I Still Believe an ein bestimmtes Publikum richtet, ist kein Vorwurf. Erzählt man seinen Zuschauerinnen und Zuschauern jedoch genau das, was diese hören wollen, ist das kein Gradmesser dafür, ob die Geschichte selbst gut erzählt ist, oder nicht. Die Filmemacher Andrew und Jon Erwin widmen sich in dem auf wahren Begebenheiten basierenden Liebesdrama einem schwer greifbaren Thema. Die Antworten, die sie liefern, werden niemanden bekehren – ob sie wenigstens Hoffnung spenden, muss das Publikum selbst entscheiden.

Im Herbst des Jahres 1999 geht Jeremy Camp aufs College. Seine Leidenschaft, das stellt der Film in den ersten Minuten klar, ist die Musik. Bei einem Konzert am allerersten Abend, bei dem er den erfolgreichen Sänger Jean-Luc kennenlernt, trifft Jeremy auch auf Melissa und ist sofort in sie verliebt. Auch wenn sie es anfangs nicht zugibt, empfindet sie ebenfalls mehr für ihn, möchte jedoch Jean-Luc, mit dem sie seit dem ersten Tag auf dem College befreundet ist, und der neuerlich Gefühle für sie hegt, nicht verletzen. Darum halten Melissa und Jeremy, nachdem sie schließlich zusammenkommen, ihre Beziehung geheim, so lange es geht. Bis Jean-Luc von Jeremy doch von der Beziehung erfährt und sich Jeremy und Melissa trennen. Was sich anhört, wie die Story einer gewöhnlichen Seifenoper, ist mit attraktiven jungen Menschen besetzt und mit mehr Songs bestückt, als auf den meisten Alben veröffentlicht werden. Dass es über weite Strecken durchaus funktioniert, liegt bei I Still Believe zumindest in der ersten Filmhälfte an der Besetzung, die nicht nur sympathisch in Szene gesetzt ist, sondern in Form von KJ Apa als Jeremy und Britt Robertson als Melissa eine stimmige Chemie entwickelt.

Die zahlreichen Einstellungen von Sonnenauf- und -untergängen verdeutlichen zusammen mit den Dialogen früh, worum es den Machern hier inhaltlich geht. Wenn sich die Figuren, gerade einmal 20 Jahre jung, über Schicksal und Gottes Wille unterhalten, klingt das nicht nur bedeutungsschwanger, sondern phasenweise merklich aufgesetzt. Es gipfelt in Momenten wie dem in einem Tonstudio, in welchem Jeremy Melissa den Refrain eines neuen Songs vorspielt, und er singt „I Love You“, ein halbes Dutzend Mal hintereinander. Daraufhin fragt Melissa Jeremy vollkommen ernsthaft und ohne jeden Zweifel, ob der Song von Gott handle. Nun wird es zwei Arten von Menschen im Publikum geben: Diejenigen, die sich mit einer solchen Frage über jeden Zweifel erhaben identifizieren und solche, die bei dem Dialog peinlich berührt lachen müssen. Es ist ein Niveau, auf das sich I Still Believe öfter begibt, als dem Film guttut. Dabei wartet die Geschichte im Grunde erst danach mit den entscheidendsten Momenten auf, denn kurz, nachdem sich Jeremy und Melissa getrennt haben, muss sie nach einer Notoperation im Krankenhaus feststellen, dass sie an Krebs erkrankt ist.

Doch wirft diese Diagnose die so junge Frau mit so vielen Plänen nicht aus der Bahn – sie ist der Überzeugung, dass Gott schlicht andere Pläne für sie habe. So überheblich meine Schilderung der Entwicklung klingen mag, kritisiere ich an dieser Stelle ausdrücklich nicht, dass I Still Believe eindeutig und im Verlauf zunehmend mehr von christlichen Themen geprägt ist. Vielleicht kann das Drama Menschen in solch erschütternden Situationen Hoffnung geben, wenn man sieht, wie die Protagonisten hier Kraft aus ihrem Glauben schöpfen. Es ist nur, dass die Inszenierung der Geschichte, so strahlend und hübsch sie ausfällt, mit viel Gegenlicht, oder wenn die Figuren ein Zeichen von Gott erbitten und ihnen dieses auch gegeben wird, es einem wenigstens neutralen Publikum schwermacht, mit den Figuren mitzukämpfen. Obwohl es genau das ist, was Melissa und Jeremy nach der Diagnose tun. Sieht man dabei, während Jeremy einen bewegenden Song vor einem großen Publikum spielt, eine Montage, in der sich Melissa gegen die Krankheit und die Nebenwirkungen der Behandlung stemmt, dann könnte man das manipulativ nennen. Oder auch inspirierend, je nachdem, von welchem Blickwinkel aus man es betrachtet.

Diese emotionalen Momente sind auch gelungen, insbesondere dank der sehenswerten und ergriffenen Darbietung von Britt Robertson, die im Lauf der spürbaren zwei Stunden merklich hinzugewinnt. Auf der anderen Seite erscheint KJ Apa anfangs sehr sympathisch, wirkt jedoch geradezu teilnahmslos, wenn klar wird, dass die Liebe seines Lebens unheilbar krank ist. Wodurch Andrew und Jon Erwins Drama jedoch am meisten enttäuscht, ist die Tatsache, dass viele Szenen derart klischeehaft ablaufen, dass man ohne Mühe die Dialoge der Figuren beenden kann. Oder dass von vornherein absehbar ist, wer sich im Raum nebenan befindet, wenn Jeremy Melissa im Tonstudio seine Liebeserklärung singt. So wenig originell der Aufbau der meisten Szenen, so wenig entwickelt ist auch Jeremy als Figur selbst. Dass I Still Believe mehr seine Geschichte, als die von ihnen beiden ist, macht nur noch deutlicher, wie wenig er in der zweiten Hälfte über die Rolle des besorgten und pflegenden Partners hinauswächst. So gelingt es dem Film nicht, dem Thema etwas Neues hinzuzufügen.


Fazit:
Wie soll man eine Antwort auf etwas so Unbegreifliches finden, wenn Menschen unheilbar erkranken? Der erste Impuls mag der Glaube an eine übergeordnete Fügung, an Schicksal sein – doch ist dies auch ein Trost? Die Filmemacher geben hierauf keine Antwort, versuchen stattdessen aufzuzeigen, wie man sich trotz einer solchen Bürde seinen Glauben bewahrt. Dabei, ungeachtet der gelungenen Darbietung von Britt Robertson, schmälert es ihren eigenen Mut und ihre Stärke, wenn sie, symbolträchtig inszeniert, Jeremy anvertraut, dass er sie gerettet habe. Inhaltlich nie bösartig und handwerklich routiniert umgesetzt, richtet sich das Liebesdrama an ein bestimmtes Publikum, das nicht nur Trost, sondern auch Kraft aus dem Glauben zieht. Das mag für diese Zuseherinnen und Zuseher durchaus inspirierend sein. Dass sich ein Großteil derjenigen, die für gewöhnlich eher in die Lichtspielhäuser denn in Gotteshäuser pilgern, hier wohl aufgehoben fühlen werden, darf bezweifelt werden. So gut gemeint I Still Believe sein mag, die Erzählung wird niemanden von irgendeinem Glauben überzeugen, auch wenn die Macher die religiösen Aspekte auffälliger kaum platzieren könnten. Sowohl was die Figuren als auch den Kampf gegen das Unbegreifliche anbelangt, ist das am Ende viel zu oberflächlich, zu klischeehaft und damit auch enttäuschend.