I Am Legend [2007]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 15. Januar 2008
Genre: Fantasy / Horror

Originaltitel: I Am Legend
Laufzeit: 101 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2007
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Francis Lawrence
Musik: James Newton Howard
Darsteller: Will Smith, Alice Braga, Charlie Tahan, Salli Richardson, Willow Smith, Darrell Foster, April Grace, Dash Mihok, Joanna Numata


Kurzinhalt:
Drei Jahre sind vergangen, seit eine Infektion große Teile der Menschheit hinwegraffte. Es lag damals an Robert Neville (Will Smith), ein Gegenmittel zu finden – als letzter Überlebender in einem verlassenen New York, umgeben von Trümmern, Ruinen und verlassenen Gebäuden, sucht er immer noch nach einem Antivirus.
Zusammen mit seiner Hündin Sam macht er sich tagsüber auf die Suche nach Nahrung, nach dem Hinweis auf irgendjemanden da draußen, der wie er immun gegen den Virus ist und versucht sich mit Erinnerungen an seine Familie, seine Frau Zoe (Salli Richardson) und seine Tochter Marley (Willow Smith), seine Menschlichkeit zu bewahren.
Nachts versteckt er sich, verbarrikadiert sich in seinem Haus, bewaffnet und von Alpträumen geplagt, während draußen diejenigen durch die Straßen ziehen, die von der Epidemie nicht sofort hinweggerafft wurden. Sie haben sich durch den Virus verändert, sind mutiert zu Wesen, die im Sonnenlicht nicht überleben können. Reduziert auf Aggression und Gewalt ernähren sie sich von allem was lebt und wissen nicht, dass Robert Neville ihre letzte Hoffnung ist ...


Kritik:
Willard Christopher Smith Jr., eher bekannt als der allzeit gut gelaunte, Sprüche klopfende Will Smith, gehört zu den erfolgreichsten Darstellern Hollywoods. Seine Filme locken Zuschauer in die Kinos und bescheren damit dem bald 40jährigen Star Gagen, von denen andere nur träumen können. Neben Gewinnbeteiligungen streicht der ebenfalls in der Musikbranche sehr erfolgreiche Smith, der seine Filme inzwischen auch selbst produziert, pro Film durchschnittlich 20 Millionen Dollar ein – und kann dies durch die Zahlen an den Kassen vor den Studios nach wie vor rechtfertigen. Ob dies so bleiben wird, wenn sich Gerüchte bestätigen sollten, dass er auf Drängen seines Freundes Tom Cruise der Sekte Scientology beigetreten ist, wird sich weisen; widersprüchliche Aussagen halten sich auf seine Glaubenszugehörigkeit bezogen noch die Waage.
Dass der als Komödiant in der Fernsehserie Der Prinz von Bel-Air [1990-1996] groß gewordene Darsteller auch anders kann, beweisen nicht nur seine zwei Oscarnominierungen. Sowohl für die Biografie Ali [2001], als auch das Drama Das Streben nach Glück [2006] bekam er die begehrte Trophäe beinahe und nimmt sich selbst bei vermeintlich massenkompatiblen Rollen wie in I Am Legend die Zeit, seine Filmfigur mit einem Maß an Tiefe zu versehen, wie man es kaum für Möglich gehalten hätte. Im Vorfeld wurde die Studioentscheidung, die Romanadaption mit Smith zu besetzen häufig kritisiert. Zu unrecht, wie der vielseitige und talentierte Mime beweist.

Was sich die auf 150 Millionen Dollar teure Produktion allerdings gefallen lassen muss ist die Kritik an dem seit über zehn Jahren in Entwicklung befindlichen Drehbuch. Nicht nur, dass das Produktionsstudio Warner Bros. seit den 1970er Jahren die Recht an dem Roman von Richard Matheson Ich bin Legende [1954] besitzt. Nach der letzten Verfilmung mit Charlton Heston in Der Omega-Mann [1971] war ein Remake seit Mitte der Achtziger geplant und nahm Anfang der 1990er mit Ridley Scott als Regisseur und Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle auch erste Formen an – ehe das Projekt wegen des zu hohen Budgets gestrichen wurde. Anschließend wurde Smith als Hauptdarsteller gehandelt, der Michael Bay allerdings nicht zu dem Projekt überreden konnte, sondern stattdessen Bad Boys II [2003] mit ihm realisierte. Auch Smiths Wunschkandidat Guillermo del Toro wollte sich nicht an den Film heranwagen.
Zeit genug hatte das Studio somit, sich um eine ordentliche Vorlage zu kümmern, immerhin wurde der Roman zuvor schon zwei Mal (das erste Mal mit einer Vorlage von Matheson selbst unter Pseudonym als The Last Man on Earth [1964]) verfilmt. Und doch bekam die Filmproduktion den Startschuss, noch bevor ein Drehbuch vorlag; stattdessen sollten Mark Protosevich (Poseidon [2006]) und Akiva Goldsman (unter anderem The Da Vinci Code – Sakrileg [2006]) das Omega-Mann-Skript überarbeiten und modernisiern. Weshalb man sich allerdings nicht einfach an eine getreue Umsetzung der Romanvorlage gehalten hat, ist schleierhaft und macht im Hinblick auf das Potential der Geschichte auch keinen Sinn – zumal das Skript nach wie vor den Anschein erweckt, als wären Teile davon nicht ausgearbeitet worden. Oder als hätten mehrere Autoren daran herum geschrieben.
So vermag das Setting grundsätzlich durchaus zu überzeugen und auch der Hintergrund des mutierten Virus scheint der heutigen Zeit angemessen. Zu sehen, mit welchen Mitteln sich der letzte Überlebende New Yorks jeden Tag zu helfen weiß, ist ebenso faszinierend wie mitzuerleben, wie Robert Neville unter dem psychischen Druck seiner Umgebung leidet. Aus den im Roman als Vampiren vorgestellten Wesen nun geistlose Zombies zu machen, ist an sich schon unnötig genug, doch ihr Verhalten als lediglich gewalttätig und unkontrolliert zu schildern, macht selbst innerhalb des Drehbuchs wenig Sinn. So scheinen sich die Wesen augenscheinlich weiter zu entwickeln (ein Storyelement, das letztlich ebenfalls aus dem Buch stammt). Und auch die Rache des lediglich als Anführer vorgestellten Alpha Männchens, das zuerst Neville das Kostbarste raubt – wie ihm durch Neville geschehen – und später weniger aus Aggression heraus sich Neville stellt, als um seine Partnerin zu schützen, wird nur angedeutet. Der ganze Storybogen um eine Evolution innerhalb der mutierten Wesen wird fallen gelassen um ein actionreiches Finale zu präsentieren.
Während die Rolle der Frau im Roman letztlich eine Weiterentwicklung der Geschichte um die Vampire darstellt, scheint sie im Film mehr oder weniger den Zweck zu erfüllen, Neville endlich Gehör zu verschaffen. Hätten sich die Autoren hier entweder an den Roman, oder aber den Omega-Mann gehalten, hätte die Geschichte nicht nur mit einem melancholischen Gefühl geendet, sondern den Titel des Films auch tatsächlich gerechtfertigt.

Der Film lebt ganz ohne Zweifel vom einsamen Hauptdarsteller, der in einer Art Tour de Force alle möglichen Facetten einer Persönlichkeit offenbaren darf. Was Will Smith auf sich genommen hat, um als alleiniger Darsteller in zwei Drittel aller Szenen des Films zu überzeugen, ist schlicht atemberaubend.
Von den Depressionen und melancholischen Schüben, über die Selbsttäuschung einer sozialen Bindung, bis hin zur Aufgabe des Überlebenswillens und dem erneuten Gewinn desselben ist alles vertreten und dabei ohne viele Worte allein durch eine so packende Mimik verkörpert, dass es einem als Zuschauer mitunter Gänsehaut verpasst.
Wenn Robert Neville die verlassenen Wohnungen und Häuser durchsucht, die einsamen Straßen New Yorks nach Wild durchsucht oder seinem täglichen Ritual folgend nach Überlebenden Ausschau hält, fühlt man sich als Zuseher an seiner Seite; und leidet mit ihm, wenn ihm eines der wenigen Dinge genommen werden, die ihn überhaupt an seinem Leben festhalten lassen.
Wie schon Tom Hanks in Cast Away – Verschollen [2000] musste sich der Regisseur hier auf das Talent eines einzigen Darstellers verlassen, um die Leinwand zu großen Teilen allein auszufüllen; auch wenn die Filme nicht vergleichbar sind, die Leistungen von Hanks und Smith liegen unbestritten auf einer Ebene.
Dahingehend verblassen die übrigen Darsteller merklich, auch wenn Alice Braga in ihren wenigen Szenen gute Arbeit leistet; von Charlie Tahan ist nicht viel zu sehen, und selbst Willow Smith (Will Smiths richtige Tochter) überzeugt in ihren kurzen Momenten. So auch Salli Richardson, deren Auftritte ebenfalls recht kurz sind.
Von all denjenigen Darstellern, die Grundlage für die Monster waren, ist im Film nach den Spezialeffekten nicht viel übrig geblieben. Der Auftritt von Emma Thompson wird im Abspann zwar nicht erwähnt, ihre Rolle hätte man aber gerne weiter ausgebaut gesehen.

Handwerklich gibt es an Francis Lawrences Regiearbeit nichts zu bemängeln. Wie schon bei seinem letzten großen Hollywood-Film, Constantine [2005], überzeugen sowohl Kamera und Schnitt durch einfallsreiche Perspektiven, lange Kamerafahrten und ebenso zielgenaue Schnitte, die dem Zuschauer genau das zeigen, was er sehen soll – und ihn immer noch nach mehr hungern lassen.
So zu sehen beispielsweise bei den Jagdszenen in New York oder der erstklassig umgesetzten Sequenz, als Nevilles Hund Sam den mutierten Hunden gegenüber steht.
Die Optik des Films beeindruckt einerseits durch das Einfangen der weitläufigen, verwilderten Straßenzüge und Plätze New Yorks, andererseits aber auch durch die klaustrophobische Stimmung, die der Film sowohl bei diesen Szenen, als auch in der Nacht verbreitet, wenn sich Nevilles Bewegungsspielraum auf ein einziges Haus konzentriert.
Insofern sieht man der Produktion, gedreht wurde großteils in New York, das dafür speziell abgesperrt und präpariert wurde, den hohen Wert durchaus an; für Dreharbeiten, die an der Brooklyn Bridge über sechs Nächte verteilt waren, hab man immerhin fünf Millionen Dollar aus (ein Dutzend Behörden mussten ihre Drehgenehmigung erteilen, 1000 Statisten wurden gebraucht, eine Filmcrew von 250 Mann und über 150 Soldaten der Nationalgarde in voller Montur).
Traurig ist nur, dass gerade die Spezialeffekte den hohen Standard nicht immer halten können. Während die unscheinbaren Änderungen im Hintergrund mit den verlassenen, überwucherten Straßen und zerstörten Gebäuden allein durch den Realismus beeindrucken, enttäuschen die mutierten Figuren durch ein zu schnelles, zu fließendes und schlichtweg künstliches Flair. Vom Fotorealismus anderer digitaler Figuren ist man hier weit entfernt und muss sich die Fragen der Zuschauer gefallen lassen, weswegen die Macher kein Ganzkörpermakeup benutzten, wie bei anderen Filmen auch. Dies hätte nicht nur die Bedrohlichkeit, sondern auch die überzeugende Wirkung der Kreaturen deutlich erhöht.

In musikalischer Hinsicht gibt sich James Newton Howard nicht nur sehr minimalistisch, sondern macht sich auch sehr rar in den etwas mehr als eineinhalb Stunden. Er lässt stattdessen die Bilder und die Atmosphäre für sich sprechen, untermalt quasi durch die fehlende Musik die Einsamkeit in Robert Nevilles Welt und schafft so ein Unbehagen in eben jenen Momenten, in denen der düstere, melancholische Score letztlich zum Einsatz kommt.
Die Stücke sind wie gewohnt harmonisch und passend, doch fragen sich Sammler und Fans des Musikers, ob sich die Stücke denn zum Hören ohne den Film eignen, können Fans in Kürze mit dem erst jetzt erschienenen Soundtrack erfahren – der allerdings nur 44 Minuten dauert. Im Film passt Howards Score sehr gut und trägt zur grundlegend bedrohlichen und aussichtslosen Atmosphäre des Films bei.

Was bleibt ist die Erkenntnis, dass beim dritten Anlauf eben nicht alles richtig sein muss; es ist unverständlich, weswegen das Studio kein komplett neues Skript orderte, sondern Teile von Der Omega-Mann mit verwendete. Kaum ein Fantasy-Horror-Roman eignet sich so sehr für eine beinahe wörtliche Umsetzung, wie Richard Mathesons Ich bin Legende. Doch stattdessen wird die Geschichte mit Zombies modernisiert, die gleichzeitig einige der besten Einfälle des Buches unmöglich machen – und damit auch fehlen.
Was den Film ausmacht ist neben einer exzellenten Umsetzung und einer bedrückenden Stimmung ein Will Smith, der beweist, dass er auch der schwierigen Rolle des Alleinunterhalters gewachsen ist. Dass ihm die Rolle viel abverlangt hat, ist unbestritten. Glücklicherweise scheinen die Zuschauer dies angesichts des Erfolges auch zu honorieren.


Fazit:
Es hätte für die beiden Autoren an sich ein leichtes sein müssen, die Romanvorlage erneut zu adaptieren und dabei die modernen Änderungen mit einzubringen, ohne dabei die Geschichte grundlegend zu verändern. Immerhin hatte Matheson vor über 50 Jahren das Vampirgenre revolutioniert; doch insbesondere diese Änderung, das Zombi-Element, stört an I Am Legend. Ebenso die nicht bis zum Ende hin erläuterte Handlung um eine Entwicklung bei den Kreaturen.
Wer den Roman nicht kennt, wird an Francis Lawrences Film ohne Zweifel die Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit überwältigend finden, die von der ersten Minute an den Film beherrschen. Sämtliche Stadtszenen rauben einem den Atem. Zusammen mit Will Smiths Meisterleistung eines vereinsamten Familienvaters ohne Ansprache, ergibt dies ein beunruhigendes und verstörendes Bild.
Dank einiger überragender Momente vermag man sogar über manche Spezialeffekte hinweg sehen, die nicht den hohen Standard der Produktion halten können. Mit wenig Änderungen, die überdies einfacher zu realisieren gewesen wären, hätte I Am Legend – wie schon der Roman – ein Meilenstein sein können. So ist der Film dank der Atmosphäre und des Darstellers nach wie vor sehr gut und schrammt nur knapp am Genrethron vorbei.