Hautnah - Die Methode Hill: "Das Spiel des Todes" [2005]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 02. März 2006
Genre: Krimi

Originaltitel: Wire in the Blood: "Synchronicity"
Laufzeit: 69 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Terry McDonough
Musik: The Insects
Darsteller: Robson Green, Hermione Norris, Mark Letheren, Emma Handy, Tonya Kerins, Daniel Carver, Jack Sandle, Steffan Rhodri, Kaye Wragg


Kurzinhalt:
Bei der Lösung eines Entführungsfalles wird Dr. Tony Hill (Robson Green) am Kopf vom Täter verletzt. Während der Psychologe auf Ergebnisse der ärztlichen Untersuchung wartet, sieht sich das Ermittlerteam von Carol Jordan (Hermione Norris), bestehend aus Paula McIntyre (Emma Handy) und Kevin Geoffries (Mark Letheren), einer viel bedrohlicheren Situation gegenüber.
Ein Heckenschütze terrorisiert Bradfield und exekutiert seine Opfer aus großer Entfernung zielgerichtet. Einziger Hinweis ist das Gewehr selbst, das ein seltenes Sammlerstück darstellt, und eine Spielkarte, die der Täter an jedem Tatort zurücklässt. Eine Einschätzung des Täters durch Tony Hill ist für Jordan zwingend notwendig, doch muss sich dieser mit einem viel persönlicheren Problem beschäftigen: bei den Untersuchungen im Krankenhaus wurde ein Gehirntumor festgestellt, der rasch anwächst und andere Gehirnfunktionen zu beeinträchtigen beginnt.
Aber während Tony die Symptome leugnet, muss sich Carol fragen, ob ihr Freund und Kollege überhaupt noch arbeitstauglich ist, denn zu dem vereinbarten Operationstermin ist der Psychologe nicht erschienen – unterdessen mordet der Scharfschütze weiter und scheint es auch auf ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei ankommen zu lassen ...


Kritik:
In erschütternder, trauriger Regelmäßigkeit terrorisieren Scharfschützen die verschiedensten Städte auf der ganzen Welt. Die Motivation der Täter – dahingehend unterscheiden sich die Schützen nicht von anderen Gewaltverbrechern – ist dabei meist so banal wie egoistisch und doch in jedem Fall gänzlich unverständlich. Sich dieser leider stets aktuellen Thematik anzunehmen ist ein schwieriges Unterfangen, läuft man doch Gefahr, die Szenerie entweder zu verharmlosen oder aber im Extremen zu effekthascherisch zu zeigen. Es ist der soliden, stellenweise sehr ungewöhnlichen Vorlage von Drehbuchautor Niall Leonard zu verdanken, dass Das Spiel des Todes nicht die Fehler ähnlich gelagerter Sendungen begeht und den Täter verharmlost, oder gar seine Taten zu erklären versucht.
Er bleibt, und das ist mehr als nur überraschend, gänzlich gesichtslos.

Nach nur vier Fällen begibt sich Die Methode Hill nach dieser Episode in eine einjährige Pause, die die Produzenten den Zuschauern erwartungsgemäß damit schwer zu machen versuchen, als dass sie nun endlich ein wenig mehr Zeit auf die Hauptfiguren verwenden und ihnen zukünftige Entwicklungen nahelegen, die hier bereits ihren Lauf nehmen. Dabei wirkt die sich um Tony Hill drehende Nebenhandlung mit seiner schweren Erkrankung zugegebenermaßen arg aufgesetzt, der Krankheitsverlauf in einem Maße beschleunigt, wie man es sich kaum vorstellen möchte und auch die Auflösung sehr versöhnlich. Hätten sich die Autoren dahingehend abgesprochen, Hills Tumor in den letzten Episoden mit vielen Andeutungen und Gestiken durchblitzen lassen, und dann womöglich den Ausgang der Operation offen gelassen, wäre ein deutlich zugkräftigerer Cliffhanger zum Staffelende möglich gewesen, anstatt einmal mehr auf eine Entwicklung zwischen Tony und Carol zu setzen, die (das ist informierten Fans bereits bekannt) keine Zukunft haben wird.
Der Fall selbst trifft einen als Zuschauer zunächst vollkommen überraschend und spiegelt gleichzeitig die Unvorhersehbarkeit der Opfer wider, wie auch die Furcht, die ein Scharfschütze bei der Bevölkerung auslöst. Geschürt von einer sensationslüsternen Presse muss man beobachten, wie die Öffentlichkeit immer mehr unter Druck gerät und gleichzeitig trotz allerlei Hinweise die Spuren der Polizei versiegen.
Die Hilflosigkeit der Behörden und die Feigheit jener Verbrechen bringt das Drehbuch ebenso gut zum Ausdruck, wie Tony Hills Reaktionen auf seine veränderte Lebenssituation. Dabei würde man sich allerdings wünschen, der Autor hätte mehr Zeit bekommen, beide Handlungsfäden zu entwickeln, denn statt sich richtiggehend Zeit zu nehmen, werden gerade Tony Hills Szenen zu schnell abgehandelt. Die Dialoge erreichen dabei aber das gewohnte Niveau der Methode Hill, bringen, die psychologischen Analysen des Protagonisten zum Vorschein und bündeln auf elegante Weise die Gedanken der Menschen gegenüber einem solchen Täter in einem Finale, dessen Ausgang angesichts der Vorkommnisse in der Tat nicht absehbar ist.
So gelingt Leonard ein wirklich gutes Drehbuch, dessen einzige Schwäche darin liegt, dass es mindestens 15 Minuten zu kurz geraten ist.

Auch die Darsteller zeigen sich motivierter, als noch bei der letzten Episode Freitag, der Dreizehnte, obgleich Robson Green einmal mehr der am stärksten geforderte Akteur des Cast ist.
Ihm gelingt es erneut sehr gut, die Skurrilität seiner Figur gekonnt zum Ausdruck zu bringen und auch die Reaktionen Hills auf seine Krankheit glaubhaft zu machen. Mit seiner stellenweise verletzlichen, anderenorts subtilen und dann wieder beinahe kindlich naiven Mimik deckt er das gesamte Spektrum seines Filmcharakters ab und überzeugt mühelos in allen Bereichen.
Dem entgegengesetzt wirkt Hermione Norris wie in den Fällen zuvor erneut sehr unterkühlt und distanziert, weswegen ihre Art und Weise, mit Tonys Zustand umzugehen verwundert. Sie macht ihre Sache durchweg gut, scheint aber erst im letzten Drittel die richtige Balance der Emotionalität ihrer Rolle zu finden.
Emma Handy und Mark Letheren hinterlassen einmal mehr einen guten Eindruck, sind aber weniger stark gefordert, wobei McIntyre immerhin etwas mehr zu tun bekommt.
Auch die Gastdarsteller vermögen tadellos zu überzeugen, obgleich durch die fehlende Konzentrierung auf einen bestimmten Täter keine fordernden Rollen zu besetzen waren, wie in den letzten TV-Krimis.

Regisseur Terry McDonough, der auch bei der jüngst gestarteten britischen Krimiserie Eleventh Hour [2005] auf dem Regiestuhl Platz nahm und schon einige Episoden der Methode Hill umsetzte, beweist ein gutes Gespür für einprägsame, stellenweise schon hypnotisch anmutende Bilder. Er zeigt in ambivalent karg-malerischen Landschaftsaufnahmen die Rauheit der Natur, zeigt einige Aufnahmen, die bewusst gegen die Sonne gesetzt sind und deswegen bis auf die helle Lichtquelle ein sehr dunkles Bild zutage fördern, und verleiht Das Spiel des Todes eine sehr kühle Winter-Atmosphäre.
Zusammen mit nicht unpassend eingesetzten Zeitlupen, in denen allerdings auf grafische Weise die Tötungsszenen eingefangen werden, ergibt es handwerklich eine wirklich gute Episode, die stellenweise aber unnötig gehetzt erscheint. Das liegt aber an der grundsätzlichen Lauflänge und nicht an der spannenden Dramaturgie.

Die musikalische Untermalung von The Insects passt sich gekonnt an die bedrückende Geschichte an, wartet dabei in den notwendigen Szenen mit Tony Hill dennoch mit dem gewohnten, melancholischen Thema des Protagonisten auf und bettet auch das Motiv der Serie gekonnt in die Episode ein.
Der Score gibt sich zwar gewohnt minimalistisch, trägt aber gerade in den Sequenzen mit dem Scharfschützen zur beklemmenden Atmosphäre bei.

Nach der sehr enttäuschenden letzten Folge, nehmen sich die Macher der beliebten Krimireihe im Staffelfinale einer sehr schweren Thematik an, die aber dank des Drehbuchs dennoch mit dem notwendigen Respekt erzählt und nicht allzu effekthascherisch umgesetzt wird.
Es ist der wirklich guten Inszenierung von Regisseur Terry McDonough und den guten Darstellern zu verdanken, dass der Abschied bei Das Spiel des Todes trotz des eher schwachen Cliffhangers dementsprechend schwer fällt. Immerhin dauert es ein Jahr, bis neue Fälle um den charismatischen Psychologen zu sehen sein werden.


Fazit:
Dass es für Drehbuchautor Niall Leonard die größte Herausforderung darstellte, einen Täter zu charakterisieren, der gar nicht zu sehen ist, ist wahrscheinlich. Er löst das Problem aber elegant auf zweierlei Arten: einerseits stellt er eine Reihe möglicher Täter vor, die auf erschreckend realistische Weise in das mögliche Täterprofil passen, andererseits führen auch die Gedanken von Tony Hill auf das wahrscheinliche Profil eines solchen Scharfschützen.
Das Drehbuch stützt die durchweg motivierten und überzeugenden Akteure, die sich in kühlen Landschaften der sehr gut fotografierten Episode wiederfinden. Regisseur Terry McDonough kleidet das Staffelfinale Das Spiel des Todes in sehr einfallsreiche und so malerische wie hypnotisch anmutende Bilder, die auch dann für sich sprechen, wenn man aus der Gestik und Mimik der Figuren ihre Gedanken herauslesen soll.
So verabschiedet sich Die Methode Hill in eine lange Pause, und man darf hoffen, dass Patzer wie die letzte Folge in der kommenden Staffel nicht vorkommen werden – dass es besser geht, zeigt dieses Finale.