Gun Power [1995]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Dominik Starck  |   Hinzugefügt am 08. Juli 2005
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: The Immortals
Laufzeit: 93 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1995
FSK-Freigabe: nicht unter 18 Jahren

Regie: Brian Grant
Musik: Claude Gaudette
Darsteller: Eric Roberts, Tia Carrere, Tony Curtis, Joe Pantoliano, William Forsythe, Clarence Williams III., Chris Rock, Kevin Bernhardt, Kieran Mulroney, Brian Finney


Kurzinhalt:
Während einer Halloween-Party in seinem Nachtclub will der eiskalte Gangster Jack (Eric Roberts) seinen Boss Dominic (Tony Curtis) ausnehmen und mit dem Mafia-Geld verschwinden. Dafür heuert Jack ein Team aus acht, sich gegenseitig unbekannten Gangstern an, die in Zweier-Gruppen Überfälle auf vier von Dominics Depots durchführen sollen.
Damit diese nicht auf die Idee kommen, mit ihrem Anteil der Beute gleich zu türmen, anstatt sich mit Jack in dessen Club "Triangle" zu treffen, stellt er die Teams so zusammen, dass sich keine Allianzen bilden können. So zieht der homophobe Macho Tim (William Forsythe) mit dem schwulen Kerry (Kieran Mulroney), der Rassist Pete (Joe Pantoliano) mit dem Afroamerikaner Benny (Clarence Williams III.), das großmäulige Muttersöhnchen Deke (Chris Tucker) mit der leicht hysterischen Gina (Tia Carrere) und der hochintelligente, aber aufbrausende Billy (Kevin Bernardt) mit dem schlichten Gemüt George (Brian Finney) los.
Wie zu erwarten, geht keiner der Coups vollkommen planmäßig über die Bühne, und schließlich erkennen die Acht, dass Jack sie nicht nur wegen ihrer Qualifikationen für diesen Job ausgewählt hat. Sie alle teilen trotz der Unterschiede ein tödliches Geheimnis und erhalten hier die vielleicht letzte Chance ihres Lebens – vorausgesetzt sie (über)leben lange genug, denn Dominic wittert inzwischen einen Insider-Job und macht sich mit seinen eigenen Männern in Richtung Club auf den Weg.
Zu allem Überfluss ist die Polizei ebenfalls ist nicht fern ...


Kritik:
Die Produktions-Schmiede "Nu Image" konzentrierte ihr Hauptaugenmerk schon immer traditionsgemäß auf Action-orientierte B-Filme, die demzufolge oft mit recht geringem Budget, sowie Schauspielern und Crew aus der zweiten Reihe ausgestattet wurden.
Ihre Blütezeit hatte "Nu Image" vor allem Mitte der 1990er Jahre, wo sie einige sehr sehenswerte Werke auf die Beine stellten, zu denen auch der vorliegende Gun Power gehört.

Basierend auf einer Geschichte von Elie Samaha (von 1992 bis 2000 mit Darstellerin Tia Carrere verheiratet) schrieb Schauspieler Kevin Bernhardt sein erstes Drehbuch, welches er schließlich bei "Nu Image" einreichte. Von dem ursprünglich "The End" betitelten Projekt war man dort angetan genug, um zusammen mit "End Productions", "Mondofin B.V." und "Phoenician Films" die Finanzierung zu stemmen und grünes Licht zu geben, wobei Bernhardt den Film neben Elie Samaha selbst als Co-Produzent betreute.
Als weitere Associate-Producer stießen schließlich die Schauspieler Joe Pantoliano und Tia Carrere zu dem Projekt hinzu, die beide wie Bernhardt außerdem jeweils eine der Hauptrollen übernahmen.

Sieht man sich das Resultat Gun Power an, so kann man nur feststellen, dass Bernhardt beim Schreiben offensichtlich mehr Talent aufzubieten hat, als als Schauspieler – insbesondere wenn man auf seine eher mäßigen Leistungen in der Vergangenheit zurückblickt, wie etwa die männliche Hauptrolle (neben Horror-Ikone Doug "Pinhead" Bradley) in dem verkorksten und von einigen Splatter-Fans überschätzten Hellraiser III [1992]. Dass er darstellerisch durchaus zu mehr imstande ist, beweist er hier mit seinem Auftritt als Billy Knox, der im Zusammenspiel mit Team-Partner Brian Finney als George Daniels einige der witzigsten Szenen für sich verbuchen kann. Mit Ausnahme einer Rolle in Countdown Las Vegas [1997] (an der Seite von Joe Pantoliano) sollte dies jedoch seine bis heute letzte Rolle bleiben, da er sich nunmehr vollständig der Arbeit als Autor verschrieben hat (unter anderem bei Turbulance 2 [2000]).
Die Story-Ähnlichkeiten mit Quentin Tarantinos freilich besserem Debüt-Film Reservoir Dogs [1991] sind indes nicht zu übersehen, allerdings handelt es sich dankenswerterweise nicht um ein gar allzu billiges Plagiat. Während die Coolness in Reservoir Dogs in erster Linie durch die popkulturell ausgerichteten Dialoge zum Ausdruck kommt, liegen die Stärken von Gun Power in den einzelnen Charakteren ansich, die zwar schon alleine durch die Einstufung in Kategorien wie "Schwarz/Weiß" oder "Muttersöhnchen/Emanze" zunächst einmal stereotyp bis klischeebeladen daherkommen, sich gegen Ende des Films aber noch einmal gewaltig steigern und den Zuschauer Anteil an ihrem Schicksal nehmen lassen. Dass die wenigsten von ihnen den Schluss lebend überstehen werden, steht nämlich von Anfang an fest.
Stellenweise ist ein etwas übertriebener Hang zur "Political Correctness" zu bemerken, wenn mehr als nur eine Aussöhnung zu viel vorgenommen wird, trotzdem gleicht sich dies durch die unbehaglich düster-grimmige Stimmung und die unheilverheißende Atmopshäre wieder aus, die lediglich von einem Schuss schwarzen Humor aufgelockert wird.
Zu den gelungensten Momenten gehört der "Mexican Stand-Off" in der Küche von Jacks Club, wo er und Teile seines Teams auf Dominic und seine Handlanger treffen und jeder jeden auf's Korn nimmt. Gerade in der unverhohlenen Überzogenheit dieser Personal-intensiven Patt-Szene, wie sie in einem John Woo-Film kaum schöner vorkommen könnte, macht hier den Reiz des Szenarios aus, sodass man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen kann.
Ein Kritikpunkt von Gun Power ist jedoch, dass die Macher besonders zu Beginn des Filmes versuchen, diesen durch einen verschachtelten und anti-chronologischen Schnitt komplexer und komplizierter zu gestalten, als er eigentlich ist – Pulp Fiction [1994] lässt grüßen. Das wirkt nur leider nicht clever, sondern vielmehr bemüht und damit störend, besonders im Hinblick darauf, dass der Film später wieder einen geradlinigen Verlauf nimmt, der ihm viel besser zu Gesicht steht.

Einen großen Anteil am gelungenen Endergebnis des im Englischen mit The Immortals (dt. "Die Unsterblichen") viel treffender und hintergründiger beziehungsweise zynischer betitelten Werkes trägt das gute Darsteller-Ensemble.
Allen voran wäre hier Eric Roberts zu benennen. Der elf Jahre ältere Bruder von Pretty Woman [1990] Julia Roberts erreichte zwar nie auch nur annähernd die Berühmtheit seiner Schwester, wurde aber bereits einmal für den Oscar (Express in die Hölle [1985] mit Jon Voight), sowie dreimal für den Golden Globe nominiert, und hat als echter Vielfilmer bis heute in über 110 Produktionen von stark schwankender Qualität mitgewirkt. Darunter waren kleine Gastauftritte (Die Gruft in den Sümpfen [1996]) ebenso, wie Nebenrollen (Erzengel Michael in God's Army II – Die Prophezeiung [1998]), aber eben auch Hauptrollen à la Express in die Hölle. Selbst in der Welt der TV-Serien hinterließ er seine Fussspuren durch Auftritte in Serien wie CSI: Miami [seit 2002] und Witchblade [2001-2002], und als Hauptdarsteller von C-16: Spezialeinheit FBI [1997-1998], welches trotz hoher Qualität leider nach 13 Folgen eingestellt wurde.
Als einzige Frau in der ansonsten reinen Männerrunde schlägt sich Mit-Produzentin Tia Carrere recht wacker, obwohl sie vor allem in der ersten Hälfte stellenweise leicht dem Over-Acting verfällt. Carrere begann ihre Laufbahn als Schauspielerin mit kleinen Gastauftritten wie zum Beispiel in der Fun-Action-Serie Das A-Team [1983-1987], ehe sie sich durch Filme wie Waynes World 1/2 [1992/1993] oder durch eine Nebenrolle in James Camerons True Lies – Wahre Lügen [1994] einen Namen machte. Ihr vielleicht bester Film stellt die kostengünstig produzierte, dennoch extrem unterhaltsame Actionkomödie Lethal Point – Zwei gnadenlose Profis [1996] dar, wo sie neben Thomas Ian Griffith (mit dem sie kurz darauf in Kull – Der Eroberer [1997] wieder zusammentraf) und Donald Sutherland zu sehen war. Einem breiten Serien-Publikum ist sie sicherlich durch ihre Hauptrolle in Relic Hunter – Die Schatzjägerin [1999-2002] bekannt, wo sie als Archäologin Sydney allerlei Abenteuer erlebte.
Das Mitwirken von Hollywood-Legende Tony Curtis in diesem Film mutet angesichts der sonstigen zugegebenermaßen gut agierenden, aber doch eher der zweiten Liga entstammenden Darsteller auf den ersten Blick vielleicht etwas seltsam an, was allerdings nichts daran ändert, dass man sich über den vergleichsweise kleinen Auftritt des einstigen Stars aus Klassikern wie Manche mögen's heiß [1959] oder der aufgrund der launigen Synchronisation nur in Deutschland kultig verehrten Brit-Serie Die 2 [1971-1972] freut.
Der bereits als Produzent angesprochene Joe Pantoliano war schon vor Gun Power ein vielbeschäftigter Darsteller. Ab Mitte der 1990er startete er dann erst richtig durch und profilierte sich als hochkarätiger Nebendarsteller. So war er unter anderem in Christopher Nolans genialem Memento [2000] mit von der Partie, spielte in beiden Bad Boys-Filmen [1995/2003] den Captain von Will Smith und Martin Lawrence, war neben Tommy Lee Jones in Auf der Flucht [1993], sowie der indirekten Fortsetzung Auf der Jagd [1998] als US-Marshal unterwegs und bereicherte die beiden ersten, noch großartigen Filmen der Wachowski-Brüder: Bound – Gefesselt [1996] und Matrix [1999]. Darüber hinaus hatte er auch eine wiederkehrende Rolle in der herausragenden Mafia-Serie Die Sopranos [seit 1999].
Plappermaul-Komiker Chris Rock, der es in seiner Rolle stellenweise ein wenig übertreibt, ist ebenfalls recht gut im Geschäft und hat auf seiner Vita Werke wie Lethal Weapon 4 – Zwei Profis räumen auf [1998], Kevin Smith' bissiges Dogma [1999] und den von Jerry Bruckheimer produzierten Reißbrett-Action-Kracher Bad Company – Die Welt ist in guten Händen [2002] an der Seite von Altstar Sir Anthony Hopkins gelistet. Außerdem moderierte er bereits die Oscar-Verleihung.
William Forsyth kennt man aus The Rock – Fels der Entscheidung [1996], sowie einer ganzen Reihe von B- und C-Movies. Direkt nach Gun Power drehte er mit einem großartigen Ensemble den noch besseren Film Das Leben nach dem Tod in Denver [1995]. Außerdem hatte er eine Hauptrolle in der nach einer Staffel abgesetzten Mystery-Serie Der Fall John Doe [2002-2003].
Ebenfalls kein Unbekannter ist Clarence Williams III., der nach Gun Power noch den einen oder anderen Action-Film bereicherte, wie etwa Reindeer Games [2000], dem letzten Kino-Film von Action-Legende John Frankenheimer (French Connection II [1975], Ronin [1998]), der danach nur noch den kinoreifen BMW-Werbespot The Hire: Ambush [2001] mit Clive Owen und Thomas Milan und einen TV-Film mit Donald Sutherland (Path to War [2002]) drehen konnte, ehe er 2002 verstarb. Auch in dem spannenden Thriller Wehrlos – Die Tochter des Generals [1999] mit John Travolta war Williams zu sehen und zusammen mit seinem Gun Power-Co-Star Eric Roberts trat er im Musikvideo von Ja Rule's "Down Ass Chick" auf.
Neben dem bereits oben besprochenen Bernhardt fehlen damit nur noch die beiden unbekanntesten Gesichter der Truppe, die jedoch ebenfalls einen sehr guten Job leisteten: Kieran Mulroney, Bruder des bekannteren Schauspielers Dermot, arbeitet derzeit an seinem Debüt als Regisseur und Autor an einem Projekt mit dem Titel Paper Man, das für 2006 angekündigt ist. Brian Finney hatte nur noch kleinere Rollen zu verzeichnen, etwa als irischer Fan in Clint Eastwoods Oscar-gekröntem Boxer-Drama Million Dollar Baby [2004].

Handwerklich stellt der Schnitt von Cutter Richard Trevor eine weitere auffällige Schwäche der ansonsten sauber umgesetzten Produktion dar, da oft mitten im Geschehen oder einem Dialog abrupt zu einem anderen Szenario gewechselt wird.
Regisseur Brian Grant war bislang vornehmlich im B-Genre tätig, inszenierte hin und wieder aber auch für TV-Serien (wie bei dem Highlander-Spinn-Off Raven – Die Unsterbliche [1998-1999]). Kürzlich führte er bei Hex [2004] Regie, einer verheissungsvollen neuen Horror/Mystery-Mini-Serie aus England. Mit Gun Power lieferte er eine unaufdringliche, solide Arbeit ab, und ist übrigens sogar in einem Cameo kurz als Küchenchef vertreten.


Fazit:
Trotz einer nicht völlig neuen Idee zeichnet sich der mit geringen Mitteln realisierte Gun Power durch ein ordentliches Skript, eine sehr solide Inszenierung und ein interessantes Schauspieler-Ensemble aus.
Beim langen, blutigen Showdown kommen Action-Fans ganz auf ihre Kosten und werden bis dahin mit allerlei Wendungen und einem wohldosierten Anflug von schwarzem Humor gut unterhalten.
Für Fans von B-Action-Filmen ein Muss, aber sogar für alle anderen Zuschauer nicht zuletzt aufgrund der Darsteller-Riege ebenfalls einen Blick wert.