Grand Piano - Symphonie der Angst [2013]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 29. Dezember 2014
Genre: ThrillerOriginaltitel: Grand Piano
Laufzeit: 90 min.
Produktionsland: Spanien / USA
Produktionsjahr: 2012
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Eugenio Mira
Musik: Víctor Reyes
Darsteller: Elijah Wood, John Cusack, Kerry Bishé, Tamsin Egerton, Allen Leech, Don McManus, Alex Winter, Dee Wallace, Jim Arnold, Jack Taylor, Beth Trollan
Kurzinhalt:
Nach fünf Jahren wagt sich der Starpianist Tom Selznick (Elijah Wood) wieder auf die Bühne. Er wird auf dem legendären Flügel seines verstorbenen Mentors Patrick Godureaux (Jack Taylor) spielen. Zu verdanken hat er all das seiner Frau Emma (Kerry Bishé), die als erfolgreiche Schauspielerin mehr im Rampenlicht steht als ihr Mann. Die lange Auszeit hatte sich Tom genommen, da er beim letzten Auftritt am als unspielbar geltenden Stück seines Mentors gescheitert war – ein Fiasko, das ihn seither immer wieder verfolgt.
Als er zu spielen beginnt, entdeckt er Mitteilungen auf den Notenblättern. Kurz darauf meldet sich ein Mann (John Cusack) über einen Ohrhörer bei ihm, der ein Scharfschützengewehr auf ihn gerichtet hat. Seine Forderung: Tom muss das Konzert fehlerfrei spielen, sonst wird er ihn erschießen. Wenn Tom versucht zu fliehen, wird seine Frau in der Ehrenloge sterben. Als perfide Dreingabe soll Tom zudem am Schluss das unspielbare Stück meistern ...
Kritik:
Gerade angesichts der hoffnungslos abstrusen Story ist es überaus erstaunlich, was für einen leichtfüßigen und unterhaltsamen Thriller Regisseur Eugenio Mira aus Grand Piano - Symphonie der Angst zaubert. Die kurze Laufzeit von etwas mehr als einer Stunde 15 Minuten kommt ihm dabei zugute, zieht man den gelungenen Vorspann und den mit mehr als 12 Minuten unendlich lang gedehnten Abspann ab. Was dazwischen geschieht hätte an manchen Stellen auch Altmeister Alfred Hitchcock bisweilen ein Lächeln abluchsen können.
Vor zwölf Jahren stand Colin Farrell in Joel Schumachers Thriller Nicht auflegen! [2002] in einer Telefonzelle und konnte nicht heraus. Grand Piano übernimmt dessen Grundidee und überträgt sie auf ein klassisches Konzert, in dem sich der Starpianist Tom Selznick im Fadenkreuz eines scheinbaren Psychopathen befindet. Die Bedingungen klingen recht simpel: Wenn sich Tom verspielt, wird er von einem Scharfschützen erschossen, wenn er jemanden warnen will, wird seine Frau Emma sterben. Dass Tom nach fünf Jahren zum ersten Mal wieder im Rampenlicht steht, ist dem Fiasko geschuldet, das beim letzten Auftritt geschah. Damals hatte er sich beim als unspielbar geltenden Stück des Pianisten Patrick Godureaux, "La Cinquette", verspielt. Und auch diesmal beherrscht ihn das Lampenfieber noch bevor er sich an den Flügel setzt.
In der Rolle des verunsicherten Wunderkinds zeigt Elijah Wood eine seiner unterhaltsamsten Darbietungen seit langem. Man kann förmlich den Angstschweiß auf seinen Handflächen sehen, wenn er zwischen den Stücken kurz durchatmen kann, ehe der Schütze seinen nächsten Schritt ankündigt. Kernelement von Grand Piano ist ein MacGuffin, ein Objekt, das notwendig ist, um die Geschichte in Gang zu halten, das aber sonst keinen wirklichen Zweck erfüllt. Was es ist, sei hier nicht verraten, auch wenn Thrillerfans es schon lange voraussehen werden.
Trotz der begrenzten räumlichen Möglichkeiten findet Regisseur Eugenio Mira viel Abwechslung in dem, was er seinem Publikum zeigt. Seien es die ausschweifenden Kamerafahrten um das Piano herum (in dem man zwar den Konzertsaal, aber nicht die Kamera gespiegelt sieht) oder über mehrere Stockwerke hinweg, wenn Tom in einem kühnen Zug einen Telefonanruf tätigt und die Kamera den Angerufenen begleitet. Im Anschluss daran teilt sich scheinbar ohne Übergang die Szenerie in unterschiedliche Perspektiven auf – Technikfans, die auf eine gelungene und einfallsreiche Optik Acht geben, kommen bei Grand Piano auf ihre Kosten. Dass die im Konzert gespielte Musik mit den unterschiedlichen Spannungspunkten der Geschichte zusammenfällt ist ein weiterer Clou.
Nicht zuletzt ist es das Zusammenspiel von John Cusack, der den Schützen mimt und Tom während des Konzerts mittels Knopf im Ohr über seine ausweglose Lage informiert, mit Elijah Wood, das Grand Piano so unterhaltsam macht. Die Dialoge sind dabei zwar keine höhere Poesie, aber spritzig genug, als wären sich die Figuren der absurden Situation bewusst und versuchten, das Beste daraus zu machen. Es ist ein Selbstbewusstsein, das vielen Thrillern bedauerlicherweise fehlt.
Fazit:
Das größte Kompliment, das man Eugenio Mira machen kann ist, dass er aus den begrenzten Möglichkeiten seiner Geschichte mehr herausholt als den meisten Regisseuren gelungen wäre. Dass der Klavierflügel von der österreichischen Firma Bösendorfer stammt und dem Starpianisten wohl kein großes Glück bringt, klickt als eines von vielen Zahnrädchen zu einem erfrischend amüsanten Thriller zusammen.
Grand Piano - Symphonie der Angst ist nicht hektisch erzählt, entwickelt aber insbesondere dank der Dialoge zwischen Elijah Wood und John Cusack (beide dankenswerterweise mit der richtigen Synchronstimme) sowie der überraschenden, einfallsreichen Kameraführung ein gelungenes Tempo. Zugegeben, inhaltlich ist der Film lediglich eine Abwandlung eines ebenso hanebüchenen Thrillers, aber sie ist ihm in jeder Form ebenbürtig. Wer sich auf ein durchweg unterhaltsames und von allen Beteiligten leicht und trotzdem engagiert gespieltes, großräumiges Kammerspiel einlässt, wird nicht enttäuscht.