Exodus: Götter und Könige [2014]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 04. April 2015
Genre: Drama / Fantasy / Action

Originaltitel: Exodus: Gods and Kings
Laufzeit: 150 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA / Spanien
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Ridley Scott
Musik: Alberto Iglesias
Darsteller: Christian Bale, Joel Edgerton, John Turturro, Aaron Paul, Ben Mendelsohn, María Valverde, Sigourney Weaver, Ben Kingsley, Hiam Abbass, Isaac Andrews, Ewen Bremner, Indira Varma, Golshifteh Farahani, Ghassan Massoud, Tara Fitzgerald


Kurzinhalt:

1300 Jahre vor Christi Geburt sind 400.000 Hebräer bereits seit Jahrhunderten Sklaven der Ägypter. Sie erbauen die Pyramiden und Denkmäler der Pharaonen. Nachdem bekannt wird, dass der im Palast aufgewachsene Moses (Christian Bale) kein Ägypter, sondern Hebräer ist, wird er von Ramses II. (Joel Edgerton), einem Freund seit Kindertagen, ins Exil geschickt. Dort gründer er mit Zippora (María Valverde) eine Familie. Nach einem Unfall erscheint Gott Mose und gibt ihm den Auftrag, sein Volk aus der Gefangenschaft der Ägypter zu befreien. Als er Ramses II. diese Forderung überbringt, wird er abgewiesen, doch dann ziehen verheerende Plagen über das Land ...


Kritik:
Während Darren Aronofsky die biblische Vorlage in Noah [2014] frei interpretierte und so ein ebenso streitwürdiges wie visuell atemberaubendes Epos schuf, erinnert Ridley Scotts Herangehensweise an den Auszug der Israeliten aus Ägypten in Exodus: Götter und Könige stark an sein Kreuzzugs-Monument Königreich der Himmel [2005]. Das bedeutet, dass er mit seiner namhaften Darstellerriege durchaus beeindruckende Situationen erschafft, doch die Umsetzung der Geschichte ist überraschend emotionslos.

Ein ganz offensichtlicher Kritikpunkt ist dabei, dass zwar die Nebenrollen mit Darstellerinnen und Darstellern aus Syrien, dem Iran oder Israel besetzt sind, die Hauptfiguren jedoch von bekannten Hollywoodgrößen gespielt werden. Mit langem Bart mag Christian Bale zwar zumindest die offensichtlichsten Merkmale seines (historischen) Alter Ego teilen, aber es ist offensichtlich, dass er nur deshalb ständig verschmutzt gezeigt wird, da die anderen Darsteller von Natur aus einen passenden, dunkleren Teint mit sich bringen.

Als Moses wächst er mit dem ägyptischen Thronfolger Ramses II. auf, ehe bekannt wird, dass Mose in Wirklichkeit ein Hebräer ist und sein eigentliches Volk der Israeliten in Ägypten als Sklaven gehalten wird. Daraufhin wird Moses von Ramses II. ins Exil geschickt – neun Jahre später kehrt er nach einer Begegnung mit Gott zurück, um sein Volk von der Unterjochung zu befreien. Was in wenigen Sätzen erzählt ist, nimmt im Film den allergrößten Teil ein. Die Szenen der biblischen Plagen, die über Kairo hereinbrechen und des Zuges durch das Rote Meer spielen sich allesamt im letzten Drittel ab. Bis dahin beschäftigt sich Exodus: Götter und Könige mit Moses Verbannung, seiner Heirat mit Zippora und seinem Dasein als Ziegenhirt, ehe er beim brennenden Dornenbusch den göttlichen Auftrag erhält.

Die Vorbereitung fühlt sich deshalb so lange an, da trotz des Leides, das die hebräischen Sklaven in Ägypten erleiden, trotz der Ungerechtigkeiten, die 400 Jahre Unterdrückung bedeuten, Filmemacher Scott keine Reaktion bei seinem Publikum provoziert. Während Die Passion Christi [2004] die Zuschauer bis über die Grenzen des Erträglichen hinaus strapaziert, die Schmerzen spürbar werden und man sich dem Gezeigten nicht entziehen kann, ist Exodus: Götter und Könige vollkommen unblutig erzählt. Was geschieht, passiert entweder abseits der Kamera oder so im Dunkeln, dass nichts zu erkennen ist.
Den engagierten Darsteller gelingt es nicht, uns für sie einzunehmen, auch wenn Joel Edgerton als Ramses II. in der zweiten Filmhälfte zumindest einen Grund für seine Handlungen besitzt. Bales durchaus überzeugt gespieltem Mose hingegen fehlt die Getriebenheit Russell Crowes als von seinem Auftrag besessenem Noah. Was Mose nach der Vision Gottes dazu bringt, seine Familie zurückzulassen, um dorthin zurückzukehren, wo er Jahre zuvor verstoßen worden war, wird nie spürbar.

Ridley Scotts Umsetzung ist mehr routiniert als inspiriert, die Schlachtsequenz zu Beginn derart hektisch geschnitten, dass sich die Figuren von einer Einstellung zur nächsten urplötzlich an einem ganz anderen Ort befinden. In den ruhigen Momenten schwelgt der Filmemacher in Landschafts- und Stadtaufnahmen des alten Kairo, von dem man außer dem Palast des Pharaos kaum etwas zu sehen bekommt. Es ist, als wollte Exodus: Götter und Könige nicht von seiner Geschichte ablenken, Nebenhandlungen gibt es so gut wie nicht und bis auf die Hauptfiguren keine, die im entferntesten interessiert. Dadurch wird die Welt, die entsteht jedoch nicht mit Leben gefüllt und erscheint umso steriler.


Fazit:
All das klingt, als wäre Ridley Scotts Film eine einzige Enttäuschung, doch das stimmt nicht. Als geerdete Bibelverfilmung gelingt ihm eine interessante Perspektive, die sogar die Plagen in einen logischen Zusammenhang stellt. Dass dieser wie viele andere Aspekte von den Figuren erklärt werden muss, zeugt jedoch davon, wie wenig Vertrauen die Filmemacher in ihr Publikum haben, dies selbst zu erkennen. Moses letzte Unterhaltung mit Gott besitzt den bedeutsamsten Wortwechsel, der gleichzeitig den Glauben definiert und sämtlichem Fanatismus den Wind aus den Segeln nimmt. Leider werden die übrigen Dialoge dem nicht gerecht.
Zusammen mit der aufwändigen Optik, den gelungenen Kostümen und den überzeugenden Darstellern, ist Exodus: Götter und Könige kein schlechter Film. Er ist zu lang und in den ersten beiden Dritteln zu unentschlossen, die Schrecken, die an sich erzählt werden, auch in Bilder zu fassen. Zusammen mit der identitätslosen, stets bombastischen Musik versucht der Regisseur, seinem Publikum eine Reaktion zu entlocken, wenn das Schicksal der Figuren dies nicht tut. Doch durch die kühle Interpretation bleibt seine Überzeugung am Thema auf der Strecke.