Denn Liebe ist stark wie der Tod [2006]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 22. November 2011
Genre: Krimi / Drama

Originaltitel: The Inspector Lynley Mysteries: In the Blink of an Eye
Laufzeit: 86 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2006
FSK-Freigabe: -

Regie: Brian Kelly
Musik: Andy Price
Darsteller: Nathaniel Parker, Sharon Small, Catherine Russell, Shaun Parkes, Paul Hickey, Richard Copestake, Ania Sowinski, Mark Womack, Indira Varma, Danny Webb, Serge Soric, Amy Bayliss, Phoebe Thomas, Elliott Jordan, Glen Davies, Gary Mackay


Kurzinhalt:
In einer Gasse wird der Fotograf Peter Rooker (Richard Copestake) erschossen aufgefunden. Der ehemalige Kriegsberichterstatter, der sich seither als Paparazzo verdiente, pflegte zu seiner ehemaligen Lebensgefährtin, der inzwischen verheirateten Melissa Booth (Indira Varma), wohl mehr als ein rein freundschaftliches Verhältnis. Booth ist Chefredakteurin einer Boulevardzeitung, die ihrem einflussreichen Ehemann Eddie Price (Danny Webb) gehört. Hätte dieser von der Affäre erfahren, wäre das ein Motiv.
Doch Rookers Freund Michael Wren (Mark Womack), in dessen Club Nina (Ania Sowinski) arbeitet, die Rooker vor vielen Jahren aus Bosnien mitbrachte, und auf die er seither aufgepasst hat, verstrickt sich in Widersprüchen. Von der flüchtigen, bewaffneten Nina fehlt indes jede Spur. Insepctor Lynley (Nathaniel Parker) zieht seine Frau Helen (Catherine Russell) als Beraterin zu den Ermittlungen hinzu, während Sergeant Havers (Sharon Small) mit ihrem Kollegen Winston Nkata (Shaun Parkes) versucht, aus den letzten Fotos Rookers schlau zu werden. Ein fotografiertes Nummernschild gehört zum Limousinenservice von Andrey Pavletic (Serge Soric), dessen größter Kunde niemand anderes ist als Eddie Price ...


Kritik:
Mit dem Finale der fünften Staffel bricht die britische Krimireihe Inspector Lynley aus ihren festgefahrenen Bahnen und präsentiert einen Fall, der nicht nur ein vielschichtiges Thema behutsam angeht, sondern in seinen Auswirkungen das Gesicht der Serie auf Dauer verändert. Das ist von den Autoren überaus mutig und dank einer besonnenen Umsetzung nicht nur angemessen, sondern sehenswert verfilmt.
Für Regisseur Brian Kelly ist es die einzige Arbeit bei der durchaus erfolgreichen Reihe, und er findet bereits in den ersten Minuten einen Rhythmus, der Denn Liebe ist stark wie der Tod bis zum Ende trägt. Für die Stammzuschauer ist es ein beschwerlicher Weg dorthin, nicht weil es nicht gelungen wäre, sondern weil insbesondere dem letzten Drittel eine düstere Vorahnung anhaftet, die sich auf eine unvorhergesehene Art und Weise erfüllt.

Das Netz aus Lügen und Betrug, das Thomas Lynley und Barbara Havers in dem Fall aufdecken, ist auf eine erschreckende Weise glaubhaft und umfasst den ermordeten Fotografen Peter Rooker, der sich früher als Kriegsfotograf einen Namen machte, ehe er sich zum Paparazzo wandelte. Weswegen ihn jemand in einer dunklen Gasse erschießen sollte, ist schleierhaft, auch wenn Rooker augenscheinlich mehr Feinde als Freunde hatte. Beispielsweise den wohlhabenden und einflussreichen Mann seiner Ex-Geliebten Melissa, Eddie Price. Der Medienmagnat kommt als gehörnter Ehemann ebenso in Frage, wie Rookers Freund Michael Wren, den Havers immer wieder beim Lügen ertappt. Auch die flüchtige Nina, eine junge Frau, die Rooker vor vielen Jahren aus Bosnien mit nach Großbritannien brachte, könnte darin verwickelt sein.
Die Verdachtsmomente, auf welche die Vermittler aufmerksam werden, streuen sich in viele Richtungen, auch wenn wir durch die eingeblendeten Rückblenden zu Beginn erahnen, dass der Mord etwas mit den Kriegsgeschehen zu tun hat, die Rooker beobachtete. Interessant ist dabei, dass das Drehbuch nach dem Auftakt sämtliche Szenen aus Sicht von Havers, Lynley und ihres Kollegen Winston schildert. Nicht nur, dass das Publikum im Unklaren ist, wer der tatsächliche Mörder ist, während bei manchen Krimis Szenen gezeigt werden, die Vorbereitungen des Mörders zeigen, verzichtet Denn Liebe ist stark wie der Tod darauf, das Geschehen aus der Perspektive der Polizisten herauszureißen.

In zunehmendem Maße haben die vergangenen Fälle nicht nur Lynleys Beziehung zu Helen wieder aufleben lassen, sondern auch das kollegial-freundschaftliche Verhältnis zwischen ihm und Barbara Havers neu belebt. Von den trockenen Schlagabtauschen mit dem Gerichtsmediziner Lafferty ganz abgesehen. Auch diese Untersuchung macht hierbei keine Ausnahme, auch wenn jene Momente rückblickend eine andere Bedeutung bekommen. Es tut gut zu sehen, dass die bekannten Figuren eine persönliche Weiterentwicklung erfahren und nicht auf der Stelle treten. Umso mehr, da sich der persönliche Austausch nicht ständig wiederholt. Womöglich hätte dies schon früher erfolgen können und sollen, doch soll dies nicht schmälern, was die Autoren Ed Whitmore und Suzie Smith in ihrem gelungenen Skript erreichen.

Selten zuvor ist es den Lynley Mysteries so lange gelungen, die Zuseher im Unklaren über den wahren Täter zu lassen. Wir sind versucht, den Ermittlern bei ihren Schlussfolgerungen zu folgen und haben uns sogar schon auf einen Täter festgelegt, ehe sich das Blatt erneut wendet. In der letzten halben Stunde zieht das Drehbuch die Kreise um die Figuren immer enger, bettet sie in einen erschütternden Kontext um Gräueltaten, die noch vor wenigen Jahren im Balkan offen begangen und zu selten geahndet wurden. Worauf dies hinausläuft ist in Denn Liebe ist stark wie der Tod eindrucksvoll und ohne in Klischees zu verfallen festgehalten. Dabei ist es nicht nur mutig, ein solch ernstes Thema anzusprechen, sondern auch es so kompromisslos zum Ende zu führen.


Fazit:
Keine Staffel der britischen TV-Reihe war bisher so durchgängig erzählt wie diese. Und kein Fall so gelungen, wie das Finale. Mit Denn Liebe ist stark wie der Tod fällen die Macher wichtige und unwiderrufliche Entscheidungen für die Figuren, denen man schon seit Jahren folgt. Das mag einem nicht gefallen, doch ist es konsequent und couragiert. Vor allem ist es von allen Beteiligten, sei es nun der regulären Besetzung oder den Gastdarstellern, tadellos und einnehmend vorgetragen.
Verzahnt sind diese Ereignisse mit einem Fall, der ein prekäres Thema angemessen zurückhaltend und nicht reißerisch angeht. Es wird den wichtigen Figuren genügend Platz eingeräumt, anstatt sich mit Nebenhandlungen aufzuhalten, die nicht entscheidend wären. Wir erfahren genügend über die Charaktere, um sie einschätzen zu können, aber nicht so viel, dass sie uns nicht mehr interessieren würden. Diese Balance zu finden ist der Krimiserie nicht oft gelungen und bislang nicht so gut wie hier. Aber so empfiehlt sich Inspector Lynley Fans stimmiger und nachdenklicher Krimiunterhaltung.