Dem Manne sei untertan [2004]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 01. Mai 2005
Genre: KrimiOriginaltitel: The Inspector Lynley Mysteries: If Wishes Were Horses
Laufzeit: 90 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 2004
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Alrick Riley
Musik: Robert Lockhart
Darsteller: Nathaniel Parker, Sharon Small, Lesley Vickerage, Jemma Redgrave, Barbara Flynn, Paul Copley, Penny Downie, George Jackos, Lisa Palfrey, Oliver Cotton, Christopher Fox
Kurzinhalt:
Als Dermot Finnegan (Oliver Cotton), ein ehemaliger Mentor der hochschwangeren Helen Lynley (Lesley Vickerage) mit einer Autobombe ermordet wird, nimmt Inspektor Lynley (Nathaniel Parker) die Ermittlungen auf. Doch dabei stoßen er und Barbara Havers (Sharon Small) recht schnell auf eine affärenreiche Vergangenheit des Ermordeten, von der wohl auch seine Witwe Grace (Jemma Redgrave) und seine Ex-Frau Maureen (Barbara Flynn) gewusst haben. Außerdem hatte Finnegan, der auch als Psychologe bei der Polizei zuständig war, ein lebenslanges Hafturteil von Lizzie Shakespeare (Lisa Palfrey) bestätigt, die ihren Mann nach jahrelangen Misshandlungen getötet hatte.
Ihr Vater Noel (Paul Copley) hatte einen Tag vor der Ermordung Finnegan öffentlich bedroht. So wird das Netz für die beiden Ermittler und den jungen Polizisten Turner (Christopher Fox) immer undurchschaubarer – aber als auf Helen geschossen wird, nimmt der Fall für Lynley eine unerwartete und fatale Wendung ...
Kritik:
Nach nur vier Episoden ist auch die dritte Staffel der erfolgreichen britischen Krimiserie The Inspector Lynley Mysteries schon wieder vorbei, in Großbritannien wurde jüngst die kommende vierte Staffel ausgestrahlt und weitere sind angeblich geordert. Dabei mussten sich die Macher in diesem Jahr mit einer Änderung ganz offensichtlich abfinden, denn nach über einem Dutzend Romanverfilmungen gingen den Autoren einfach die Vorlagen von Elizabeth George aus. Dem Manne sei Untertan stammt dabei als zweiter Fall alleinig aus der Feder eines Drehbuchautors, in diesem Fall Simon Booker, und auch wenn dieser TV-Film ebenfalls nicht an die durchweg interessanten, vor allem aber unterhaltsamen Fälle der ersten Staffel des Ermittlerduos anschließen kann, er ist zumindest besser geraten, als die letzten drei Krimis.
Dabei liegt der Schwachpunkt relativ offensichtlich an der fehlenden Komplexität der Geschichte, die zwar augenscheinlich ein paar falsche Fährten auslegt, aber in kürzester Zeit jene ad absurdum führt, so dass man als Zuschauer wie die Ermittler wieder am Anfang steht. Das ganze wäre aber nur halb so schlimm, würden sich die Figuren natürlich verhalten, doch wenn die beiden Hauptermittler relevante Details und prekäre Informationen vor einer Zivilistin diskutieren, ist jedem Krimifan recht schnell klar, wohin der Hase läuft.
Doch damit nicht genug kommt die Geschichte nach einem interessanten Anfang nicht so recht in Fahrt, die Dialoge laufen immer wieder auf dasselbe hinaus und lange Zeit ist das eigentliche Kernthema des TV-Falles nicht eindeutig. Doch überraschend ist dabei, dass die Geschichte zu Beginn und am Schluss durchaus interessieren kann und der Fall auch recht vielschichtig erscheint. Doch gerade der Mittelteil ist unnötig langatmig geraten und die immer gleichen Befragungen der Figuren (wobei zig Sätze hintereinander mit "warum" beginnen) ermüden. So verwundert es auch nicht, dass man Dem Manne sei Untertan problemlos auf unter 60 Minuten hätte herunterschneiden können, ohne effektiv etwas von der Handlung zu kürzen. So versucht der Autor zwar die Fassade der ehrenwerten Bürger zu demontieren, doch wenn die Zuschauer jenen Schein schon nach wenigen Minuten durchschaut haben, bleiben die Erkenntnisse zu schnell auf der Strecke.
Nimmt man hierzu noch die unverständlichen Verhaltensweisen der beiden Ermittler (die aber immerhin ein wenig weiter entwickelt werden), ergibt das eine Mischung, die einen alle paar Minuten auf die Uhr sehen lässt – meist von einem Seufzen begleitet.
Anders sieht es jedoch bei den beteiligten Akteuren aus, die von Nathaniel Parker und Sharon Small solide angeführt werden. Dabei hat Parker in diesem Fall mehr zu tun, wirkt aber trotzdem zu kühl in seinen Reaktionen. Dennoch mimen sie ihre Sache gut und lassen dabei trotzdem Lesley Vickerage, die hier endlich mehr zum Zug kommt, Raum zum spielen.
Aber auch Barbara Flynn, die aus der Krimiserie Für alle Fälle Fitz [1993-1995] bekannt ist, spielt überzeugend und vor allem leichtfüßig, so dass man ihren Charakter ohne weiteres für glaubhaft hält.
Solide mimt auch Jemma Redgrave, die allerdings erst in der zweiten Hälfte zur Geltung kommt, wobei Penny Downie überaus blass bleibt, was jedoch auch an der Rolle liegt.
Der einzige, der nicht so recht zu überzeugen vermag ist Christopher Fox, der als Polizeijungspund auch vom Skript her falsch angelegt ist, wofür aber sowohl Lisa Palfrey, als auch Paul Copley als Familie Shakespeare entschädigen.
So hinterlässt die Darstellerriege einen wirklich guten Eindruck, auch wenn leider nicht alle in Aktion treten dürfen.
Wer hingegen enttäuscht ist Regisseur Alrick Riley, der es diesmal sowohl versäumt, interessante Kameraperspektiven auszuwählen, als auch eine packende Inszenierung umzusetzen. Zwar ist die Explosion zu Beginn gut eingefangen, wenn auch nicht vollkommen ausgeschöpft, wenn aber eine vermeintliche Verfolgungsjagd bei Tempo 20 dem Zuschauer Schweißperlen auf die Stirn zaubern soll, kann man nur müde den Kopf schütteln. Wieso ausgerechnet in den wenigen actionreichen Momenten zudem auf eine beschleunigte, beziehungsweise digitale Kamera gesetzt wird, verwundert und lenkt vom übrigen Stil des TV-Falles auch unnötig ab.
Ebenso die Zeitlupe beim Schluss, die nachträglich eingefügt aussieht und nicht, als sei die Szene so gedreht worden. Man hätte sich eine fesselndere Umsetzung gewünscht, die auch das Tempo in den notwendigen Szenen dementsprechend anzieht – aber wenn Inspektor Lynley mit seinen privatesten Problemen bei der Zeugenbefragung herausplatzt und ihm trotz innerlichen Zorns nicht einmal die Kontrolle entgleitet, dann ist die gemächliche handwerkliche Umsetzung selbst das kleinste Problem dieses Krimis. Dass der Regisseur zudem der Meinung war, mit der ständigen, leicht verwackelten Handkamera eine Dynamik erzeugen zu können, die aber inhaltlich nicht gegeben ist, spricht nicht unbedingt für die Produktion.
Wer dafür diesmal eine gute Vorstellung liefert ist Komponist Robert Lockhart, der zwar erneut nicht viel zu tun hat, dafür einige interessante Themen präsentiert und auch das Lynley-Motiv elegant abwandelt, so dass es zur Szene passt.
Die musikalische Untermalung ist zweifelsohne nicht preisverdächtig, aber angemessen und vor allem spannender, als bei den letzten Fällen.
Dem Manne sei Untertan ist nicht nur im Mittelteil vollkommen unspannend, auch der Schluss-Twist wirkt aus der Reihe und auf Krampf erzwungen. Das gibt zwar einen Cliffhanger bis zu den nächsten Episoden, wirklich mitgenommen ist man jedoch auch nicht.
Die dilettantischen Verhaltensweisen der beiden Ermittler, sowie die nur halbherzig umgesetzte Ausgangslage berauben den Fall jeglicher Glaubwürdigkeit, was insofern enttäuscht, da die Darsteller recht motiviert sind. Weswegen zudem ständig auf neue Gastfiguren bei den Polizisten zurückgegriffen wird, anstatt einen Nebencharakter endlich fest zu etablieren und diesen etwas einzubinden, ist schleierhaft und unverständlich.
Man kann nur hoffen, dass die Produzenten die vierte Staffel interessanter gestalten, denn wenn der Höhepunkt einer Serie bereits im ersten Jahr liegt, muss man sich als Zuseher ernsthaft überlegen, ob man in Zukunft weiterhin einschält.
Fazit:
Die dritte Staffel der Inspector Lynley Mysteries als durchwachsen zu bezeichnen, wäre schon eine Untertreibung. Während Kenner der Romane die jüngsten Werke der Autorin Elizabeth George ebenfalls kritisierten, sieht es bei den Verfilmungen sehr düster aus: statt die beiden Hauptcharaktere weiter zu entwickeln (wobei Inspektor Lynley immerhin eine Entwicklung erfährt), stagniert ihre freundschaftliche Beziehung untereinander, wird sogar einen Schritt zurück gebracht und kommt dann nicht wirklich voran.
Dasselbe Problem hat auch Drehbuchautor Simon Booker, der zwar ständige Reibereien der beiden Ermittler einbaut, diese aber dann zum einen ohne Konsequenzen lässt, und zum anderen die Zuschauer damit unnötig langweilt.
Zwar haben sich in Dem Manne sei Untertan immerhin die Hauptdarsteller im Griff und agieren solide, doch die lähmende Inszenierung von Regisseur Alrick Riley, sowie die langatmige Story, hebeln diesen Pluspunkt schnell wieder aus. Das ernste Grundthema ist zwar prinzipiell lobenswert, wird aber den Opfern nicht angemessen verarbeitet und wirkt für ein so vielschichtiges Trauma zu plakativ umgesetzt.