Die Gangster Gang [2022]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 3. März 2022
Genre: Animation / Komödie / ActionOriginaltitel: The Bad Guys
Laufzeit: 100 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren
Regie: Pierre Perifel
Musik: Daniel Pemberton
Stimmen: Sam Rockwell (Sebastian Bezzel), Marc Maron (Kurt Krömer), Craig Robinson (Jannis Niewöhner), Anthony Ramos (Jannis Niewöhner), Awkwafina (Joyce Ilg), Richard Ayoade (Max Giermann), Zazie Beetz (Alice Bauer), Alex Borstein (Gisa Flake), Lilly Singh (Lea Kalbhenn)
Kurzinhalt:
Die „Gangster Gang“ bestehend aus Taschendieb Mr. Wolf (Sam Rockwell / Sebastian Bezzel), Safeknacker Mr. Snake (Marc Maron / Kurt Krömer), der Hackerin Ms. Tarantula (Awkwafina / Joyce Ilg), dem Verkleidungskünstler Mr. Shark (Craig Robinson / Jannis Niewöhner) und dem hitzköpfigen Mr. Piranha (Anthony Ramos / Jannis Niewöhner) ist für ihre Beutezüge berüchtigt. Dass sie überall, wo sie auftreten, Angst und Schrecken verursachen, stört sie nicht. Als die neue Gouverneurin Diane Foxington (Zazie Beetz / Alice Bauer) ihren jüngsten Raub vor laufenden Kameras kleinredet, fühlt sich Mr. Wolf an der Ehre gepackt und schwört seine Gang ein, den Goldenen Delfin zu stehlen, die jährlich verliehene Wohltätigkeitsauszeichnung, an der sich bislang alle anderen Diebe die Zähne ausgebissen haben. Der Coup geht schief und es scheint, als müsste die Gang für lange Zeit hinter Gitter, als Mr. Wolf eine Idee hat. Er bittet Foxington, sie in die Obhut des gutherzigen Professor Marmalade (Richard Ayoade / Max Giermann) zu geben, dessen These ist, dass jeder gut sein kann. Tatsächlich wollen sie nur so tun, als wollten sie sich zum Guten wandeln. Doch dann entdeckt Mr. Wolf, dass es ihm tatsächlich gefallen würde, geliebt, statt gefürchtet zu werden. Aber nicht nur, dass das bei Mr. Snake auf wenig Verständnis stößt, bald wird die Gangster Gang selbst hereingelegt …
Kritik:
Die Gangster Gang versprüht vom ersten Moment an den Charme unbeschwerter Caperfilme, durch den Filmemacher Steven Soderbergh seine Ocean’s-Reihe zu solchem Erfolg geführt hat. Angesiedelt in einer Welt, in der Menschen und anthropomorphe Tiere zusammenleben, ist die Präsentation geradezu ansteckend lässig und die Protagonisten, auch wenn sie Gangster sind, so sympathisch, dass man mit ihnen lachen kann. Mit eindeutiger Botschaft und hohem Spaßfaktor eignet sich das für die ganze Familie.
Die Geschichte beginnt, wie viele andere Gaunerfilme, mit einer Szene in einem Diner, bei der sich zwei der ‚Gang‘ unterhalten, Mr. Wolf und Mr. Snake. In einem Prolog, bei dem sich der charmante Mr. Wolf direkt an das Publikum richtet, werden alle Mitglieder dieser ungleichen Gaunertruppe zusammen mit ihren Fähigkeiten vorgestellt. Snake ist ein Safeknacker, die achtbeinige Ms. Tarantula eine überragende Hackerin, während Haifisch Mr. Shark ein Meister der Verkleidung ist (kein Scherz, aber witzig). Mr. Piranha ist, nun ja, für’s Grobe da. Sie alle sind Tiere, vor denen man sich normalerweise fürchtet und mit dieser Eigenschaft spielen die fünf ebenso, wie das Drehbuch genau diesen Aspekt aufgreift, um zu zeigen, dass ein Wolf im Schafspelz hier sogar wörtlich zu nehmen ist und doch womöglich etwas anderes bedeutet. Als sogenannte Gangster Gang haben sie sich einen Namen gemacht, so dass es nicht nur der hitzigen Polizeichefin ein persönliches Anliegen ist, sie dingfest zu machen. Aber als die neu gewählte Gouverneurin Diane Foxington, eine Füchsin, sich abfällig über den jüngsten Coup der Gang äußert, trifft dies Mr. Wolf persönlich und er überredet seine Gang, dass sie den Unmöglichsten aller Diebstähle begehen: Den Goldenen Delfin, eine Auszeichnung, die in der Stadt denjenigen verliehen wird, die sich wohltätig engagieren. Dieses Jahr soll das Meerschweinchen Professor Marmalade ausgezeichnet werden, was den Raub wiederum für Mr. Snake zu etwas Persönlichem werden lässt, denn für ihn sind Meerschweinchen das vorzüglichste Beutetier von allen. Nicht wegen des Geschmacks, sondern auf Grund dessen, was sie als unschuldiges, putziges Nagetier repräsentieren.
Ja, die Die Gangster Gang hat stellenweise einen sehr makabren Humor, auch wenn man sich lieber nicht überlegen sollte, was Mr. Shark oder Mr. Wolf fressen, wenn Mr. Snake offenbar Meerschweinchen verspeist. Jedenfalls geht ihr Plan schief und um einer Verhaftung zu entgehen, gibt Mr. Wolf vor, dass sie sich in der Obhut von Professor Marmalade zum Guten wandeln wollen, damit sie die Delfin-Trophäe später stehlen können. Es wird somit betrogen und wieder betrogen, doch was sich kompliziert anhört, wird vor allem für ein älteres Publikum schnell zu durchschauen sein. Auch die Wandlung der Gangster, die ihr Gewissen entdecken und widerwillig am eigenen Leib erfahren, dass Gutes zu tun auch ein gutes Gefühl verleiht, ist nicht wirklich überraschend. Doch das heißt nicht, dass dieser Aspekt der Geschichte nicht funktionieren würde. Gerade für ein junges Publikum ist der Wunsch von Mr. Wolf, der nicht mehr gefürchtet sein will und etwas an sich ändern muss, so lehrreich wie amüsant und manche Entwicklungen der Story lassen sich tatsächlich kaum vorhersagen.
Obwohl Filmemacher Pierre Perifel nie richtig deutlich macht, was dies für eine Welt ist, in der Menschen und sich wie Menschen verhaltende Tiere zusammenleben, gelingt ihm doch eine tolle Stimmung. Die ist so leicht wie in den eingangs erwähnten Gangsterfilmen, gerade bei den temporeichen Momenten aber so überzeichnet und spaßig wie bei Cartoons von Willi Kojote und Roadrunner [1996-1973]. Die Geschwindigkeit, die Die Gangster Gang in den Actionszenen entfaltet – und derer gibt es einige – ist sehr hoch, so dass das Erzähltempo für die Jüngsten beinahe zu schnell sein dürfte, von den inhaltlichen Zusammenhängen ganz zu schweigen. Der FSK-Freigabe entsprechend ab 6 oder 8 Jahren dürfte dies jedoch keine Schwierigkeiten mehr darstellen.
Vielleicht sind die Zuschauerinnen und Zuschauer ab dem Alter auch bereits in der Lage, den Look des Films zu würdigen. Das Design und Aussehen von Die Gangster Gang ist auf eine erfrischende Art und Weise beeindruckend. Sehen die Figuren und Landschaften teilweise aus, als wäre sie wie Aquarelle ausgemalt, ist es die Verbindung zwischen 3D und scheinbarer 2D-Animation, die den Look spürbar prägt. Kleine Elemente wie Rauchschwaden oder Grübchen, die sich bei den Gesichtern der sympathischen und teils sogar putzigen Figuren bilden, scheinen mit einer niedrigeren Bildwiederholrate dargestellt. Sind manche Objekte wie Mr. Wolfs Auto beeindruckend detailreich, scheinen andere wie Gitter oder Schilder im Hintergrund, als wären sie „schief“ und unsymmetrisch von Hand gezeichnet. Der teils überzeichnete und abstrakte Stil ist einzigartig und ein wirklicher Gewinn.
Fazit:
Basierend auf der an Kinder und Jugendliche gerichteten Graphic Novel-Reihe Böse Jungs [seit 2015] von Aaron Blabey, erfährt man beim ersten Kinoabenteuer der Gang über die einzelnen Figuren oder ihre Herkunft nur sehr wenig. Außer, dass sie nicht länger gefürchtet werden wollen. Das reicht zwar für die Geschichte, die Filmemacher Pierre Perifel in seinem Spielfilmregiedebüt erzählen will, doch wären hier mehr Zwischentöne möglich gewesen. Stattdessen entpuppt sich Die Gangster Gang als eine Actionkomödie mit sehr hoher Taktzahl. Die Gags mögen sich zwar vornehmlich an ein sehr junges Publikum richten, aber nicht zuletzt die temporeiche Umsetzung und der augenzwinkernde Humor sprechen Ältere gleichermaßen an. Für die Jüngsten ist das etwas zu viel Adrenalin auf einmal, aber mit dem Herz am rechten Fleck und allem, was das Publikum bei Laune hält, inklusive viel Musik, ist dies vielleicht nur wenig überraschende oder spannende, dabei aber überraschend gute Unterhaltung mit Spaß- sowie Gute Laune-Garantie. Und mit einem unverwechselbaren und gelungenen Stil zum Leben erweckt. Klasse!