Dead Zone (Pilotfilm) [2002]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 08. September 2005
Genre: Thriller / FantasyOriginaltitel: The Dead Zone
Laufzeit: 85 min.
Produktionsland: Kanada / USA
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Robert Lieberman
Musik: Jeff Rona
Darsteller: Anthony Michael Hall, Nicole de Boer, Chris Bruno, John L. Adams, Rick Tae, Kristen Dalton, Anna Hagan, Gina Chiarelli, Michael Rogers, David Ogden Stiers, Emily Holmes
Kurzinhalt:
Bereits während seiner Kindheit hatte John "Johnny" Smith (Anthony Michael Hall) immer wieder Vorahnungen, die er sich jedoch nicht erklären konnte – Jahre später unterrichtet er und auch seine Verlobte, Sarah Bracknell (Nicole de Boer), die er bereits seit Kindertagen kennt, ist an der Schule beschäftigt. Doch eines Abends gerät John in einen Autounfall, der ihn für sechs Jahre ins Koma wirft.
Als er erwacht, findet er sein Leben auf den Kopf gestellt, Sarah heiratete den Sheriff Walt Bannerman (Chris Bruno), und wie John feststellt, scheint sich seine Fähigkeit weiterentwickelt zu haben: berührt er einen Menschen, oder einen Gegenstand, den jemand anders zuvor berührte, kann er Visionen aus der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft jener Person sehen. So will er der Polizei und auch Sheriff Bannerman zu Hilfe kommen, die auf der Jagd nach einen Serientäter sind. Doch einzig Johns Physiotherapeut Bruce Lewis (John L. Adams) scheint ihm zu glauben, bis auf Eugene Purdy (David Ogden Stiers), der jedoch eigene Pläne mit Johnnys Gabe zu haben scheint.
Kritik:
Im Fernsehgeschäft war Produzent und Serienerfinder Michael Piller eine bekannte Größe, und das schon seit vielen Jahren. Er gehörte zum festen Autorenstab der langlebigen Krimiserie Simon & Simon [1981-1988], schrieb ein Skript für Miami Vice [1984-1989] und wurde über Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert [1987-1994] Teil eines der erfolgreichsten Franchises der Geschichte des Fernsehens. Dessen Nachfolgeserien Star Trek: Deep Space Nine [1993-1999] und Star Trek - Raumschiff Voyager [1995-2001] hob er mit aus der Taufe und verfasste auch mit das Drehbuch zum neunten Leinwand-Abenteuer der Science-Fiction-Familie, Star Trek: Der Aufstand [1998].
Als bekannt wurde, dass der TV-Veteran an einer neuen Serie arbeiten würde, war das Interesse von Zuschauern und Sendern gleichermaßen groß, doch als The Dead Zone im Herbst 2001 auf dem US-Sender UPN gesendet werden sollte, entschieden die Verantwortlichen, dass die Serie nicht vielversprechend sei, und nahmen sie aus dem Programm, ehe sie überhaupt ausgestrahlt wurde. Es dauerte ein Jahr, ehe das USA Network die Serie übernahm, und weitere Folgen orderte – dort lief The Dead Zone überaus erfolgreich und endete im Jahr 2007, wobei USA Network-typisch die jeweiligen Staffeln nur über ein Dutzend Episoden verfügten.
Die Idee zu The Dead Zone stammt dabei nicht von Autor Michael Piller und dessen Sohn Shawn Piller, die für die Serie verantwortlich zeichnen, sondern aus der Feder von Roman-Autor Stephen King, der die Vision von John Smith und seinen Fähigkeiten bereits 1979 in seinem gleichnamigen Roman niederschrieb. Hollywood erkannt schon damals rasch das Potential und brachte unter der Regie von David Cronenberg Stephen Kings Dead Zone [1983] in die Kinos, eine Verfilmung, die von vielen Buchlesern als sehr passend und stimmungsvoll aufgenommen wurde. Inwieweit die Autoren Piller den Handlungsrahmen des Romans auf die Serie anwenden werden, lässt sich noch nicht abschätzen, scheint aber wahrscheinlich und wird durch Figuren wie den politisch engagierten Eugene Purdy auch angedeutet.
Worunter The Dead Zone in den ersten zwei Episoden aber trotz einer interessanten Atmosphäre leidet, ist eine mäandrierende, wie klischeebeladene Story und unterentwickelte, wenig sympathische Charaktere. Dabei konzentriert sich die erste Hälfte des Pilotfilms darauf, die Entwicklung von John Smith zum Seher zu demonstrieren, und daraufhin in der zweiten Episode seine Fähigkeiten in einem ersten Kriminalfall zu testen. Wieso aber gerade die Beziehung zwischen Sarah und John so altbacken daher kommt, ohne wenigstens den Ansatz einer Spannung, die mit Johns Unfall sechs Jahre in der Schwebe hätte hängen (und damit auch ihr Aufeinandertreffen interessanter hätte gestalten) können, verstehe wer will. Abgesehen von der Tatsache, dass sich beide schon seit ihrer Kindheit kennen, erfährt man über beide nicht viel, weswegen John im Kindesalter ebenfalls hellseherische Fähigkeiten hatte (wie im Teaser des Pilotfilms angedeutet), wird auch nicht erklärt, und insgesamt scheint ihre Beziehung so altbekannt wie inhaltsleer. Dementsprechend bleibt auch die Spannung aus, wenn die inzwischen verheiratete Sarah auf den wieder erwachten John trifft.
Ein ähnlich flaches Muster kann man bei allen übrigen Figuren beobachten, die sich außerdem so sprunghaft wie anormal verhalten, was gerade in den letzten 15 Minuten des Pilotfilms bei der Auflösung des Krimis deutlich wird. Unterentwickelt ist auch Sheriff Bannerman, der immerhin ein wenig zu tun bekommt, wohingegen die Figur der Reporterin Dana Bright so überflüssig wie hanebüchen erscheint. Einzig Eugene Purdy vermag mit seinen schleierhaften Absichten das Interesse des Zuschauers zu wecken – die übrigen Erkenntnisse des Krimianteils beschränken sich auf Schulbankpsychologie und arg konstruierte Familiendramen, die nicht einmal einem flüchtigen Blick Stand halten.
So kann sich The Dead Zone anfangs nicht entscheiden, ob die Autoren eine Mysteryserie im Sinn hatten, oder einen ernsten Thriller mit einer sicher interessanten Aussage über das Schicksal und das Gleichgewicht zwischen Leben und Tod. Der Mix wirkt allerdings durch die eindimensionalen Figuren und die flachen Dialoge ebenso gekünstelt wie abrupt – wobei das Mystery-Element besser gelungen ist, als der Krimi, der leider gar nicht überzeugen kann.
Was dabei Figuren wie Johns Physiotherapeut Bruce Lewis zu suchen haben, die bis auf dümmliche Sprüche nichts beisteuern dürfen, bleibt überdies ein Rätsel.
Selbst die Darstellerriege kann nicht wirklich überzeugen: Anthony Michael Hall gibt sich sichtlich Mühe, seiner Figur Tiefe zu verleihen, doch wenn er Johns Visionen nachgibt, scheint er tatsächlich wie ein Laiendarsteller auf dem städtischen Jahrmarkt, der zur Belustigung der Menge hellseherische Fähigkeiten imitiert. Auch die ruhigen Szenen mit seiner Kollegin Nicole de Boer können nicht überzeugen, doch das meist deshalb, weil die beiden keinerlei Chemie entwickeln.
De Boer, die zwar schon längere Zeit im Filmgeschäft tätig ist, aber bislang nur mit ihrer Rolle im ungewöhnlichen Horror-Thriller Cube [1997] und mit der recht kurzen Beteiligung bei Star Trek: Deep Space Nine auf sich aufmerksam machen konnte, gelingt es leider ebenfalls nicht, eine glaubhafte Beziehung zum Zuschauer aufzubauen – ihre Darbietung ist zwar noch zufriedenstellend, doch weit von der Verletzbarkeit und Verwirrung entfernt, die ihrer Filmfigur zustehen würde.
Chris Bruno leidet sichtlich unter dem Drehbuch, das seiner Figur bis auf wenige, halb eifersüchtige Szenen, kaum Platz einräumt, macht seine Sache aber immerhin solide und sorgt mit menschlichen, amüsanten Sprüchen für ein paar Auflockerungen. Vollkommen fehlplatziert ist bereits die Rolle von Bruce Lewis, kein Wunder also, dass auch der Darsteller kaum etwas daran zu verbessern vermag. Seine Freundschaft mit John Smith wird kaum erklärt, und so wirkt auch der Umgangston des Therapeuten mit seinem Patienten ungewöhnlich und vor allem nicht angebracht.
Weder Rick Tae, noch Kristen Dalton kommen im Pilotfilm wirklich zur Geltung, und auch wenn Tae immerhin eine solide Darstellung abliefert, kann Dalton an ihrer Rolle kaum etwas ändern, und scheint dementsprechend untermotiviert und Fehl am Platz.
Einzig David Ogden Stiers, den man unter anderem in der Miniserie Fackeln im Sturm [1985] und auch in Episoden der Serien Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert, ALF [1986-1990], Ally McBeal [1997-2002] und seiner bisher größten Rolle in der Hit-Serie M*A*S*H [1972-1983] sehen konnte, vermag hier zu überzeugen und seiner ebenfalls unterbeschäftigten Figur in den wenigen Minuten vor der Kamera etwas subtil-unsympathisches und zugleich geheimnisvolles zu verleihen.
Die übrigen Beteiligten erbringen zwar keine Meisterleistungen, können aber zumindest überzeugen.
Auch Regisseur Robert Lieberman ist kein Unbekannter seiner Zunft, inszenierte unter anderem den TV-Thriller NetForce [1999] basierend auf Tom Clancy, und war auch an Serien wie Noch mal mit Gefühl [1999-2002] und Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI [1993-2002] beteiligt. Seine handwerkliche Umsetzung von The Dead Zone lässt kaum Anlass zur Kritik, außerordentlich gut geraten sind die Visionen von John Smith, in denen das Geschehen angehalten wird, und sich Smith durch die Vision frei bewegt. Hier kann man beobachten, wie unauffällige Spezialeffekte realistisch eingesetzt werden und dafür verdienen die Macher großes Lob.
Ansonsten gibt es jedoch wenig einfallsreiche Perspektiven, von denen sich die meisten auf die ersten 30 Minuten konzentrieren, der restliche Pilotfilm ist überaus routiniert umgesetzt, ohne aber, dass einem bestimmte Szenen in Erinnerung bleiben würden. Die bisweilen eingesetzte Handkamera samt (wohl zur Stimmung beitragenden) Zooms treffen sicher nicht jedermanns Geschmack, erfüllen aber ihren Zweck und stören nicht übermäßig.
Weswegen jedoch ausgerechnet in der zweiten Hälfte des Pilotfilms mitunter mit Kameras gearbeitet wird, die ein wenig schneller wiederzugeben scheinen, als in Echtzeit, so dass man das Gefühl bekommt, die Szene würde nur minimal schneller laufen, verstehe wer will. Dieser billige Videostil passt nicht zur übrigen Umsetzung und fällt ganz besonders negativ auf.
Komponist Jeff Rona, der als Mitglied des von Hans Zimmer mitgegründeten Talentunternehmens Media Ventures sowohl zu Black Hawk Down [2001], als auch zu Traffic - Die Macht des Kartells [2000] zusätzliche Musik lieferte, an der Serie Profiler [1996-2000] ebenso beteiligt war, wie für den Score des unterschätzten Ridley Scott Films White Squall - Reißende Strömung [1996], gelingt es leider nicht, eine eingängige Melodie für The Dead Zone vorzustellen.
Weder für die Serie selbst, noch für die einzelnen Figuren werden Themen angebracht, dafür präsentiert sich die Musik häufig mit 08/15-Themen, die zwar die Szenen unterstützen, aber nicht im Gedächtnis bleiben, und – wenn man sich Mark Snows Kompositionen für die ähnlich gelagerte Mysteryserie Millennium [1996-1999] anhört – weder so markant wie notwendig, noch so stimmungsvoll wie möglich geraten sind.
So pendelt sich auch die musikalische Untermalung bestenfalls auf einem durchschnittlichen Niveau ein, ohne Akzente zu setzen.
Was nach knapp 90 Minuten bleibt, ist ein durchschnittlicher Serienauftakt für eine überdurchschnittliche Storyidee, die aber bereits 19 Jahre zuvor besser verfilmt und auch in Stephen Kings Vorlage besser dargebracht wurde.
Dass in The Dead Zone Potential steckt, ist unbestritten, und sicherlich ist ein Pilotfilm nur bedingt geeignet, eine Vielzahl an Figuren vorzustellen und sie so anzulegen, dass sie für die kommende Serie immer noch genügend Hintergrund besitzen, doch es wäre zumindest auch für die beiden Autoren Piller möglich gewesen, eine Hauptfigur zu erschaffen, mit der man mitfiebert und mitleidet, wenn sie erkennen muss, dass das Leben, das sie vor dem Unfall hatte, nicht mehr existiert.
Doch der unterkühlte, distanzierte John Smith zeigt im Pilotfilm ebenso wenig Emotionen, wie er beim Zuschauer hervorruft, und eine Serie, in der die Hauptfigur nicht mitzureißen vermag, wird das Publikum auch nicht dauerhaft anziehen. In den USA ist das beim USA Network wohl weniger problematisch gewesen, und es wird sich weisen, wie sich The Dead Zone in den nächsten Episoden entwickelt, denn wenn die Macher die Zuschauer wirklich fesseln wollen, müssen nicht nur vielschichtigere Figuren auf den Plan gerufen werden, sondern auch komplexere und spannende Storys – von beidem war bislang nichts zu sehen.
Michael Piller starb am 1. November 2005 an Krebs.
Fazit:
Es liegt nicht an der handwerklichen Umsetzung von Regisseur Robert Lieberman, obgleich auch hier in den vermeintlich spannenden Passagen noch Potential geschlummert hätte, denn wenn man sich die Visionen ansieht, durch die John Smith buchstäblich gehen kann, erkennt man, dass diese Sequenzen sicherlich aufwändig waren. Auch sonst gibt es bis auf einige unverständliche Kameraentscheidungen nichts an der Inszenierung zu bemängeln, einzig die Musik von Jeff Rona kann nicht so recht überzeugen und bleibt vor allem nicht im Gedächtnis.
Was The Dead Zone einen so schweren Start beschert sind einerseits Darsteller, die untereinander keine Chemie zu entwickeln scheinen, und auch zum Zuschauer keinen Draht finden können, sowie ein zu langes, zu simples und zu wenig auf die Personen bezogenes Skript, dessen Mix aus Mystery und Thriller durch die offene Trennung der Themen in die erste und zweite Hälfte des Pilotfilms nicht überzeugt.
Statt einen komplexen Krimi zu erzählen, der nur mit Hilfe von John Smith gelöst werden kann, präsentieren die Autoren einen einfach gestrickten Fall, der im wahrsten Sinne des Wortes in einem Augenblick vom Hauptcharakter aufgeklärt wird – Spannung oder Atmosphäre entstehen hier nur selten, und reichen nicht aus, um weiterhin einzuschalten, sollten die Autoren dahingehend nicht nachbessern.