Con Air [1997]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 3. April 2017
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: Con Air
Laufzeit: 115 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1997
FSK-Freigabe: nicht unter 18 Jahren

Regie: Simon West
Musik: Mark Mancina, Trevor Rabin
Darsteller: Nicolas Cage, John Malkovich, John Cusack, Ving Rhames, Steve Buscemi, Mykelti Williamson, Rachel Ticotin, Colm Meaney, Monica Potter, Landry Allbright, Danny Trejo, Jesse Borrego, Nick Chinlund


Kurzinhalt:

Nachdem er einen bewaffneten Mann getötet hat, der ihn und seine schwangere Frau Tricia (Monica Potter) bedroht hatte, wird der jüngst entlassene Army Ranger Cameron Poe (Nicolas Cage) zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Nach acht Jahren wird er auf Bewährung entlassen und soll zusammen mit dem Mithäftling Baby-O (Mykelti Williamson), mit dem er sich angefreundet hat, nach Hause geflogen werden. Der Gefangenenflug versammelt die schlimmsten und gefürchtetsten Verbrecher des Staates, die in ein neues Hochsicherheitsgefängnis verlegt werden sollen. Darunter sind Diamond Dog (Ving Rhames) und der gerissene Cyrus 'The Virus' Grissom (John Malkovich). Mit Hilfe von außen gelingt es ihnen, die Maschine zu kapern. Während U.S. Marshal Vince Larkin (John Cusack) hofft, das Flugzeug zur Landung zwingen zu können, ist Drogenfahnder Duncan Malloy (Colm Meaney) dafür, die Maschine abzuschießen. Dabei rechnet Larkin mit Poes Eingreifen, der auch als einziger zwischen den skrupellosen Verbrechern und den als Geiseln genommenen Polizisten an Bord steht ...


Kritik:
Con Air ist inhaltlich vollkommen abstrus mit an den Haaren herbeigezogenen, unwirklichen Action-Sequenzen und eindimensionalen Figuren, die klischeehaften Abziehbilder ähneln, dass man sich fragen muss, wie um alles in der Welt die Produzenten hierfür eine Besetzung aus so vielen hochkarätigen Charakterdarstellern versammeln konnten. Wer Simon Wests beste Regiearbeit als das sieht, was sie sein will, einen überzogenen, explosiven Unterhaltungsfilm, der sich in keinem Moment auch nur ansatzweise ernst nimmt, der muss ihnen aber dafür dankbar sein – ohne die Besetzung würde es nämlich nicht funktionieren.

Produzent Jerry Bruckheimer, der nach Bad Boys – Harte Jungs [1995] und The Rock - Fels der Entscheidung [1996] hier einen weiteren, bleihaltigen Sommerfilm vorlegt, bleibt der Handschrift der vorgenannten Filme treu und präsentiert einen Thriller, dessen Substanz weit weniger wichtig ist, als die Art und Weise, wie die Charaktere in Szene gesetzt sind.
Die vielen klischeehaften Zufälle sind daher weniger Grund zur Kritik, als Teil des Konzepts. In dessen Zentrum steht Cameron Poe, ein Army Ranger, der an einem verregneten Abend mit seiner schwangeren Frau von drei Männern unprovoziert angegriffen wird. Er tötet einen der Männer und wird zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Gefängnis bildet er sich, hält sich fit und wird acht Jahre später auf Bewährung entlassen.

So offensichtlich die Rolle auf muskelbepackte Superstars der 1980er- und 90er-Jahren zugeschnitten ist, hierfür Nicolas Cage zu besetzen, der nicht nur mit einem immens muskelbetonten Körperbau, sondern auch mit einer Frisur aufwartet, die selbst seiner Filmfigur einen Kommentar zum Ende abluchst, spielt ganz offensichtlich mit den Erwartungen des Publikums. Dass er den körperlich fordernden Actionszenen gewachsen ist, ist ebenso überraschend wie unerwartet gelungen. Ihm gegenüber spielt John Malkovich den Anführer einer Verbrechertruppe, die sich im selben Gefängnisflugtransport wie Poe befinden, um in die sicherste Haftanstalt verlegt zu werden. Es gelingt den Häftlingen, die Kontrolle an sich zu reißen und es liegt an Poe, sie aufzuhalten und gleichzeitig daran zu hindern, die ebenfalls im Flugzeug befindlichen Polizisten zu massakrieren.

Die Geschichte ist, wie eingangs erwähnt, arg konstruiert (ein Umstand, den Poe quasi selbst hervorhebt, wenn er erklärt, dass man es geschafft hat, die schlimmsten Verbrecher des Universums in dieses Flugzeug zu verfrachten) und mit allerlei vorhersehbaren Figuren versetzt. Von der weiblichen Polizistin, die gerettet werden muss, über Poes einzigen Freund im Gefängnis, der ebenfalls mit an Bord ist, bis hin zu dem Vorgesetzten der Drogenfahndung, der sich mit jeder Entscheidung erneut als unfähiger Sturkopf erweist.

Dass das Testosteron förmlich an der Kamera heruntertropft, wenn die Gefangenen mit schweren Seilen das im Sand feststeckende Flugzeug herausziehen müssen, oder ein Dialog nach dem anderen das Machogehabe der Figuren unterstreicht, stört nur deshalb nicht, weil sich der Film nicht ernst nimmt.
Antwortet Poe einem Polizisten, dass er nur zwei Männern vertraut, "der eine bin ich und der andere sind nicht Sie", dann kann sich nicht einmal Cage ein Lächeln angesichts der Qualität dieses One-Liners verkneifen. Das macht auch die gezeigte Brutalität des Films erträglich, so dass die Kommentare und Dialoge der Bösewichte nach wie vor witzig bleiben.

Was die vielen bewegten Kameraeinstellungen mit unzähligen Zeitlupen und noch mehr so genannter "money shots" angeht, die sich toll verkaufen lassen, aber dementsprechend teuer sind, orientiert sich Regisseur West ganz eindeutig an Michael Bays erfolgreichem Stil aus Bad Boys oder The Rock. Aber auch wenn ihm das in Bezug auf die einzelnen Einstellungen gut gelingt, er lässt dessen Gespür für einen gelungenen Szenenaufbau leider vermissen. Zusammen mit der unermüdlichen Musik hämmern die Bilder stets dahin, als wollte der Filmemacher seinem Publikum keine Zeit geben, darüber nachzudenken, dass das Gezeigte keinen großen Sinn ergibt. Das Ergebnis sind Sequenzen, bei denen immer wieder Übergänge zu fehlen scheinen und die so schnell abgespult werden, dass man das Gefühl bekommt, der Film selbst hätte keinen Spaß daran. Angesichts der leichtfüßigen Erzählung mag man das verschmerzen, aber nicht auszumalen, wie viel mitreißender es gewesen wäre, hätte man sich hier mehr Zeit genommen.


Fazit:
Obwohl er kaum etwas zu tun hat, stiehlt Steve Buscemi seinen Kollegen mühelos die Show. Als psychopathischer Massenmörder sorgt er insbesondere mit seiner Gesangseinlage von "He's Got the Whole World in His Hands" für mehr Lacher, als alle übrigen Beteiligten. Die Geschichte klingt wie eine Mischung aus Speed [1994] und Stirb langsam [1988], ohne was die Figuren oder die handwerkliche Finesse anbelangt an einen von beiden heranreichen zu können. Simon West nimmt sich in seinem Leinwanddebut nicht die Zeit, die eindrucksvoll ausgestatteten und aufwändigen Actionsequenzen entsprechend aufzubauen, um sie dann in einem Feuerwerk zu entladen. Er schießt stattdessen schneller, aber nur halb so effektiv. Dass man das verzeiht, liegt an der gut aufgelegten Besetzung, die ihre überzogenen Figuren toll präsentiert. Sie machen Con Air zu einem für Actionfans sehenswerten Thriller, den man glücklicherweise gar nicht ernst nehmen kann.