Assassin's Creed [2016]

Wertung: 2 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 10. August 2017
Genre: Science Fiction / Action / Thriller

Originaltitel: Assassin's Creed
Laufzeit: 115 min.
Produktionsland: Großbritannien / Frankreich / Malta / USA / Taiwan / Kanada / Hongkong
Produktionsjahr: 2016
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Justin Kurzel
Musik: Jed Kurzel
Darsteller: Michael Fassbender, Marion Cotillard, Jeremy Irons, Brendan Gleeson, Charlotte Rampling, Michael Kenneth Williams, Denis Ménochet, Ariane Labed, Khalid Abdalla, Essie Davis, Matias Varela, Callum Turner


Kurzinhalt:

An sich hat Callum 'Cal' Lynch (Michael Fassbender) mit dem Leben abgeschlossen, als er in einem texanischen Staatsgefängnis hingerichtet wird. Doch zu seiner Überraschung erwacht er am nächsten Tag, gerettet von Dr. Sophia Rikkin (Marion Cotillard), die zusammen mit ihrem Vater Alan (Jeremy Irons) den Keim der Gewalt im Menschen ausmerzen will. Hierfür sind sie auf der Suche nach dem buchstäblichen Apfel von Eden, in dem der Schlüssel zu einer Lösung liegen soll. Gesucht wird danach seit Jahrhunderten. Im Mittelalter waren die Assassinen dafür verantwortlich, den Apfel vor dem Orden der Tempelritter zu beschützen, die seine Macht nutzen wollten. Cal ist der letzte direkte Nachfahre des Assassinen, der den Aufenthaltsort des Apfels kennt. Für Sophia und Alan soll er in die in seiner DNA verankerten Erinnerungen seiner Vorfahren eintauchen. Doch die entfesselten Erinnerungen färben auf ihn ab und er beginnt zu erkennen, wie hoch der Preis wäre, den die Menschheit zahlen müsste, würde der Apfel von Eden gefunden. Es liegt an ihm, ihn zu beschützen …


Kritik:
Wer gedacht hatte, dass Hollywood nach Jahrzehnten erfolgloser Spielfilmumsetzungen von an sich erfolgreichen Videospielkonzepten (man denke an Super Mario Bros. [1993] oder Lara Croft: Tomb Raider [2001]) aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hätte, der wird auch bei Assassin's Creed bedauerlicherweise enttäuscht. Basierend auf der gleichnamigen Videospielreihe, die heuer zehnjähriges Jubiläum feiert, präsentiert Filmemacher Justin Kurzel eine Starbesetzung, deren größter Verdienst es hier ist, bei dem was geschieht ein ernstes Gesicht zu bewahren.

Angeführt von Michael Fassbender, der selbst in qualitativ zweifelhaften Projekten mit einem Engagement auftritt, dass es schlicht verblüfft, sind Schauspielgrößen wie Marion Cotillard, Jeremy Irons, Charlotte Rampling oder Brendan Gleeson zu sehen. Fassbender schlüpft in die Rolle von Cal Lynch, der dem Tod buchstäblich von der Schippe springt, als die einflussreiche Sofia (Marion Cotillard) ihn nach einer vorgetäuschten Hinrichtung in einem Staatsgefängnis "rettet". Der Grund ist Cals Vergangenheit. Er ist letzter Nachfahre einer Linie von Assassinen, die während der spanischen Inquisition als Hüter des Apfels von Eden den Templern die Stirn geboten haben. Die wollten den Apfel an sich bringen, um damit den freien Willen der Menschheit zu kontrollieren. Wem das bereits zu fantastisch klingt, der sollte sich festhalten: Verbunden mit einem speziellen Apparat soll Cal in die in seiner DNA verankerten Erinnerungen seiner Vorfahren eintauchen und Passagen des Lebens von Aguilar de Nerha erleben, in denen sich Rückschlüsse auf den Verbleib des Apfels von Eden finden lassen.

Nun, die gute Nachricht ist, dass sich Assassin's Creed keine Mühe macht, die abstruse Idee in irgendeiner Form erklären zu wollen. Wie es Cal also möglich sein soll, Erinnerungen zu beeinflussen, indem er beispielsweise den Mann tötet, der Überlieferungen nach seinen Vorfahren getötet hat, verstehe wer will. Die Einrichtung, in der Cal seine Erinnerungen erlebt, der Animus, macht zumindest optisch eine gute Figur und wenn Nebenfiguren mit technischen Begriffen um sich werfen, was gerade geschieht, hört sich das zumindest nach Science Fiction an.
So hanebüchen die Ausgangslage ist ,dass sich selbst daraus ein unterhaltsam interessanter und temporeicher Actionthriller erzählen lassen könnte, ist unbestritten. Nur gelingt Regisseur Kurzel dies leider nicht.

Nach dem mehrstufigen Prolog, in dem zuerst die Assassinen und ihr seit Jahrhunderten schwelender Kampf gegen den Templerorden erläutert wird, ehe ein Blick in Cals Kindheit geworfen wird, in der er miterleben muss, dass sein Vater Joseph – der ebenfalls den Assassinen angehörte – seine Mutter ermordet hat, schwenkt die Erzählung in die aktuelle Zeit ein. Sofia und ihr Vater Rikkin sind angeblich auf der Suche nach dem Apfel von Eden, um die in den Genen der Menschheit schlummernde Gewalt zu beseitigen. Philosophische Anwandlungen, dass es im freien Willen eines jeden liegt, gewalttätig zu werden, oder friedvoll, lässt das Drehbuch dabei nicht erkennen.

Stattdessen wirft es Cal in mehreren Sitzungen im Animus ins Mittelalter, wo er sich als Aguilar durch Horden angreifender, austauschbarer Soldaten kämpfen muss. Und genau hier offenbart Assassin's Creed seine größte Schwäche: Die handwerkliche Umsetzung. Die Actionszenen sind beinahe bis zur Unkenntlichkeit zerschnitten und oftmals verwackelt eingefangen. Eine Verfolgungsjagd zu Pferd bei der ersten "Erinnerung" wird überdies offensichtlich in den meisten Szenen schneller abgespielt, als sie gedreht wurde, was zu unnatürlichen, beinahe humorvoll komisch anmutenden Bewegungen führt. Selbst die guten Stunts verhallen bei dieser Inszenierung ungehört. Unübersichtlich und auf geradezu mutwillige Art und Weise unspannend, machen die verschiedenen Kampfszenen schlichtweg keinen Spaß.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Filmemacher ständig zwischen Cals gelebter Erinnerung und seiner Ansicht im Animus hin und her wechselt, was einen zusätzlich aus der vermeintlich bedrohlichen Situation reißt.

Ebensowenig wie das Drehbuch aus der Idee etwas zu machen weiß, wissen die Filmemacher die prinzipiell aufwendigen Set-Bauten zu nutzen. Das ist so enttäuschend, dass es beinahe schon ärgerlich ist.


Fazit:
Keine der Figuren durchlebt eine charakterliche Entwicklung. Die genauen Umstände dessen, was Cal zu Beginn überhaupt ins Gefängnis gebracht hat, erfährt man nicht einmal. Es gibt auch keine letztendliche Auflösung des sagenumwobenen Artefakts, sodass sich der Apfel von Eden als MacGuffin herausstellt. Nicht einmal das Finale hat seinen Namen tatsächlich verdient und ist so schnell vorbei, dass man es beim Blinzeln beinahe verpassen könnte. Zusammen mit der Musik scheint Assassin's Creed ständig auf etwas hinzuarbeiten, eine Erwartungshaltung zu wecken, ohne dass die Macher wüssten, wofür oder etwas entsprechendes zeigen würden. Die Stunts gehen in orientierungslosen Actionmomenten unter, die für sich genommen keine Dramaturgie besitzen. Wer all das überstanden hat, darf sich bei dem insgesamt beinahe zwei Stunden dauernden Film einen über sage und schreibe 14 Minuten dahinkriechenden Abspann ansehen. An dessen Ende bestätigt sich die Erkenntnis, die sich bereits nach der ersten Viertelstunde abzeichnet: Zuzusehen, wie jemand anderes ein Videospiel spielt wäre unterhaltsamer und spannender als dieser Film. Selbst, wenn es sich dabei um Tetris [1984] handeln würde.