Armee der Finsternis [1993]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Dominik Starck  |   Hinzugefügt am 10. Januar 2003
Genre: Horror / Fantasy / Komödie

Originaltitel: Army of Darkness
Laufzeit: 80 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1992
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Sam Raimi
Musik: Joseph LoDuca / Theme by Danny Elfman
Darsteller: Bruce Campbell, Embeth Davidtz, Marcus Gilbert, Ian Abercrombie, Richard Grove und Ted Raimi

 
Kurzinhalt:
Ungefähr 1300 n. Chr.: Ash (Bruce Campbell), Verkäufer aus der Haushaltswarenabteilung eines Supermarktes, ist Gefangener einer Gruppe Ritter unter der Führung von Sir Arthur (Marcus Gilbert), die ihn für einen Verbündeten ihres Feindes Henry, den "Roten" (Richard Grove) halten. In schwere Ketten gelegt, erinnert er sich, wie er in diese missliche Lage gekommen ist.
Eigentlich wollte er mit seiner Freundin (Bridget Fonda) nur ein normales Wochenende im Wald verbringen, doch in einer abgelegenen Hütte finden sie Aufzeichnungen eines Archäologen und das böse Buch Necronomicon, geschrieben mit Blut und gebunden in Menschenhaut, voll von Beschwörungsritualen, Flüchen und allerlei anderer Scheußlichkeiten. Das Buch beschwor das Böse aus den Wäldern und holte sich das Mädchen. Danach kam es zurück, um Ash zu holen. Nachdem es in seine Hand eingedrungen war und ihm höllische Schmerzen bereitete, trennte er sich die Hand mit einer Kettensäge ab, doch dann öffnete sich ein Zeitstrudel und schickte ihn und seinen Wagen an jenen Ort, oder besser gesagt, jene Zeit in der Vergangenheit.
Da nur das Necronomicon genug Macht besitzt, um ihn wieder in seine Zeit zurück zu schicken, erklärt sich Ash (nachdem er erstmal der Hinrichtung in "der Grube" entgangen ist) bereit, das Buch für die vom Bösen bedrohten Leute zu holen, wenn diese ihn im Gegenzug zurück nach Hause bringen.
Doch chaotisch, wie er ist, unterläuft Ash ein winziger aber fataler Fehler, der die Armee der Finsternis aus ihren Gräbern holt ...


Kritik:
Seit seine Comic-Verfilmung Spider-Man [2002] die Kinos stürmte und sich an die Spitzen der Charts setzte, ist Regisseur Sam Raimi in aller Munde. Doch nicht immer hatte der innovative Regisseur so große Beachtung erhalten. Dies mag zu einem gewissen Teil auch an der Art der Filme liegen, mit denen er ins Filmgeschäft eingestiegen ist.
Mit seinem Debüt Tanz der Teufel (The Evil Dead) schockte er 1982 Kritiker und Publikum. Sein mit billigen Mitteln in Szene gesetzter Horrorfilm zeigte Grauen und Gewaltakte, wie man sie bis dahin in dieser Form kaum gekannt hatte. Es war also nicht verwunderlich, dass der Film vielerorts auf dem Index landete und dort auch große Teile seines "Lebens" fristete. Dass Raimi es aber verstand dem Ganzen noch eins drauf zu setzen, bewies er in dem fünf Jahre später erschienen Tanz der Teufel II [1987], der ebenfalls wegen seiner expliziten Gewaltdarstellung eine Existenz unter dem Ladentisch fristete.
Dennoch schaffte es Raimi zunehmend sich mit seinem unverkennbaren Stil, kreativen Drehbüchern und schrägen Filmen eine treue Fangemeinde aufzubauen und irgendwann hatte er den Ruf als Kult-Regisseur. Filme wie Darkman - Der Mann mit der Gesichtsmaske [1990] mit Liam Neeson als entstellten Superheld, setzten die Tradition der bisherigen Raimi-Filme mit seiner unverwechselbaren Handschrift in weniger blutgetränkten (aber dennoch wahrlich nicht zimperlichen) Geschichten fort.
Dass er aber auch anders kann und sich genauso auf die leisen Töne versteht, bewies er unter anderem mit Ein einfacher Plan [1998], einem ruhigen, aber nervenzerreissend spannenden Thriller.
Ebenfalls mit minimalem Bluteinsatz kam überraschenderweise auch der dritte Teil seiner Splatter-Reihe Tanz der Teufel daher, bei dem es sich um Armee der Finsternis handelt.

Raimi setzte mit Armee der Finsternis zwar seine in den beiden Tanz der Teufel-Filmen begonnene Handlung um den etwas unterbelichteten Verkäufer Ashley "Ash" Williams und seinen Kampf mit den durch das Necronomicon geleiteten finsteren Mächten fort, doch in dem Abschluss der Trilogie geht es in erster Linie um schrägen Humor. Die bluttriefenden Teile eins und zwei muss man auch keinesfalls gesehen haben, um dem Film folgen zu können, die kurze Zusammenfassung in den ersten Minuten reicht als "Basiswissen" völlig aus.

Wer hier ein Drehbuch erwartet, welches logisch ist, sich um Realismus bemüht und eine bedeutungsschwangere Fantasy-Geschichte erzählt, der wird von diesem Film ebenso enttäuscht sein, wie diejenigen, die einen Höhepunkt in Sachen Splatter-Effekte erwarten.
Dafür badet der Film in ungewöhnlichen und mitunter aberwitzigen Szenen wie Flickflack schlagenden Zombies, einem beißenden Buch, sich ständig ausrenkende Unterkiefer, die fast obligatorischen "Neuzeitmensch trifft auf Mittelalter"-Gags und ähnliche Skurrilitäten.
Dabei vergisst der Film trotzdem nie seine Wurzeln und so werden doch einige derbe Szenen und Witze dargeboten, die zwar viele Details nur im Kopf des Zuschauers entstehen lassen, deren Botschaft aber eindeutig ist (so zum Beispiel als das Böse aus Ash einen - natürlich bösen - Zwilling entstehen lässt, den Ash kurzerhand mit der Kettensäge zerlegt). Aber auch in solchen Fällen setzt Raimi gleich einen (meist fiesen) Witz oder Spruch drauf und entschärft das Ganze damit noch weiter. Wenn ein Anhänger von Henry, dem "Roten" von den Rittern in ihre "Grube" geworfen wird (in der auch Ash landen soll) und nach einem kurzen Schrei eine Fontäne aus ein paar Dutzend Litern knallroten Blutes in die Luft schießt, dann kann man das beim besten Willen nicht ernst nehmen.

Bei all dem gibt es allerdings auch einige Punkte, die man nicht so ohne weiteres auf schwarzen Humor oder Fantasy abschieben kann, darunter zum Beispiel die Metallhand, die Ash sich im Mittelalter bastelt und die sich nicht nur wie von Zauberhand bewegen lässt sondern ihm auch noch ein erhebliches Maß an zusätzlicher Kraft verleiht. Auch die Entfernung zwischen Lord Arthurs Burg und dem Friedhof mit der Wiege des Necronomicons scheint stark zu schwanken, je nachdem, wer gerade in welche Richtung unterwegs ist.

Solche Dinge ärgern zwar ein wenig, können den Spaß am Gesamtwerk aber kaum vermiesen. Überhaupt ist Raimi in Sachen Kreativität und Regie eine beachtliche Leistung gelungen. Die von ihm gewohnten Kamerafahrten, Zooms und Schnitte unterstreichen den oft wilden Charakter der Actionszenen, und obwohl dem Zuschauer dabei durchaus schwindelig werden könnte, verliert man doch nie den Überblick über die Szenerie, wie es bei den heute leider viel zu oft sinnlos eingesetzten Wackelkameras meist der Fall ist. Die größtenteils sehr gelungenen (und dabei ebenfalls witzigen) Kampfszenen haben einen sehr starken Comic-Gehalt, sind oft maßlos übertrieben aber gerade deshalb unterhaltsam.
Einige der vielen Sprüche sind zwar durchaus recht platt, doch kommen auf jeden etwas abgedroschen klingenden Satz zwei originelle, so dass auch diese zu verkraften sind.

Die Creature-Effekte sind - wie die meisten anderen auch - sehr beachtlich geraten. Besonders mit der hauptsächlich aus Skeletten bestehenden Armee der Finsternis ist hier ein kleines Meisterwerk gelungen, welches man durchaus als Hommage an den legendären Effekte-Pionier Ray Harryhausen verstehen darf, dessen per Stop-Motion-Technik liebevoll animierte Skelette in Sindbads 7. Reise [1958] und Jason und die Argonauten [1963] ihrerzeit neue Maßstäbe setzten. Sowohl in Quantität als auch in Qualität kann es diese finstere Armee gut und gerne mit den heute so beliebten computergenerierten Truppen aufnehmen.
Auch die Masken vom widerauferstandenen Evil Ash, der besessenen Hexe, der Zombies und einiger anderer finsterer Gesellen können gefallen und so wirken lediglich einige Matte-Paintings und Blue-Screens etwas angestaubt, waren damals jedoch ebenfalls State-of-the-Art.

Die Musik stammt von zwei Herren, die an ettlichen Projekten mit Raimi zusammen gearbeitet haben. Danny Elfman, der für das Hauptthema verantwortlich zeichnet, ist neben der Vertonung für Sam Raimis Filme der Stammkomponist von Tim Burton (Batman [1987]). Hier, wie da, schafft er die perfekte musikalische Untermalung für die skurrilen Werke der Regisseure. Joseph LoDuca, der die weitere Musik im Film übernahm, hat in den Folgejahren mit seinen Scores für die TV-Serien (und Raimi-Produktionen) Hercules [1995-1999], Xena [1995-2001] und American Gothic [1995-1996] einige beachtliche Leistungen vollbracht und weiß auch hier die Stimmung des Films optimal zu begleiten.

Schauspielerisch gibt es freilich wenige aus tiefschürfenden Monologen erwachsende, oscarverdächtige Darstellungen, zumal es hier kaum tragende Charaktere gibt. Außer Ash und seinem "bösen Bruder" natürlich. Ash und Evil Ash werden von Raimi-Freund Bruce Campbell jederzeit glaubwürdig dargestellt und in vielen schon fast karikaturhaft anmutenden Szenen kann Campbell sein gesamtes komödiantisches Potential ausspielen, welches sich trotz ettlicher Grimassen von den auf Dauer oft nervenden Gummigesichtern eines Jim Carrey wohltuend abhebt. Seine lockeren Sprüche und Heldenposen kommen Campbell ebenso selbstverständlich über die Lippen wie Humphrey Bogarts unsterbliches "Schau mir in die Augen, Kleines" oder hysterische Schreiereien.

Dabei stört auch nicht, dass der komplette Text fast ausschließlich aus Einzeilern besteht - zumal die noch recht prägnant sind und für das eine oder andere Schmunzeln sorgen dürften.
Bridget Fonda ist nur noch in den Rückblenden zu sehen, für die Frauenpower sorgte hier Embeth Davidtz, die jedoch meist so blass bleibt, wie sie später als Zombiene geschminkt ist.
Wie in allen anderen Filmen und Serien seines Bruders ist natürlich auch Ted Raimi mit von der Partie. Zwar nur in winzigen Neben- und Statistenrollen, dafür aber gleich in drei verschiedenen. Wesentlich mehr von seinen Fähigkeiten konnte Ted in seiner Zeit an Bord von Steven Spielbergs mit guten Quoten nicht gerade verwöhnten Serie SeaQuest DSV [1993-1995] und in seinem wiederkehrenden Part des Joxer in der beliebten Fantasy-Serie Xena zeigen.
Ian Abercrombie, der hier als "weiser Mann" Ash wieder in seine Zeit zurück versetzt, spielte den Butler Alfred in der leider nur kurzlebigen "Batman"-Serie Birds of Prey [2002] und Patricia Tallman, die hier als besessene Hexe zu sehen ist und auch als Stuntfrau aktiv war (u.a. beim Sturm der Armee auf die Burg), hat als Telepathin Lyta Alexander in der Sci-Fi-Serie Babylon 5 [1994-1998] einige Fans.

Armee der Finsternis ist, wie seine beiden Vorgänger, in mehr als nur einer Version um den Globus gewandert. Zwar teilte er nicht das Schicksal der Tanz der Teufel-Filme und ihrer Indizierung, doch gibt - beziehungsweise gab - es ihn in Deutschland sowohl als FSK "ab 16"-Fassung, als auch in einer minimal längeren FSK "nicht unter 18"-Version.
Ähnliche Abweichungen um wenige Minuten, wie zwischen diesen beiden Fassungen, gibt es auch zu ausländischen Veröffentlichungen, in denen u.a. auch eine längere Sequenz mit den angreifenden Mini-Ashs enthalten ist.
Außerdem existiert von dem Film ein alternatives Ende, welches aber nur als Bonusmaterial auf DVDs beigefügt ist.


Fazit:
Sicher kein Film für anspruchsvolle Cineasten, die mit Horrorfilmen und Witzen über selbige nichts am Hut haben.
Genießer schrägen schwarzen Humors, die eine comic-hafte und detailverliebte Horror/Fantasy-Komödie voll verrückter Einfälle zu schätzen wissen, werden jedoch trotz kleiner Mängel ihre höllische Freude an diesem temporeichen Film haben.