American Hustle [2013]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 23. November 2014
Genre: Unterhaltung / Krimi

Originaltitel: American Hustle
Laufzeit: 138 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2013
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: David O. Russell
Musik: Danny Elfman
Darsteller: Christian Bale, Bradley Cooper, Amy Adams, Jeremy Renner, Jennifer Lawrence, Louis C.K., Jack Huston, Michael Peña, Shea Whigham, Alessandro Nivola, Elisabeth Röhm, Paul Herman


Kurzinhalt:

Im Jahr 1978 verdient sich Irving Rosenfeld (Christian Bale) seinen Lebensunterhalt mit allerlei krummen Geschäften. Er handelt mit Kunst – meist nicht legal – und prellt willige Interessenten um seine Vermittlungsgebühr, wenn er ihnen billige Kredite besorgen sollen. Edith Greensly (Amy Adams) ist dabei mehr als nur seine Geschäftspartnerin, auch wenn seine neurotische Frau Rosalyn (Jennifer Lawrence) mit seinem Adoptivsohn zuhause auf ihn warten. Als Richie DiMaso (Bradley Cooper) von ihnen einen Kredit erbittet, wird Irving skeptisch, doch Edith willigt ein und wird von dem verdeckt ermittelnden FBI-Agenten festgenommen.
DiMaso will gegen den Willen seines Vorgesetzten Stoddard (Louis C.K.) Irving für seine Zwecke nutzen. Er soll Kontakte herstellen, um namhafte Persönlichkeiten der Korruption zu überführen. Bürgermeister Carmine Polito (Jeremy Renner) ist hierfür ein gutes Ziel, der Politiker will Gelder in die Stadt holen, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Hierfür müssen aber unter anderem Abgeordnete geschmiert werden. Während Irving immer wieder anbringt, dass all das eine Nummer zu groß sei, wittert DiMaso den größten Fall seiner Karriere und ist bereit alles zu tun, ihn auszufechten ...


Kritik:
Irgendwo tief drin in David O. Russells oscarnominiertem American Hustle steckt ein wirklich guter Film. Der Regisseur hat auch eine herausragende Besetzung gefunden, die mehr Herzblut zu den Figuren bringt, als sie es im Grunde verdienen. Doch statt Idee und Darsteller zu etwas Großartigem zu verbinden, enttäuscht der viel zu lange, zahnlose Gangster-Film trotz eines vibrierend lebhaften Settings und einiger gelungener Momente. Wie seine Charaktere ist er viel Show mit wenig Inhalt.

Die Geschichte basiert, wie eine Texttafel zu Beginn erklärt, teils auf Tatsachen und erzählt von Irving Rosenfeld, einem Gelegenheitsgauner, der mit gestohlener und gefälschter Kunst handelt. In Edith Greensly hat er eine perfekte Partnerin gefunden, mit der er ahnungslose Bürger Ende der 1970er Jahre um viel Geld betrügt, während sie vorgeben, ihnen Kredite besorgen zu wollen. Eines Tages fliegt ihr Geschäft durch den FBI-Agenten Richie DiMaso auf, der Irvings Hilfe braucht, um einen viel größeren Fisch zu angeln. Allein durch den Ansatz manipuliert American Hustle sein Publikum insofern, als dass Irving und Edith, zwei hochkriminelle Menschen, nicht als die Bösen vorgestellt werden. Immerhin werden sie von Richie DiMaso, schmierig und durchgedreht gespielt von Bradley Cooper, zur Zusammenarbeit gezwungen und das mit Methoden, die alles andere als rechtschaffen sind.

Eigentlich hat Richie den Bürgermeister von Camden, New Jersey, Carmine Polito im Visier, doch als er erfährt, dass er weitere Verbindungen besitzt, wittert DiMaso im Größenwahn die Möglichkeit, die Korruption im ganzen Land eigenhändig aushebeln zu können. Dass später noch die Mafia hinzukommt, mit einem wirklich unerwarteten Gastauftritt, rundet die aufgeblähte Geschichte ab, in der alle Figuren als Hochstapler entlarvt werden. Irving betrügt seine manisch-depressive Ehefrau Rosalyn, Edith betrügt vorrangig sich selbst und Richie ändert ständig seine Ansprüche und Forderungen, so dass Irving und Edith nie wissen, wann er sie vom Haken lassen wird.

Daraus könnte man ein durchaus spannendes Gangsterdrama stricken, oder eine temporeiche Komödie, in der man nie weiß, was als nächstes geschieht. Filmemacher David O. Russell, der auch das Drehbuch mitverfasst hat, versucht sich an beidem. Doch keines gelingt.
Christian Bale, der für Irving Rosenfeld erneut eine körperliche Verwandlung durchgemacht hat, wie sie kaum gesund sein kann, hat verlauten lassen, dass Vieles in American Hustle improvisiert sei. Das würde zumindest erklären, weswegen die Geschichte lange mäandriert, ehe sie Haken in die eine oder andere Richtung schlägt. Die Dialoge drehen sich meist um banale Dinge, die zwischen den Figuren aufgeschaukelt werden. Wirklich wichtige Erkenntnisse gibt es dabei aber nicht.

Insofern kann man den Darstellern, darunter neben Bale und Cooper insbesondere Amy Adams, Jennifer Lawrence und Jeremy Renner, nur gratulieren. Sie finden immer wieder Momente, die ihnen alles abverlangen und in denen ihre Figuren vor der Kamera emotional bloßgestellt werden. Mitanzusehen, wie das auf sie wirkt und sie sich danach wieder fangen, rechtfertigt die Oscarnominierungen durchaus. Nur was nützen diese Meisterleistungen, wenn sie zusammenhanglos präsentiert werden? Nicht ohne Grund konnte der Film keine einzige Trophäe mit nach Hause nehmen.
American Hustle ist vom ersten Moment an, der verschachtelten Erzählweise, die immer wieder zurückspringt und andere Teile der Geschichte zeigt, den durchweg beeindruckenden Kostümen und der Ausstattung, durch welche die 1970er-Jahre zum Leben erweckt werden, bis hin zu dem durch Bale und Cooper bewiesenen Mut in Bezug auf ihr Aussehen (ihre Frisuren sind unbeschreiblich) und der authentischen Musik, darauf getrimmt, preisverdächtig zu sein. Es ist, als wäre das der einzige Sinn und Zweck. Das mag den Aufwand dahinter zwar rechtfertigen, aber nicht die Zeit, ihn sich anzusehen.


Fazit:
Als Film ist American Hustle wie ein Showmaster, der nicht das Publikum unterhalten will, sondern nur sich selbst. Dass die handverlesenen Darsteller, die hier alle – und sei es nur kurz – zur Hochform auflaufen, eine tolle Zeit am Set hatten, ist unbestritten und sie harmonieren auch gut zusammen. Aber statt eine vernünftige Story zu erzählen, ist Regisseur David O. Russell darum bemüht zur Schau zu stellen, wie viel Oscarpotential er auf die Leinwand zaubern kann.
Das ist von einem technischen Standpunkt aus durchaus beeindruckend und auch die Geschichte an sich klingt reizvoll. Aber das Schicksal der durchgedrehten Figuren interessiert schon deshalb nicht, da kein einziger Sympathieträger darunter ist. So ziehen sich die meist wässrigen, nebensächlichen Dialoge in die Länge und wenn Spannung aufkommen soll, findet das Drehbuch einen Weg, auch das zu umgehen. Das Ergebnis ist weder packend, noch unterhaltsam. Schade um den Aufwand.