After Truth [2020]

Wertung: 2 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 2. September 2020
Genre: Drama / Liebesfilm

Originaltitel: After We Collided
Laufzeit: 105 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2020
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Roger Kumble
Musik: Justin Burnett
Besetzung: Josephine Langford, Hero Fiennes Tiffin, Louise Lombard, Dylan Sprouse, Candice King, Charlie Weber, Max Ragone, Selma Blair, Shane Paul McGhie, Rob Estes, Karimah Westbrook, Samuel Larsen


Kurzinhalt:

Beruflich hat Tessa (Josephine Langford) es endlich geschafft: Ihr Praktikumsplatz im Verlag von Christian Vance (Charlie Weber) bietet viele Möglichkeiten und sie hat bei ihrem Boss und ihrer direkten Vorgesetzten, Kimberly (Candice King), schon am ersten Tag einen guten Eindruck hinterlassen. Mit Kollegen Trevor (Dylan Sprouse) hat sie sogar schon erste Freundschaften geschlossen. Doch lässt sie ihr Erlebnis mit dem labilen Hardin (Hero Fiennes Tiffin) nicht los. Wie er sie hintergangen hat, kann sie ihm an sich nicht verzeihen. Doch als sie ihre restlichen Sachen aus seiner Wohnung holt, trifft er mit seiner Mutter Trish (Louise Lombard) aus England ein. Von der Trennung nichts ahnend, ist sie überglücklich, dass ihr Sohn jemanden wie Tessa gefunden hat. So geben Tessa und Hardin vor, sie wären noch zusammen und kommen sich dabei wieder näher, selbst wenn es nur eine Frage der Zeit ist, bis er sie wieder enttäuschen wird …


Kritik:
Nur ein Jahr nach After Passion [2019] kommt mit After Truth die Fortsetzung der Teenie-Herzschmerz-Story um Tessa und Hardin in die Kinos. Zu Beginn erzählt der „böse Junge“ Hardin dem geneigten Publikum nochmals, was zuvor geschehen ist. Notwendig wäre das nicht, denn viel anders spielt sich die Story in der Fortsetzung auch nicht ab. Erneut gibt es Trennungsschmerz und Glücksgefühle, wenn auch in umgekehrter Reihenfolge. Wieder geben sich die jungen Hauptfiguren deutlich lebenserfahrener, als sie sein dürften und erneut ist Vieles davon überzogen kitschig, aber nicht trashig genug und nimmt sich selbst zu wichtig, als dass man Spaß damit haben könnte.

Tessa und Hardin, das unschuldigste Mädchen von allen und der tätowierte Frauenheld Hardin, dessen Alkoholproblem auf ein Kindheitstrauma zurückgeht: Es ist eine Beziehung, wie sie Fantasien von Teenagern entspringen könnte. Zusammen mit viel Teen-gerechter Erotik (hier gibt es mehr Sex zu sehen, als in den meisten Erotik-Thrillern), die stets so abläuft, wie es verklärt in Magazinen beschrieben wird. Die simple Naivität der Erzählung hat gewissermaßen etwas Sympathisches, wäre es nicht um die Figuren und ihre Verhaltensweisen.
Die Geschichte beginnt kurz nach Ende des ersten Teils. Tessa hat eine Praktikumsstelle in einem Verlagshaus gefunden, während Hardin das tut, was er auch sonst tut. Was das ist, darüber schweigt sich After Truth jedoch aus. Wie soll es anders sein, ist Tessa ein Naturtalent, so dass sie direkt am zweiten Tag mit ihrem Boss und zwei weiteren Angestellten einen exklusiven Club besuchen darf, wo sie einen möglichen Investor beeindrucken sollen. Vorher wird Tessa teuer eingekleidet, hat aber keine Unterwäsche gekauft und muss daher ohne Unterbekleidung im enganliegenden Kleid auf die Tanzfläche. Ja, Roger Kumbles Film ist eben so eine Art Film, bei der immer alle Zufälle zufällig zutreffen, um trotz aller Unwahrscheinlichkeit eben das zu bewirken, was das hanebüchene Skript verlangt. Nach reichlich Alkoholkonsum muss Tessa ihren Mangel an Textilien Hardin am Telefon erzählen, der ohne Umschweife zu ihr ins Hotel fährt und … nun ja, was passiert dann wohl? Und selbstverständlich bereut sie es am Morgen danach.

Wie bereits im ersten Teil wird nie klar, was diese zwei Figuren ineinander sehen. Tessa wechselt ihre Meinung über Hardin häufiger als ihre Unterwäsche, während dieser in bekannte Muster verfällt und weniger alkoholfreie als alkoholhaltige Getränke zu sich nimmt. So finden beide wieder zusammen, sind überglücklich, ehe kurz darauf wieder alles in Scherben liegt. Die Macher mögen den Hauch einer Idee gehabt haben, was toxische Beziehungen selbst mit jungen Menschen anstellen, wirklich verfolgt wird dieser Gedanke jedoch nicht. Was der gesamten Geschichte außerdem fehlt, ist irgendein Konflikt, etwas, das überwunden oder gelöst werden könnte. Tessa ist Tessa, Hardin ist Hardin. Eine Entwicklung der Figuren an sich gibt es hier nicht. Gewissermaßen vollführt die Geschichte eine 360°-Drehung und würde man die ersten und letzten 15 Minuten hernehmen und den Rest dazwischen streichen, hätte man inhaltlich nichts verpasst, denn dazwischen bewegen sich die Figuren kaum vom Fleck. Es mag den Anschein haben, dass mit Tessas nicht weniger Boygroup-tauglichem Kollegen Trevor, der mit seiner zurückhaltenden und geradezu selbstlosen Art das genaue Gegenteil zu Hardin darstellt, ein Rivale auf den Plan tritt und Tessa sich entscheiden müsste. Doch so „komplex“ ist die Geschichte nicht. Im Mittelteil spielt die Figur gar keine Rolle und ist für After Truth letztlich auch nicht wichtig. Ebenso wenig wie viele andere Szenen, beispielsweise diejenige, in der Hardin auf den Sohn von Tessas Boss Vance aufpassen soll. Es ist ein Abschnitt, der den Film länger macht, ihm aber inhaltlich überhaupt gar nichts hinzufügt. Wird Hardin von Alpträumen geplagt und konfrontiert seinen Vater auf Grund seines Traumas, dann kommt dieser Aspekt, der bereits im Vorgänger behandelt wurde, zu spät und nimmt zu wenig Raum ein, als dass es interessieren würde.

So plätschert die emotional unreife Teenie-Romanze inhaltlich seicht vor sich hin und präsentiert Figuren, die in ihrer Ausdrucksweise und ihrer Sprunghaftigkeit überzeichneter sind als bei einer Seifenoper. Entweder ist ihre Beziehung strahlender Sonnenschein, oder die größte Enttäuschung ihres Lebens. Dass Tessa daran schon deshalb nicht unschuldig ist, weil sie kontinuierlich zu vergessen scheint, was kurz zuvor passiert ist, blendet das Drehbuch hierbei aus. Selbiges mag nah an der Romanvorlage sein, doch das macht das Gebotene nicht wirklich gehaltvoller.


Fazit:
Dass Regisseur Roger Kumble vor über 20 Jahren den bissigen Eiskalte Engel [1999] inszenierte, mag man kaum glauben. Zeichnete sich jener Film durch seine vielschichtigen Figuren aus, die so amüsant wie gelungen demaskiert wurden, bleiben die Charaktere hier durchweg geradezu verblüffend eindimensional. Die Beteiligten spielen dabei so überzogen, dass die deutsche Synchronisation oftmals nicht lippensynchron gelingt. Anstatt Tessa und Hardin mit irgendetwas zu konfrontieren, zeigt die Fortsetzung mehr aus ihrem Alltag. Das erinnert an Teenager-Fantasien, ist aber für ein älteres Publikum schlicht nicht interessant genug. Zumal die Figuren kurz vor Schluss wieder dort sind, wo sie zu Anfang des Films waren. After Truth könnte seine unnatürlich geskripteten Leidenschaftsmomente überzeichnen oder aus seinen kitschig bis peinlichen Dialogen Kapital schlagen, doch die Macher nehmen ihre Geschichte so ernst, dass man angesichts der Oberflächlichkeit mitunter versucht ist, zu lachen. Immerhin ist dies routiniert umgesetzt und nicht wie der Vorgänger auf chice Social Media-Bilder getrimmt. Auch sieht der Film nicht mehr wie ein überlanges Musikvideo aus, wirklich packend gerät die Lovestory aber nie. Zu Beginn und am Ende erzählt Hardin aus dem Off, man habe diese Geschichte schon gehört – damit hat er durchaus Recht. Nur selten so langatmig und einfallslos selbstverliebt wie hier. Dabei hat auch das Zielpublikum im Teenageralter eine stimmige und vielleicht sogar authentische Liebesgeschichte durchaus verdient.
Immerhin, Fans der Vorlage und des Vorgängers dürften nichtsdestotrotz auf ihre Kosten kommen.