After Passion [2019]

Wertung: 2 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 6. April 2019
Genre: Liebesfilm / Drama

Originaltitel: After
Laufzeit: 99 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Jenny Gage
Musik: Justin Burnett
Darsteller: Josephine Langford, Hero Fiennes Tiffin, Selma Blair, Jennifer Beals, Peter Gallagher, Inanna Sarkis, Samuel Larsen, Shane Paul McGhie, Khadijha Red Thunder, Dylan Arnold


Kurzinhalt:

Als Tessa (Josephine Langford) an die Universität kommt, ist sie an sich darum bemüht, die Erwartungen ihrer Mutter Carol (Selma Blair) zu erfüllen, und sich auf das Studium zu konzentrieren. Ihr Freund Noah (Dylan Arnold) wird erst im nächsten Jahr die High School abschließen und kann sie deshalb nicht begleiten. Doch ihre Mitbewohnerin Steph (Khadijha Red Thunder) lässt nicht locker, bis Tessa sie auf eine Party begleitet. Dort trifft sie auf den mysteriösen Hardin (Hero Fiennes Tiffin), der voller Widersprüche zu stecken scheint. Entgegen der Warnung ihres Kommilitonen Landon (Shane Paul McGhie) lässt sich Tessa auf Hardin ein. Aber während sie beginnt, sich selbst zu entdecken und ihre eigenen Ziele zu hinterfragen, droht ein düsteres Geheimnis, das Hardin umgibt, ihre Beziehung zu ihm zu zerstören …


Kritik:
Wie groß der Hype um After Passion beim Publikum tatsächlich ist, lässt sich kaum abschätzen. Die Hochglanz-Lovestory basiert, wie das Filmplakat aufklärt, auf einem weltweiten Bestseller. Der war ursprünglich die meistgelesene Fan-Fiction von Autorin Anna Todd auf der hier mit-produzierenden Online-Plattform Wattpad. Das allein sagt nichts über die Qualität oder das Potential der Geschichte selbst. Es ist davon auszugehen, dass die Film-Adaption ähnlich wie die Vorlage ihr Publikum finden wird. Auch das sagt nichts über die Qualität – oder das Potential – des Materials.

Es wäre ein Leichtes, die Story um Tessa, die auf der Universität ihre erste große, wahre Liebe trifft und sich dabei selbst, ihre Sehnsüchte, entdeckt, als oberflächlichen Schmonzes und inhaltlich dürftig abzutun. Es würde allerdings der Leserschaft nicht gerecht, die darin entweder ein Teil von sich selbst, oder eine Ablenkung genau davon gefunden hat. An sich erzählt After Passion sogar von Erfahrungen, die die allermeisten Menschen in jenem Alter machen und die sie entsprechend prägen. Das Problem an Jenny Gages Film ist vielmehr, wie sie das tut.
Obwohl Tessa die zentrale Figur und in beinahe jeder Szene zu sehen ist, ist es der mysteriöse Hardin, auf den sie trifft, der das vornehmlich weibliche Zielpublikum ansprechen dürfte. Trotz oder gerade auf Grund ihrer Verschiedenheit, ist Tessa von ihm fasziniert. Das arbeitet die Regisseurin sogar bildlich heraus, indem Hardin meistens in schwarz gekleidet ist, während Tessa helle Farben oder weiß trägt. Er wirkt überheblich, distanziert und kühl, scheint in einer festen Beziehung zu sein und dann doch wieder nicht. Tätowiert und in eine chice Lederjacke gehüllt, kennt er sich doch in klassischer Literatur aus. Tessa hingegen ist die Unschuld vom Land, ihr erster Freund bringt sie mit ihrer Mutter zum Campus. Sie ist fleißig, strebsam und darum bemüht, die hohen Erwartungen ihrer Mutter in sie und ihre Zukunft zu erfüllen. Bis sie eben Hardin trifft.

Über ihre Mitbewohnerin kommt Tessa mit der Party-Szene an der Universität in Kontakt und soll bei der ersten Runde „Wahrheit oder Pflicht“ Hardin küssen. Doch sie weigert sich und geht, eine Zurückweisung, die Hardin nicht gewohnt ist. Auch die kommenden Tage bleibt er beharrlich und lädt sie schließlich zu einem „geheimen Ort“ ist. Dort, an einem See, kommen sich die beiden schließlich sehr viel näher. Was jedoch auffällt ist, dass Tessa keine Sekunde an ihren Freund Noah zu denken scheint. Es ist ein Charakterzug, der zur Figur nicht passen mag. Ebenso wenig, dass sie sich nach Hardins erstem Kuss von Noah trennen möchte. Hardins Verhalten stößt Tessa dabei von ihm weg und es deutet sich an, dass es ein dunkles Geheimnis gibt, das ihn und ihre Beziehung belastet. Dies wird von After Passion zwar als großes Mysterium aufgebaut, so dass sich das Publikum fragen mag, wurde er missbraucht? Hat er mit eine Affäre oder gar ein eigenes Kind mit einer anderen Frau? Ist er vielleicht manisch depressiv? Die Antwort, die der Film am Ende liefert, ist so banal, dass es kaum der Rede und die Geheimniskrämerei im Vorfeld definitiv nicht wert ist.

Sagt Hardin mit abwesendem Blick, „ich bin total verwirrt“, dann weiß man vielmehr nicht, ob das witzig gemeint sein soll. Dass die Beziehung zwischen Tessa und Hardin einen Knick erfährt, dürfte nicht überraschen. Wohl aber, wie wenig das nahegeht. Obwohl Filmemacherin Jenny Gage viele Instagram-taugliche Bilder präsentiert und mehr Pop-Songs, als auf einem durchschnittlichen Studioalbum zu hören sind, sind die stets perfekt gestylten Figuren so wenig authentisch wie die gefilterten, hervorragend ausgeleuchteten Schnappschüsse, die man in den allermeisten Sozialen Medien zu sehen bekommt.
Es ist nicht, dass After Passion ein vollkommen erbärmlicher Film mit antiquierten Rollenbildern im Stil von Fifty Shades of Grey [2015-2018] ist. An sich greift die Geschichte um das Entdecken der eigenen Leidenschaft und die große, erste Liebe ein Thema auf, das vor allem Heranwachsende betrifft. Aber statt die verschiedenen Ausprägungen, Enttäuschungen, Hoffnungen und Erfahrungen zu beschreiben, wie es beispielsweise in Lady Bird [2017] der Fall ist, präsentieren die Macher hier eine weichgespülte und auf Hochglanz polierte Version, die keine Tiefe erkennen lässt und keine komplexen Antworten auf so schwierige Themen liefert.

Das mag inhaltlich vielleicht der Vorlage entsprechen, doch das macht die Film-Adaption selbst nicht besser.


Fazit:
Nachdem ein halbes Dutzend an der Produktion beteiligte Firmen vorgestellt sind und man endlich die zwei tragenden Figuren zu sehen bekommt, sind diese Bilder ein Vorgeschmack auf den restlichen Film. Darin sind zwei junge Menschen zu sehen, die stets perfekt ausgeleuchtet, tadellos geschminkt und so gekleidet sind, als wären sie einem Modemagazin entsprungen. Ihre vermeintliche Achterbahnfahrt der Gefühle ist nichts, was sich nicht mit einem aktuellen Song im Hintergrund untermalen ließe und Tessas Entdeckung ihrer eigenen Leidenschaft brav und vorhersehbar. Was fehlt ist irgendein Funke Spontaneität, eine Tiefe der Geschichte, der Beziehung oder der Charaktere.
Was bliebe von dem inhaltlich gar nicht so weit entfernten Eiskalte Engel [1999], würde das charakterliche Scheusal im Zentrum keine Wandlung durchmachen, gäbe es keine Person, die wie ein Leuchtturm zwischen den abgründigen Figuren stehen würde, oder ohne dass hinter die Fassade der hübschen Gesichter, der Markenklamotten und der teuren Penthäuser geblickt würde? Eine seelenlos oberflächliche, chic gefilmte und ebenso ausgestattete Teenie-Schmonzette mit zeitgenössischer Musik. Das kommt After Passion schon recht nahe.