Ivar Leon Mengers "Monster 1983 (Staffel 1)" [2015]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. August 2017
Autoren: Ivar Leon Menger , Anette Strohmeyer , Raimon Weber

Genre: Thriller / Horror

Originalsprache: Deutsch
Gelesen in: Deutsch
Ausführung: Hörspiel
Laufzeit: 10 Std. 56 Min.
Erstveröffentlichungsland: Deutschland
Erstveröffentlichungsjahr: 2015
ISBN (gelesene Ausgaben): 978-1-846-05937-7

Sprecher: David Nathan , Luise Helm , Benjamin Völz , Nana Spier , Ekkehardt Belle , Norbert Langer, Bernd Rumpf, Till Hagen, Udo Schenk, Erich Räuker, Simon Jäger, Andreas Fröhlich, Ulli Krohm, Joachim Tennstedt, Hans Georg Panczak, Bettina Weiß, Peter Flechtner, Luisa Wietzorek, Joseline Gassen


Kurzinhalt:
Es ist das Jahr 1983. An sich war Sheriff Cody (David Nathan) mit seinen zwei Kindern Michael (Jonathan Lade) und Amy (Helen Blaschke) nach dem Tod ihrer Mutter aus Florida in den idyllischen Küstenort Harmony Bay gezogen, um der täglichen Konfrontation mit Gewalt zu entgehen. Doch vor den Feierlichkeiten zum 4. Juli wird Harmony Bay von einer Reihe seltsamer Todesfälle erschüttert. Nach einer Begegnung mit dem Regierungsagenten Fischer (Udo Schenk) erfährt Cody, dass ein Gefangenentransporter an der Küste verunglückt ist und der Insasse fliehen konnte. Ob es sich dabei um den Serienmörder handelt, oder steckt ein Monster dahinter, wie inzwischen bereits vermutet wird? Zusammen mit Doc Schulz (Bernd Rumpf) und Deputy Taylor Dunford (Luise Helm) macht sich Cody an die Ermittlungen – auch gegen den Widerstand von Bürgermeister White (Norbert Langer) – und je tiefer sie graben, umso mehr dunkle Geheimnisse von Harmony Bay kommen ans Licht …


Kritik:
Schon nach den ersten Minuten wird klar, dass Ivar Leon Mengers zehnteiliges Monster 1983 kein gewöhnliches Hörspiel ist. Angesiedelt im beschaulichen Küstenstädtchen Harmony Bay im U.S.-Bundesstaat Oregon im Jahr 1983, beginnt die Mystery-Story mittendrin und wirft dann einen Blick zurück, wie alles neun Tage zuvor seinen Lauf genommen hat. Es geht um Mord, Intrigen, eine Verschwörung und – wie der Titel bereits verrät – ein Monster. Neben einem greifbaren, nostalgischen Charme, lebt das immerhin mehr als 10 Stunden umspannende Hörspiel von den vielen, sehr vielen sogar, bekannten Sprechern. Doch beginnt der Abspann zu erklingen, dann bleibt das Gefühl, als würde die Story mehr ankündigen, als sie am Ende liefert.

Das liegt zum einen an den vielen Storysträngen, die hier begonnen, aber nie weitergeführt werden. Aber auch an den mehr als zwei Dutzend wiederkehrenden Figuren, deren Geschichten dem Ort Harmony Bay zwar Leben einhauchen, deren Privatleben die eigentliche Story jedoch nicht voran bringt. Im Zentrum steht Sheriff Cody, der noch nicht lange mit seinen zwei Kindern in dem Ort lebt. Er kommt mit all seinen Mitarbeitern gut zurecht, bis auf Deputy Landers, der ein guter Freund des früheren, spurlos verschwundenen Sheriffs war. Doch Zeit, um sich einzugewöhnen, hat Cody nicht, denn urplötzlich wird der ruhige Küstenort, in dem für gewöhnlich nichts geschieht, von einer Reihe mysteriöser Todesfälle heimgesucht. Doc Schulz kommt dahinter, dass die Todesopfer auf dieselbe Art und Weise und keines natürlichen Todes gestorben sind. Dazu kommen ein an der Küste zerschellter Gefangenentransporter sowie seltsame Agenten der Regierung, die Cody im Vertrauen erzählen, dass sie auf der Suche nach einem entflohenen russischen Spion seien.

Es ist also einiges geboten in Monster 1983, zumal sich die Erzählung nicht ausschließlich auf die erwachsenen Figuren beschränkt, sondern auch einige Kinder Nebenhandlungen bestreiten dürfen. Dieser Aspekt trägt weiterhin zum Retro-Flair der Geschichte bei und man kann den Produzenten zur aufwendigen und hochkarätigen Produktion nur gratulieren. Angefangen von den Umgebungsgeräuschen, der Musik, dem Tonschnitt, bis hin zu unheimlich klingenden Szenen ist das Tonerlebnis über jeden Zweifel erhaben. An dieser Stelle muss man erneut auf die verblüffend zahlreichen bekannten Sprecher zurückkommen, die von den Machern hier versammelt wurden. Auch wenn die Namen vermutlich nicht vielen Hörern geläufig sind, die unverwechselbaren Stimmen, die man unweigerlich mit bekannten Hollywood-Darstellern verbindet, wird man sofort erkennen. Johnny Depp, Kevin Spacey, Kevin Bacon, Tom Selleck, Liam Neeson, John Malkovich oder Linda Hamilton und Sandra Bullock scheinen sich hier die Klinke in die Hand zu geben. Und das sind bei weitem nicht alle.

Schon deshalb macht es Spaß, dem Treiben in Harmony Bay zuzuhören, das nach außen hin überaus harmonisch klingt, doch je tiefer Sheriff Cody gräbt, umso düsterer erscheint. Dieses Entblättern des amerikanischen Kleinstadtidylls passt toll zum Setting der Geschichte und auch die vielen Anspielungen auf Filme, Musik oder Elektronik aus der Zeit werden es denjenigen Hörern, die in den 1980er-Jahren aufgewachsen sind, leicht macht, sich hier wohlzufühlen. Da sind auch die wenigen Momente zu verschmerzen, in denen die Dialoge nicht vollkommen stilecht erscheinen.
Die Geschichte selbst dreht sich um dubiose Geschäfte, die viele ehrenwerte Bürger von Harmony Bay nebenher am Laufen haben. Gleichzeitig um den vermeintlich geflohenen russischen Spion, die Regierungsvertreter, die nach ihm suchen sowie das in Harmony Bay umgehende Monster, dessen Präsenz die Wahrsagerin auf dem Jahrmarkt bereits gespürt hat.

Ich muss gestehen, ich hatte lange Zeit das Gefühl, als wüssten die Autoren selbst nicht, wohin sie die Story denn entwickeln sollen, denn von der Nettospielzeit von 10 Stunden und 20 Minuten (die letzten 36 Minuten bestehen aus Interviewausschnitten mit den Sprechern, die ihre persönlichen Erinnerungen an die 80er-Jahre teilen), verbringt Monster 1983 beinahe 9 Stunden und 50 Minuten in dem Rückblick. Selbst wenn dieser mit dem Anfang aufschließt, ist man dabei noch keinen Schritt näher an der tatsächlichen Lösung des Falles. So wirkt das Ende – nach all den langen Vorbereitungen und den ominösen Ankündigungen – überaus abrupt und lässt die meisten Figuren und Stories in der Luft hängen. Ein wirklicher Cliffhanger ist es jedoch auch nicht und hätte es keine zweite Staffel gegeben, hätte man das Ende ebenfalls akzeptieren können.


Fazit:
Das Flair jener Zeit fängt Monster 1983 mit einer solchen Leichtigkeit und Sicherheit ein, dass es zumindest denjenigen, die damals aufgewachsen sind, unweigerlich ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Das Setting am beschaulichen Küstenort Harmony Bay, in dem nicht alles so friedvoll und idyllisch ist, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat, ist mit einem Wort: umwerfend. Die unvorstellbar vielen bekannten Sprecher runden den handwerklich tadellosen Eindruck ab und es gelingt den Autoren, einige wirklich gruselige und unheimliche Momente zu erzeugen. Die Geschichte fächert sich nach wenigen Kapiteln auf viele verschiedene Erzählstränge auf und man würde erwarten, dass sie alle zusammenfinden, um die Staffel zum Abschluss zu bringen, doch dem ist leider nicht so. Die meisten Stories werden nicht abgeschlossen und sind für das Mystery-Geheimnis auch nicht notwendig. Ebensowenig die meisten der wiederkehrenden Nebenfiguren. Sie machen Ivar Leon Mengers Erzählung zwar zu einem gewissen Grad detailreicher und runden das Geschehen ab, aber ohne dass sie in die Hauptgeschichte hineinspielen, blähen sie die Ermittlungen von Cody und seinen Deputies unnötig auf. Für Genrefans, die sich hier auf eine nostalgische Zeitreise in die 1980er-Jahre begeben wollen, ist Monster 1983 trotz der Kritikpunkte eine klare Empfehlung. Darüber hinaus erfrischend unterhaltsam und hollywoodreif zum Leben erweckt.
Es bleibt zu hoffen, dass den Machern dieses Niveau auch bei der zweiten Staffel gelingt.