The Ring 2 [2005]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 28. April 2005
Genre: Horror / Thriller

Originaltitel: The Ring Two
Laufzeit: 110 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Hideo Nakata
Musik: Henning Lohner, Martin Tillman, Hans Zimmer (Themen)
Darsteller: Naomi Watts, Simon Baker, David Dorfman, Elizabeth Perkins, Gary Cole, Sissy Spacek, Ryan Merriman, Emily VanCamp, Kelly Overton, James Lesure, Daveigh Chase, Kelly Stables


Kurzinhalt:
Sechs Monate sind vergangen, seit Rachel Keller (Naomi Watts) und ihr Sohn Aidan (David Dorfman) den Fluch des todbringenden Video-Bandes gebrochen haben. Um ihre Erlebnisse zu verarbeiten, haben sie sich an einen ruhigen Ort fernab der Stadt zurückgezogen, wo Rachel erneut als Journalistin tätig ist.
Als jedoch in der Umgebung ein Teenager tot aufgefunden wird, der seltsam entstellt sein soll, steigen in Rachel dunkle Vorahnungen auf. In der Tat hat eine Kopie des Bandes wieder ihren Weg in die Nähe von Aidan und Rachel gefunden – allerdings scheint das Mädchen aus dem Video, Samara, nun Aidan direkt ansprechen zu wollen.
So muss Rachel hilflos mit ansehen, wie Samara von Aidan immer mehr Besitz ergreift. Aber während sie sich daran macht, mehr über das Mädchen zu erfahren, um einen Weg zu finden, ihre Macht zu brechen, läuft ihr zunehmend die Zeit davon ...


Kritik:
Hieß es Ende der 1980er noch, dass der Horror-Film in in seiner damaligen Form am Ende seiner Lebenszeit angekommen war, belebte Scream [1996] das Genre neu, allerdings mit dem Zusatz des Teen-Faktors. Es dauerte wieder einige Jahre, ehe auch der klassische Horror-Film wieder an Fahrt gewann, und während man in den USA die eigenen Klassiker munter neu auflegt (sei es nun mit The Texas Chainsaw Massacre [2003], The Amityville Horror [2005] oder auch The Fog [2005]), sind es vor allem asiatische Horro-Werke, die derzeit hoch im Kurs stehen – dabei aber in den USA bevorzugt nicht als Import, sondern stattdessen als Remake, was sogar so weit ging, dass das Original Ringu – Ring [1998] erst in den Staaten offiziell veröffentlicht wurde, nachdem Gore Verbinskis Remake The Ring [2002] in den Kinos gelaufen war.
Mit einem weltweiten Einspielergebnis von 250 Millionen Dollar war der verhältnismäßig günstige Gruselfilm vor drei Jahren ein sehr großer Erfolg, vor allem aber einer, den das Produktionsstudio DreamWorks SKG gern wiederholt hätte. So wurden die Darsteller umgehend wieder unter Vertrag genommen; Regisseur Verbinski konnte sich daraus jedoch befreien. Im Gegenzug holte man mit Hideo Nakata denjenigen Regisseur an Bord, der immerhin schon Ringu 2 [1999], also die Fortsetzung des asiatischen Originals gedreht hatte. Nakata ist in Hollywood derzeit gut beschäftigt und bereitet momentan das Remake des japanischen Horror-Films The Eye [2002] vor.
Mit ihm haben die Produzenten offenbar eine wirklich gute Wahl getroffen, denn was The Ring 2 deutlich über den Durchschnitt hinwegrettet, sind sowohl die handwerkliche Umsetzung, als auch die durchweg sehr guten und motivierten Darsteller. Was im Gegensatz zum ersten Teil allerdings nicht mithalten kann, ist das Skript.

Dabei ist für dieses kein Geringerer verantwortlich, als Ehren Kruger, der bereits das Original für die US-Leinwand adaptierte, und mit seinem Drehbuch für Arlington Road [1999] einen der ausgefeiltesten und vielschichtigsten Kino-Einstände überhaupt gefeiert hat.
Schlecht ist seine Vorlage bei weitem nicht; allerdings fehlt ihr der gewisse Grad an Grusel und Horror. Denn während dem Zuschauer beim ersten Film noch vor Panik die Haare zu Berge standen, wird die stetige Bedrohung der Figuren trotz der ansich sehr unheimlichen Atmosphäre hier kaum spürbar. Außerdem mangelt es dem Drehbuch fast vollständig an Überraschungsmomenten, die die Zuschauer allenfalls beim gelungenen Finale in den Sitz pressen.
Zuvor thematisiert Kruger, wie Rachel und Aidan mit ihren Erlebnissen des ersten Teils umzugehen versuchen, wie sie überhaupt verstehen wollen, was geschah. Aber obwohl hier langsam der weitere Verlauf des Films aufgebaut wird, und den Kinobesuchern mit ein paar außergewöhnlich guten Szenen, wie der Hirsch-Versammlung im Wald, ein Schauer über den Rücken gejagt wird – so ergreifend wie vor drei Jahren ist es schon deshalb nicht mehr, weil man als Zuschauer bereits weiß, was einen erwartet.
Dass Kruger in dieser Hinsicht nicht mehr Abwechslung einbringen konnte, enttäuscht und wird auch dadurch nicht vollständig aufgewogen, dass die zweite Hälfte des Films die Vorgeschichte von Samara und ihrer leiblichen Mutter ergründet.
So hätte man sich für eine Fortsetzung nicht unbedingt mehr Opfer gewünscht – dass es in der vorliegenden Form relativ wenig sind, spricht umso mehr dafür, dass sich die Macher auf andere Aspekte der Story konzentrieren wollten –, sondern mehr Innovationen innerhalb der Handlung. Denn auch wenn man als Zuschauer nun mehr über das Mädchen aus dem Brunnen erfährt und gerade hier einige exzellente Einfälle untergebracht sind, werden die beiden Hauptfiguren ansich nicht näher beleuchtet – hier hätte Kruger ebenfalls weiter ins Detail gehen können oder müssen, wie dies Autor Kevin Williamson in Scream 2 [1997] geglückt ist.

Über alle Zweifel erhaben ist hingegen die Besetzung, angefangen bei den Hauptdarstellern, bis hin zu den Nebenrollen – allen voran Naomi Watts, der mit David Lynchs Mulholland Drive – Straße der Finsternis [2001] der erste Durchbruch gelang, und die für ihre Darbietung in 21 Gramm [2003] sogar für den Oscar nominiert wurde.
Zu beobachten, wie Watts ihre in The Ring noch recht kühle Filmfigur hier aufleben lässt, Rachel für ihren Sohn kämpft und sich regelrecht aufopfert, ist bemerkenswert. Ihr Engagement und ihr Einsatz überträgt sich über die Leinwand hinaus auf den Zuschauer, so dass Naomi Watts (wie Neve Campbell in den Scream-Filmen) die Produktion souverän trägt und gleichzeitig ihren Co-Darstellern genügend Raum zu agieren lässt.
Von denen fällt verständlicherweise David Dorfman als Aidan am meisten auf, der bereits in The Ring gefiel und hier insbesondere in der zweiten Filmhälfte überzeugt. Seine beunruhigende Erscheinung zusammen mit dem beängstigenden Make-Up passen hervorragend zum Charakter und hinterlassen einen exzellenten Eindruck.
Von den übrigen Beteiligten stechen sowohl Simon Baker, als auch Elizabeth Perkins heraus, die ihre Rollen solide spielen und keinen Grund zur Beanstandung lassen.
Der Kurzauftritt von Sissy Spacek gehört darüber hinaus zu den Highlights des Films, ebenso wie der amüsante Cameo von Gary Cole. Sogar die Eröffnungsszene mit Emily VanCamp und Ryan Merriman ist überaus gut gespielt, und die Darsteller für kleinere Rollen wurden ebenfalls sorgfältig ausgewählt.
Am Cast gibt es nichts zu bemängeln, vielmehr gelang den Machern eine erstklassige Besetzung, die keine Wünsche offen lässt.

Selbiges trifft in gleichem Maße auf die Inszenierung von Hideo Nakata zu, dem zwar mit Cutter Michael N. Knue und Kamera-Mann Gabriel Beristain keiner der Beteiligten des ersten Films an die Seite gestellt wurden, der jedoch nichtsdestotrotz eine herausragende Optik für seinen Film fand.
Überraschenderweise war er nicht einmal die erste Wahl des Studios, hatte man dort doch zunächst bei Richard Kelly (Donnie Darko [2001]) nachgefragt, der ablehnte, ehe Noam Murro das Projekt übernahm, dann aber aufgrund von künstlerischen Differenzen ausstieg.
Mit malerischen, verstörenden und kühlen Natur-Aufnahmen, dem exzellenten Einsatz von Farbfiltern und der düsteren Atmosphäre gelingt Nakata jedenfalls handwerklich nicht nur ein äußerst professioneller, sondern ein wirklich frischer Ansatz, der sich die gesamte Lauflänge über hält, ohne in den actionreicheren Szenen nachzulassen, oder je hektisch zu wirken.
Mit einem Gespür für ungewöhnliche, stimmungsvolle Bilder macht Nakata seinen Film in visueller Hinsicht zu einem Erlebnis, wozu nicht zuletzt auch die hervorragenden Spezial-Effekten beitragen. Insbesondere bei der Badezimmer-Sequenz mit dem Wasser ist dies zu erkennen, und die Eröffnungsszene überzeugt dahingehend nicht weniger. Eine gelungene Kombination stellt überdies das Finale dar, das außergewöhnlich gut gefilmt ist.
Infolgedessen kann man dem aus Japan stammenden Nakata zu seinem US-Debüt nur gratulieren.

Dass für die Musik nicht wie im Vorgänger Hans Zimmer selbst verantwortlich ist, enttäuscht ein wenig, obwohl die eigentlichen Komponisten mit dem bekannten Musiker wohl vertraut sind – immerhin gehören beide noch zu dem von Zimmer mitgegründeten Musikstudio Media Ventures.
Dabei variieren Henning Lohner und Martin Tillman die von Zimmer in The Ring etablierten Themen durchaus gekonnt, erweitern aber gleichzeitig das Klang-Spektrum und kommen weit weniger zurückhaltend, sondern gerade im ersten Drittel etwas aufdringlich daher, was zum Teil daran liegt, dass die Musik im Film mitunter recht laut abgemischt ist.
Die meisten Melodien stammen zugegebenermaßen von Zimmer selbst und seinem erstklassigen Score des ersten Teils. Dass der Soundtrack zum zweiten Teil außerdem stellenweise ziemlich nach Synthesizer klingt, kommt ihm nicht zugute. Weswegen das Studio auf die beiden Musiker setzte, und sie dann insofern beschränkte, Hans Zimmers Vorlagen zu verwenden, anstatt einen neuen Ansatz zu wagen, bleibt unverständlich, erinnert aber an die Entscheidung von Universal bei Jurassic Park III [2001], als Komponist Don Davis die Themen von John Williams verwerten musste.
Wie dort, klingt auch der Score zu The Ring 2 nicht schlecht, nur eben nicht innovativ, sondern wie eine (sicherlich passende) Neuauflage der Musik aus dem ersten Film.

So schlecht, wie manche Medien The Ring 2 inzwischen reden, ist der Film bei weitem nicht geraten. Was jedoch eindeutig fehlt, ist ein nach dem ersten Teil inhaltlich frischer Ansatz. Denn während sowohl der Regisseur, als auch die Schauspieler, eine tadellose Arbeit leisten, vermisst man an der Story das entsprechende Quentchen Horror, um den Zuschauer wirklich mitreißen zu können.
Zwar bemüht sich Drehbuch-Autor Ehren Kruger, der Hintergrund-Geschichte neue Facetten zu verleihen, verliert aber leider aus dem Blick, dass The Ring in erster Linie ein atmosphärischer Horrorfilm, statt eines Mystery-Dramas war. Kein Wunder also, dass viele Zuschauer den Kino-Saal dementsprechend enttäuscht verlassen. Mit einem Einspielergebnis von 150 Millionen Dollar weltweit, bleibt The Ring 2 bislang hinter den Erwartungen zurück, sodass eine weitere Fortsetzung eher unwahrscheinlich ist.


Fazit:
Der größte Schwachpunkt an The Ring 2 ist zweifelsohne, dass er nicht der erste Film der Reihe war. So ist gerade für Kenner des Vorgängers der Reiz des Neuen verflogen, und obwohl Regisser Hideo Nakata seinen Film überaus atmosphärisch gestaltet und zudem ein paar wirklich sehr gute Horror-Szenen zustande bringt – derart packend wie bei The Ring ist das Ganze leider nicht mehr.
Gleichzeitig richtet sich Ehren Krugers Drehbuch aber ausschließlich an Fans des ersten Films, denn wer diesen nicht gesehen hat, wird mit den zahlreichen Anspielungen und Verweisen auf die Geschichte der Hauptfiguren nichts anfangen können.
Im Ergebnis bekommen Interessenten einen sehr stimmungsvollen, erstklassig fotografierten und handwerklich hervorragend umgesetzten Horror-Grusler geboten, der vor allem durch seinen sehr niedrigen Body-Count (positiv) überrascht. Für Fans wird außerdem die Hintergrund-Geschichte um das Mädchen im Brunnen weitergesponnen, aber so überraschend oder beängstigend wie bei Gore Verbinskis Original-Remake ist es leider nicht, und selten so unheimlich.