The Others [2001]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 15. Januar 2005
Genre: Horror / Drama

Originaltitel: The Others
Laufzeit: 100 min.
Produktionsland: Spanien / Frankreich / USA
Produktionsjahr: 2001
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Alejandro Amenábar
Musik: Alejandro Amenábar
Darsteller: Nicole Kidman, Fionnula Flanagan, Christopher Eccleston, Alakina Mann, James Bentley, Eric Sykes, Elaine Cassidy


Kurzinhalt:
Noch ist ihr Ehemann Charles (Christopher Eccleston) nicht vom Zweiten Weltkrieg zurück gekehrt, als sich Grace (Nicole Kidman) mit ihren beiden Kindern Anne (Alakina Mann) und Nicholas (James Bentley) in dem verlassenen Haus niederlässt. Wenig später offerieren auch die beiden Haushälterinnen Mrs. Mills (Fionnula Flanagan) und Lydia (Elaine Cassidy), sowie der Gärtner Mr. Tuttle (Eric Sykes) ihre Dienste.
Doch die Stimmung im Haus ist bedrückend, hauptsächlich deshalb, da die Kinder an einer seltenen Krankheit leiden und auf Sonnenlicht allergisch reagieren; so sind die Vorhänge in den Zimmern um sie herum stets verschlossen und Grace ständig in Sorge. Doch dann geschehen seltsame Dinge, Geräusche und sich öffnende Türen. Anfangs zweifelt Grace am Verstand ihrer Kinder, doch als auch sie erste Erfahrungen mit den unsichtbaren Eindringlingen macht, muss sie sich ihren größten Ängsten stellen – denn die Unbekannten scheinen es auf das Leben ihrer Kinder abgesehen zu haben.


Kritik:
Für seine Arbeiten hat der junge Regisseur Alejandro Amenábar stets viel Lob bekommen, sein surrealistischer Thriller Öffne die Augen [1997] hat Hollywood sogar so gut gefallen, dass er nur wenig später mit Tom Cruise in der Hauptrolle als Vanilla Sky [2001] veramerikanisiert wurde. Doch war Autor und Regisseur Amenábar wohl bewusst, dass es sehr schwer ist, einen Film im unheimlichen Drama-Mystery-Genre zu etablieren, ganz egal ob man nun zahlreiche Hollywood-Stars zur Verfügung hat, oder nicht. Dass ihm kein derart großer Erfolg gelang wie M. Night Shyamalan bei The Sixth Sense [1999] verwundert dabei aber insofern nicht, da der Film die ersten 85 Minuten sehr viel mehr Wert auf das Drama legt, als auf das Mystery-Element, gleichwohl immer wieder unheimliche Momente eingestreut sind, die Spannung aufkommen lassen. Auf die eineinhalb Stunden gesehen gibt sich The Others dafür zwar stimmungsvoll, aber nur leidlich mitreißend – wer jedoch bis zum Schluss dabei bleibt, wird ein paar wirkliche Überraschungen erleben.

Alejandro Amenábar verfasste auch die Vorlage, auf welcher der nichtsdestotrotz sehr erfolgreiche Film beruht, immerhin spielte die knapp 17 Millionen Dollar teure Produktion allein in den USA fast das Fünffache wieder ein. Dem Drehbuch gelingt es dabei sehr schnell, schon auf Grund des nebligen Settings, eine gruselige Stimmung zu erzeugen, deren Ursache man zwar nicht so genau erfassen kann, die aber wie ein Damokles-Schwert über der Mutter und ihren zwei Kindern schwebt. Dabei verwendet der Autor merklich viel Zeit auf der Figur von Grace Stewart, bei der aber im Endeffekt nicht die Ursache für ihre Handlung erklärt wird, die letztendlich zu den Ereignissen im Haus führt; die Kinder selbst spielen dabei leider eine untergeordnete Rolle, und auch die Haushälterinnen und der Gärtner kommen ein wenig zu kurz.
Die Geschichte selbst mäandriert dabei lange Zeit vor sich hin, nimmt aber sehr wenig Fahrt auf, ehe Amenábar für sein stimmungsvolles Finale das Erzähltempo merklich anzieht und den Zuschauer mit ein paar Überraschungen verwöhnt. Betrachtet man das Ganze aber im Nachhinein, hätte man auch ohne die betont langsame Erzählweise zum selben Schluss kommen können, denn als reines Charakterdrama sind die Figuren zu wenig ausgearbeitet, der Auftritt von Charles Stewart scheint dabei völlig belanglos.
Während M. Night Shyamalan bei The Sixth Sense sehr viel Wert auf die Figuren legt, ihnen viele verschiedene Schichten verleiht und die Traumata hinter ihren Fassaden langsam ans Licht rückt, erscheinen die Charaktere bei The Others zu schablonenhaft und eindimensional – das schmälert zwar nicht den gruseligen Unterhaltungswert, verleiht dem Film im Rückblick aber ein deutlich farbloseres und vor allem unbedeutenderes Ambiente, das man so auch in einen TV-Film hätte packen können und nicht in einen Kinofilm hätte umwandeln müssen. Nicht einmal die Krankheit der Kinder, die dem Sonnenlicht nicht ausgesetzt werden dürfen, wird dafür genügend behandelt.

Über die Auswahl an Darstellern kann man sich indes kaum beschweren, Nicole Kidman erhielt für ihre Rolle der verzweifelten, sorgenden Mutter zurecht eine Golden Globe-Nominierung und trägt den Film souverän. Ihr Spiel ist wie gewohnt einfühlsam, überzeugend und auch intensiv, sie wirkt in den richtigen Momenten zerbrechlich, in anderen kämpferisch und niemals übertrieben.
Mit Fionnula Flanagan trafen die Produzenten ebenfalls eine gute Wahl, als mysteriöse Haushälterin überzeugt sie tadellos und bildet einen ruhigen, gleichberechtigten Gegenpol zu Kidman. Elaine Cassidy und Eric Sykes haben dabei leider kaum etwas zu tun, dabei muss Sykes auf sein gewohntes Comedy-Element vollständig verzichten.
Christopher Eccleston überhaupt im Vorspann zu erwähnen scheint äußerst dreist, immerhin dauert der gesamte Auftritt des talentierten Mimen (Heart - Jeder kann sein Herz verlieren [1999]) gerade einmal fünf Minuten, wobei Eccleston nicht viel mehr zu tun hat, als betroffen und benommen in die Gegend zu starren.
Als potentiell schwierig erweisen sich bei einem solchen Film grundsätzlich die Kinddarsteller, und auch bei The Others können diese nicht immer überzeugen; während James Bentley gerade am Anfang wirklich gut spielt, lassen seine Überzeugungskünste beim Finale leider stark nach. Dahingehend mimt Alakina Mann zumindest konsequenter und gibt sich ständig überzogen teuflisch und mysteriös, was zur Rolle aber nicht immer passt.
Insgesamt macht der Cast einen stimmigen Eindruck, auch wenn nur wenige wirklich gefordert sind. Nicole Kidman macht The Others durchweg sehenswert.

Inszenatorisch gibt sich Regisseur Alejandro Amenábar sehr routiniert, überzeugt mit langsamen Einstellungen, interessanten Bildkompositionen und einem gekonnten Spiel aus Licht und Schatten. Mit kalten Farben bei Tageslicht und dem warmen Schein der Lampen in den abgedunkelten Zimmern erzeugt er eine grundsätzlich unheimliche und verfremdete Stimmung, bei der man allerdings nie genau weiß, ob es nun Tag oder Nacht ist.
Doch trotz der überzeugenden Innenausstattung des Hauses und der gut choreographierten Optik verwundert es, dass Amenábar nicht mit Farbfiltern arbeitet, um bestimmten Szenen auch dahingehend ein eindeutiges Muster zu verpassen. Eben deshalb wirkt The Others bisweilen mehr oder weniger "billig", das aber nicht in der Ausstattung oder der Aufnahmetechnik, sondern einfach deshalb, da man das Haus im dem Sinne auch mit einer ganz normalen Kamera hätte einfangen können. Die Wahl seiner Bildausschnitte, dass er beispielsweise nicht auf das Breitbildformat, sondern lediglich auf ein 16:9-Verhältnis setzt, zeigt eindeutig, dass der Schwerpunkt seiner Geschichte auf den Figuren und nicht auf der gruseligen Atmosphäre liegt. Doch hätte man sich bisweilen eine etwas edlere Optik gewünscht, zumal so fast jedes Zimmer im Haus gleich aussieht und man als Zuschauer nie so recht weiß, wo sich die Figuren denn nun befinden.
Kamera und Schnitt machen insofern einen sehr durchdachten und guten Eindruck, doch scheint ihnen der letzte Schliff zu fehlen und gerade beim Finale hätte man sich eine etwas temporeichere Inszenierung gewünscht.

Wie bei seinen bisherigen Filmen auch übernahm Alejandro Amenábar auch diesmal die Verantwortung für die Musik des Films und präsentiert dem Zuschauer unheimliche, stimmungsvolle Melodien, die sich zwar wirklich gut in die Atmosphäre des Films einfügen und auch die Schockmomente unterstützen, aber für sich genommen ohne richtige Themen daherkommen.
Die bedrückende Situation im Haus bringt der Komponist und Autor damit sehr gut zur Geltung, aber einen Wiedererkennungswert besitzt sein Score leider überhaupt nicht, stattdessen erinnern manche Motive an Thomas Newman, ohne dessen Eingängigkeit.

Für ein richtiges Charakterdrama scheint The Others zu unentschlossen, für einen Mystery-Thriller nicht spannend genug; Regisseur Amenábar wollte den Spagat zwischen beidem schaffen und geriet dabei aber schon beim Skript ins Straucheln, das sich nicht so recht entscheiden kann, auf welchen Aspekt es denn nun mehr Wert legen soll.
Die Geschichte ist dabei durchweg interessant, einzelne Szenen auch sehr unheimlich, über den gesamten Film verteilt sich die Spannung aber spärlich und hauptsächlich im letzten Drittel. Die gelungene Optik und die wirklich gute Hauptdarstellerin machen The Others zwar sehenswert, auf dem Gebiet gab es allerdings auch schon spannendere Filme.


Fazit:
Nicole Kidman trägt dieses Mystery-Drama souverän, trotz der mangelnden Erklärungen bezüglich ihres Charakters und des eher dahin plätschernden Mittelteils. Die Auflösung gelingt dank des intelligenten Skripts von Alejandro Amenábar wirklich verblüffend, und die Charaktere sind auch interessant zusammen gestellt, doch leider dürfen sich davon die wenigsten wirklich entfalten.
Stattdessen verlässt sich der Regisseur auf die unheimliche Stimmung, die sich zwar auch einstellt, aber dafür mit zu wenig Höhepunkten überzeugt, um wirklich zu fesseln. So fehlt The Others schließlich die Dynamik, und Figuren, zu denen man wirkliche Beziehungen aufbaut, um so mitreißen zu können, wie es das Studio bei der Veröffentlichung des Films versprach.
Dank der wirklich guten Schauspielerleistungen, der gut komponierten Optik und durchgängig gruseligen Atmosphäre zählt der Film nach wie vor zu den besseren seines Genres und ist zweifelsohne sehenswert, im Vergleich mit einer indirekten Konkurrenz wie The Sixth Sense hat Amenábar aber eindeutig das Nachsehen.