Jack Reacher: Kein Weg zurück [2016]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 20. November 2016
Genre: Krimi / Action

Originaltitel: Jack Reacher: Never Go Back
Laufzeit: 118 min.
Produktionsland: China / USA
Produktionsjahr: 2016
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Edward Zwick
Musik: Henry Jackman
Darsteller: Tom Cruise, Cobie Smulders, Aldis Hodge, Danika Yarosh, Patrick Heusinger, Holt McCallany, Madalyn Horcher, Robert Catrini, M. Serrano, Nicole Barré, Jessica Stroup, Teri Wyble, Austin Hébert, Robert Knepper, Jason Douglas


Kurzinhalt:

Als Ex-Major Jack Reacher (Tom Cruise), der immer wieder dort für Gerechtigkeit sorgt, wo sich Ordnungshüter nicht zuständig fühlen oder nichts ausrichten können, nach Washington D.C. fährt, um seine Kontaktperson bei der Militärpolizei, Major Susan Turner (Cobie Smulders), endlich persönlich zu treffen, muss er feststellen, dass sie verhaftet wurde. Laut Colonel Morgan (Holt McCallany) wird ihr Spionage vorgeworfen. Doch noch während Reacher Zweifel an der Anklage kommen, muss er feststellen, dass auch er ins Visier einer Organisation geraten ist, die um was auch immer zu vertuschen, Turner aus dem Weg räumen lassen will. Als Reacher Turner aus der Haft befreit, um sie zu beschützen, macht sich nicht nur Captain Espin (Aldis Hodge) von der Militärpolizei mit seinen Männern auf die Jagd nach ihnen, sondern auch ein Killer (Patrick Heusinger), der vor nichts zurückschreckt, um die Geheimnisse seiner Auftraggeber zu wahren ...


Kritik:
Bedenkt man, dass Jack Reacher: Kein Weg zurück ein Actionkrimi sein soll, dann muss man sich doch fragen, weshalb Regisseur Edward Zwick sich den Actionelementen so vehement versperrt. Für einen Krimi um den schweigsamen, ernsten Ex-Major Jack Reacher, der dort für Gerechtigkeit sorgt, wo sich die Behörden nicht die Finger schmutzig machen wollen oder können, erzählt er eine zu bekannte und klischeebeladene Geschichte. Dass der Film dennoch unterhält liegt an der Besetzung.

Der zweite Leinwandauftritt des Ex-Majors der US-Militärpolizei beginnt beinahe mit denselben Szenen, die auch in der Filmvorschau zu sehen sind. Reacher lässt einen korrupten Sheriff verhaften, nachdem er dessen Gehilfen kampfunfähig geprügelt hat. Auch wer den ersten Film noch nicht gesehen hat, der für das Verständnis nicht unbedingt notwendig ist, versteht angesichts der auf dem Boden liegenden Männer sofort, dass man mit Jack Reacher – der im Diner nebenan einen Kaffee trinkend auf die Polizei wartet – nicht verhandeln kann. Sein Sinn für Gerechtigkeit ist sein Gesetz, das er mit allen Mitteln durchsetzt und dabei keine Schwierigkeiten hat, sich gegen eine Überzahl an Gegner durchzusetzen.

Dass Kein Weg zurück ein ernster Film für ein erwachsenes Publikum ist, wundert also nicht. In der Rolle des unerbittlichen Ex-Majors gibt Tom Cruise eine gewohnt gute Figur, der nie Zweifel daran aufkommen lässt, dass man aus einem Zweikampf mit ihm als Verlierer herausgehen würde. Regisseur Edward Zwick stellt ihn als in sich ruhenden Einzelgänger vor, in dessen Augen es jedoch brodelt, sobald er eine Ungerechtigkeit erkennt und der per Anhalter von einem Ort zum nächsten reist, ohne sein Ziel genau zu kennen. Als er erfährt, dass er eine 15jährige uneheliche Tochter haben soll, scheint ihn das äußerlich kaum zu berühren, doch sieht man das leichte Zögern in seinen Antworten, dann erkennt man, wie ihn die damit einhergehende Verantwortung einholt. Dieser Storyaspekt, mit dem der Film nicht beworben wird, funktioniert erstaunlicherweise besser als der Krimi, den Zwick eigentlich erzählt.

Darin stellt Reacher in Washington D.C. fest, dass seine Kontaktperson bei der Militärpolizei, Major Susan Turner, wegen Spionage verhaftet worden ist. Entgegen ihrer Anweisung macht sich der Ex-Soldat auf, sie zu befreien und schnell geraten beide in das Visier eines effizienten und skrupellosen Jägers. Das Komplott, das Bezug auf den US-Militäreinsatz in Afghanistan und den Abzug der amerikanischen Truppen nimmt, ist dabei weder sonderlich komplex, noch einfallsreich. Die Auflösung am Ende ist genauso absehbar wie der vermeintliche Twist, weswegen Reachers mögliche Tochter Samantha kurz vor dem Finale nochmals in den Mittelpunkt gerückt wird.

Bis es soweit ist, müssen Reacher, Turner und auch Samantha beinahe so viel vor der Kamera um ihr Leben rennen wie der Agent ohne Gedächtnis Jason Bourne, mit dem Unterschied, dass Bournes Abenteuer meist zu verwackelt eingefangen sind, während Zwick zu behäbig mit der Optik hantiert. Das heißt nicht, dass Kein Weg zurück mehr auf wackelige Bilder hätte setzen sollen, sondern dass die Action entweder länger hätte aufgebaut werden, oder aber die Ideen innerhalb der jeweiligen Sequenzen einfallsreicher hätten sein können. Doch der Ablauf ist stets derselbe: Zuerst rennen die Figuren von einem Ort zum nächsten, dann wird gekämpft oder geschossen, ohne einen wirklich einladenden Spannungsaufbau.

Erinnert man sich an die schweißtreibende Verfolgungsjagd durch und über die Dächer von Tanger bei Bournes Das Bourne Ultimatum [2007] mit einem Schlusspunkt, der ebenso brutal wie zermürbend war, dann erscheinen die vermeintlichen Actionhöhepunkte in Jack Reacher: Kein Weg zurück allesamt flach – mit einer Ausnahme. Der obligatorische Schlusskampf ist in seinen letzten Momenten derart gewalttätig, dass man sich fragt, wie der Film die Altersfreigabe ab 16 Jahren erreichen konnte.


Fazit:
Die Hintergrundgeschichte um finstere Machenschaften, die während des Abzugs der amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan stattfinden, mag insbesondere in den USA politisch unbequem sein, wurde jedoch inzwischen in vielen anderen Film- und Fernseh-Produktionen bedeutend komplexer und undurchschaubarer erzählt. Dem gegenüber steht Reachers vermeintliche Tochter Samantha, die ins Visier der Schurken gerät, die einen Weg suchen, Reacher aus der Reserve zu locken. Wie all das abläuft, ist bedauerlicherweise vollkommen vorhersehbar, auch wenn Tom Cruise und Cobie Smulders in den Rollen kampferprobter Militärpolizisten durchaus überzeugen. Jack Reacher: Kein Weg zurück gelingt es bis auf einen erschreckend brutalen Kampf zum Schluss nie, in den Actionmomenten mitzureißen. Dafür sind sie zu einfallslos aufgebaut und zu zahm umgesetzt. Die ruhigen Szenen weiß Regisseur Edward Zwick angemessen einzufangen. Das reicht für einen unterhaltsamen Film aus, für einen sehr guten Actionkrimi mit dieser an sich sehr interessanten, weil eben nicht unbesiegbaren Hauptfigur ist es aber nicht genug.