Triple 9 [2016]

Wertung: 2.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 18. Februar 2017
Genre: Action / Krimi / Thriller

Originaltitel: Triple 9
Laufzeit: 115 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2015
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: John Hillcoat
Musik: Bobby Krlic, Atticus Ross, Leopold Ross, Claudia Sarne
Darsteller: Casey Affleck, Chiwetel Ejiofor, Anthony Mackie, Clifton Collins Jr. , Woody Harrelson, Aaron Paul, Kate Winslet, Gal Gadot, Norman Reedus, Teresa Palmer, Michael Kenneth Williams, Michelle Ang, Terence Rosemore


Kurzinhalt:

Als der Polizist Jeffrey Allen (Woody Harrelson) zu einem ungewöhnlichen Banküberfall gerufen wird, ahnt er bereits, dass es sich hierbei nicht um gewöhnliche Räuber handelt. Der Überfall selbst war reibungslos verlaufen und ein Bankschließfach professionell entwendet worden. Die Flucht beinhaltete eine offene Schießerei, aus der die Täter entkommen konnten. Dahinter stecken mit Marcus (Anthony Mackie) und Franco (Clifton Collins Jr.) auch Polizisten, die zuvor mit ihren Komplizen Michael (Chiwetel Ejiofor), Gabe (Aaron Paul) und Russell (Norman Reedus) in einer militärischen Spezialeinheit gedient hatten. Sie arbeiten im Auftrag der russischen Mafia, die vor Ort von Irina Vlaslov (Kate Winslet) geführt wird. Als die Gruppe einen weiteren Auftrag erhält, kommt es Marcus gerade recht, dass ihm mit Chris (Casey Affleck) ein neuer Partner bei der Polizei zugeteilt wurde. Er soll in eine Falle gelockt werden, um die Polizeikräfte der Stadt von dem eigentlichen Coup abzulenken ...


Kritik:
Es ist überaus erstaunlich, wie ein Film, der auf dem Papier so viele interessante Aspekte besitzt, angefangen von einer Star-Besetzung, über eine vielversprechende Idee bis hin zu einem Filmemacher, der mit The Road [2009] ein anspruchsvolles Endzeitdrama geschaffen hat und dem in Lawless - Die Gesetzlosen [2012] eine ebenso aufwändige wie erstklassige Umsetzung gelungen ist, ein so umfassend enttäuschendes Erlebnis sein kann. Was man Triple 9 Regisseur John Hillcoat danach am dringendsten fragen möchte ist, was ist passiert?

Angesiedelt in der Großstadt Atlanta im US-Bundesstaat Georgia erzählt die Geschichte von einer Gruppe Krimineller, die in den ersten Minuten die First National Bank überfallen und den Inhalt eines Schließfachs stehlen. Dass es ihnen nicht um Geld geht, wird erst später klar. Die Truppe aus fünf Bankräubern besteht zum Teil aus Polizisten, sie alle haben jedoch zuvor im Irak in einer Spezialeinheit gedient. Jetzt arbeiten sie für Irina Vlaslov, Frau eines inhaftierten russischen Mafiazars, die dessen Geschäfte kommissarisch, aber nicht weniger brutal leitet. Irinas Schwester hat mit dem Anführer der Gruppe, Michael, einen gemeinsamen Sohn. Ob dieser als Druckmittel benutzt wird, oder weswegen sich die Männer überhaupt darauf einlassen, das Gesetz zu brechen (oder wie oft sie es auch schon gebrochen haben für Irina), darüber schweigt sich Triple 9 aus.

Das Skript stellt eine Vielzahl an Figuren vor, die im Laufe der beinahe zwei Stunden nach und nach verschwinden, von denen aber keine einen wirklichen Hintergrund verliehen bekommt. So gibt es auch keinen wirklichen Ankerpunkt, den man am ehesten noch dem von Casey Affleck gespielten Chris zuschreiben könnte. Dieser wird neu auf eine Dienststelle versetzt und soll dort mit Marcus, einem von Michaels Komplizen und somit ein korrupter Cop, ein Team bilden. Als Michael von Irina gezwungen wird, einen weiteren Überfall durchzuführen, in einem Hochsicherheitsgebäude der Homeland Security, beschließt die Gruppe, die Aufmerksamkeit der Polizei abzulenken, indem ein Code 999 ausgerufen wird: Ein Polizist wurde getötet. Das Opfer soll Chris sein, der hierfür von Marcus in einen Hinterhalt gelockt wird.

Das klingt sowohl unnötig kompliziert, wie auch durchaus interessant, doch Triple 9 weiß aus alledem nichts zu machen und versucht die unbeholfene Erzählung durch oft unnötig brutale Spitzen aufzuwiegen. So verleiht Irina ihrem Auftrag Nachdruck, indem sie einen von Michaels Komplizen tötet und ihnen vorsetzt – nur was, wenn er genau diejenigen Fertigkeiten gehabt hätte, die die Gruppe für den Auftrag hätte brauchen können? Wieso nicht Michaels Sohn als Druckmittel benutzen?
Das Skript stochert auf der einen Seite in den Machenschaften der russischen Mafia herum, stellt in einer Szene Verbindungen zwischen Vlaslov und dem FBI her, die nie weiterverfolgt werden, und versucht auf der anderen Seite die Viertel Atlantas in den Blick zu rücken, die in der Hand von lokalen Gangs sind. Hinzu kommen Nebenschauplätze wie Chris' Onkel Jeff, gespielt von Woody Harrelson, der den Bankraub zu Beginn aufklären soll und nach und nach der Verbindung zu korrupten Cops auf die Spur kommt.

Die einzelnen Szenen, die sich hier ergeben, springen von einem Schauplatz zum anderen, kaum einer wird zwei Mal gezeigt. Vor allem wirken sie alle zu kurz, als ob die Information, die in dem jeweiligen Dialog an sich vermittelt werden sollte, der Schere zum Opfer gefallen ist. Da keine Figur in Triple 9 durchweg sympathisch erscheint, fällt es auch schwer, mit den Charakteren mitzufiebern, wenn sie zunehmend in ihrem selbst verschuldeten Schlamassel ersticken. Dass insbesondere das letzte Drittel mit einem Klischee nach dem anderen daherkriecht und sich beinahe alle Figuren als außerordentlich dämlich erweisen, ihre Verhaltensweisen überhaupt keinen Sinn ergeben, macht John Hillcoats Film nur noch schwieriger zu ertragen.

Wirr erzählt und nie wirklich packend, sei noch ein Wort zur Präsentation des Films gesagt: Ob dies nun eine bewusste Entscheidung von Kameramann Nicolas Karakatsanis oder Regisseur John Hillcoat gewesen ist, oder gar der erschienenen Blu-ray zugrunde liegt, sei dahingestellt, aber die Bildqualität des Films ist gelinde gesagt "seltsam". Digital gefilmt, ist das digital eingefügte Filmkorn in manchen Szenen so aufdringlich, dass es regelrecht stört, während andere Einstellungen mit vermeintlich natürlicher Lichtgebung in grelle Neonfarben getaucht werden und die Kontraste übertrieben hart erscheinen. Vor allem pulsieren in vielen Szenen die dunklen Flächen so aufdringlich, dass es vom Geschehen ablenkt.


Fazit:
Was immer zwischen der Idee und dem fertigen Film geschehen sein mag, eine Dokumentation hierüber wird vermutlich interessanter sein, als Triple 9 letztlich geworden ist. Der hervorragende Cast bekommt so gut wie nichts zu tun. Die eindimensionalen Figuren besitzen keinerlei Entwicklung – und angesichts ihres gerade im letzten Akt oft naiven Verhaltens – nur wenig Glaubwürdigkeit. Die Szenen sind wüst aneinandergereiht und scheinen oft auch im Kontext unnötig. Dafür fehlen bestimmte Übergänge, so dass eine Figur von einem Moment auf den anderen einen Verband am Arm trägt, man aber gar nicht weiß, wann sie sich verletzt haben soll. Die vielen Charaktere verlaufen sich in einer Story, die aufgedunsen dargebracht wird und keinen Aspekt einfallsreich darbringt. Da hilft auch eine solide umgesetzte Actionszene in der Mitte der langatmigen zwei Stunden nichts.