They Nest - Tödliche Brut [2000]

Wertung: 2.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 31. Dezember 2003
Genre: Horror / Science Fiction

Originaltitel: They Nest
Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2000
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Ellory Elkayem
Musik: Vinny Golia
Darsteller: Thomas Calabro, Dean Stockwell, John Savage, Kristen Dalton, Tom McBeath, Mark Schooley, Travis MacDonald, Dean Wray, Lee Jay Bamberry, Shaina Tianne Unger


Kurzinhalt:
Nachdem ihn seine Frau verlassen hat, und er wegen eines Alkoholproblems von seiner Vorgesetzten in den Zwangsurlaub geschickt wurde, fährt Krankenhaus-Arzt Ben Cahill (Thomas Calabro) zu einer kleinen Inselstadt in Maine, in der er noch zusammen mit seiner Ex-Frau ein Haus gekauft hatte, das er nun renovieren möchte, um sich ein wenig zu erholen.
Doch die Ortsansässigen sehen den Fremden gar nicht gern, zumal das besagte Anwesen das Elternhaus der beiden Brüder Jack (John Savage) und Eamon Wald (Tom McBeath) war, die es allerdings infolge von Geldproblemen verloren hatten.
Als versehentlich aus Afrika eingeschleppte Kakerlaken beginnen, ihre Brut in die Kleintiere der Insel abzulegen, ahnt noch niemand, dass sich die tödlichen Insekten als nächstes die Menschen als lebende Brutkästen aussuchen werden. Einzig Cahill wird misstrauisch, sobald die ersten toten Inselbewohner zu beklagen sind. Doch nicht einmal Sheriff Hobbs (Dean Stockwell) glaubt seinen abenteuerlichen Vermutungen.
Und so müssen Cahill und Dorfschönheit Nell Bartle (Kristen Dalton) den Kampf gegen die Käfer praktisch im Alleingang aufnehmen.


Kritik:
Welch trügerisches Bild – und das in gewissem Sinne sogar wörtlich:
Trotz der Tatsache, dass schon seit einigen Jahren TV- und Videofilme, und sogar Fernsehserien im 16:9-Format produziert werden, erscheint es dem Zuschauer bei einem unbekannten Film, der mit den vertrauten schwarzen Balken am oberen und unteren Bildrand (auf 4:3-Fernsehgeräten) ausgestrahlt wird, doch zunächst so, als würde es sich um eine Kinoproduktion handeln. Wenn dann der Name des Regisseurs Ellory Elkayem lautet, der vor etwas mehr als einem Jahr den unterhaltsamen und bewusst trashigen Arac Attack - Angriff der achtbeinigen Monster [2002] ins Kino brachte, dann möchte man annehmen, dass es sich bei They Nest ebenfalls um einen Kinofilm (wenngleich mit geringem Budget) handelt.
Dem ist leider nicht so, sondern es präsentiert sich hier ein fürs "USA Network" sehr günstig produzierter Fernsehfilm – und das, so könnte man sagen, war auch schon das Hauptproblem der Filmemacher.

Was Elkayem aus einem B-Film-Stoff herausholen kann, hat er mit Arac Attack bewiesen, im unterdurchschnittlichen They Nest fehlt ein Element dagegen völlig: Die Selbstironie. Der Pseudo-Horror-Quark nimmt sich tatsächlich so ernst, dass einem selbst das unfreiwillige Lachen vergeht – was zu Beginn aber zugegebenermaßen noch gar nicht abzusehen ist.
Das erste Drittel ist zwar klischeebeladen, aber zumindest recht unterhaltsam: Ein Arzt mit Beziehungs- und Alkoholproblemen verzieht sich in ein neues Ferien-Domizil und muss feststellen, dass die Anwohner überhaupt nicht über seine Anwesenheit erfreut sind. Für die sich anbahnende Lovestory ist ebenfalls gesorgt. Wer erwartet, dass in einem billigen Monsterfilm eine Beinahe-Nackt-Szene vorkommen müsste, wird auch diesbezüglich nicht enttäuscht – und in welch munterer Reihenfolge die Bewohner den gefräßigen Kakerlaken zum Opfer fallen ist genauso schnell erraten.
Dass es der kleinen Gruppe von Überlebenden aber lediglich durch eine kleine Explosion gelingt, sämtliche Insekten auszuschalten, interessiert eigentlich nicht mehr, denn der große Bruch im Skript kam schon früher, und zwar wenn der Zuschauer das erste Mal ein Festessen der Sechsfüßer ausführlich "erleben" darf. Von da an begibt sich das Drehbuch in einen derartigen Sinkflug, dass man in der Tat gerne wegschauen würde.
Im einen Moment wird ein Toter obduziert, und im nächsten knutschen die beiden Hobby-Pathologen Cahill und Bartle munter in der Gegend herum, obwohl Nell den Toten ansich gut kannte, oder die Turteltäubchen schmachten sich unmittelbar nach dem tödlichen Unfall an, ohne einen Gedanken an das Geschehene zu verschwenden. Die eigentliche Tatsache, dass Menschen vor ihren Augen sterben, oder dass Cahill einen Anwohner überfuhr, scheint die beiden Hauptpersonen nicht im Geringsten zu interessieren. Stattdessen wird mit peinlichen Dialogen, unbeholfenen Annäherungsversuchen und einem künstlichen Setting versucht, eine Beziehung zwischen den beiden aufzubauen.
Für Klischeejäger dürfte They Nest ein wahres Fest sein. Monster-üblich sind die wuselnden Übeltäter natürlich verschwunden, sobald der Held mit Verstärkung anrückt; ein offener Schluss ist obligatorisch; und was mit dem Exemplar geschieht, das Cahill an die Universität schickte, wird nie geklärt. Wenn eine Gruppe von sechs Leuten, davon drei gute und drei weniger gute vor den fliegenden Insekten in zwei unterschiedliche Richtungen davonlaufen, welche Gruppe werden sich die Killer-Kakerlaken wohl schnappen? Wer hier wirklich eine Antwort braucht, hat einfach noch nicht genügend schlechte Filme gesehen.
Zudem scheint der Filmheld gegen die angreifenden Tiere irgendwie eine Immunität entwickelt zu haben, an ihm darf zwar gekrabbelt, aber nicht geknabbert werden, wohingegen alle anderen Personen sofort "infiziert" sind. Dass der kleine Junge (wieso auch immer) geheilt wird, bevor die Insekten schlüpfen, versteht sich von selbst, und überhaupt verstecken sich die zig Tausende Insekten vor den Anwohnern gekonnt im Laub, um nicht entdeckt zu werden.
Man könnte es auch so ausdrücken: Vermag das Drehbuch den Zuschauer am Anfang trotz Einfallslosigkeit noch halbwegs bei der Stange zu halten, wandelt sich das Geschehen ab der Mitte zu abstrus bis absurd und gegen Ende verfärbt es sich in ein düsteres "konfus" bis "grottenschlecht". Dass die beiden Autoren Daniel Zelman und John Claflin zusammen das Drehbuch zur Fortsetzung der Schlangen-Horror-Gurke Anaconda [1997] schrieben, verwundert da sicher nicht weiter.
Doch selbst für einen TV-Film sollten die produzierenden Sender ein höheres Niveau an den Tag legen, als dieses. Zwar hätte man mit einem größeren Budget auch bessere Autoren anheuern können, das ändert allerdings nichts daran, dass das Skript von Grund auf fehlkonzeptioniert war – in Bezug auf die Darstellerleistungen und die Story macht der Film sogar dem kolossal peinlichen Casper Van Dien-Streifen Shark Attack [1999] ernsthaft Konkurrenz – wären da nicht einige solide Darsteller, und ein paar wenige sehenswerte Kameraeinstellungen.

So spielt der aus Zurück in die Vergangenheit [1989-1993] bekannte Darsteller Dean Stockwell grundsätzlich nicht schlecht, und zu seinem Glück darf er das Spielfeld verlassen, bevor es für die anderen Beteiligten allzu peinlich wird.
John Savage (Message in a Bottle - Der Beginn einer großen Liebe [1999]) ist ansich ebenfalls kein schlechter Schauspieler, als ortsansässiger Dauerbesoffener wirkt er hier aber meist unfreiwillig komisch.
Kristen Dalton gehört nicht zu den bekanntesten Darstellerinnen im US-Fernsehen und bleibt auch in They Nest ziemlich farblos, gleichwohl sie einen sympathischen Eindruck macht.
Hauptsächlich im Nebenfach beschäftigt ist Tom McBeath, der Savages Bruder mimt – die Rolle verlangt ihm nichts ab, überzeugen kann er trotzdem nicht.
Das größte schauspielerische Problem des TV-Films stellt allerdings Hauptdarsteller Thomas Calabro dar, der bislang zwar nicht viele Engagements hatte, dafür aber der einzige Darsteller war, der von Anfang bis Ende in Melrose Place [1992-1999] dabei war. Ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist? – Angesichts seines charismalosen Auftretens und seiner völlig lustlosen Darbietung wohl eher ein schlechtes. Mit seinem faden Ben Cahill fällt jegliche Glaubwürdigkeit und jegliches potentielles Interesse des Zuschauers am Stoff; da können Calabros Gezappel und seine unbeholfenen Kommentare auch nichts mehr helfen. Wenn er von den Insassen der Kneipe verprügelt wird, könnte man beinahe lachen, so ungelenk windet er sich vor der Kamera.
Was immer sich die Produzenten bei der Besetzung gedacht haben mögen, man kann nur hoffen, dass sie für keine weiteren Castings mehr verantwortlich waren.

Die Inszenierung ist ein zweischneidiges Schwert. Zum einen gibt sich Elkayem sichtlich Mühe, Originaltät einzubringen, beispielsweise dadurch, dass er das Geschehen aus der Sicht der Käfer zeigt. Immens lange Szeneneinstellungen ohne die ansich nötigen Schnitte (beispielsweise bei manchen Dialogen), wirken dramaturgisch aber eher fehlplatziert und arbeiten gegen den Erzählfluss des Films.
Auf der anderen Seite machen einige Kamerazooms dagegen einen ziemlich billigen Eindruck und erinnern an eine billige Videoproduktion. Da ihm Ähnliches bei Arac Attack nicht vorzuwerfen ist, kann man das hier vielleicht auf das fehlende Budget zurückführen.
Alles in allem erkennt man in They Nest durchaus Potential, was die Bildauswahl angeht, doch gelingt es dem Regisseur weder, die Landschaft gekonnt einzufangen, noch einen dramaturgisch interessanten Aufbau zusammenzustellen, was sicher auch bei einem TV-Film möglich ist.

Die Musik von Vinny Golia gibt sich ebenso zwiespältig.
Zwar ist das Spannungsthema mit den Trommeln recht gelungen und lässt Atmosphäre aufkommen, seine ruhigen Melodien oder die Action-Untermalung, die bisweilen durch das Schlagzeug schon Richtung Jazz abdriften, passen aber überhaupt nicht zum Film. Insgesamt lässt er ein durchgängiges Konzept vermissen, und man merkt der Musik deutlich an, dass Golia auf ein kleines Orchester zurückgreifen musste.
Das Trommel-Motiv hingegen ist eingängig und hörenswert, wenn auch zu kurz.

Für die deutsche Synchronisation hat der Verleih immerhin hochkarätige und dazu noch talentierte Sprecher verpflichtet. Darunter Detlef Bierstedt (normalerweise die Stimme von George Clooney) für Thomas Calabro; die gewohnte Stimme von Julia Roberts, Daniela Hoffmann, spricht hier Kristen Dalton; und wem Sam Neill aus Jurassic Park [1993] ein Begriff ist, wird auch seinen Synchronsprecher Wolfgang Condrus erkennen – in They Nest spricht er Dean Stockwell.
Doch es helfen drei gute Sprecher bei einem lausigen Dialogdrehbuch allemal nichts; und das Dialogdrehbuch kann selbst nichts taugen, wenn das zugrundeliegende Film-Drehbuch nicht einmal mittelklassige Dialoge bietet.
Insofern verwundert es nicht, dass die drei Sprecher hier lustlos, gelangweilt und unterfordert klingen, als hätten sie im Vorfeld nicht gewusst, worauf sie sich einlassen.

Sollte sich tatsächlich ein Trash-Fan finden, der den Film trotz aller Warnungen anschauen will (zugegeben, es gibt deutlich schlechtere Werke), so sei ihm empfohlen, in die nächtliche Wiederholung zu zappen.
Denn obwohl They Nest von der FSK eine Freigabe ab 16 Jahren erhalten hat, wird er in Deutschland üblicherweise um 20:15 Uhr ausgestrahlt wird, und diese Version ist um zweieinhalb Minuten – in Bezug auf die ekligen Insektenszenen – gekürzt.
Die ungekürzte Fassung, die auch auf DVD erhältlich ist, macht den Film zwar nicht wirklich besser; die meisten unverbesserlichen Fans werden sich They Nest aber gerade wegen dieser unappetitlichen Momente überhaupt erst ansehen wollen.

Wer im übrigen der Meinung ist, dass die "Monster"-Story und die Tatsache, dass die Geschichte in einer kleinen Stadt in Maine spielt, auf Autor Stephen King hindeuten, der irrt glücklicherweise – der meistgelesene lebende Autor unserer Zeit hatte mit der Produktion nichts zu tun.

Abschließend braucht man nicht viele Worte zu verlieren: Es gibt ohne Zweifel schlimmere Fernseh-Filme, doch das bedeutet ja nicht, dass man sich das als Zuschauer tatsächlich zumuten muss. Wer an der Thematik interessiert ist, sollte besser zu dem dramaturgisch überzeugenden Mörderspinnen [1977] oder dem ebenso spannenden, wie komischen Spinnen-Horror-Meisterwerk Arachnophobia [1990] greifen. Wer hingegen einen Käfer-Film ins Visier nimmt, kommt an Starship Troopers [1997] nicht vorbei, gleichwohl es dort Insekten ganz anderen Kalibers sind ...


Fazit:
Ellory Elkayem hat in seiner jungen Karriere, die doch schon 1997 begann, weniger Filme gedreht, als viele andere Jungregisseure. Sein erster Kino-Film Arac Attack ist eine leider vielerorts verkannte B-Film-Perle, die als solche beabsichtigt war.
They Nest trudelt dagegen unbeholfen in der C-Film-Kategorie, nimmt sich dabei aber so ernst, dass man ihm nicht einmal einen gewissen Trash-Charme zusprechen kann.
Hanebüchene Dialoge, irrwitzige Storyauswüchse und unglaublich flache Charaktere disqualifizieren die TV-Produktion schon kurz nach dem Start. Anfangs ist das Gezeigte noch mehr oder weniger unterhaltsam, gleichwohl klischeebeladen. Später wandelt es sich aber zum dumm-dämlichen und sprunghaften Ungezieferkalauer, der als solcher gar nicht gewollt war.
Es gibt sicher deutlich schlechtere Insekten-Horror-Filme – aber auch bessere! Und diese sind ohne Frage vorzuziehen.