The Legend of Lucy Keyes [2006]
Wertung: |
Kritik von Dominik Starck |
Hinzugefügt am 27. August 2009
Genre: FantasyOriginaltitel: The Legend of Lucy Keyes
Laufzeit: ca. 91 Min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: John Stimpson
Musik: Ed Grenga
Darsteller: Julie Delpy, Justin Theroux, Brooke Adams, Mark Boone Junior, Cassidy Hinkle, Kathleen Regan
Kurzinhalt:
Nach einem tragischen familiären Ereignis zieht das Ehepaar Guy (Justin Theroux) und Jeanne Cooley (Julie Delpy) mit ihren beiden Töchtern wegen eines lukrativen Jobs aus der Großstadt nach Princeton aufs Land. Dort soll Guy ein Projekt für erneuerbare Energien, genau genommen einen Windenergiepark, realisieren. Doch nicht alle Einwohner scheinen den Neuankömmlingen wohlgesonnen zu sein. Stehen sie nur dem Fortschritt argwöhnisch gegenüber oder hat es andere Gründe?
Bald findet Jeanne den Grund in einer 250 Jahre alten Legende, der Legende von der kleinen Lucy Keyes, die von einem Ausflug in den Wald nie zurückkehrte, weswegen der Geist ihrer wahnsinnigen Mutter sie angeblich noch heute sucht. In eben jenen Wäldern, die dem Windenergiepark weichen sollen.
Alpträume plagen Jeanne, doch auch ihre jüngste Tochter (Cassidy Hinkle), die ebenfalls Lucy heißt, wird von dem neuen Umfeld beeinflusst ...
Kritik:
Für John Stimpson gab es eine sehr persönliche Motivation, diesen Film zu realisieren, denn die reale Legende von Lucy Keyes entsprang seiner Heimat und faszinierte ihn genug, um sich eingehender mit ihr zu beschäftigen. Schließlich zum Experten auf dem Gebiet gereift, schrieb er das Drehbuch für The Legend of Lucy Keyes.
Stimpson hatte bis zu diesem Zeitpunkt bereits zwei andere Filme als Autor und Regisseur umgesetzt: Beacon Hill (wo er sich den Regiestuhl noch mit Michael Connolly teilen musste) und den Kurzfilm The Winter People [beide 2003]. The Legend of Lucy Keyes wurde sein erster abendfüllender Spielfilm, für den er auch (wie bei den Vorgängern) den Schnitt übernahm.
Als Independentfilm bei vergleichsweise winzigem Budget – aber immerhin in HD – im kalten November 2004 in Princeton, Massachusetts gedreht, wurde der Film schließlich ab November 2005 und verstärkt in 2006 zunächst auf einigen US-Filmfestivals aufgeführt und erhielt schließlich im September 2006 seine DVD-Premiere (ein Schicksal, das er ein Jahr später auch in Deutschland erlitt).
Nicht die Voraussetzungen, die einen aufwändigen Blockbuster erwarten lassen und das ist der Film sicher auch nicht. Als "Kollege" von The Sixth Sense [1999] und mit einem zu sehr auf Action getrimmten Trailer beworben, trifft er in seinen besten Momenten aber durchaus den Ton eines ordentlichen Mystery-Thrillers.
Schon beinahe zu ruhig führt der Film zunächst Charaktere, Umgebung und Probleme der Menschen, vor allem aber die Landschaft und gar das Wetter ein, ist doch der Wind ein zentraler Bestandteil des Films. Stimpson schuf in diesem Punkt eine gelungene Verbindung zwischen dem angeblichen Geist von Martha Keyes, die im Wind zu leben scheint, und dem Windparkprojekt von Guy Cooley. Doch vermag der fiktionale Teil der Legende mit einer Indianer meuchelnden Martha nicht so recht sinnig erscheinen (vor allem in Hinblick auf das gezeigte Anschleichen an die Ureinwohner).
Nach dem gemächlichen Aufbau, der mehr an ein Drama erinnert und nur gelegentlich Anklänge beim Übersinnlichen nimmt, steigert sich der Anteil von zunehmendem Unbehagen und Gruselmomenten, schließlich sogar Schrecken, immer weiter, bis er in einem etwas abrupten Schluss ausklingt. Allerdings muss man Stimpson ankreiden, dass das Tempo doch etwas arg spät kommt. Die manchmal starre, karge Inszenierung beschwört oft weniger Atmosphäre herauf als vielmehr Langeweile. Hierzu passt auch, dass der Film den Eindruck vermittelt, als schwanke man etwas unentschlossen zwischen Geistergeschichte, Mystery-Thriller und Familiendrama und erreiche schließlich nichts davon gänzlich. Die Geisterelemente tauchen zu spärlich und praktisch erst nach zwei Dritteln des Films auf und über die traumatische Hintergrundgeschichte der Cooleys erfährt man zu wenig, zumal es auf die aktuelle Handlung kaum Einfluss hat.
Dass das Gesamtergebnis zwar nicht katastrophal aber eben durchaus langatmig und nicht wirklich stimmig daher kommt, ist besonders deshalb bedauerlich, weil Stimpson den Film mit vielen gelungenen Elementen würzt. Die fast romantisch anklingende Musik von Ed Grenga, schöne Landschaftsimpressionen, spärliche und im besten Sinne des Wortes altmodische Geistersequenzen, die gerade deswegen stets zu gefallen wissen, und eben eine "wahre Begebenheit" als Basis für die Geschichte.
Als glücklich erwies sich auch das Casting des Films, denn obschon man sowohl von Julie Delpy (Before Sunset [2004], Die Gräfin [2009]) als auch von Justin Theroux (The District – Einsatz in Washington [2000-2004], Mulholland Drive [2001]) schon bessere Leistungen in fordernderen Rollen sehen konnte, liefern sie eine glaubwürdige, bodenständige Darbietung ab. Brooke Adams bekommt am Ende leider nicht genug Gelegenheit, ihren Charakter voll auszuspielen, weil ihrer Figur nicht die notwendige Zeit dafür gegeben wird, während Mark Boone Junior (30 Days of Night [2007], John Carpenters Vampire [1998]) als abergläubiger und bewusst nervender Nachbar der Cooleys mit der besten Leistung in Erinnerung bleibt. Kathleen Regan bekommt unterdessen in der Rolle der älteren Tochter wenig zu tun, dafür kann Cassidy Hinkle vor allem angesichts ihres jungen Alters durchaus beeindrucken.
Für Regisseur/Autor/Editor John Stimpson folgte hiernach bisher nur ein weiterer Kurzfilm namens Contrition [2009]. Nach dem sicher ambitionierten aber alles in allem leider nur gut durchschnittlichen Mystery-Thriller-Mix The Legend of Lucy Keyes kann man gespannt sein, ob und was er als nächstes folgen lässt.
Die deutsche DVD aus dem Hause Universum erschien in der Reihe "Premium Premieren" mit technisch guten Daten (gutes Bild in 1,78:1 und DD 5.1-Ton in Deutsch und Englisch) und überschaubarem aber qualitativ gutem Bonusmaterial. Ein kurzes, doch ordentliches "Making of" und einige geschnittene Szenen kommen auf 21 Min. Laufzeit zuzüglich einer Trailergalerie und des Audiokommentars von John Stimpson (leider alle Extras ohne Untertitel).
Fazit:
Basierend auf einer "wahren Legende" versucht sich John Stimpson an einer Arbeit auf den Spuren von M. Night Shyamalan. Dabei geht der angesichts vieler hektischer und übertrieben brutaler Konkurrenten geradezu entspannend unspektakuläre The Legend of Lucy Keyes trotz ruhiger bis zäher Inszenierung leider etwas zu wenig in die Tiefe und kommt erst relativ spät etwas in Fahrt. Wer sich auf den handwerklich recht guten, leicht anachronistischen Gruselthriller einlassen will, wird es sicher nicht bereuen, jedoch auch bessere, da straffer erzählte Alternativen finden.