The Enforcer [2022]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 27. November 2022
Genre: Thriller / Drama

Originaltitel: The Enforcer
Laufzeit: 90 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Richard Hughes
Musik: Giorgio Giampà
Besetzung: Antonio Banderas, Kate Bosworth, Mojean Aria, Alexis Ren, Zolee Griggs, 2 Chainz, Luke Bouchier, Vivian Milkova, Mark Smith, Kika Georgiou, Aaron Cohen, Kostas Sommer


Kurzinhalt:

Mit Faustkämpfen im Hinterhof hält sich Stray (Mojean Aria) in Miami finanziell über Wasser, als er eingeladen wird, bei Estelle (Kate Bosworth) vorzusprechen. Ihre Organisation hält die schützende Hand über viele Geschäfte in der Stadt und kassiert bei ihnen allen mit. Estelle wirbt Stray an und der erfahrene Schuldeintreiber Cuda (Antonio Banderas), gerade erst aus dem Gefängnis entlassen, soll ihn einlernen. Cuda beschäftigt indes die Beziehung zu seiner entfremdeten Tochter Lola (Vivian Milkova) und als er sieht, wie die gleichaltrige Billie (Zolee Griggs) in Schwierigkeiten gerät, hilft er ihr. Doch kurz darauf wird Billie entführt und zufällig kommen er und Stray darauf, dass die neue Organisation von Freddie (2 Chainz) dahinter steckt. Er zwingt Mädchen und Frauen dabei in die Prostitution, aber da Estelle an Freddies Operationen mitverdient, würde Cuda sich gegen seine eigene Auftraggeberin stellen, würde er Billie befreien wollen …


Kritik:
Richard Hughes’ The Enforcer ist weniger ein Noir-Thriller-Drama als das Versprechen eines solchen. Mit nur eineinhalb Stunden potentiell erquickend kurzweilig, entpuppt sich die Geschichte als eine Aneinanderreihung von Szenen, die die eigentliche Geschichte nur verzögern. Das heißt nicht, dass hier alles verloren ist. Zum großen Teil dank der Darbietung von Antonio Banderas, dem es routiniert gelingt, das Publikum für sich zu interessieren, aber auch auf Grund der durchaus stylischen Inszenierung.

Dabei klingen Ausgangslage und Geschichte für das Genre durchaus vielversprechend, wenn auch nicht sonderlich überraschend: Der von Antonio Banderas verkörperte Cuda arbeitet als „Enforcer“ für Estelle, deren kriminelles Netzwerk in Miami an vielen Stellen mitverdient. Cuda war lange im Gefängnis, ist seit Kurzem wieder auf freiem Fuß treibt für Estelle Schulden ein – oder übernimmt die letzte Abrechnung. Estelle ist auf den Straßenkämpfer Stray aufmerksam geworden und wirbt ihn an. Cuda soll ihn einlernen, wobei Stray mit der Tänzerin Lexus anbandelt, die in Estelles Club arbeitet. Demgegenüber versucht Cuda, Kontakt mit seiner Teenager-Tochter zu knüpfen, die ebenso wie ihre Mutter nichts mit ihm zu tun haben möchte. Als er die 15jährige Billie beobachtet, die beim Ladendiebstahl erwischt wird, setzt Cuda sich für sie ein und besorgt ihr eine Unterkunft. Doch daraus wird Billie entführt und auf der Suche nach ihr finden Cuda und Stray zu Freddie, an dessen Profit Estelle jedoch ebenfalls verdient. Die Situation ist somit recht verzwickt, alles, was geschieht, kreist am Ende um Estelle und ihre Machenschaften in der Stadt. Dass dabei, wie in Billies Fall, sogar Menschenhandel und Zwangsprostitution hängen, interessiert sie nicht und so muss sich Cuda entscheiden, ob er dem Mädchen, das ihn an seine Tochter erinnert, hilft, oder nicht.

Wer nun aber denkt, dass The Enforcer sich mit eben diesem Dilemma beschäftigt oder zeigt, wie Cuda alles daran setzt, Billie zu befreien, sollte bedenken, dass bis es soweit ist, über eine Stunde des Films bereits vergangen ist. Bis dahin werden die Figuren dabei gezeigt, wie sie von einem Ort zum anderen fahren, wie Stray mehrere Straßenkämpfe besteht, wie die Liebesgeschichte von ihm und Lexus ins Rollen kommt, und wie sich die von Kate Bosworth gespielte Estelle für ihre Skrupellosigkeit rechtfertigt. Filmemacher Richard Hughes reichert seinen ersten abendfüllenden Spielfilm mit Einstellungen und ganzen Szenen an, deren einziger Sinn und Zweck es scheint, die Erzählung über die „magische“ Marke von 90 Minuten zu retten. Am Ende sind es ohne Abspann immerhin 83 Minuten, auch wenn die Geschichte erst im letzten Drittel überhaupt Fahrt aufnimmt. Das ist insofern bedauerlich, da die Story durchaus wichtige Themen anschneidet, beispielsweise die Ausbeutung von Frauen durch die organisierte Kriminalität. Doch anstatt diesen dunklen Pfad weiterzuverfolgen, entscheiden sich die Verantwortlichen, all dies so oberflächlich wie möglich zu halten.

Dabei gibt es hier durchaus Aspekte, die gefallen können. Allen voran die grundsätzlich gelungene Optik, die nicht nur bedeutend mehr Ruhe ausstrahlt, als dies oftmals bei kleineren Produktionen heute der Fall ist, sondern die auch gelungene Perspektiven findet. Die Kontraste der dunklen Hintergründe und der grellen Neonfarben unterstreichen das Ambiente des Neo-Noir-Thrillers, zusammen mit Details wie Cudas Fahrzeug oder der Kleidung der Figuren. Hughes beweist hier eine gute Hand, spiegelt in den Einstellungen zu Beginn und am Ende, die die Geschichte einrahmen, die Melancholie der Hauptfigur wider. Doch täuscht dies schließlich ebenso wenig über die Schwächen von The Enforcer hinweg, wie Bernd Vollbrechts routinierte Stimme bei Antonio Banderas die abgesehen davon äußerst durchschnittliche Synchronfassung aufwiegt, die weder hinsichtlich des abgemischten Ambientes, noch der Sprecherinnen und Sprecher in den Nebenrolle überzeugen kann.

Nimmt man Richard Hughes’ Film als das, was er ist, kann man dem durchaus Sehenswertes abgewinnen. Man sollte sich in Anbetracht des Aufbaus zu Beginn nur nicht dazu verleiten lassen, einen packenden Thriller in jenem Milieu zu erwarten. Geradezu bewusst tritt die Erzählung auf die Bremse, nimmt das Tempo aus der Geschichte heraus. Anstatt auf der Suche nach Billie mit den entscheidenden Figuren zu sprechen, nimmt sich Cuda Zeit für namenlose Nebencharaktere, für Gespräche, die am Ende keine neuen Erkenntnisse zutage fördern. Das ist schade, denn nicht nur, dass The Enforcer mehr sein will und mehr hätte sein können, selbst andere Genrevertreter erzählen mit kleinem Budget packendere Geschichten. Das gelingt den Verantwortlichen hier leider nicht.


Fazit:
Insbesondere bei kleinen Produktionen ist die Versuchung groß, in Anbetracht des eingeschränkten Budgets oder der schwierigen Drehbedingungen in den vergangenen Pandemiejahren über Schwächen bei der Umsetzung hinweg zu sehen. Dabei präsentiert Filmemacher Richard Hughes viele Elemente, die für sich genommen überzeugen können. Von der Ausstattung angefangen, über Stunts und Actionmomente, die handwerklich gelungen sind. Nur sind sie in eine zäh erzählte Geschichte eingebettet, die sie kaum zur Geltung bringt. Die im Grunde interessanten Themen versanden ebenso wie die oberflächlichen Figuren, über die man in der Regel in je einem Moment alles erfährt. Eine Entwicklung gibt es dabei nicht und so sehr sich manch spannende Momente und Konfrontationen aufstauen, sie führen letztlich nirgendwo hin. Die stylische Optik und Antonio Banderas zeichnen The Enforcer aus und retten ihn in den unteren Bereich der B-Filme. Mitreißender wird er dadurch aber leider nicht.


The Enforcer-Packshot The Enforcer
ist seit 22. November 2022 als Video-on-Demand
und ab 8. Dezember 2022 auf Blu-ray und DVD
im Verleih von EuroVideo Medien GmbH erhältlich!
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EuroVideo Medien GmbH.
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