The Commuter [2018]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 5. August 2018
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: The Commuter
Laufzeit: 105 min.
Produktionsland: Frankreich / USA
Produktionsjahr: 2018
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Jaume Collet-Serra
Musik: Roque Baños
Darsteller: Liam Neeson, Vera Farmiga, Patrick Wilson, Jonathan Banks, Sam Neill, Elizabeth McGovern, Killian Scott, Shazad Latif, Andy Nyman, Clara Lago, Roland Møller, Ella-Rae Smith


Kurzinhalt:

Seit er auf Wunsch seiner Frau Karen (Elizabeth McGovern) die Polizeidienstmarke abgegeben hat, führt Michael MacCauley (Liam Neeson) ein ganz normales Leben. Jeden Morgen pendelt er mit dem Zug in die Stadt und auch wenn sie auf Grund der Finanzkrise ihre ganzen Ersparnisse verloren haben, im Grunde geht es ihm und seiner Familie gut – bis er unvermittelt und fristlos entlassen wird. Bevor er sich auf den Nachhauseweg macht, trifft er sich noch mit seinem ehemaligen Partner bei er Polizei, Alex (Patrick Wilson), der Michael Hilfe anbietet, die dieser jedoch ablehnt. Im Zug muss Michael feststellen, dass sein Mobiltelefon gestohlen wurde, doch dann setzt sich eine fremde Frau ihm gegenüber. Sie stellt sich als Joanna (Vera Farmiga) vor und macht ihm ein Angebot: Wenn es ihm gelingt, eine Person im Zug zu finden, zu der sie nur einige Details kennt, ehe eine bestimmte Station erreicht wird, erhält er Einhunderttausend Dollar. Eine Anzahlung findet Michael wenig später. Als er durchschaut, worauf er sich eingelassen hat, will er aussteigen, doch da ist es schon zu spät und Joanna demonstriert, dass dies kein Spiel, sondern tödlicher Ernst ist …


Kritik:
Auf dem Papier klingt die Ausgangslage von The Commuter nicht mehr oder weniger an den Haaren herbeigezogen als die von den bisherigen Filmen von Regisseur Jaume Collet-Serra, in denen er mit Liam Neeson in der Hauptrolle zusammengearbeitet hat (Unknown Identity [2011], Non-Stop [2014] und Run All Night [2015]). Bei einem unterhaltsamen Action-Thriller wäre auch nichts gegen eine dünne Story einzuwenden, wenn er denn unterhaltsam und actionreich wäre. Nur leider ist er eben beides nicht.

Dabei beginnt alles noch recht vielversprechend und wird von Filmemacher Collet-Serra gewohnt einfallsreich in Szene gesetzt. Liam Neeson schlüpft in die Rolle des 60jährigen Versicherungsvertreters Michael MacCauley, der ein ganz normales Leben führt. Der Vorspann erzählt im Schnelldurchlauf die morgendliche Routine, die über Monate grundsätzlich dieselbe bleibt und an deren Ende ihn seine Frau Karen beim Pendlerbahnhof absetzt, so dass er sich in den Zug setzen kann. Ohne Vorwarnung wird er von seinem Arbeitgeber entlassen und noch auf dem Nachhauseweg wird ihm das Handy gestohlen. Im Zug setzt sich eine Frau ihm gegenüber, die sich Joanna nennt und ihm ein Angebot macht: Wenn er eine Person im Zug findet, zu der sie nur einige Details kennt, und diese Person mit einem GPS-Sender markiert, erhält er 100.000,– $. Anfangs hält er dies noch für einen Scherz, aber wenig später hält er nicht nur eine Anzahlung in Händen, sondern findet sich inmitten einer Verschwörung wieder.

Wie bei Storys dieser Art üblich, ist Michael auch in The Commuter kein „gewöhnlicher“ Versicherungsvertreter, sondern war zuvor lange Zeit Polizist und hat somit ein geschultes Auge sowie andere Fähigkeiten, die später noch wichtig werden. Die Story selbst erinnert an eine Mischung aus The Box - Du bist das Experiment [2009] und Non-Stop mit einem kammerspielartigen Setting im Zug, den Michael nicht verlassen darf. Es wundert also nicht, dass am Ende auch noch eine Prise Speed [1994] mit hinzukommt. Dass Liam Neeson den vom System ausgenutzten, hart arbeitenden Menschen ein Gesicht verleiht, macht seine Figur grundlegend sympathisch. Ebenso, dass er Joannas finstere Pläne schnell durchschaut und somit als letzte Verteidigungslinie zwischen ihr und der Person steht, die er finden soll. Wer das ist, ist Teil des Puzzles, das Regisseur Jaume Collet-Serra entwirft und nachdem Joanna zweimal demonstriert hat, dass sie es ernst meint, geht für Michael die Suche wirklich los. Bis es soweit ist, vergeht allerdings viel Zeit, in der die anfängliche Neugier angesichts der arg konstruierten Geschichte merklich nachgelassen hat. Bedenkt man die kurzen Gastauftritte von Patrick Wilson und Sam Neill als Michaels ehemalige Polizei-Kollegen zu Beginn, fällt es dem Publikum auch nicht schwer zusammenzuzählen, wer vermutlich hinter der Verschwörung steckt.

Doch der größte Kritikpunkt ist die eingangs so leichtfüßige wie interessante handwerkliche Umsetzung, die ausgerechnet in den Action-Momenten so rapide abbaut, dass es den Eindruck hat, hier wäre dem Filmemacher das Geld ausgegangen. So muss Michael gleich mehrere Faustkämpfe bestehen, die auf eine schwer zu beschreibende Art gefilmt sind. Es ist zum einen, als würde das Geschehen schneller ablaufen als es gedreht wurde. Gleichzeitig wirkt es aber auch, als wären es keine wirklichen Personen die kämpfen, sondern zwei viel zu schnell und flüssig animierte Schaufensterpuppen. Mag sein, dass Hauptdarsteller Liam Neeson mit seinen sogar 65 Jahren nicht mehr in der Lage ist, diese Stunts selbst zu vollführen, doch dann wäre es deutlich stimmiger, die Szenen so zu gestalten, dass er sie selbst spielen kann. Ähnlich enttäuschend sind die Trickeffekte betreffend den Pendelzug selbst, zumindest, wenn er von außen zu sehen ist. Sieht das eingangs noch ordentlich aus, wird dieser von den Schurken vor dem Finale ferngesteuert. Qualitativ mögen die Bilder bestenfalls bei einer TV-Produktion hinsichtlich der Optik überzeugen.

Auf diese Weise verspielt Regisseur Collet-Serra die solide Grundlage, die er in den ersten 15 Minuten von The Commuter selbst gelegt hat. Die vielen Klischees sorgen zusätzlich dafür, dass der Spannungsbogen rasch abflacht. Der Besetzung ist es zu verdanken, allen voran dem stets charismatischen Liam Neeson, dass man hier nicht vorschnell abschält. Wäre es nicht um ihn, hätte der Film vermutlich auch keine Kinoveröffentlichung erhalten.


Fazit:
Ein ehemaliger Polizist, der sich im Zentrum einer Verschwörung wiederfindet und einen Zug nicht verlassen kann, den die Verschwörer kontrollieren – die Geschichte von The Commuter erinnert an viele andere Unterhaltungsfilme. Dass man über die Scheunentor-großen Löcher im Skript lange Zeit hinwegsieht, liegt an den beteiligten Darstellern. Selbst bei nur routiniertem Einsatz vermag Liam Neeson mit seiner Ausstrahlung die Szenen für sich zu gewinnen und trotz ihrer wenigen Auftritte ist Vera Farmiga eine der Verkaufsargumente des Thrillers. Aber nicht nur, dass die Geschichte zu lange auf der Stelle tritt, wenn die zweite Filmhälfte beginnt und die Actionszenen häufiger werden, offenbaren sich viele Schwachstellen, die gerade mit der Inszenierung derselben zusammenhängen. Das schmälert merklich den Unterhaltungsfaktor, so dass man sich am Ende beinahe fragen möchte, ob Regisseur Jaume Collet-Serra dies selbst nicht aufgefallen ist. Umso mehr, da ihm das zuletzt bedeutend besser gelang. Schade.