Stephen Kings Stark [1993]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. April 2018
Genre: Horror / Fantasy / Thriller

Originaltitel: The Dark Half
Laufzeit: 121 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1992
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: George A. Romero
Musik: Christopher Young
Darsteller: Timothy Hutton, Amy Madigan, Michael Rooker, Julie Harris, Robert Joy, Kent Broadhurst, Rutanya Alda, Tom Mardirosian, Beth Grant, Patrick Brannan, Larry John Meyers


Kurzinhalt:

Da sich seine hochgelobten Bücher nicht verkauften, verfasst Autor Thad Beaumont (Timothy Hutton) unter dem Pseudonym George Stark inhaltlich gewalttätige Romane, die eine große Leserschaft finden. Um seine Reputation als Dozent fürchtend, hält er dies geheim, bis ein findiger Leser droht, ihn zu enttarnen. Um dem Erpressungsversuch den Wind aus den Segeln zu nehmen, beschließt Thad mit seiner Frau Liz (Amy Madigan), sich offen zu George Stark zu bekennen und das Pseudonym medienwirksam zu begraben. Doch kurz darauf werden diejenigen, die daran beteiligt waren, brutal ermordet. Sheriff Pangborn (Michael Rooker) findet Beweise, die auf Beaumont deuten, der sich auf Grund von tranceähnlichen Aussetzern an nichts erinnert, was in dieser Zeit geschieht. In Thad wächst die Befürchtung, dass ‚George Stark‘ dafür verantwortlich sein könnte …


Kritik:
Inwieweit Filmemacher George A. Romero in seinem Psychothriller Stark, auch bekannt als Stark – The Dark Half, der Romanvorlage von Autor Stephen King treu bleibt, vermag dieser Kritiker nicht zu beurteilen. Dafür jedoch, dass sich die Verfilmung anfühlt, als entstamme sie dem Universum des Kult-Autors. Seinerzeit weit weniger erfolgreich als erhofft, entpuppt sich die Adaption inzwischen bei Fans als überaus beliebt und konnte sich eine treue Gefolgschaft erhalten. Wer sich darauf einlässt, wird auch verstehen, wieso.

Basierend auf dem gleichnamigen, 1989 erschienenen Roman, der den dritten Teil des Castle-Rock-Zyklus bildet, scheint King hier erneut aus seinem eigenen Erfahrungsschatz zu berichten. Tatsächlich tut er das gleich in mehrerlei Hinsicht. Im Zentrum seiner Erzählung steht der Autor und Literaturdozent Thad Beaumont, dessen Werke zwar von der Kritik gelobt werden, jedoch wie Blei in den Verkaufsregalen liegen. Unter dem Pseudonym George Stark hat er eine vor allem bei männlichen Lesern überaus beliebte Romanfigur erschaffen, deren Bücher außerordentlich brutal und kompromisslos sind. Eines Tages steht ein Fremder in Thads Büro und droht, seine „geheime Identität“ publik zu machen, sofern er nicht zahlt. Nach Rücksprache mit seiner Frau geht Thad in die Offensive und seinerseits selbst an die Öffentlichkeit. Dabei inszenieren sie sogar eine fiktive Beerdigung für George Stark. Doch wenig später werden Menschen, die an Starks Niedergang beteiligt waren, auf brutale Weise ermordet und die Beweise am Tatort deuten auf Thad – der immer wieder unter Aussetzern leidet und sich nicht erinnern kann, was in jener Zeit geschieht.

Für das Publikum scheint offensichtlich, worauf Stephen Kings Stark hinauslaufen wird. Wohl wird Thad eine gespaltene Persönlichkeit sein und unwissentlich seines alltäglichen Ich die Morde begehen, oder? Doch so einfach macht es sich der Autor und damit auch Regisseur Romero nicht. Bereits im Teaser, der im Jahr 1968 spielt – das Veröffentlichungsjahr von George A. Romeros genreprägendem Kult-Klassiker Die Nacht der lebenden Toten – und zeigt, dass Thad im Kindesalter auf Grund eines höchst ungewöhnlichen Umstandes operiert werden musste, erzeugt der Thriller eine unheimliche Atmosphäre. Danach dauert es lange, ehe die Geschichte wieder an diesen Punkt kommt und beschäftigt sich stattdessen auf gelungene Weise mit den Figuren, deren Hintergründe ausgearbeitet werden.

Wer sich fragt, weswegen der Film in Deutschland gar ein Vierteljahrhundert auf dem Index stand, ehe er nach einer Neuprüfung ab 16 Jahren freigegeben wurde (streng genommen etwas zu niedrig), der muss bis zur zweiten Hälfte warten. Dann tritt George Stark, mit dem sich Stephen Kings Stark lange zurückhält, vollends in Aktion und beginnt seine blutige Mordserie. Die ist zwar durchaus brutal, aber trotz allem nie „grausam“ inszeniert. Dass die Geschichte am Ende auf eine wie auch immer geartete Konfrontation zwischen Thad und George hinauslaufen wird, ist nicht überraschend, dafür jedoch, wie eindrucksvoll diese umgesetzt ist. Selbst mit diesem zeitlichen Abstand sind die Masken- und Trickeffekte bestechend und die Schnittarbeit insbesondere im letzten Drittel schon deshalb sehenswert, weil sie dafür sorgt, dass man die Tricks eben nicht sieht. Die Tatsache, dass das Publikum hier nicht mit einem offenen Ende entlassen, sondern die Story zu einem Abschluss gebracht wird, rundet den atmosphärischen, lange gruseligen und in den richtigen Momenten visuellen Horror ab. Die Mythologie wirkt stimmig und die Darsteller – allen voran der geforderte Timothy Hutton – sind erstklassig. Dass darüber hinaus das Gefühl bleibt, man habe hier nur einen Blick in eine viel größere Welt rund um Castle Rock geworfen, veredelt den Ausflug in Stephen Kings düsteres Universum. Es ist eine Stimmung, die nur wenigen Verfilmungen seiner Werke gelingt.

Die Heimvideoveröffentlichung von „OFDb Filmworks“ ist insbesondere in der „Collector’s Edition“ mit einem Wort eine Wucht. Neben einer gelungenen Bild- und Tonqualität der Blu-ray (letztere passend in unkomprimierter Linear PCM 2.0-Abmischung sowohl auf deutsch als auch englisch) inklusive Audiokommentar des Regisseurs George A. Romero, gibt es über diesen auch eine Dokumentation, ein interessantes Making of zum Film, Featurettes, Entfallene Szenen, Trailer und Vieles mehr. Ganze fünf Stunden Bonusmaterial warten hier, entdeckt zu werden. Das ist nicht nur umfangreich, sondern qualitativ so sehenswert, dass Stephen Kings Stark die Bezeichnung Sammleredition mehr als verdient.


Fazit:
Stephen Kings Stark ist ein unheimlicher und atmosphärisch erzählter Psychothriller, der deshalb funktioniert, weil die Figuren im Zentrum Tiefe verliehen bekommen, so dass ihr Schicksal interessiert. Basierend auf dem Roman von Autor King, ist das insbesondere im letzten Drittel nicht zimperlich hinsichtlich der Gewaltdarstellung, aber in Bezug auf die Opfer nie exzessiv grausam. Handwerklich tadellos gemacht und vor allem beim Finale hervorragend geschnitten, fügt sich der Fantasy-Aspekt toll ein und sorgt zusätzlich für Stimmung. Am Ende mag der Film gute 15 Minuten länger sein, als es notwendig wäre, doch dafür entschädigen ein toller Musikscore und Tricks sowie Maskenarbeit, die immer noch beeindrucken. Für Genrefans ist das zweifellos einen Blick wert und die Zusammenarbeit der Genremeister George A. Romero und Stephen King sehenswerter, als vielerorts behauptet wird.

Blu-ray-Wertung:
6 von 6 Punkten
Stephen Kings Stark ist seit dem 8. Februar 2018
als Neuauflage auf DVD und Blu-ray bei OFDb Filmworks erhältlich!