Solitary Man [2009]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 16. Februar 2011
Genre: Drama / Unterhaltung

Originaltitel: Solitary Man
Laufzeit: 90 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2009
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Brian Koppelman, David Levien
Musik: Michael Penn
Darsteller: Michael Douglas, Susan Sarandon, Danny DeVito, Mary-Louise Parker, Jenna Fischer, Imogen Poots, Jesse Eisenberg, Richard Schiff, Jake Richard Siciliano, David Costabile


Kurzinhalt:
Jahre nach einem für Ben Kalmen (Michael Douglas) schicksalshaften Morgen bei seinem Arzt, erwacht der geschiedene Senior und versucht, seinen Alltag so gut es geht zu meistern. Um seine entzogene Händlerlizenz zurück zu gewinnen, nutzt er die Gunst der verheirateten Jordan (Mary-Louise Parker) und bringt deren Tochter Allyson (Imogen Poots) zu einem Vorstellungsgespräch an der Universität. Doch der Trip verläuft anders als geplant und wieder zuhause sieht sich Ben Verpflichtungen gegenüber seinem Enkel konfrontiert, den er ebenso vernachlässigt wie alles andere.
Das einzige, was Ben zu interessieren scheint, ist die nächste junge Frau ins Bett zu bekommen. Dabei kann das auch die Freundin seiner erwachsenen Tochter Susan (Jenna Fischer) sein. Nicht nur damit macht er sich alle Beziehungen kaputt. Kurz bevor er wieder auf der Überholspur wäre, kommen Konsequenzen für seine Fehltritte auf Ben zu und machen seine Zukunftspläne zunichte. Nur seine Ex-Frau Nancy (Susan Sarandon) scheint wie ein Fels in der Brandung. Und sein Studienfreund Jimmy (Danny DeVito) ...


Kritik:
Michael Douglas ist ein so guter Darsteller, dass man es ihm ohne Mühe abnimmt, dass Ben Kalmen in Solitary Man seine Ehe von vermutlich drei Jahrzehnten ruiniert hat, seinen guten Ruf selbst zerstört und sein Vermögen so dezimiert hat, dass ihm letztlich nichts weiter bleibt, als seine Tochter um Geld für die überfällige Miete anzupumpen. Dass er gleichzeitig aber noch einen gewissen Standard wahrt was Kleidung und Aussehen angeht, jeder jungen Frau hinterherstiert als wäre er auf einem immerwährenden Hormonkick, passt in das Bild, das man in den ersten Minuten von Ben bekommt. Was der Auslöser dafür war, dass "New Yorks ehrlicher Autohändler", mit dem Titel war er eine kleine Berühmtheit geworden, sein Leben die Toilette runterspülte, hat man als Zuschauer dabei schon nach wenigen Minuten durchschaut und hofft bis zum Schluss, dass mehr dahintersteckt, dass Kalmen nicht so simpel gestrickt ist. Doch diese Hoffnung wird nicht erfüllt. Solitary Man zeichnet das Porträt eines Menschen, der sich selbst mit solchem Nachdruck zerstört, dass es lediglich traurig ist, wie viele Menschen er mit sich reißt – und dies beschränkt sich nicht auf seine Familie allein.

Sechseinhalb Jahre bevor Bens Geschichte hauptsächlich spielt, bekommt er von seinem Arzt eine besorgniserregende Nachricht. Es gab Unregelmäßigkeiten bei einer Untersuchung. Kein Jahrzehnt später ist er von seiner Frau Nancy geschieden, lebt in einem Apartment und bringt beinahe jede Nacht eine andere junge Frau mit nach Hause. Wer damit rechnet, Ben Kalmen würde versuchen, so seiner verpassten Jugend nachzulaufen, als wolle er aufholen, was er womöglich verpasst hat, der liegt vollkommen richtig. So unreif sein Verhalten ist, es ist alltäglich und wer nicht in seiner Haut steckt, oder in einer vergleichbaren, der hat es leicht, ihn für seine Handlungen zu verurteilen. Seine finanziellen Rücklagen hat er nach einem skandalösen Betrug, für den er mit verantwortlich war, aufgebraucht und einige seiner Affären, darunter Jordan (Mary-Louise Parker), nutzt er, um seine Händlerlizenz zurückzubekommen. Als er Jordans Tochter Allyson zu einem Vorstellungsgespräch bei einer Universität bringen soll, sträubt er sich, willigt schließlich ein. Er ist der Überzeugung, der Achtzehnjährigen etwas darüber erzählen zu können, wie das Leben läuft und worauf es ankommt. Ben ist ein ausgezeichneter Verkäufer und selbst, wenn man gar nichts würde haben wollen, man würde ihm dennoch etwas abnehmen. Nur ist er von seiner Überzeugung so geblendet, dass er nicht merkt, wie er von Allyson benutzt wird. Es endet für Ben damit, dass ihm seine Bank kein Geld mehr gibt, dass er die Wohnung verliert und keine Anstellung irgendwo bekommt.
Mitleid kann er hierfür nicht erwarten, er hat es nicht nur darauf angelegt, sondern bemüht sich so sorgfältig, allen Menschen, denen er noch wichtig ist, die Beziehung zu ihm zur Qual zu machen, dass es ihn auch nicht wundert, wenn alle Seiten die Brücken zu ihm niederreißen. Selbst die eigene Familie. So trifft er an Allysons zukünftiger Universität auf den jungen Cheston, der ihn anhimmelt für seine Art, mit Menschen umgehen zu können. Doch je länger sich beide kennen, umso mehr bringt Ben Cheston gegen sich. Es scheint ihn sogar zu wundern, dass sich sein ehemaliger Studienfreund Jimmy (Gastrolle: Danny DeVito), der am Campus geblieben ist und das Restaurant seines Vaters weiterführt, von ihm nicht abschrecken lässt, sondern ihm trotzdem Hilfe anbietet.

Dass Solitary Man letztlich davon handelt, dass Ben sein Leben entweder in den Griff bekommt, oder zumindest erkennt, warum es aus dem Ruder gelaufen ist, ist abzusehen. Auch den Grund hat das Publikum eineinhalb Stunden vor Ben durchschaut. Nur ob seine Erkenntnis allein ihn zum Umdenken bewegen wird, darf bezweifelt werden. Immerhin ist Kalmen nicht dumm, und spätestens, wenn ihm alle Möglichkeiten genommen werden, sein Leben in der Art und Weise zu leben, wie er es sich vorgestellt hat, sollte er sich von selbst Gedanken dazu machen.
Die Regisseure Brian Koppelman und David Levien zeichnen ein stimmiges Porträt eines Mannes, der nichts zu verlieren hat und das allein sich selbst zuzuschreiben. Seine Entwicklung schreitet behäbig voran, seine angedeutete Wandlung hingegen überzeugt nicht. Michael Douglas spielt Ben, als wäre es seine letzte Rolle, mit der er ein Zeichen setzen wollte. Nicht, weil er ausgesprochen böse oder heldenhaft ist, sondern durchweg glaubhaft in dem was er tut.


Fazit:
Wenn man sich bei vielen Situationen von Solitary Man denkt, ob der mehr als 60 Jahre alte Protagonist nicht endlich erwachsen werden kann, trifft man genau den Punkt, den die Filmemacher damit wohl setzen wollten. Ben Kalmen benimmt sich wie ein Mann, der nicht alt sein will und das Altwerden nicht als Möglichkeit gesehen hat, seinen Charakter zu festigen. Stattdessen sucht er verzweifelt Anschluss an ein Leben, das 40 Jahre zurückliegt. Dabei zerstört er alle Beziehungen, die er hat (bis auf eine), blamiert Menschen, die ihn kennen und ist zugleich noch zu stolz für Selbstmitleid.
Dank Michael Douglas erstklassiger Darbietung möchte man Ben zu Beginn wenigstens noch mögen, auch wenn man ihn ohrfeigen müsste. Er macht ihn glaubwürdig, auch wenn er eine traurige Erscheinung ist. Doch sein Sinneswandel ist ebenso oberflächlich wie vorhersehbar und die Erzählung so behäbig und uninspiriert, als hätte sie das größte Klischee von allen geschrieben: das Leben selbst.