Snow White and the Huntsman [2012]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 09. Juni 2012
Genre: Fantasy / Unterhaltung / Action

Originaltitel: Snow White and the Huntsman
Laufzeit: 127 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2012
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Rupert Sanders
Musik: James Newton Howard
Darsteller: Kristen Stewart, Chris Hemsworth, Charlize Theron, Sam Claflin, Sam Spruell, Ian McShane, Bob Hoskins, Ray Winstone, Nick Frost, Eddie Marsan, Toby Jones, Johnny Harris, Brian Gleeson, Vincent Regan, Noah Huntley, Liberty Ross, Christopher Obi, Lily Cole


Kurzinhalt:
Der Wunsch der Königin Eleanor (Liberty Ross), eine Tochter zur Welt zu bringen, die Lippen rot wie Blut haben sollte, Haut weiß wie Schnee und Haare schwarz wie die Flügel eines Raben, geht in Erfüllung und sie nennt das Kind Snow White (Kristen Stewart). Doch das Familienglück um König Magnus (Noah Huntley) währt nicht lange und die bildschöne Ravenna (Charlize Theron) erschleicht sich Zugang zum König. Nachdem sie die Macht im Reich übernommen hat, sperrt sie Snow White in ein Verließ und führt das Land und die Herzen der Menschen in eine andauernde Finsternis.
Bis ihr Jahre später prophezeit wird, dass ihr Snow White gefährlich werden kann – und sie gleichzeitig die Macht besitzt, Ravenna zur Unsterblichkeit zu verhelfen. Denn die finstere Königin hat sich Magie zunutze gemacht, um nicht zu altern. Koste es, was es wolle. Doch Snow White gelingt die Flucht und der Huntsman (Chris Hemsworth), der in den Dunklen Wald geschickt wird, sie aufzuspüren, schließt sich ihr an, nicht ahnen wer sie ist. Dabei erkennt sogar der blinde Zwerg Muir (Bob Hoskins), dass es Snow White bestimmt ist, das Land von Ravenna zu befreien. Doch die stellt ihr eine unüberwindbare Armee und ihren Bruder Finn (Sam Spruell) entgegen ...


Kritik:
Es gehört durchaus Mut dazu, ein bekanntes Märchen ernsthaft und konsequent als Fantasy-Geschichte zu erzählen – dabei: Sind Märchen und Fantasy nicht dasselbe? Snow White and the Huntsman beginnt weder mit "vor langer Zeit", noch endet es mit "und sie lebten glücklich", und doch finden sich beinahe alle Elemente der klassischen Schneewittchen-Sage wieder, sogar die acht Zwerge. Der größte Verdienst von Regisseur Rupert Sanders ist es dabei, die Interpretation durchgängig von Anfang bis Ende durchzuhalten, ohne sich einen Fehltritt zu leisten. Dass das Finale mehr auf Action, denn auf Zauber setzt, sei ihm nachgesehen. Einer der stärksten und fantasievollsten Abschnitte findet bei Snow Whites Besuch in der Heimat der Feen statt.

Die Geschichte klingt dabei so vertraut, dass wir uns dazu hinreißen lassen, vorherzusagen, was als nächstes geschieht. Gerade deshalb gelingt es ihr, uns mit einer unvorhergesehenen Richtung immer wieder zu überraschen. Snow Whites Vater, König Magnus, wird von einer bösen Frau (das Wort Hexe wird nicht gebraucht, schwebt aber in der Luft) verführt und um die Krone gebracht. Sie reißt die Herrschaft im Königreich an sich und verbannt Snow White in ein Turmverließ. Wie lange Ravenna, so der Name der neuen Königin, so schon verfährt, Länder und Menschen vergiftet mit ihrer Präsenz, lässt sich nur vermuten. Sie nimmt die Jugend und Schönheit anderer Frauen in sich auf, um selbst nicht zu altern. Doch als sie erfährt, dass Snow White der Schlüssel wäre, damit sie unsterblich werden könnte, gelingt der Prinzessin die Flucht.
Snow White and the Huntsman erschafft allein durch die Sprache und die Örtlichkeiten ein Flair, das an Werke wie Der Herr der Ringe erinnert, ohne es aber nur zu kopieren. Die Flucht Snow Whites in den Dunklen Wald, oder die fantasievolle Umsetzung des Feenlandes verleihen dem Fantasy-Abenteuer einen ganz eigenen Charme, wobei es letztlich die beiden prominent besetzten Frauenrollen sind, die den Film definieren.

Kristen Stewart ist als Snow White nicht nur äußerlich eine hervorragende Wahl, sondern verleiht der Figur eine Melancholie und Schwermut, die man in ihr vermuten würde, aber bisher nicht gesehen hat. Auf der anderen Seite zeichnet Charlize Theron das Bild einer finsteren Königin, die durchaus Beweggründe für ihr Verhalten hat, aber letztlich doch nur eine Gefangene ihrer eigenen Ansprüche ist. Und ihres Strebens nach ewiger Jugend und Schönheit. Der Huntsman bleibt dabei kaum im Gedächtnis.
Es ist bedauerlich, dass gerade er den einzigen Stilbruch von Snow White and the Huntsman begeht, nämlich als er den Namen seiner verstorbenen Frau preisgibt, der so gar nicht klingt, als entstamme er jenem Land oder jener Zeit. Davon abgesehen runden die aufwändigen Kostüme, die Bauten und unscheinbaren Spezialeffekte die Produktion so gelungen ab, dass man sich am Ende erst fragt, wie es den Machern gelang, Ian McShane, Bob Hoskins oder Brian Gleeson als Zwerge in Szene zu setzen.

Es ist ein andächtiger Moment, bei dem im Hintergrund ein gesungenes Zwergenlied erklingt, dessen Text auch bedeutsam für das Geschehen ist. Nicht wenige Zuschauer begannen dabei zu kichern. Dabei werden in den oben genannten Der Herr der Ringe [2001-2003]-Filmen nicht andere Texte gesungen, nur eben in einer Sprache, die die wenigsten Zuschauer verstehen.
Snow White and the Huntsman wagt einen etwas anderen Ansatz und versucht, dem bekannten Märchen die Charakteristika einer Gute-Nacht-Geschichte zu nehmen, ohne es zu entzaubern. Dank der technisch erstklassigen und durchgängig stilsicheren und einfallsreichen Umsetzung ist Regisseur Sanders damit ein sehenswertes Fantasy-Märchen für Erwachsene gelungen.


Fazit:
Wenn in der Heimat der Feen der Wald zum Leben erweckt wird, sehen wir zum ersten Mal, was Königin Ravennas Herrschaft tatsächlich angerichtet hat. So viel lebendige Fantasie steckt in jenem Abschnitt, dass man sich an den Details und den Farben kaum satt sehen kann. Snow White and the Huntsman überzeugt mit einer tadellosen und erfrischenden Interpretation eines Themas, das man so noch nie erlebt hat.
Fernab jeglicher märchenhafter Verklärung erschafft Regisseur Rupert Sanders ein Fantasy-Universum, das sowohl seine Figuren, wie auch ihre Umgebung ernst nimmt und ihr Schicksal in glaubhafter, aber nicht übertrieben düsterer Manier erzählt. Damit richtet sich der Film zwar mehr an ein erwachsenes als ein kindliches Publikum, doch die Geschichte selbst verliert auch für ältere Zuseher nicht an Faszination. Nicht zuletzt durch die einfallsreiche und visuell gelungene Umsetzung und das packende Erzähltempo.