Shooter [2007]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 03. Januar 2009
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: Shooter
Laufzeit: 126 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2007
FSK-Freigabe: keine Jugendfreigabe

Regie: Antoine Fuqua
Musik: Mark Mancina
Darsteller: Mark Wahlberg, Michael Peña, Danny Glover, Kate Mara, Elias Koteas, Rhona Mitra, Jonathan Walker, Justin Louis, Alan C. Peterson, Ned Beatty


Kurzinhalt:
Nach einem Kriegseinsatz, bei dem er uns sein Kamerad von der Obrigkeit im Stich gelassen wurden, traut der ehemalige Scharfschütze Bob Lee Swagger (Mark Wahlberg) niemandem mehr außer seinem Hund und lebt zurückgezogen in den Bergen. Doch er wird von Colonel Isaac Johnson (Danny Glover) ausfindig gemacht, der ihn um Hilfe bittet. Als Teil einer geheimen Behörde hat er von einem geplanten Attentat auf den US-Präsidenten erfahren, das aus einer sehr großen Entfernung mittels eines Scharfschützen vollzogen werden soll. Swagger soll helfen, mögliche Orte und Methoden ausfindig zu machen, so dass die Attentäter gestoppt werden können.
Zu spät erst merkt Swagger, dass er als Sündenbock für ein Attentat herhalten soll, das er zu vereiteln glaubte. Als Täter präsentiert ist er bald auf der Flucht vor den Behörden und findet in dem in Ungnade gefallenen FBI-Agenten Nick Memphis (Michael Peña) seine einzige Hoffnung, zu einem normalen Leben zurückkehren zu können. Dafür allerdings muss er die Hintermänner jener Verschwörung auswendig machen, die weiter reicht, als Swagger ahnt. Sie reicht sogar bis in seine Vergangenheit ...


Kritik:
Mit Training Day [2001] gelang dem Musikvideoregisseur Antoine Fuqua der internationale Durchbruch. Gefolgt von Tränen der Sonne [2003] gewann man gar den Eindruck, als würde der sich bewusst politisch brisant Themen heraussuchen, die er durchaus mit einer klaren Aussage auf die Leinwand brachte. Auch Shooter reiht sich hier ein. Makellos gefilmt wird man als Zuschauer bereits ab der ersten Minute an die Seite des ums Überleben kämpfenden Scharfschützen Bob Lee Swagger gestellt, der im Verlauf des Films einer Verschwörung auf die Schliche kommen muss.
Basierend auf dem Roman des Pulitzerpreisträgers Stephen Hunter waren die Erwartungen auch entsprechend hoch. Dass der Thriller diese nicht erfüllen kann ist zwar an sich bedauernswert, doch bleibt Shooter ein wirklich guter Actionfilm. Nur nicht eben ein solch exzellenter wie man sich das erhofft hätte.

Im Fadenkreuz der Angst erschien 1993 und zog eine ganze Reihe weiterer Romane um den unbeugsamen Romanhelden nach sich. Wie Swagger in die Falle gelockt wird, und worum es bei dem Attentat an sich geht, hat Drehbuchautor Jonathan Lemkin der Vorlage entnommen. Überhaupt orientiert sich das Skript sehr dicht am Roman, was einerseits die ausgefeilte Verschwörung erklärt, aber andererseits auch dafür verantwortlich ist, dass gerade die Actionszenen nicht so recht zünden wollen.
Zu lesen, wie sich eine Kugel während der Flugbahn verhält, welche Berechnungen ein Schütze bei großen Distanzen anstellen muss, oder allein die Spannung beim Anvisieren eines Zieles aufzubauen ist im Roman deutlich einfacher und packender, als im Film. Da sich viele Actionszenen aber darauf konzentrieren, wirken sie angesichts der Größe der Produktion und der Verschwörung beinahe schon unterdimensioniert. Dass Nebenhandlungen herausgekürzt wurden und auch Figuren vereinfacht dargestellt werden, stört insofern nicht ansatzweise so sehr wie die Tatsache, dass man sich ein Actionfeuerwerk häufiger so vorgestellt hätte, wie die Stürmung des abgelegenen Hauses in der Mitte des Films endet und nicht so simpel gestrickt, wie das Finale auf dem schneebedeckten Berggipfel.
Hier scheitert Shooter schon an der Erwartungshaltung, die man als Zuschauer angesichts der aufwändig gestalteten Produktion hat. Und wenn das Finale in einem viel kleineren Rahmen stattfindet als der Höhepunkt des Films, lässt es das Publikum dementsprechend enttäuscht zurück.
Darum wäre allenfalls mehr Mut wünschenswert gewesen, mehr gegenüber der Romanvorlage zu verändern, um so einen packenderen Thriller präsentieren zu können. Die Dialoge und die Story selbst überzeugen dabei mit interessanten, bissigen Kommentaren und einer erstaunlich regierungsskeptischen Geschichte.

Diskussionen gab es im Vorfeld bereits um Hauptdarsteller Mark Wahlberg, der nicht nur deutlich jünger ausfällt, als seine Romanvorlage, sondern der sich mit Filmen wie Planet der Affen [2001] oder zuletzt The Happening [2008] nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Dem stehen allerdings auch durchaus überzeugende Darbietungen wie in Departed - Unter Feinden [2006] gegenüber. In Shooter, das ist erfreulich, scheint ihn der Stoff durchaus gereizt zu haben, so dass er die Rolle des gebrannten Emeriten dementsprechend überzeugend mimt. Auch seine körperlichen Vorbereitungen – er verlor zehn Kilogramm an Gewicht, um den mageren, durchtrainierten Scharfschützen zu mimen – sind ihm durchaus anzusehen. Er spielt den eigenbrötlerischen, enttäuschten Elitesoldaten gekonnt und doch mit einer Prise Ironie.
Michael Peña an seiner Seite stiehlt ihm dabei jedoch beinahe die Show. Als unerfahrener, nicht auf den Mund gefallener FBI-Agent hat er schon von Anfang an die Sympathien auf seiner Seite und bleibt auch derjenige Charakter, mit dem man sich als Zuschauer am ehesten identifiziert. Im Gegensatz zu Kate Mara, die abgesehen von einigen wenigen Augenblicken eher unterfordert bleibt. Man wird das Gefühl nicht los, als hätte ihre Figur an sich mehr Zeit bekommen sollen, doch wurde letztlich anders entschieden.
Während Rhona Mitra als ranghöhere FBI-Agentin leider unterfordert bleibt, gestaltet sich die Gruppe der Widersacher merklich zwiespältiger. Danny Glover macht als undurchsichtiger aber charismatischer Schurke eine gute Figur und wirkt in der Tat bedrohlich. Ebenso der gewissenlose Senator Meachum alias Ned Beatty. Allenfalls Elias Koteas bleibt trotz der Bösartigkeit seiner Figur blass. Das mag daran liegen, dass ein solcher Charakter in einer solchen Position keinen rechten Sinn ergibt.
Ergänzt wird die Besetzung durch überraschend viele Nebendarsteller mit durchaus wichtigen Rollen, die aber alle gute Arbeit leisten.

Handwerklich gibt es gar nichts zu beanstanden. Kamera und Schnitt fangen insbesondere die ausschweifenden Landschaftsaufnahmen hervorragend ein und bieten ein Postkartenpanorama, wie man es gerade bei heutigen Thrillern in solch verschwenderischen Einstellungen kaum zu sehen bekommt. Bereits zu Beginn wird deutlich, dass Regisseur Fuqua Swaggers Umgebung und seine Wahrnehmung derselben als eigenes Element der Geschichte etabliert. Schon deswegen ist es wichtig, den Kontrast der einsamen Bergregionen zu den geschäftigen Großstadtstraßen zu zeigen.
Die Actionmomente selbst sind gut gefilmt, warten mit ausgetimeten Zeitlupen auf, die nie überflüssig wirken, sondern dem Zuschauer die nötige Übersicht verleihen. Auch die auf mehreren Ebenen aufgebauten Sequenzen funktionieren dank einem geschickten Schnitt tadellos. Shooter bietet insofern einen Kontrast zu dem im selben Jahr erschienenen Das Bourne Ultimatum [2007], der mitunter so hektisch gefilmt ist, dass man als Zuschauer atemlos zurückbleibt. Gerade hier liegt aber auch der große Unterschied: in Bournes Universum wird die Hetzjagd, der er unterliegt durch die schnelle Umsetzung zusätzlich verkörpert. Antoine Fuqua möchte zumindest stellenweise eine ähnlich schweißtreibende Spannung erzeugen, kleidet seinen Film dabei aber in gewisser Hinsicht in eine zu brave Inszenierung. Den Actionszenen fehlt jeweils das letzte i-Tüpfelchen, das sie zu etwas Besonderem macht, und auch die auf die größten Entfernungen ausgelegten Shootouts verlieren irgendwann ihren Reiz.
In Shooter leisten sich die Macher keine Patzer, nur liefern sie auch nichts, was über routinierte Actionfilme hinausgeht.

Komponist Mark Mancina, der nach seinem energiegeladenen Score zum Adrenalinthriller Speed [1994] zunächst jahrelang im Filmgeschäft tätig war, später dann lange Zeit bei Fernsehserien Musik schrieb, scheint seit 2007 auch wieder den Weg auf die große Leinwand zu finden.
Seine Musik zu Shooter weist dabei aber weder so viel Tempo auf, wie man noch 10 Jahre früher von ihm gewohnt war, noch zeichnet sich der Soundtrack durch einfallsreiche Themen vom Genre ab. Vielmehr serviert Mancina wenig überraschende, dafür aber effektiv rhythmische Melodien, die ohne Frage zu den Bildern passen, aber genauso aus der Feder manch anderer Komponisten hätten stammen können. Im Film unterstützt dies sowohl die ruhigen Szenen wie auch die Actioneinlagen, ohne ihnen aber zusätzlich Pfiff zu verleihen.

Ohne Patzer, aber leider auch ohne besondere Momente, die man nicht so oder ähnlich bereist in genreverwandten Filmen gesehen hat, enttäuscht Shooter allenfalls durch eine zu routinierte Umsetzung, die nicht übermäßig spannend geraten ist.
Das ist zwar interessant und für Actionfans sicherlich einmal sehenswert, bietet aber leider keine großen Überraschungen.


Fazit:
Gegen einen politisch hintergründigen Thriller für Erwachsene ist an sich nichts einzuwenden. Gerade die erste Filmhälfte, bei der man als Zuseher selbst nicht weiß, wer auf wessen Seite steht, kann hier überzeugen. Woran es mangelt sind wirkliche Highlights oder auch ein Finale, das dem Actionfilm gerecht wird. Hier halten sich die Filmemacher zwar an die Romanvorlage, doch liest sich das Geschehen weitaus spannender, als es anzusehen ist – und auch der Epilog im Landhaus wirkt aufgesetzt und unnütz.
Handwerklich ist das allzeit tadellos und effektvoll, wenn auch stellenweise sehr hart umgesetzt. Doch fehlt es Shooter an dem gewissen Etwas, das den Film von der Masse der gut gemachten, routinierten Actionthriller absetzt. Das gelingt weder Regisseur Antoine Fuqua, noch einem durchaus motivierten Mark Wahlberg. So unterhaltsam und explosiv die Geschichte also erzählt ist, es wäre mit mehr Änderungen gegenüber der Vorlage ohne Frage auch mehr möglich gewesen.