S.W.A.T. – Die Spezialeinheit [2003]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 01. September 2004
Genre: Action

Originaltitel: S.W.A.T.
Laufzeit: 117 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2003
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Clark Johnson
Musik: Elliot Goldenthal
Darsteller: Samuel L. Jackson, Colin Farrell, Michelle Rodriguez, James Todd Smith, Josh Charles, Jeremy Renner, Brian Van Holt, Olivier Martinez, Larry Poindexter


Kurzinhalt:
Bei einem Einsatz der Eliteeinheit S.W.A.T. wird durch eine eigenmächtige Aktion von Jim Street (Colin Farrell) und Brian Gamble (Jeremy Renner) eine Geisel verwundet. Daraufhin fliegt Gamble aus dem Team und Street wird zur Schreibtischarbeit verdonnert.
Als jedoch Sgt. Dan Harrelson (Samuel L. Jackson) ein neues Team zusammenstellen soll, sucht er sich zusätzlich zu David Kay (James Todd Smith aka LL Cool J), T.J. McCabe (Josh Charles), Michael Boxer (Brian Van Holt) und Chris Sanchez (Michelle Rodriguez) auch Jim aus.
Nachdem diese Truppe ihr Training erfolgreich überstanden hat, wartet auch schon ihr erster Auftrag: Sie soll den Schwerverbrecher Alex Montel (Olivier Martinez) in ein Gefängnis überführen. Der Multimilliardär bietet jedoch demjenigen 100 Millionen Dollar, der ihn aus der Polizeigewalt befreit – und bald sieht sich das S.W.A.T.-Team mehreren Verbrecher-Gruppierungen gegenüber, die Montel um jeden Preis zur Flucht verhelfen wollen. Und zu allem Überfluss scheinen Information von innerhalb der Spezialeinheit nach draußen zu sickern ...


Kritik:
Der inzwischen 45-jährige Produzent Neal H. Moritz stieg Anfang der 1990er beim Filmgeschäft als Produzent ein, doch erst mit Volcano [1997] und Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast [1997] hatte er den Durchbruch. Es folgten eine Reihe weiterer Filme, darunter Düstere Legenden [1998] und Eiskalte Engel [1999]. Wirklich bekannt wurde er in Hollywood allerdings erst durch seine Zusammenarbeit mit Regisseur Rob Cohen, mit dem er die beiden Filme The Fast and the Furious [2001] und xXx – Triple X [2002] zum Erfolg machte. Seitdem verlassen sich die Studios auch in den entsprechenden Trailern auf den Slogan "Von den Produzenten von The Fast and the Furious und XXX" – ebenso bei dem auf einer TV-Serie basierenden Cop-Action-Thriller S.W.A.T. – Die Spezialeinheit, bei dem aber weder Cohen mit an Bord ist, noch sonst irgend jemand anderer von den genannten Filmen. Gewirkt hat es offensichtlich, immerhin spielte S.W.A.T. bei einem Budget von knapp 80 Millionen Dollar weltweit 200 wieder ein.
Allerdings wäre mit einem besseren Drehbuch wahrscheinlich mehr drin gewesen, denn obwohl sich der Film handwerklich sauberer präsentiert als xXx und The Fast and the Furious zusammen, ist die Vorlage so dünn, dass selbst eine Briefmarke dagegen wie der Mount Everest erscheint.

In der ersten Hälfte konzentriert sich das Skript darauf, die ohnehin nicht sehr facettenreichen Charaktere vorzustellen und anhand des S.W.A.T.-Trainings aufzuzeigen, wie so eine Truppe eigentlich zusammengeschweißt wird. Das Ganze ist durchaus nett anzusehen, doch wenn sich die zweite Hälfte des Films darauf konzentriert, einen Gefangenen in drei (!) Versuchen in ein Gefängnis zu überstellen und das ansich taktische S.W.A.T.-Team zu reinem Personenschutz degradiert wird, wundert man sich als Zuschauer, was aus der vielversprechenden Ausgangslage denn geworden ist. Von taktischem Vorgehen ist dann nämlich nicht mehr viel zu sehen, stattdessen hetzt das Team den Gangstern durch die Kanalisation zu einer zum Rollfeld umfunktionierte Brücke hinterher. Die Zusammenarbeit und der Einsatz ausgefeilter Polizei-Werkzeuge, die gerade die Abschlussprüfung des Teamtrainings im Flugzeug zu einer der spannendsten und besten Sequenzen machen, fehlen hier leider vollkommen.
Wozu es ganzer vier Autoren bedarf, um eine solche Story zu Papier zu bringen, verstehe wer will, die Figuren mögen zwar alle sympathisch sein, dies ist aber in erster Linie den Darstellern zuzuschreiben, die zwar offensichtlich viel Spaß hatten und auch die eigentlich banalen Dialoge gut rüberbringen, letztendlich an der mageren Geschichte selbst jedoch nichts ausrichten können.
Was die Vorlage höchstens noch auszeichnet sind einige originelle Einfälle innerhalb der Action-Szenen, wobei hier gerade das Finale heraussticht, das mit ein paar (aber-)witzigen Ideen aufwartet. Die restlichen Dialoge, sowie die spärlichen Charaktermomente können hingegen niemanden vom Hocker reißen, dafür sind die Personen zu eindimensional und klischeehaft angelegt.
Selbst der abstrus angelegte xXx bietet eine ausgereiftere Grundlage, als die unterhaltsame, aber uninspirierte Szenenaneinanderreihung in S.W.A.T..

Die Darsteller lassen sich die offensichtlichen Story-Mängel glücklicherweise nicht anmerken.
Samuel L. Jackson gibt einmal mehr den charismatischen Anführer und harmoniert in der Gruppe problemlos, ebenso wie er in anderen Szenen als Vorgesetzter die Autorität sprechen lässt. Für seine Rolle war in der frühen Entwicklungsphase des Films sogar kurzzeitig Arnold Schwarzenegger vorgesehen.
Hauptfigur Colin Farrell überzeugt genauso, obgleich er in der ähnlich angelegten Rolle in Der Einsatz [2003] als CIA-Neuling ein differenzierteres Schauspiel zum Besten gab. Dass er zu mehr im Stande ist, durfte er in Nicht auflegen! und Minority Report [beide 2002] unter Beweis stellen. Hier wirkt er zwar durchweg sympathisch und fähig, trotzdem bleibt sein Charakter eher blass.
Neben der verruchten Michelle Rodriguez, die eine solide Darbietung zeigt, durch das flache Skript allerdings gehindert wird, richtig zu glänzen, fällt vor allem James Todd Smith (besser bekannt als LL Cool J) auf. Er darf ein paar wirklich witzige Sprüche zum Besten geben und sein freundliches Image weiter polieren.
Ein Schattendasein fristen dagegen sowohl Josh Charles, als auch Brian Van Holt, die zu den weniger prominenten Darstellern im Film gehören und sichtlich Mühe haben, aus ihrer geringen Zeit vor der Kamera etwas zu machen; das Skript gesteht ihnen einfach zu wenig Zeit zu, obwohl sie immerhin in den Team-basierten Szenen zum Einsatz kommen.
Als Bösewicht verschwindet Jeremy Renner angesichts von Olivier Martinez fast vollständig, denn während Martinez zwar nicht besonders engagiert scheint, besitzt er doch eine unzweifelhafte Ausstrahlung, die zumindest über die Eindimensionalität seiner Filmfigur hinwegtäuscht.
Die übrige Besetzung entspricht durchaus den Anforderungen eines Sommer-Action-Films, außergewöhnliche Momente sucht man aber leider vergebens; so muss man sich mit einem gut aufgelegten Main-Cast zufrieden geben, der den Rollen das Maximum abgewinnt.

Vielleicht nicht sein Bestes – allerdings sehr viel – gibt Komponist Elliot Goldenthal, dessen Modernisierung des bekannten S.W.A.T.-Themas (entnommen der Serie S.W.A.T. - Die knallharten Fünf [1975-1976]) wirklich gelungen ist. Zusammen mit dem Schlagzeug und den elektronischen Geräuschen ergibt sich ein erfrischender Mix der alten Melodie, die gerade in den Actionszenen, in denen sie eingesetzt wird, gut zur Geltung kommt. Jedoch hätte man sich gerade zum Abspann eine ausschweifende Suite gewünscht, die die verschiedenen Themen zusammen mit dem Leitmotiv wieder aufgreift. Da wohl außerdem ein Album mit Songs aus dem Film gefüllt werden musste, wurde daraus bedauerlicherweise nichts.
Zudem wirken die wenigen Szenen, in denen gesungene Musik bei der Action als Untermalung verwendet wird (manchmal sogar so unpassend, dass in der Musik Textpassagen erklingen, während im Hintergrund Funkdurchsagen der Polizei zu hören sein sollen), bei weitem nicht so durchdacht, wie der bisweilen disharmonische, aber angemessene Score von Goldenthal, der zwar von ihm gewohnte Ambient-Klänge verwendet und auch hin und wieder an seinen Score zu Alien 3 [1992] erinnert, den Actionszenen aber einen dezenten und temporeichen Klang mitgibt und insgesamt moderner klingt, als man von ihm erwarten würde. Manch einer wird übrigens ein paar Cues aus Final Fantasy – Die Mächte in Dir [2001] erkennen.
Insgesamt gesehen gibt es am Score prinzipiell nichts besser zu machen und er erfüllt seinen Zweck voll und ganz (was man vom Soundtrack der gesungenen Stücke nicht sagen kann). Dass dies auch anders sein kann, konnte man beispielsweise an Randy Edelmans Musik zu xXx feststellen.

Inszenatorisch überrascht Regisseur Clark Johnson, der bislang vor allem für das Fernsehen tätig war – darunter unter anderem bei Third Watch – Einsatz am Limit [seit 1999] und The Shield – Gesetz der Gewalt [seit 2002] – mit einer grundsätzlich gelungenen Umsetzung, die mit einer überlegten und übersichtlichen Schnittarbeit, sowie guten Kameraeinstellungen glänzt. Einzig die Hobby-Filmer-artigen Handkamera-Einstellungen, die dem Film wohl zusätzlich Authentizität verleihen sollen, fügen sich nicht so recht ins Bild ein.
Doch gerade das Training zusammen mit der Abschlussprüfung in dem vorbereiteten Flugzeug-Szenario wartet mit guten Szenenkompositionen auf und zeugt von einem reiferen Stil, als man das zunächst denken würde.
Allerdings scheint die Altersfreigabe dem Film – und dem Regisseur – einen Strich durch die Rechnung gemacht zu haben, denn obgleich S.W.A.T. in Deutschland ab 16 Jahren freigegeben wurde, ist der Film in den USA ab 13, eine Beschränkung, die sich besonders beim Zweikampf am Schluss bemerkbar macht. Da wird eine viel zu weit entfernte Kamera eingesetzt, ständig befindet sich irgendwer vor dem tatsächlichen Handgemenge, manche Entwicklungen – zum Beispiel, dass Jim Streets Hand mit einem Messer verletzt und er regelrecht "gepinnt" wird – sieht man gar nicht richtig, und selbst wie Gamble letztendlich genau stirbt, erkennt man nicht. Wenn ohnehin vor Drehbeginn klar war, was für eine Freigabe das Studio beabsichtigte, hätte man nicht unnötigerweise solche Szenen einbauen müssen. Aber wenn im Skript schon ein Faustkampf im Stile von Stirb langsam [1988] vorhanden ist, kann man dies schlicht nicht jugendgerecht umsetzen, sondern muss sich halt mit einer höheren Freigabe abfinden.
Abgesehen davon verwöhnt Johnson den Zuschauer mit guten Bildern und einem soliden (und nicht überhasteten) Erzähltempo, das die Umgebung miteinbezieht, in der das S.W.A.T.-Team operiert.

Das Szenario mit dem Banküberfall zu Beginn des Films orientiert sich übrigens lose an einem Schusswechsel, der 1997 in Nord-Hollywood stattgefunden hat; einige Passagen des Funkverkehrs wurden sogar wörtlich übernommen.

Man kann nur hoffen, dass sich die Macher angesichts des Erfolgs entschließen, einen weiteren Film um das nun etablierte S.W.A.T.-Team zu drehen, denn als Einstand war diese Episode aus dem Polizeialltag zwar ganz gut, als alleinstehender Film jedoch irgendwie unbefriedigend. Die Action täuscht trotz ihrer guten Umsetzung nicht über die inhaltlichen Schwächen hinweg und von der eigentlichen S.W.A.T.-Arbeit, also das leise Infiltrieren eines Gebäudes und Ausschalten von Terroristen, hat man hier so gut wie nichts gesehen.
Stattdessen entwickelt sich der Film nach der guten ersten Hälfte zu einem inhaltsleeren Gerenne, das immer noch unterhält, allerdings trotz einiger netten Ideen jede Storyentwicklung vermissen lässt.


Fazit:
Bisweilen wundert man sich als Zuschauer, was die Studios einem eigentlich verkaufen wollen. Ohne Zweifel waren die Darsteller von S.W.A.T. alles andere als billig, aber etwas mehr Geld für das Drehbuch hätte sicher nicht geschadet.
So hangeln sich zwar gut aufgelegte und sympathische Mimen zunächst durch ein interessantes Training, um anschließend in einer eintönigen Hetzjagd einem viel zu langen Finale entgegenzufiebern. Von der taktischen und teambasierten Arbeit der Spezialeinheit ist dann nichts mehr zu spüren.
Regisseur Clark Johnson verpackt das in eine saubere Inszenierung und lässt nie Langeweile aufkommen, jedoch kann kann nicht umhin, sich dieselbe Truppe in einem wirklich guten Skript zu wünschen, das die Arbeit einer solchen Polizei-Spezialeinheit realitätsnaher und spannender schildert. Dann hätte S.W.A.T. auch das Zeug zu einem richtig innovativen und mitreißenden Kassenschlager.
So bleibt es leider "nur" bei schnörkelloser, guter Unterhaltung. Schade!