Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert: "Mission Farpoint" [1987]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 27. März 2012
Genre: Science Fiction

Originaltitel: Star Trek: The Next Generation: "Encounter at Farpoint"
Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1987
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Corey Allen
Musik: Dennis McCarthy
Darsteller: Patrick Stewart, Jonathan Frakes, LeVar Burton, Denise Crosby, Michael Dorn, Gates McFadden, Marina Sirtis, Brent Spiner, Wil Wheaton, John de Lancie, Michael Bell, Colm Meaney, DeForest Kelley, Cary-Hiroyuki Tagawa


Kurzinhalt:
Captain Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) übernimmt das Kommando der U.S.S. Enterprise NCC-1701-D, dem jüngsten Raumschiff mit diesem Namen. Seine erste Mission ist es, den Planeten Deneb IV aufzusuchen, um dort nicht nur seinen ersten Offizier Commander Riker (Jonathan Frakes) zu treffen, sondern die dortige, von den Bewohnern neu errichtete Raumstation Farpoint zu untersuchen. Picards Crew ist noch nicht vollständig, neben der Sicherheitsoffizierin Lieutenant Yar (Denise Crosby) und Lieutenant Worf (Michael Dorn) sind Counselor Troi (Marina Sirtis) und der Androide Lieutenant Commander Data (Brent Spiner) vom Führungsstab an Bord. Aber sowohl Lieutenant Geordi La Forge (LeVar Burton), als auch die leitende Schiffsärztin Beverly Crusher (Gates McFadden) und ihr Sohn Wesley (Wil Wheaton) fehlen noch.
Auf dem Weg nach Farpoint wird die Crew der Enterprise von dem allmächtigen Wesen Q (John de Lancie) heimgesucht, der Picard nicht nur warnt, er solle zur Erde zurückkehren, sondern ihm und seiner Crew kurzerhand den Prozess macht. Captain Picard gelingt es, einen Deal auszuhandeln: Q soll ihn und seine Crew testen, damit sie beweisen können, dass die Menschheit keine Spezies barbarischer Wilder mehr ist. Q geht darauf ein – die vor ihnen liegende Mission um Farpoint wäre ein exzellenter Test. Als das Raumschiff schließlich bei Deneb IV eintrifft, bleibt der Crew nicht mehr viel Zeit, sich zu beweisen. Je mehr Fragen sie zur Station stellen, umso verschlossener gibt sich Zorn (Michael Bell), der Leiter der Anlage ...


Kritik:
So viel Positives man nicht nur als langjähriger Fan über die Serie Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert sagen kann, angesichts des Pilotfilms Mission Farpoint, auch bekannt unter den individuellen Episodentiteln "Der Mächtige" und " Mission Farpoint", verstummt man beinahe. Zu wissen, was aus den Figuren, der Geschichte jenes Raumschiffes werden würde, macht es einfach, die guten Seiten darin zu sehen. Doch offen gesagt ist der Pilotfilm nicht eine der stärksten Episoden. Nicht einmal eine besonders gute, auch wenn er Vieles von dem etabliert, was später zu den größten Pluspunkten des Fernsehereignisses beitragen wird. Wann sonst ist es einer Science Fiction-Serie gelungen, ein so breites Publikum anzusprechen? In den USA bewegten sich die Zuschauerquoten um die 20 Millionen – so viel wie Comedy-Serien und Familienprogramme.
Da es Serienerfinder und Produzent Gene Roddenberry nicht gelang, Spock-Darsteller Leonard Nimoy für einen Gastauftritt zu gewinnen, quasi um die Brücke zwischen der ursprünglichen Serie Raumschiff Enterprise [1966-1969] und der neuen zu schlagen, findet sich ein anderer Gast der "alten" Crew wieder. Es ist eine der besten und bewegendsten Szenen des eineinhalb Stunden dauernden Pilotfilms, die gleichermaßen den Einstand veredelt, wie auch einen gelungenen Abschied für jene Figur darstellt – selbst wenn sie in zwei weiteren eigenständigen Kinofilmen noch zu sehen sein sollte.

Beinahe 20 Jahre, nachdem Captain Kirk und seine Besatzung mit neuen Episoden im Fernsehen zu sehen waren, schickt der kreative Kopf der Serie eine neue Crew ins Rennen, um fremde neue Welten zu entdecken, neues Leben und neue Zivilisationen – um kühn dorthin zu gehen, wo nie ein Mensch zuvor gewesen ist. Dieser Leitsatz des Star Trek-Universums leitet auch Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert ein und wird die Serie in 178 Episoden bis ins Jahr 1994 begleiten. Die Anzahl der Episoden kann je nachdem um zwei geringer sein, ob nun der Serienauftakt und das –finale als einzelner Film, oder zwei Episoden gewertet werden. Jedenfalls setzt Mission Farpoint 78 Jahre nach Kirks Crew im Jahr 2364 an. Captain Jean-Luc Picard hat das Kommando über die U.S.S. Enterprise NCC-1701-D übernommen und soll die Raumstation Farpoint untersuchen, wo auch sein erster Offizier bereits auf ihn wartet. Die Raumbasis befindet sich auf einem Planeten, der außer geothermaler Energie nicht viel vorzuweisen hat, und die Basis wurde nach Standards der Sternenflotte in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit gebaut. Auf dem Weg dorthin begegnet die Crew der Enterprise einem sehr mächtigen Wesen – Q. Allwissend, allmächtig und mit einem Faible für Auftritte, mit denen er sich selbst in Szene setzt, warnt er Picard, die Menschen sollen sich zurückziehen und die Galaxis nicht mit ihrer barbarischen Spezies verunreinigen. Hierfür inszeniert Q sogar eine Gerichtsverhandlung, bei der Picard stellvertretend für die gesamte Menschheit der Prozess gemacht wird. Dem Sternenflottenkapitän gelingt es, einen Handel abzuschließen: Q soll ihn und seine Crew testen. Darauf lässt sich Q sogar ein, ihre bevorstehende Mission soll der Test sein, immerhin wüssten sie nicht, womit sie es zu tun haben.

Was sich inhaltlich durchaus interessant liest, erscheint als Pilotfilm voller Figuren, die man nicht kennt und deren Entscheidungen somit nicht immer verständlich sind, durchaus behäbig umgesetzt. Rückblickend nach 25 Jahren lässt sich dazu sagen, dass jedes einzelne Crewmitglied alle Eigenschaften besitzt, die man später wird schätzen lernen. Nur scheinen sie in Mission Farpoint auf die Spitze getrieben, als wollten die Autoren hier etwas unterstreichen, was sich ohnehin irgendwann herauskristallisiert hätte. So erlebt man Deanna Troi mehr in Tränen, als unter Kontrolle ihrer Gefühle, Sicherheitsoffizierin Tasha Yar ist impulsiv, ohne überlegt zu handeln und Captain Picard gibt sich oft theatralischer, als es notwendig wäre. All das sind aber keine Kritikpunkte im eigentlichen Sinn, weil diese Charaktereigenschaften die Figuren letztlich nur abrunden. Was man von ihnen hier zu sehen bekommt belässt die Personen jedoch überraschend oberflächlich, wobei von Lieutenant Worf beispielsweise gar nichts bekannt gegeben wird, während mit Beverly Crusher und Picard, beziehungsweise Commander Riker und Troi, gleich zwei private Verbindungen unter der grundsätzlich neuen Crew aufgebaut werden.

Andererseits gibt es auch einige Highlights: Das neue Modell der Enterprise, inzwischen ein Raumschiff der Galaxy-Klasse, auf dem mehr als 1000 Crewmitglieder Platz haben, ist überaus gelungen und der Funktionsumfang mit dem Abkoppeln der Untertassensektion auch passend in Szene gesetzt. Überhaupt verwundern die Spezialeffekte durch eine Brillanz, die es bis dahin im Fernsehen kaum gegeben hatte. Auch wenn die Sets und Bauten auf den Planeten immer noch als Studio zu erkennen sind, die einzelnen Räumlichkeiten der Enterprise und nicht zuletzt die Brücke überzeugen durch einen Detailreichtum, der staunen lässt.
Ebenso professionell gibt sich Mission Farpoint bei der musikalischen Begleitung. Nicht nur, dass das Titelthema, das aus der Feder von Alexander Courage und Jerry Goldsmith stammt, als Fanfare und regelrechte Hymne begeistert, auch die beiden Episoden selbst sind mit einem erstklassigen Soundtrack unterlegt, der sich durch ein gelungenes Orchester, stimmige Rhythmen und eingängige Melodien auszeichnet. Komponist Dennis McCarthy lässt immer wieder bekannte Elemente aus dem Star Trek-Thema einfließen und legt doch den Grundstein für eine eigene musikalische Stimme der Serie, die sich bis zum Schluss als roter Faden durchziehen wird.

Passend zum 25jährigen Jubiläum der Serie wird Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert noch im Jahr 2012 im hochauflösenden Blu-ray-Format veröffentlicht. Statt eine übliche Restaurierung vorzunehmen, gehen die Verantwortlichen jedoch einen anderen Weg. In mühevoller Arbeit werden die Originalnegative herausgesucht und restauriert und die Episoden anschließend wieder so zusammengestellt, wie sie ursprünglich gewesen sind. Hierfür werden manche Spezialeffekte angepasst und im englischen Original die Tonspur auf einen 7.1-Surround-Mix angehoben. Um Interessenten und Fans einen ersten Blick hierauf zu ermöglichen, erschien im Januar die Blu-ray Star Trek: The Next Generation – The Next Level, auf der vier so überarbeitete Episoden enthalten sind. Neben dem Pilotfilm finden sich außerdem "Die Sünden des Vaters" und "Das zweite Leben". Bei "Die Sünden des Vaters" stießen die Restauratoren auf ein Problem: 13 Sekunden der Originalnegative sind verschollen und konnten somit nicht restauriert werden. Hierfür griff man auf eine Überarbeitung des fertigen Filmmaterials zurück.
Als Appetithäppchen auf die kommende Blu-ray-Veröffentlichung von Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert funktioniert The Next Level gut und überzeugt mit einer Bildschärfe und einem Farbspektrum, bei dem allenfalls die gelegentlichen Dropouts noch auffallen. Doch die höhere Auflösung lässt auch erkennen, dass viele Requisiten, auch PADDs, die Informationen anzeigen, tatsächlich keine Funktion erfüllen. Dass Fans der Reihe dadurch ein neuer, kristallklarer Blick auf die Serie ermöglicht wird, wird diese sicher freuen. Ob sich damit neue Fans werden finden lassen, darf aber bezweifelt werden.


Fazit:
Beinahe 25 Jahre, nachdem die Crew um Captain Picard zum ersten Mal ihre Mission antrat, findet sich Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert als überarbeitete Fassung auf Blu-ray. Ein Blick zurück offenbart, dass der Pilotfilm Mission Farpoint alles mitbringt, was die Serie im Laufe ihrer sieben Jahre zu einer der erfolgreichsten ihrer Zeit werden ließ. Doch geben sich die Figuren ausgesprochen hölzern und auch die Geschichte wirkt kantiger, als sie sein müsste.
Andererseits: Zum ersten Mal wieder Q zu sehen in dem Wissen, wie sich der Handlungsstrang entwickeln wird, bietet einen ganz besonderen Reiz. Und auch handwerklich gibt es kaum etwas zu bemängeln. Die Darsteller werden während der Serie allesamt über sich hinauswachsen. Darum fällt es leicht, ihr Potential im Pilotfilm richtig einzuschätzen. Doch streng genommen ist Mission Farpoint kein Highlight der Serie und auch innerhalb der ersten Staffel nur ein wenig besser als der Durchschnitt.
Der Gastauftritt eines bekannten Crew-Mitglieds aus Kirks Zeiten veredelt den Serienauftakt und lässt erahnen, was die Zuschauer hier noch erwartet.