Red Sparrow [2018]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 7. Oktober 2018
Genre: Thriller / Drama / Action

Originaltitel: Red Sparrow
Laufzeit: 140 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2018
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Francis Lawrence
Musik: James Newton Howard
Darsteller: Jennifer Lawrence, Joel Edgerton, Matthias Schoenaerts, Charlotte Rampling, Mary-Louise Parker, Ciarán Hinds, Joely Richardson, Bill Camp, Jeremy Irons, Thekla Reuten, Douglas Hodge


Kurzinhalt:

Nach einer schweren Verletzung ist die Karriere der jungen Balletttänzerin Dominika Egorova (Jennifer Lawrence) jäh beendet. Um ihre kranke Mutter (Joely Richardson) weiter versorgen zu können, geht Dominika auf ein Angebot ihres Onkels Vanya (Matthias Schoenaerts) ein, der Vizedirektor beim russischen Geheimdienst ist. Sie wird in eine spezielle Einrichtung gebracht und tritt dem „Sparrow“-Programm bei. Diese jungen Agenten und -innen werden von Matron (Charlotte Rampling) und unter Aufsicht von General Korchnoi (Jeremy Irons) ausgebildet, um durch Verführung und Manipulation ihre Zielpersonen zu beeinflussen. Dominikas erster Auftrag ist es, dem CIA-Agenten Nate Nash (Joel Edgerton) nahezukommen, der Kontakt zu einem Maulwurf in russischen Regierungskreisen unterhält. Dabei soll sie die Identität dieser Person herausfinden. Da Nash ohnehin über sie Bescheid weiß, spielt sie mit offenen Karten und bietet an, zu den Amerikanern überlaufen zu wollen – ob sie das ernst meint, oder es Teil ihrer Manipulation ist, wissen weder ihre Vorgesetzten, noch Nash …


Kritik:
Francis Lawrences Spionage-Thriller Red Sparrow ist ein frustrierendes Erlebnis. Nicht nur, dass die Ambitionen des Filmemachers durchweg sichtbar sind, alle Beteiligten sind offensichtlich darum bemüht, einen modernen Klassiker des Genres zu präsentieren. Überdies ist die Darbietung von Jennifer Lawrence bemerkenswert, deren Filmfigur im Grunde ein Opfer sämtlicher Umstände ist. Aber so ergreifend sie das verkörpert, sie bleibt durchweg unnahbar, so dass die hier präsentierte Ursprungsgeschichte mitunter zwar schockiert, aber nie mitreißt.

Lawrence schlüpft in die Rolle der russischen Balletttänzerin Dominika Egorova, die nach einer schweren Verletzung ihre Karriere aufgeben muss. Um sich und ihre auf Pflege angewiesene Mutter weiterhin versorgen zu können, geht sie auf das Angebot ihres Onkels ein, der Vizedirektor eines russischen Geheimdienstes ist. Sie wird in ein spezielles Programm aufgenommen, um zu einem „Sparrow“ ausgebildet zu werden. Diese Agenten nutzen jegliche Form der Verführung, um ihre Zielperson zu beeinflussen und so ihr Ziel zu erreichen.
Allerdings hält sich Red Sparrow trotz der Laufzeit von beinahe zweieinhalb Stunden erstaunlich zurück, was die eigentliche Ausbildung der künftigen Sparrow-Agenten angeht. Als Ausbilderin erläutert Charlotte Rampling gegenüber den Rekruten und -innen zwar, wie die Zielperson manipuliert werden und dass das persönliche Ekelgefühl unterdrückt werden kann, doch ob die Ausbildung Kampfübungen, Angriffs- und Verteidigungstechniken umfasst, verschweigt das Skript.

Das wäre insofern interessant und für die weitere Geschichte hilfreich, da Dominika durchaus in der Lage scheint, sich selbst zu verteidigen und kompromisslos Gewalt gegen andere einsetzt. Gleichzeitig zeigt sie sich aber schockiert, wenn sie Opfer von Gewalt sieht – diese Eigenschaften scheinen nicht zusammenzupassen. Sie wird auf den CIA-Agenten Nate Nash angesetzt, der Kontakt zu einem Maulwurf in hohen russischen Regierungskreisen unterhält. Den Namen des Maulwurfs herauszubekommen, ist ihre Aufgabe. Lange Zeit lässt Red Sparrow das Publikum darüber rätseln, ob Dominika tatsächlich zur Gegenseite überlaufen möchte, oder dies nur Teil ihres Plans ist. Dagegen wäre auch nichts einzuwenden, wenn man ihre Entscheidungen nachvollziehen könnte. Da allerdings am Ende aufgeklärt wird, dass vieles von dem, was sie vorbereitet hatte, um ihr Ziel zu erreichen, gar nicht gezeigt wurde, sondern beim Finale in einem Rückblick zusammengefasst wird, kommt man sich schlichtweg überrumpelt vor.

Es macht die Story darüber hinaus unnötig kompliziert und aufgebläht. Ob Dominika sich überhaupt einer Seite verpflichtet fühlt, sie somit aus patriotischen Gründen oder dem reinen Pragmatismus heraus handelt, wird ebenfalls nicht deutlich. Aus dem Grund sind die Figuren, der von Joel Edgerton gut gespielte Nate Nash inbegriffen, am Ende auch bedeutend eindimensionaler, als man erwarten würde. Das Drehbuch verrät schlicht nichts über sie oder darüber, was sie bewegt. Vielleicht tritt deshalb kurz vor dem Finale der Maulwurf an Dominika heran und enthüllt seine Identität, ohne dass sie mit ihren Nachforschungen ihm in irgendeiner Weise gefährlich geworden wäre. Dass er gleichzeitig die ganze Motivation für seine Handlungen in einem Monolog offenbart, klingt, als wären die Filmemacher darum bemüht gewesen, diesen Handlungsstrang irgendwie aufzulösen, auch wenn es an sich keine Notwendigkeit für sein Geständnis gibt.

Viele Verstrickungen und Nebenschauplätze blähen die Story von Red Sparrow unnötig auf und verhindern gleichzeitig, dass der Thriller einen kontinuierlichen Spannungsaufbau entwickelt. Einzelne Momente sind zwar recht packend, insgesamt jedoch ist der Erzählfluss arg behäbig. Das machen auch die Gewaltspitzen nicht besser, die zum Teil unnötig brutal ausfallen, selbst für das Milieu. Mehrere Folterszenen zu zeigen ist an sich bereits schlimm genug, diese aber dann in die Länge zu ziehen, indem den Figuren nicht ein- oder zweimal, sondern noch öfter auf gleiche Weise Verletzungen zugefügt werden, ist schlichtweg unnötig.
Es ist beinahe, als wollte Lawrence hier Grenzen überschreiten, um sein Werk von anderen des Genres abzuheben. Das ist ihm zwar gelungen, aber hinsichtlich Spannung und Unterhaltungswert hätte er sich woanders ein Beispiel nehmen können.


Fazit:
Ganz ohne Frage ist Jennifer Lawrence nicht nur bemüht, ihre Figur auf realistische Art und Weise zum Leben zu erwecken, sondern sie ist auch sichtbar engagiert. Handwerklich gibt es an dem toll ausgestatteten Spionage-Thriller ebenfalls nichts zu bemängeln. Die Bilder sind hervorragend, Ausstattung und Atmosphäre fantastisch und authentisch zugleich. Doch dies allein reicht nicht aus, wenn die Figuren unnahbar und skizzenhaft bleiben. Die Geschichte nimmt sich viel Zeit für die Ausbildung der Sparrows, wiederholt sich aber in den Szenen und lässt gleichzeitig viele Fragen offen. Beginnt der eigentliche Agenten-Thriller, bläht sich die Story unnötig auf, so dass Red Sparrow am Ende eine halbe Stunde länger ist, als gut gewesen wäre. Das ist insofern schade, da Filmemacher Francis Lawrence alle Zutaten für einen genreprägenden Thriller in der Hand hatte. Es macht das Ergebnis nur noch enttäuschender.