Metropolis [1927/2001]

Wertung: 6 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 03. Juni 2002
Genre: Science Fiction / Drama

Originaltitel: Metropolis
Laufzeit: 147 min.
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 1927
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Fritz Lang
Musik: Gottfried Huppertz (Originalmusik)
Darsteller: Alfred Abel, Gustav Fröhlich, Brigitte Helm, Rudolf Klein-Rogge


Kurzinhalt:
Joh Fredersen (Alfred Abel) hat sich eine Stadt ungeahnter Schönheit und nie dagewesener Pracht erbauen lassen: Metropolis. Die Arbeiter, die für all dies verantwortlich sind, leben tief unten in einer eigenen kleinen Stadt. Doch der Unmut wächst, Fredersen lässt die Arbeiter in 10 Stunden Schichten schuften und ignoriert sie ansonsten.
Die schöne Maria (Brigitte Helm) verheißt den Arbeitern einen Mittelsmann, der zwischen Hirn (Fredersen) und Händen (Arbeiter) vermitteln wird.
Fredersen weiß um die geplante Revolte und beauftragt einen Erfinder, Rotwang (Rudolf Klein-Rogge), den von ihm entwickelten Maschinenmenschen mit Marias Gestalt auszustatten, und sie dann die Arbeiter gegen einander aufhetzen zu lassen. Dass Fredersens Sohn, Freder (Gustav Fröhlich), in Maria verliebt ist, und sich selbst als dieser Mittler sieht, weiß er auch. Doch Rotwang hat andere Pläne und möchte sich an Fredersen dafür rächen, dass die von beiden geliebte Frau Hel, sich für Fredersen entschieden hat und bei der Geburt seines Sohnes gestorben war. Die Dinge eskalieren und drohen, Metropolis zu zerstören.


Kritik:
Fritz Lang erschuf dieses Meisterwerk 1927 und bescherte dem Deutschen Film neben dem Klassiker M – Eine Stadt sucht einen Mörder [1931] einen Meilenstein des Films – nicht nur des deutschsprachigen.

Bei seiner Premiere ging der Film 210 Minuten, doch in den folgenden 75 Jahren gab es auch verschiedene Schnittfassungen, die sich meistens im 90 Minuten-Bereich bewegten.
Im Jahr 2001 wurden alle noch vorhandenen Filmstücke zusammen gesucht und restauriert. Heraus kam die vollständigste Fassung, die der Film in den letzten 50 Jahren erlebt hat. 50 Minuten sind jedoch wohl unwiederbringlich verloren gegangen. Diese Szenen werden in dieser Version anhand von Texttafeln erläutert und in chronologisch richtiger Reihenfolge eingesetzt.
Die Restauration ist eine der beeindruckendsten, die ich je gesehen habe und schlägt auch die DVD-Fassung von Ben Hur [1959] und Die Zeitmaschine [1960] (wobei gerade letztere so gut gelungen ist, dass man meinen könnte, der Film stamme aus den 1990ern). Sicher ist das Bild in manchen Szenen leicht unruhig, unscharf und auch Dropouts sind immer wieder zu sehen, aber bei Bildmaterial, das 75 Jahre in irgendwelchen Kellern vermodert ist, kann man nicht mehr erwarten. Alles in allem ist das Bild laufruhig und ausgeglichen – es ermöglicht das beste Metropolis-Erlebnis, das man sich wünschen kann.

Zum Film selbst: ich habe Jahre gebraucht, um Metropolis endlich sehen zu können. Videokassetten aus Videotheken waren entweder vergriffen oder unbrauchbar. Eine DVD ist erst für den Herbst 2002 angekündigt (und wird dann nur eine 118 Minuten lange Fassung des Films enthalten) und im Fernsehen habe ich ihn irgendwie immer verpasst.
Nun, im Juni 2002, ermöglichte ARTE den Zuschauern gleich drei Mal die Möglichkeit, dieses Meisterwerk zu sehen, jedes Mal in der ungekürztesten Fassung mit 147 Minuten. Das konnte ich mir nicht entgehen lassen.

Und doch war ich sowohl hingerissen und überrascht von der technischen Brillianz, die Fritz Lang vor über 70 Jahren an den Tag legte, andererseits enttäuscht, da der Film an den meisten Schwächen vieler anderer Stummfilme leidet.
Die Darsteller sind allesamt stark überschminkt (ein Relikt des Theaters) und die männlichen Rollen wirken durchgehend androgyn und unwirklich.
Der Erzählstil ist zudem sehr gemächlich geraten, von einer Gesamtdramaturgie kann keine Rede sein.

Eine zusätzliche Bemerkung:

Zwar ist die von Berd Schultheis extra für diese Fassung neu komponierte Musik ständig präsent und versucht auch, die Szenen zu unterstreichen – mehr, als ein disharmonisches Geklimper und ein pompöses Orchester kommt dabei aber nicht heraus. Sicher ist das nicht die Musik, die der Film ursprünglich besaß, doch es prägt diese Version in einem großen Maß.

Die visuelle Kraft des Filmes kann dahingehen vollends überzeugen. Eine imposante Stadt, mit regem Verkehr, Flugzeugen, Autobahnen und unzähligen Menschen darin. Maschinen, so groß wie ganze Häuser in der unterirdischen Stadt und ein Aufgebot an Statisten, bei dem sogar Titanic [1997] blass aussieht.
Am Beeindruckendsten sind sicherlich die Verwandlungssequenz des Maschinenmenschen / Roboters in Maria, die heute auch nicht viel besser aussehen würde, und das Finale mit der überfluteten Stadt.

Auch inhaltlich ist der Film beeindruckend: das Thema der Menschen, die für die Maschinen arbeiten (anstatt umgekehrt), der unterdrückten Arbeiterschaft, die sich gegen die Aristrokratie auflehnt und auch die Erschaffung eines willenlosen Roboters, der als Sklave der Menschen dienen könnte – all das sind wichtige, interessante und sehenswerte Aspekte von Metropolis.
Man muss sich auf den Film einlassen und in der Lage sein, die Situationen (in denen nicht viel gesprochen wird) richtig zu deuten, Inhalte herauszulesen, die vom Autor und Regisseur beabsichtigt waren.

Dem einen Zuschauer mag das besser gelingen als dem anderen, beide werden jedoch eines ganz sicher brauchen: Ausdauer. Denn 147 Minuten Stummfilm vergehen nicht wie im Fluge. In der Tat habe ich mich dabei ertappt, alle paar Minuten auf die Uhr zu sehen, nur um festzustellen, dass es immer noch ein ganzes Stück bis zum Schluss war. Zum Vergleich, bei der 4-Stunden-Fassung von Der mit dem Wolf tanzt [1990] sah ich nur einmal auf die Uhr, nämlich als der Abspann begann und ich dachte, dass der Film doch nicht schon zu Ende sein könnte.


Fazit:
Metropolis
ist ein sehenswertes Monument der Fimgeschichte und ich würde jedem raten, die 147 Minuten Zeit zu investieren, allerdings kann ich es niemandem verdenken, wenn der oder diejenige inmitten des Films aufgeben muss.
Angesichts der Tatsache, dass nur 6 Jahre später King Kong und die weiße Frau [1933] mit umwerfenden Trickeffekten und einer mitreissenden Geschichte die Zuschauer fesselte, muss man sagen, dass Metropolis eines eindeutig fehlt: der Unterhaltungswert.

Das mag von Fritz Lang gar nicht beabsichtigt gewesen sein, immerhin soll der Film einen philosophischer Ansatz an verschiedene Themen darstellen, doch für den Zuschauer wäre etwas mehr Unterhaltung und Dramaturgie nicht schlecht gewesen.