Matrix: Revolutions [2003]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 08. November 2003
Genre: Science Fiction / Action

Originaltitel: The Matrix: Revolutions
Laufzeit: 129 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2003
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Andy & Larry Wachowski
Musik: Don Davis
Darsteller: Keanu Reeves, Hugo Weaving, Laurence Fishburne, Carrie-Anne Moss, Harold Perrineau Jr., Jada Pinkett Smith, Mary Alice, Tanveer Atwal, Ian Bliss, Sing Ngai, Monica Bellucci, Nona M. Gaye, Clayton Watson, Lambert Wilson, Anthony Wong


Kurzinhalt:
Das Ende der Menschheit naht unaufhaltsam: Die Maschinen graben sich weiter ihren Weg zur Stadt Zion. Einzig Neo (Keanu Reeves) kann die aus der Matrix befreiten Menschen noch retten, doch er muss sich vorher ganz anderen Aufgaben stellen. Zusammen mit Trinity (Carrie-Anne Moss) macht er sich auf den Weg in das Zentrum der Maschinenstadt.
Gleichzeitig versuchen Morpheus (Laurence Fishburne) und Niobe (Jada Pinkett Smith), dem belagerten Zion zu Hilfe zu eilen.
In der Matrix selbst hat sich Agent Smith (Hugo Weaving) mittlerweile so stark verbreitet und dupliziert, dass er sowohl jene, als auch die reale Welt bedroht.
Während die Bewohner von Zion eine aussichtslose Schlacht gegen Tausende von Wächtern ausfechten, muss Neo sich Smith stellen – in einem alles entscheidenden Kampf um die Zukunft des Planeten.


Kritik:
Weltweit zur gleichen Stunde ließen die Macher die letzte Episode der Matrix-Trilogie in den Kinos starten; doch der große Hype des zweiten Teils fand diesmal nicht statt. Vielleicht auch deshalb, weil Matrix: Reloaded [2003] – inzwischen noch rechtzeitig auf Video und DVD veröffentlicht – zwar im Kino von vielen Seiten gelobt wurde, sich aber im Nachhinein eher Ernüchterung breit gemacht hat. Einstige Befürworter kritisieren nun die inhaltliche Aufgedunsenheit des zweiten Teils, die lästigen und langweiligen Dialoge und die videospielartigen Actionszenen, deren Herkunft aus dem Computer man nur allzu oft erkennen kann. Mehr Zuschauer kamen im Mai enttäuscht aus den Kinos, als begeistert – ein Umstand, der wohl auch Produzent Joel Silver nicht unbedingt erfreut hat, obwohl er weiterhin darauf vertröstete, dass Teil 2 und 3 ansich einen Film darstellen würden.
Es sollte bedenklich stimmen, wenn Kritiker, die Teil 3 vorab sehen durften, vertraglich zusichern mussten, die Kritik erst kurz vor Kinostart zu veröffentlichen, da das Studio offensichtlich schlechte Publicity vermeiden wollte. Und trotzdem blieb der große Ansturm bislang aus; die Rezensionen, die die Medien mittlerweile veröffentlichten, sind gemischt; und dass die Matrix-Saga nun (zumindest vorläufig) ein Ende gefunden hat, scheint kaum einen zu stören. Vielmehr scheint es eher Erleichterung auszulösen.

War es noch schwer, Reloaded zu bewerten, da man ja nicht wusste, worauf die ganze Geschichte hinauslaufen wird, machen es einem die Autoren Wachowski mit Teil 3 deutlich einfacher.
Es ist nicht meine Art, in einer Kritik Überraschungen und gar Auflösungen zu verraten. Im Falle von Matrix: Revolutions werde ich darum aber nicht herum kommen. Zum einen stellt der Film den Abschluss der Trilogie dar und es bietet sich somit eine Bewertung derselben an; zum anderen aber auch, weil viele Zuschauer aufgrund der technisierten Ausdrucksweise und der kruden und unerklärten inhaltlichen Sprünge nicht so richtig wissen, wieso am Schluss eigentlich alles so kam, wie es kam. Gleichwohl ich die Weisheit sicher nicht gepachtet habe, habe ich meine Interpretation der Ereignisse hier eingebracht – sie ergeben in Bezug auf die Trilogie zumindest einen Sinn und werden vielleicht die eine oder andere Frage ratloser Kinobesucher klären können.
Das bedeutet allerdings, dass diejenigen, die sich die Überraschung nicht verderben möchten, am besten zum Fazit springen sollten, solange sie den Film nicht selbst gesehen haben. Denn auch wenn bei Revolutions mehr Fragen offen bleiben, als beantwortet werden, ein paar kleine Überraschungen gibt es trotzdem.

Das Geschehen schließt unmittelbar an Teil 2 an und bietet auch keinen Rückblick auf die Geschehnisse. Wer also nicht mehr ganz fit in Sachen Reloaded ist, sollte am besten zuerst seiner Videothek einen Besuch abstatten. Aber auch dann wird man das Gefühl nicht los, dass Teil 3 noch weniger auf Teil 2 aufbaut, als es zwischen dem ersten und zweiten Film der Fall war. So tauchen beispielsweise die bösen Zwillinge aus Reloaded überhaupt nicht mehr auf, sie werden auch mit keinem Wort erwähnt; der Merowinger kommt zwar vor, hat allerdings nur eine Szene zu absolvieren, nach der sein Verbleib nicht weiter geklärt wird und offensichtlich auch unwichtig ist. Was man ansich wissen sollte, ist, dass Neo in einen komatösen Zustand gefallen ist, und dass Agent Smith einen Weg gefunden hat, sich in die reale Welt zu übertragen (wie, das möchte man gar nicht fragen). Selbst die Maschinen sind mit ihren Bohrarbeiten nicht viel weiter, als zu Beginn von Teil 2.

Und so beginnt "Das Ende", wie das Orakel es selbst nennt; Neo möchte den Maschinen einen Handel vorzuschlagen, da Agent Smith zu mächtig geworden ist, Morpheus und Niobe machen sich auf, einen EMP (Elektromagnetischen Impuls) in Zion zu zünden, um die Stadt vor den angreifenden Wächtern zu bewahren.
Und das Publikum fragt sich, was das alles eigentlich soll. Es drängen sich bei den gemächlichen Dialogen immer wieder so viele Fragen auf, dass man den aufgeblähten Sätzen kaum mehr folgen kann.
So erscheint es doch völlig hanebüchen, die letzte verbliebene Menschenstadt nicht selbst mit einem EMP-Generator auszustatten, sondern dafür extra ein Schiff herfliegen zu lassen.
Auch die gesamte Sequenz mit Neo und dem Trainman, sowieso dem Merowinger ergibt bei näherer Betrachtung keinen richtigen Sinn – denn obwohl Trinity den aufgespürten Merowinger mit Waffengewalt erpresst, um zu Neo zu gelangen, wäre dieser doch nicht dazu gezwungen, sich an die Abmachung zu halten, sobald sie, Morpheus und Seraph den Club, in dem sie den Franzosen aufgespürt haben, verlassen haben.

Neben all diesen Abstrusitäten, die den Film nur in die Länge ziehen, geraten die Charakterisierungen völlig in den Hintergrund.
Neo und Trinity bekommen zwar deutlich mehr Zeit zugeschrieben, als noch im zweiten Teil. Doch während Neo in der realen Welt menschlich und nachvollziehbar reagiert, wirkt er in der Matrix völlig unterkühlt, verkrampft und teilnahmslos.
Niobe und insbesondere Morpheus wurden ohnehin zu Statisten degradiert; das Orakel orakelt sich selbst zur ewig wiederholenden Kalendersprücheklopferin; und Agent Smith gewinnt als einziger seine Bedrohlichkeit zurück. In Matrix war er allein seinen Gegenspielern weit überlegen, in Reloaded war es seine Anzahl, die den Feind dennoch nicht mehr in die Knie zwang, in Revolutions allerdings wirkt er weitaus bedrohlicher, als noch zu Beginn der Fortsetzungen - wäre da nicht manch unfreiwillig komische Szene, wie wenn er nach der Übernahme des Orakels zu lachen beginnt, oder wenn er mit völlig überzogener Mimik Neo zum Zweikampf entgegentritt.
Und doch sind es gerade solche Szenen, die dem Zuschauer am längsten im Gedächtnis bleiben.

Trinitys Sterbeszene dagegen dauert nicht nur ewig lange und wiederholt lediglich, was man bereits in Matrix: Reloaded zu sehen bekam, sie wirkt darüber hinaus verkrampft kitschig und klischeehaft – und das offenkundig sogar beabsichtigt.
Der Angriff auf Zion ist schon nach dem Kinobesuch wieder vergessen: Zu lang, zu unstrukturiert und absurd ist das ewig dauernde Gemetzel. Da strömen hunderttausende Wächter in eine große Kuppelhalle und nähern sich dem letzten verbliebenen Schützen alle aus einer einzigen Richtung, um sich nach und nach abschießen zu lassen. Ihre zahlenmäßige Überlegenheit scheint sich im Kampf nicht auszuzahlen. Wieso gegen Zion nicht die aus Reloaded bekannten Sprengladungen eingesetzt werden, ist wieder ein Geheimnis der Regisseure – vermutlich, weil dann der Kampf zu schnell vorbei wäre.

Hier offenbart sich ohnehin ein Grundproblem des Drehbuches: In Matrix fand man deshalb so schnell Zugang zur Widerstandsgruppe, weil die Maschinen in der Übermacht war – doch in Reloaded konnten selbst Morpheus und Trinity den Agenten mit verhältnismäßig geringer Mühe entgegentreten, und die freien Menschen in Zion scheinen den Maschinen ebenfalls nicht wirklich unterlegen. Angefangen von der gigantischen Stadt, bis hin zu den Verteidigungsanlagen befindet sich die Menschheit inzwischen auf dem technisch demselben Niveau – und auch ihre Taktik hält die unzähligen Wächter lange genug in Schach.
Das Ergebnis ist eine 20-minütige Schlacht um Zion, die aufgrund des Szenenaufbaus und der tausenden identischen Wächter aus sich ständig wiederholenden Mustern besteht, und dank der Herkunft aus dem Computer auch wie ein Computerspiel aussieht. Einige der Explosionen sind dabei zwar tatsächlich beeindruckend geraten, vermutlich weil sie als Modell entstanden und nicht aus Bits und Bytes. Aber das alles tröstet nicht darüber hinweg, dass das Publikum während des Kampfes immer und immer wieder dasselbe geboten bekommt. Manche Abschnitte sind außerdem so schnell und unübersichtlich geschnitten, dass man abgesehen von einem verwackelten Bild kaum etwas erkennt.
Abgelöst wird dies dann durch den Schlusskampf zwischen Neo und Smith, der ebenfalls beinahe 15 Minuten dauert und außer einiger kurzen Martial-Arts-Einlagen hauptsächlich daraus besteht, dass die beiden Figuren in der Luft aufeinander zufliegen, aufeinander prallen und sich das Spielchen dann noch ein halbes Dutzend Mal wiederholt. Was die Wachowskis damit ausdrücken wollen, ist durchaus verständlich, gleichwohl es auch in weniger monotonen Kampfeinlagen hätte gezeigt werden können: Da laut dem Orakel Smith der Gegenpol zu Neo ist – entstanden aus der Verbindung, die die beiden am Ende des ersten Teils hatten – können sie sich gegenseitig nicht im Kampf besiegen. Sie sind die unterschiedlichen Seiten derselben Medaille. Um das zu verstehen, benötigt Neo eine halbe Ewigkeit und die Erkenntnis erreicht ihn erst, als Smith sie ihm ins Gesicht sagt. Also entscheidet sich Neo für die einzige Alternative, die zuerst wirklich überrascht, aber erschreckend schnell Sinn ergibt: Er opfert sich.

Was dann geschieht, sorgt unter den Zuschauern für die wildesten Spekulationen und Kopfzerbrechen. Denn wieso wird Agent Smith ebenfalls zerstört, wenn Neo doch scheinbar stirbt?
Man ist schnell dabei, den Autoren dafür einen Vorwurf zu machen, betrachtet man das Geschehen allerdings aus rein technischer Sicht – und genau so wurden die Drehbücher zu Reloaded und Revolutions offensichtlich geschrieben – dann ergibt das durchaus einen Sinn, zumindest habe ich ihn mir so erschlossen, obwohl der Film keine explizite Erklärung liefert: Am Ende von Matrix wurde Smith aus dem System ausgeklinkt, eben dadurch, dass Neo ihn zerstörte und er dennoch überlebte. Smith war kein Teil der Matrix mehr und konnte sich dennoch in ihr bewegen.
Nach der Übernahme des Orakels in Revolutions, das – wie sie selbst sagt – dafür zuständig war, die Welt aus der Balance zu bringen, hatte Smith beinahe dieselbe Macht wie der Architekt, was auch die Veränderungen in der Matrix-Welt erklärt. Doch als Smith letztendlich Neo übernahm und dessen Persönlichkeit durch seine eigene überschrieb, war er – Neo war derzeit ja durch den Maschinengott an die Matrix gekoppelt – auch selbst mit dem Maschinengott verbunden, der Smith daraufhin löschen konnte. Es war Neos Opfer, das dazu beitrug, Smith das Handwerk zu legen, und genau das war Neos Bestimmung, sein Zweck, wie das Orakel vorher schon feststellte, als sie davon sprach, dass Neo während seines Komas offensichtlich noch nicht dazu bestimmt war, zu sterben.
Dass er offensichtlich wirklich starb, beweist auch die Tatsache, dass die Inschrift einer Plakette bei der Parkbank, auf der das Orakel in der Schlusseinstellung sitzt, übersetzt lautet "Im Gedenken an Thomas Anderson", Neos Name in der Matrix.
Diese Theorie wirkt im Gesamtkonzept der Fortsetzungen durchaus logisch, lässt jedoch mehr Fragen offen:
So wird nicht beantwortet, was mit all den Menschen letztendlich geschah, die Smith in der Matrix übernahm (und so wie es aussah, waren es 'alle'). Starben sie durch die Löschung von Smith ebenfalls? Wenn ja, haben die Maschinen nun eigentlich keine Energiequelle mehr.
Auch wird nicht geklärt, wie Seraph und das Mädchen Sati überleben konnten. Ebenfalls bleibt im Unklaren, wie das Orakel die Übernahme durch Smith überstehen konnte – wäre sie gelöscht und vom Architekten neu erschaffen worden, hätte sie ja keine Erinnerung an die Ereignisse gehabt. Gewiss ist nur, dass sie den Ausgang des Konflikts zwischen Neo und Smith einfädelte, dieses "neue" Konzept der friedlichen Koexistenz von Maschinen und Menschen ersann, und selbiges nun dem Architekten aufzwingt.
Was aus Zion oder den Feldern wird, in denen die Menschenbabies gezüchtet werden und ob sich die Maschinen nach Neos Tod an die neue Vereinbarung halten werden, erfährt man genauso wenig.

Wer allerdings nach einer (durchaus möglichen) Fortsetzung verlangt – vielleicht sogar als TV-Serie, aber man  darf die Macher besser nicht auf Ideen bringen –, sollte bedenken, dass mit den letzten beiden Filmen mehr Fragen aufgeworfen wurden, als zuvor überhaupt gestellt waren; beantwortet wurden so gut wie keine. Ob sich dieses Schema in Matrix 4 ändern würde, darf bezweifelt werden.
So findet die Matrix-Trilogie also doch keinen Abschluss, es hat eben nicht alles ein Ende, was einen Anfang hat, trotz des Werbeslogans.

Die Darsteller agieren ansich mehr oder weniger auf gleichem Niveau wie im direkten Vorgänger, wobei einzig Carrie-Anne Moss seltsam lustlos erscheint; in Teil 2 wirkte sie agiler und engagierter.
Dafür blüht Jada Pinkett Smith deutlich mehr auf, als noch in Reloaded und verliert glücklicherweise ihre kühle Zurückhaltung.
Laurence Fishburne hat zwar nicht wirklich viel zu tun, aber zumindest das Wenige macht er immer noch ganz gut, gleichwohl von seinem ikonenhaften Auftreten der beiden Vorgänger nichts geblieben ist. Doch das ist, so gesteht man dem Drehbuch zu, wohl durchaus beabsichtigt, denn er ist ja zur Erkenntnis gelangt, dass die Prophezeiung nicht zutrifft. Verschenkt und quasi ein unterbeschäftigter und eher unwichtiger Mitläufer ist er dennoch.
Hinzu kommen Nona Gaye und Harold Perrineau Jr., die zwar mehr von sich zeigen dürfen, aber dennoch nicht so richtig notwendig wirken. Als Trainman wirkt Bruce Spence in Revolutions ebenso überflüssig, wie Monica Bellucci, denn obwohl sie als Teil des Haupt-Cast gelistet ist, hat sie im Film exakt einen einzigen Satz zu sagen – und der ist so unbedeutend wie inhaltsleer.
Dass Clayton Watson als Kind eine größere Rolle spielt, ist zwar erfreulich, insbesondere für Kenner der Animatrix [2003], aber mehr auch nicht.
Unterbeschäftigt zeigt sich auch Lambert Wilson, der einmal mehr als französisch sprechender Merowinger die Gleichung von Aktion und Reaktion, Ursache und Wirkung, zum Besten gibt – in beinahe demselben Wortumfang wie im Vorgängerfilm.
Immerhin fiel Sing Ngais Part umfangreicher aus, gleichwohl man einen richtigen Schlusskampf zwischen ihm und Smith vermisst.
Welche Rolle das von Tanveer Atwal verkörperte Mädchen Sati tatsächlich spielt, ist zwar immer noch nicht ganz klar, dass die Jungdarstellerin ihren ersten Leinwandauftritt allerdings eher schlecht als recht meistert, allerdings schon.
Anthony Wong und Anthony Zerbe können als Ghost, beziehungsweise Ratsmitglied Hamann zwar nicht viel bewirken, schlecht sind sie allerdings nicht.
Helmut Bakaitis erneuter Auftritt als Architekt hingegen sorgt für ein Schmunzeln, das bitter nötig war.
Im dritten Teil der Saga wird die Rolle des Orakel nicht mehr von Gloria Foster bekleidet, die während der Dreharbeiten leider verstarb. Für sie sprang Mary Alice ein, die zwar ebenfalls ganz gut spielt, aber das Charisma von Foster leider vermissen lässt. Sie wirkt dafür, so ironisch das klingen mag, wie eine Kopie, was ihrer Rolle in etwa gleich kommt. Schade und bedenklich ist, dass es die Macher offensichtlich nicht für nötig gehalten haben, den Film der sympathischen Darstellerin Gloria Foster zu widmen, was eigentlich obligatorisch gewesen wäre.
Für eine Überraschung sorgt ein Darsteller, von dem man das gar nicht erwartet hätte: Ian Bliss, der hier den von Smith übernommenen Widerstandskämpfer Bane spielt und mit gekonnter Mimik und Gestik Hugo Weavings Darbietung hervorragend nachahmt. Seine sprachliche Betonung und seine Bewegungen könnten eins zu eins direkt von Weaving stammen – vielleicht wirkt er gerade deshalb so bedrohlich. Seine schauspielerische Leistung gehört jedenfalls zu den besten im Film.
Dem gegenüber stehen die beiden eigentlichen Hauptdarsteller des Films, Keanu Reeves und Hugo Weaving, die sich einmal mehr bekämpfen müssen und dabei doch nur wiederholen, was der Zuschauer schon die zwei Filme zuvor zu Gesicht bekam. Darstellerisch kann Reeves besonders dann überzeugen, wenn er sich in der wirklichen Welt befindet, auch wenn seine Mimik durch seine (völlig überflüssige) Erblindung stark eingeschränkt ist. Ansonsten wirkt er weder so sympathisch wie in Matrix, noch so cool wie in Reloaded, stattdessen spielt er hölzern gegen ein Drehbuch an, das viel zu großen Wert auf die Technik legt, als auf den Inhalt.
Weaving ergeht es da nicht besser: Bevor er das Orakel übernimmt, nimmt man ihm den Agenten Smith ab – auch wenn er nicht viel zu tun hat. Danach allerdings wirkt seine Darbietung so überzogen, mit ausschweifender Mimik und einer betont langsamen Reaktion durchsetzt, dass man öfter lachen muss, als es von den Regisseuren beabsichtigt sein kann. Von seiner Bedrohlichkeit bleibt dann verständlicherweise nicht mehr viel übrig.

Nun könnte man über die inhaltliche Abstrusität und die kollektive schauspielerische Unterforderung hinweg sehen, wenn der Film wenigstens optisch gefallen würde – doch obwohl man hier oftmals angesichts der Bilder zu staunen beginnt, so gibt es doch keine Szene, die wirklich mitreißen kann.
Kamera und Schnitt sind in den Actionszenen zu kopflos eingesetzt, sei es bei der Schießerei im Vorraum zum Club, die wie eine billige Variante zur Lobby aus dem ersten Film wirkt, oder beim Zweikampf zwischen Neo und Smith. Zwar gibt es hier einige Zeitlupen, die allerdings nicht mehr zeigen als angestrahlte Regentropfen in Slow-Motion. Und gerade, wenn die beiden Kontrahenten zu fliegen beginnen, hat man das Gefühl, als wäre die Kamera ebenso kopfüber nach unten hängend im Gegenlicht eingesetzt, wie es einem in Schwerelosigkeit ergehen würde.
Die Schlacht um Zion weist zwar ebenso wie der Flug des Menschenschiffs Hammer nach Zion viele Details auf, doch aufgrund des immens großen Gewusels auf der Leinwand findet man gar keine Zeit, seinen Blick auf etwas Bestimmtes zu richten. Vielmehr lässt man sich von dem akustischen Dauerfeuer mitnehmen und gibt sich dem Bilderrausch hin, ohne nach kurzer Zeit noch etwas davon aufzunehmen. Ganz im Gegenteil: Durch die Reizüberflutung ermüden die Sinne nach und nach.
Statt bei Zion gekonnt mit den verschiedenen Ebenen zu spielen – beispielsweise die Koordination der Teams, die die Bohrer über der Kuppeldecke aufhalten sollen, oder wie eine verpasste Chance dem nächsten Verteidigungsperimeter zum Verhängnis wird, zu zeigen – wird wild hin und hergeschnitten, so dass man letztendlich gar nicht mehr weiß, wer eigentlich gerade über und wer unter Zion ist – beziehungsweise wie die Teams in derart kurzer Zeit von einem Ort zum anderen gelangen können, bevor man als Zuschauer überhaupt weiß, wo die Orte eigentlich sind.
Dazwischen gibt es immer wieder kurze Besprechungen im Rat der Menschen, die sich so gemächlich ihrem Schicksal ergeben, dass auch noch das Tempo verloren geht.
Handwerklich sind Kamera und Schnitt zwar nicht schlecht. Leider werden insbesondere die Zeitlupen nicht effektiv eingesetzt, sondern meist mit schneller laufenden Abschnitten gekoppelt, ohne dass das alles künstlerisch noch einen Sinn ergeben würde. Komponiert wurde hier offensichtlich nicht am Set, sondern in den PCs bei den unzähligen Effektefirmen, die an der Produktion beteiligt waren – vielleicht hinterlässt das Ganze deshalb einen so mosaikartigen Eindruck.
Eine denkwürdige Actionsequenz, wie in Reloaded beispielsweise der Messer-Kampf Neos beim Merowinger oder die Freeway-Verfolgungsjagd sucht man in Revolutions jedenfalls vergebens.

Dem gegenüber versucht Komponist Don Davis einen weitaus epischeren Score zu liefern, als es bei den beiden Vorgängerfilmen der Fall war. Mit viel Chor, basslastigen Instrumenten und gekonnten Variationen von bekannten Themen gelang ihm in der Tat das durchdringendste und überzeugendste Element von Matrix: Revolutions: Die Musik.
Sie ist eingängig, düster und doch melodisch, weist in den richtigen Szenen dem Tempo den Weg und wirkt doch nicht überhastet oder zu bombastisch. Dass er diesmal den Abspann mit einer Suite versehen durfte ist eine Wohltat fürs Ohr und zeigt, dass Davis weitaus mehr auf dem Kasten hat, als John Williams Themen von Jurassic Park [1993] zu einem neuen Score bei Jurassic Park III [2001] zusammenzusetzen.
Ihm kann man wirklich gratulieren.

Dass mehr als ein halbes Dutzend Effektefirmen an diesem Teil der Trilogie beteiligt waren, sieht man den Trickeffekten glücklicherweise nicht an, denn allein ihre schiere Masse überfluten die Augen derart, dass die Grenze zwischen Qualität und Quantität beinahe verschwimmt. Aber nur beinahe.
So fällt auf, dass die Flugszenen beim finalen Zweikampf schlechter aussehen als noch bei Reloaded, und dass man die verwendete Blue/Green-Screen-Technik hin und wieder deutlich erkennen kann. Und auch die Zion-Kampfsequenz vermag nicht vollends zu überzeugen. Zwar sehen alle Effekte im Film gut aus, viele davon sogar sehr gut, aber man bekommt nichts zu sehen, was nicht schon im letzten Film (und dort teilweise besser) gezeigt wurde.
Dabei wirken die Animationen der Kampfroboter Zions nach wie vor, als wären sie einem Computerspiel entnommen. Wenn selbige dann auch zu hüpfen und rennen beginnen, muss man schon unwillkürlich schmunzeln. Abgesehen davon: Angesichts der Tatsache, wie die "Fahrer" der Roboter schon bei einfachen Schritten durchgeschüttelt werden, müsste jeder nach kürzester Zeit und wenigen Schüssen einem tödlichen Schleudertrauma erlegen sein. Das mag zwar der brachialen Gewalt dieser Maschinen nahekommen, erscheint unter Berücksichtigung dessen, was die menschlichen Knochen aushalten können, aber schlicht illusorisch.
Die Qualität der Spezialeffekte befindet sich zweifelsohne auf einem sehr hohen Niveau, im Vergleich zum letzten Film ist sie allerdings nicht gestiegen, es wurden nur viel mehr. Gerade der Angriff auf Zion entstand zum großen Teil am Computer und genau diesen künstlichen Flair besitzt die Sequenz.

Sehr gut geraten ist die Make-Up-Arbeit, auch wenn man davon nicht so viel zu sehen bekommt. Sowohl Neos Erblindung, als auch die Gesichtsverletzungen bei Bane und dem Anführer der Kampfroboterarmee sehen wirklich hervorragend aus und können vollends überzeugen. Da letztere beinahe eine Minute lang in Großaufnahme zu sehen ist, wirkt sie aber auch entsprechend ekelerregend.

Mit 110 Millionen Dollar Produktionskosten war Matrix: Revolutions billiger, als sein Vorgänger – und doch fast doppelt so teuer wie der erste Film 1999. Dass das Gezeigte nicht günstig zu produzieren war, nimmt man den Machern durchaus ab, immerhin verbrachte das Team unter anderem zwei Monate damit, den perfekten Regentropfen zu entwickeln; und man sieht dem Werk letztendlich den Gesamtaufwand auch an.
Dennoch ist die Revolution ausgeblieben, die Welt dreht sich immer noch und sie hätte es wohl auch, wenn Teil 3 noch nicht in den Kinos gelaufen wäre. Die ersten Hochrechnungen über die Zuschauerzahlen sprechen zwar eine eindeutige Sprache, nämlich dass der Film ein Erfolg werden wird, mehr aber auch nicht. Vom Hype und der Erwartungshaltung ist nicht viel übrig geblieben und es scheint schon, als würden die beiden Fortsetzung nicht wie Teil 1 in die Annalen der Filmgeschichte eingehen. Trotz riesigem technischem Aufwand.
Ist es vielleicht eine Ironie der Trilogie, dass Agent Smith in den Teilen 2 und 3 ständig davon redet, dass alles einen Sinn und Zweck haben muss, um zu existieren? Denn für sich alleine betrachtet erfüllen gerade Matrix: Reloaded und Matrix: Revolutions genau das nicht: Einen Zweck.
Was könnte dieser denn sein? Einen Kultfilm zu idealisieren und ikonisieren, der die Zuschauer mit seiner Andersartigkeit und seiner paradox-plausiblen Story in den Bann zog? Dies ist doch schon 1999 mit Teil 1 geschehen. Vielmehr scheint es, dass die Wachowski-Brüder so sehr damit beschäftigt waren, die einfache Geschichte von Matrix so weit zu vertiefen und mit überflüssigen Details und einer Pseudo-Komplexität zu versehen, dass ihr größter Bonus, nämlich ihre geheimnisvolle Andersartigkeit, verloren ging. Stattdessen erkennt man nun immer mehr Parallelen zu bekannten Film-Schemata – kopierte Ideen, die mit netten tricktechnischen Versatzstücken ergänzt wurden, um die Illusion einer Einzigartigkeit zu erzeugen, die der Film eigentlich nie besaß.
Die zwei Fortsetzungen berauben den ersten Teil seines Flairs und seiner Magie – in etwa, wie wenn der Zauberer nach der Vorstellung erneut auf die Bühne kommt, aber anstatt einer Zugabe seine vorherigen Tricks erklärt, so dass man dahinter nichts als eine simple Täuschung erkennt.

"Was ist die Matrix?" fragte Neo vor vier Jahren – heute kennen wir die Antwort: Sie ist das perfekte Beispiel eines außer Kontrolle geratenen amerikanischen Traumes, an dem zwei talentierte Regisseure lange gearbeitet und gefeilt haben, ohne zu merken, dass die dahinter stehende Hollywood-Maschinerie lediglich Gewinnmaximierung im Sinn hatte, während gleichzeitig das Interesse der Zuschauer inzwischen schneller geschwunden war, als es aufkam; die Matrix ist ein gigantisches "Making Of" von technischen Möglichkeiten, verpackt in einer Story, die sich so lange selbst zu erklären versucht, bis der eigentliche Sinn auf dem Weg zur letztendlichen Erkenntnis verloren gegangen ist.
Teil 1 ist Kult, und das zu Recht, die beiden Fortsetzungen sind nicht nur bedeutend banaler und simpler gestrickt, als es zunächst den Anschein hat, sie sind schlicht und ergreifend unnötig, wenngleich nicht weniger aufwendig.
Die Revolution ist noch ein Stück langsamer, als der Reload, dabei inhaltlich weniger aufgeblasen und doch gleichwohl inhaltsleer mit den Geschichten zu vieler Charaktere gespickt, die zwar alle interagieren und doch für sich gesehen zu wenig Substanz besitzen. Was sich aus dem Konzept machen lässt, hat man im ersten Teil gesehen – und den sollte man besser in Erinnerung behalten. Teil 2 war immerhin ein Showcase der möglichen Tricktechnik, wohingegen Teil 3 für eine Auflösung zu wenig Abschluss bietet und als alleinstehender Film zu wenig Inhalt. Weder die Action, noch die Schauplätze, noch die Story oder die Charaktere bieten irgendwelche neuen Offenbarungen, stattdessen bekommt man das Bekannte nun zum zweiten Mal aufgewärmt, ohne irgendeine emotionale Bindung zu den Protagonisten aufgebaut zu haben.
Technisch überzeugend, ist Revolutions zwar nie langweilig; bessere und aussagekräftigere Lebensweisheiten finden sich allerdings sogar in Glückskeksen aus dem Supermarkt.


Fazit:
Nach über sechs Stunden in und um die Matrix lohnt es sich, einen Schlussstrich zu ziehen, auch wenn die Macher gerade das nicht zulassen wollen. Wie sonst ist es zu erklären, dass mehr Fragen unbeantwortet bleiben, als zu Beginn überhaupt gestellt waren?
Mit technischer Brillanz, die leider nicht ganz an die Perfektion heranreicht, erzählen die Wachowski-Brüder ihre Cyber-Bibel mit Neo alias Keanu Reeves als auserwählte Christus-Kopie. Aufgeteilt in drei Testamente scheint es aber, als hätte das meist gelesene Buch der Welt der Matrix-Trilogie unter anderem die Erkenntnis voraus, dass sich die Geschichte in zwei Teilen besser erzählen lässt.
Vielleicht gibt es ja jemanden, der aus Matrix: Reloaded und Matrix: Revolutions einen Film zusammenschneidet – möglich wäre das durchaus, ohne etwas von der zugegebenermaßen dürftigen Story zu nehmen. Vielmehr würde es sie um Tempo und Entschlossenheit bereichern. Denn so wurde die Geschichte bislang auf viereinhalb Stunden gequält und sämtliche Offenbarungen mindestens zweimal vorgeführt. Dabei ist ihre Auflösung so einfach wie unvorhersehbar: Es gibt kein Ende.
Wer die Matrix in guter Erinnerung behalten möchte, sollte sich ohnehin nur auf den ersten Teil beschränken und die Fortsetzungen als unterhaltsame, aber belanglose Actionspektakel betrachten – mehr sind sie leider nicht.