Könige der Wellen [2007]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Lars Adrian  |   Hinzugefügt am 11. April 2010
Genre: Animation / Komödie

Originaltitel: Surf's Up
Laufzeit: 85 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2007
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Ash Brannon / Chris Buck
Musik: Mychael Danna
Originalstimmen: Shia LaBeouf (Robert Stadlober), Zooey Deschanel (Jessica Schwarz), Jeff Bridges (Thomas Fritsch), Jon Heder (Dieter Landuris), James Woods (Bodo Wolf), Diedrich Bader (Engelbert von Norhausen)


Kurzinhalt:
Noch in seiner Kindheit hat der in Buenos Eisig lebende Felsenpinguin Cody Maverick (Shia LaBeouf / Robert Stadlober) eine Begegnung mit dem weltberühmten Surfer und Artgenossen "Big Z Topanga" (Jeff Bridges / Thomas Fritsch) und wünscht sich seitdem, dem großen Helden nachzueifern, auch wenn dieser während eines Wettbewerbs vom Meer verschlungen wurde, und Codys Familie nur wenig Verständnis für seine Ambitionen aufbringt.
Dennoch gelingt es Cody, zum alljährlichen Surf-Wettkampf, den Organisator Reggie Belafonte (James Woods / Bodo Wolf) zu Ehren "Big Z"s auf Pingu Eiland veranstaltet, zugelassen zu werden. So macht er sich auf den Weg von der Antarktis zur paradiesischen Tropen-Insel, wobei er sich mit dem ebenfalls teilnehmenden Hahn "Chicken Joe" (Jon Heder / Dieter Landuris) anfreundet.
Dort angekommen verliebt sich Cody zwar unversehens in die hübsche Pinguin-Dame und Rettungsschwimmerin Lani (Zooey Deschanel / Jessica Schwarz), bekommt indes jedoch von Titelverteidiger "Tank Evans" (Diedrich Bader / Engelbert von Norhausen), an dem bereits "Big Z" gescheitert war, einen deutlichen Dämpfer versetzt.
Kann Cody – eventuell infolge eines Trainings durch den sonderbaren Geek – unbeschadet aus dem Wettbewerb hervorgehen, ohne sich vor aller Welt zu blamieren?


Kritik:
Spätestens seit Die Reise der Pinguine [2005] die Welt erobert hat, und mit einem weltweiten Einspielergebnis von über 125 Millionen US-Dollar zum erfolgreichsten Dokumentar-Film aller Zeiten wurde, wissen Kinder und Erwachsene rund um den Globus, dass Pinguine nicht nur unglaublich knuffig und fotogen sind, sondern darüber hinaus ein ausgesprochen entbehrungsreiches Leben mit kilometerlangen Märschen durch Eiseskälte führen, und sogar die Männchen Eier ausbrüten müssen.
Nur wirklich Interessierten dürfte allerdings bekannt sein, dass es abgesehen von den in dem französischen Erfolgswerk porträtierten Kaiserpinguinen noch knapp 20 weitere Pinguin-Arten gibt, die fast überall auf der Südhalbkugel der Erde heimisch sind, angefangen in der Antarktis, über Neuseeland, Australien bis hin nach Südamerika. Es gibt sogar Pinguine, die zu Tausenden in ausgedörrten Wüstenlandschaften Südafrikas bei Temperaturen von über 45 Grad Celsius leben, was durchaus erstaunlich ist, da diese Vögel nicht fliegen können und stattdessen am liebsten mit Hilfe ihrer zu kräftigen Flossen umgestalteten Flügel im Meer schwimmen und tauchen.

Pinguine besitzen innerhalb des Genres der Animationsfilme eine lange Tradition, so diente in Wallace & Gromit: Die Techno-Hose [1993] ein Pinguin als Bösewicht, in den Madagascar-Filmen [2005/2008] avancierte eine verschlagen-gerissene Gruppe von ihnen zu Publikumslieblingen und in Happy Feet [2006] singen, tanzen und steppen Pinguine für ihr Leben gern.
Und doch hat man auf den ersten Blick das Gefühl, als hätten die Macher von Könige der Wellen die Redewendung "auf der (Popularitäts-)Welle mitreiten" ein wenig zu wörtlich verstanden, denn ihre Protagonisten fühlen sich dann am wohlsten, wenn sie auf einem Surf-Bbrett durch eine perfekte Meeresbrandung pflügen.
Wenn eine Ratte erfolgreicher Chefkoch in einem Pariser Gourmet-Restaurant sein kann, sollte man sich allerdings auch für surfende Seevögel offen zeigen.

Wer sich auf die zugegeben reichlich absurde Grundidee von Surf's Up, wie Könige der Wellen im Original heißt, einlässt, wird mit einem sehenswerten Film belohnt, dessen origineller Kniff es ist, dass die Handlung aus der Perspektive eines fiktiven Kamera-Teams erzählt wird, die Codys Geschichte und Teilnahme am Surf-Wettbewerb aufzeichnet. Im Gegensatz zu anderen Genre-Vertretern wird der Dokumentar-Stil von Anfang bis Ende durchgehalten, einschließlich einiger wilder Einstellungen oder gewollt verwackelter Bilder. Erwachsenen Zuschauern wird dabei jedoch der eine oder andere Bruch mit dieser Erzählstruktur auffallen, wenn es beispielsweise offensichtlich ist, dass bei einer bestimmten Aufnahme in dieser Position einfach keine Kamera sein könnte, oder wenn Felsenpinguin Cody eine Zeitlang von der Öffentlichkeit vermisst wird, das Kamerateam aber selbst nach seinem Verschwinden stets mit von der Partie ist. Aus dramaturgischen Gesichtspunkten mag dieses Vorgehen durchaus verständlich sein, dennoch reißt es einen aufmerksamen Betrachter aus der Illusion heraus, die Könige der Wellen eigentlich erschaffen möchte.
An Story und Drehbuch arbeiteten insgesamt sieben Personen mit, darunter auch die beiden Regisseure Ash Brennon und Chris Buck, die zuvor für Pixar beziehungsweise Disney tätig waren. Insofern überrascht es, dass die Schwächen des Filmes ausschließlich in dieser Disziplin zu finden sind: Die Botschaften, dass man seinen eigenen Weg finden und ihn dann unbeirrbar weiterverfolgen, dabei aber für seine eigenen Fehler einstehen und Verantwortung übernehmen, und seinen Freunden beistehen muss, ist sicher löblich und kindgerecht, wird aber recht plakativ, vorhersehbar und abrupt dargebracht, so dass die Charaktere kaum Möglichkeiten besitzen sich zu entfalten oder gar zu entwickeln. Insbesondere im letzten Drittel wirkt Könige der Wellen etwas gehetzt, wenn Cody mit seinem eigentlichen Surf-Training beginnt, welches nahtlos in die Schlussphase des Wettkampfes übergeht; und gerade dann, wenn der Zuschauer ein richtig dramatisches Finale erwarten würde, ist der Höhepunkt des Geschehens schon vorüber. Hier wurde das Potential der Geschichte leider nicht völlig ausgeschöpft, was allerdings nicht bedeuten soll, dass Surf's Up nicht unterhaltsam wäre.
Die skurrile Ausgangslage bietet reichlich Raum für lustige Momente und zahlreiche Anspielungen auf das Surfer-Umfeld oder sportliche Wettkampf-Industrie im Allgemeinen. So besitzt Organisator Reggie Belafonte (James Woods / Bodo Wolf) nicht nur das Gebahren eines gewissen Box-Promoters namens Don King, sondern auch dessen unverwechselbare Frisur. Und der surfende Gockel "Chicken Joe" ist ein Running Gag in sich.

Punkten kann Könige der Wellen ohne Frage mit seinen atemberaubenden, fast fotorealistischen Bildern der tropischen Inselwelt samt Vegetation voller Palmen, wunderschöner aus dem Meer emporragender Felsen, traumhaften Sandstränden oder unglaublichen Sonnenuntergängen. Sobald die Pinguine auf ihren Brettern durch die Wellen gleiten, gibt es kein Halten mehr, am liebsten würde man sich selbst mit in die Fluten stürzen.
In Bezug auf die Charaktere und deren Mimik und Gestik mag das verantwortliche Animationsstudio Sony Pictures Imageworks (Jagdfieber [2006]) noch hinter dem Pixar-Standard (Oben [2009]) zurückstehen, doch was die Landschaften und Umgebungen angeht, befinden sich die Pixel-Zauberer von Könige der Wellen mittlerweile auf der gleichen Stufe und die technische Präsentation übertrifft insbesondere die Werke von DreamWorks Animation (Shrek der Dritte [2007]) oder Blue Sky Studios (Ice Age 3 – Die Dinosaurier sind los [2009]) sichtbar. Die leichte (simulierte) Körnigkeit der imaginären Video-Kamera anlässlich des Dokumentar-Stils, die bei in der Nacht spielen Szenen stärker ausgeprägt ist, stellt nur eines von vielen Details dar, die den aufmerksamen Zuschauer erfreuen.
Wer die Möglichkeit dazu hat, sollte unbedingt auf die Blu-ray-Veröffentlichung, die auch dieser Rezension zu Grunde lag, zurückgreifen, mit der die optische Brillianz in vollem Umfang zur Geltung kommt.

Die deutsche Fassung des Animationsfilmes kann einige bekannte Sprecher aufweisen, unter anderem Robert Stadlober (Krabat [2008]), Jessica Schwarz (Romy [2009]) und Thomas Fritsch. Abgesehen vom stets überzeugenden Fritsch, der häufig Jeremy Irons synchronisiert und sich als Scar in Der König der Löwen [1994] ins Gedächtnis gebrannt hat, will der Funke bei den anderen Stimmen nicht so recht überspringen, obgleich sie durchaus solide Arbeit leisten.
Aus diesem Grund sei jedem Englisch-Kundigen die einfach natürlicher wirkende Original-Fassung mit den Stimmen von Shia LaBeouf (Transformers [2007]), Zooey Deschanel (Per Anhalter durch die Galaxis [2005]), Jeff Bridges (Crazy Heart [2009]), James Woods (Contact [1997]) und Surfer-Legenden wie Kelly Slater und Rob Machado ans Herz gelegt.

Inhaltlich kann es Könige der Wellen nicht mit den besten Animationsfilmen der letzten Jahre aufnehmen, und so verwundert es nicht, dass 2008 der Oscar für den besten Animationsfilm an Ratatouille [2007], statt an Surf's Up ging.
Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass Könige der Wellen ein großes Vergnügen ist, und nicht zuletzt aufgrund des fröhlichen Musik-Scores von Mychael Danna und einer ebensolchen Song-Auswahl beste Sommer-Stimmung verbreitet und selbst Wasser-Muffel zum Surfen im Meer verführt.
Insofern bleibt es unverständlich, dass der Film finanziell hinter seinen Erwartungen zurückblieb und mit seinen weltweit knapp 150 Millionen US-Dollar nicht einmal die Hälfte von Happy Feet einspielte.


Fazit:
Surf's Up – Könige der Wellen nutzt die Möglichkeiten seines originellen Pseudo-Dokumentarfilm-Ansatzes nicht völlig aus, und bisweilen wünscht man sich, die Macher hätten eine bessere oder vielschichtigere Geschichte für ihre phantastischen Bilder und mitreißenden Surf-Sequenzen gefunden.
Unterm Strich bleibt dennoch ein durchgehend witziger, niemals langweiliger Film, an dem Erwachsene aufgrund der Thematik und insbesondere bei Kenntnis von anderen "realen" Surfer-Dokumentationen wie zum Beispiel Step Into Liquid - Im Bann der Riesenwellen [2003] möglicherweise mehr Spaß haben, als Kinder.
Und bei den unschlagbar niedlichen Pinguin-Kindern dürften selbst unverbesserliche Zyniker dahinschmelzen.