Harry Potter und die Heiligtümer des Todes: Teil 1 [2010]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 8. Dezember 2010
Genre: Fantasy / Action / Drama

Originaltitel: Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 1
Laufzeit: 146 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: David Yates
Musik: Alexandre Desplat
Darsteller: Daniel Radcliffe, Rupert Grint, Emma Watson, Ralph Fiennes, Alan Rickman, Tom Felton, Robbie Coltrane, Brendan Gleeson, Jason Isaacs, Helena Bonham Carter, David Thewlis, Imelda Staunton, John Hurt, Bonnie Wright, Julie Walters, James Phelps, Oliver Phelps, Mark Williams, Domhnall Gleeson, Clémence Poésy, Natalia Tena, Evanna Lynch, Rhys Ifans, Timothy Spall, Matthew Lewis, Andy Linden, Bill Nighy


Kurzinhalt:
Die Schreckensherrschaft von Lord Voldemort (Ralph Fiennes) und seinen Todessern reicht sogar bis ins Ministerium für Magie. Er ist Harry Potter (Daniel Radcliffe), dem Einzigen, der ihm gefährlich werden kann, dicht auf den Fersen. Harrys Flucht in den Fuchsbau, einen sicheren Unterschlupf, fordert unter denen, die ihn beschützen, schwere Verluste. Sogar dort spüren ihn die Todesser auf und Harry bleibt zusammen mit Hermine (Emma Watson) und Ron (Rupert Grint) nur die erneute Flucht.
Wie Professor Dumbledore Harry mitteilte, liegt die einzige Hoffnung darin, jene Artefakte, Horcruxe genannt, zu zerstören, in denen Voldemort seine aufteilte Seele versteckt hat. Zumindest einen weiterem Horcrux kennen die drei auf sich allein gestellten Magier bereits. Doch um den Horcrux zu stehlen, müssen sie in das Ministerium für Magie einbrechen. Und selbst wenn das gelingen sollte, wie zerstört man einen Horcrux? Die Ausweglosigkeit der Situation stellt ihre Freundschaft auf eine harte Probe. Und als wäre es nicht genug, dass Harrys Beschützer weitere Verluste hinnehmen müssen, ist Voldemort auf der Suche nach den Heiligtümern des Todes, die seine Macht noch vergrößern würden. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit ...


Kritik:
Nach neun Jahren begeben sich Harry Potter, Hermine Granger und Ron Weasley auf ihr letztes Abenteuer. Alle drei sind erwachsen geworden, sie alle haben Wünsche und Hoffnungen, Gefühle füreinander entdeckt, die man zu Beginn ihrer Reise nicht für möglich gehalten hätte. Der letzte Roman der Fantasy-Reihe, Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, wird auf zwei Filme aufgeteilt, da sich die Filmemacher nicht dazu durchringen konnten, Passagen der Buchvorlage zu kürzen. Herausgekommen ist eine werkgetreue Verfilmung, die viele Längen besitzt und in der die Figuren großteils ziellos durch die Landschaft wandern. Weiß man bei anderen Fantasy-Vertretern wie Der Herr der Ringe immer, warum die Charaktere eine solche Reise auf sich nehmen, und wohin sie letztlich führen soll, ist man als Zuschauer bei Die Heiligtümer des Todes ebenso orientierungslos wie die Protagonisten. Bekommt man dann zum dritten Mal in einer Filmstunde eine unterschiedliche Waldlichtung zu sehen, bei der die drei ihr Zelt aufschlagen, um sich wieder zu beratschlagen, was sie denn unternehmen sollen, wird aus einem Déjà-vu eine langatmige Wiederholung des bereits Gezeigten.

Der dunkle Lord Voldemort gewinnt immer mehr an Kraft. Seine Todesser unterwandern das Ministerium für Magie und töten während ihrer Schreckensherrschaft viele Zauberer und Hexen. Das eigentliche Ziel des Lords ist jedoch Harry Potter, der Einzige, der ihm gefährlich werden kann. Doch um den Jungen bezwingen zu können, benötigt er bestimmte Artefakte. Harry seinerseits flieht mit Ron und Hermine, nachdem eine Schwadron Todesser sogar einen bis dahin so sicheren Zufluchtsort aufgespürt hat. Was Harry tun muss, um dieser Schreckensherrschaft ein Ende zu bereiten, ist offensichtlich: Voldemort hat seine Seele in ein halbes Dutzend Teile zerbrochen und in verzauberten Gegenständen (so genannte Horcruxe) versteckt. Einige davon wurden bereits zerstört. Nur wenn die übrigen zerstört werden, kann es gelingen, Voldemort zu besiegen. Nur wie zerstört man einen Horcrux? Die Hälfte von Harry Potter und die Heiligtümer des Todes beschäftigt sich mit genau diesem Thema. Die Lösung kommt Hermine urplötzlich und wer die bisherigen Filme nicht in und auswendig kennt, wird spätestens an dieser Stelle Schwierigkeiten haben, der Geschichte überhaupt zu folgen. Nebenstories wie wenn Ron für Wochen verschwindet, um dann doch wieder zur rechten Zeit zur Truppe zurückzukehren, sind dagegen schlicht überflüssig. Mit zwei Dutzend aktiven Sprechrollen ist der Cast an bekannten Figuren sehr umfangreich und das erforderte Wissen, um die Gegenstände, Ortschaften und Handlungen nachzuvollziehen, ebenso enzyklopädisch. Leser der Romanvorlagen sind hier im Vorteil und werden Veränderungen bei den Nebenfiguren eher verstehen wie diejenigen, die nur die Filme gesehen haben. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, hätte man nicht das Gefühl, dass viele Stationen im Film nur deshalb eingebaut sind, weil sie eben im Buch vorkommen. Eine Notwendigkeit, in regelmäßigen Abständen, Harry, Hermine und Ron durch den Wald rennen zu sehen, gibt es nicht, man hätte die Geschichte mühelos um dreißig bis 45 Minuten zusammenfassen können (wenn nicht noch mehr), ohne inhaltlich Kompromisse eingehen zu müssen. Auch hätte man so vielleicht erreichen können, dass nicht sehr viele Darsteller eine winzige Beteiligung, sondern dafür wenige Akteure mehr zugeschrieben bekommen.
Dass einige Figuren das Ende der Geschichte nicht miterleben werden, ist Kennern der Vorlage bekannt. Bedauerlich ist jedoch, dass es (wie der Autorin zuvor) den Filmemachern nicht gelingt, ihr Opfer auch als solches darzustellen. Über das Ableben mehrerer bekannter Charaktere wird gar nur in einem Nebensatz berichtet. Wieder andere werden wenig heroisch im Vorbeiflug getötet. Dies wird der als episch angekündigten Stimmung nicht gerecht. Was Regisseur David Yates gut gelingt ist eine bedrohliche Atmosphäre, die sich zu Beginn bei der Exekution einer wehrlosen Hexe und auch beim Finale in der Folterung einer Hauptfigur zuspitzt. Wie man dies jedoch für ein Publikum ab 12 (oder in Begleitung der Eltern sogar ab 6 Jahren) zugänglich machen kann, ist schleierhaft. Unter 14, beziehungsweise 15 Jahren sind die intensiven Bilder nicht geeignet.

Viele der bekannten Darsteller wieder zu sehen weckt durchaus Erinnerungen an ihre vergangenen Auftritte. Angeführt von den drei motivierten und engagierten Jungschauspielern Daniel Radcliffe, Rupert Grint und Emma Watson gibt sich der Cast jedoch namhafter, als dass ihre Talente wirklich gefordert werden. Allenfalls Ralph Fiennes gelingt eine Furcht einflößende Darbietung.
An der Handwerklichen Umsetzung gibt es nichts zu bemängeln. Harry Potter und die Heiligtümer des Todes ist aufwändig gemacht und sauber inszeniert. Dass der Film nicht in einer 3D-Konvertierung gezeigt wird, war eine weise Entscheidung des Studios, für den zweiten Teil des Finales wird sich dies vermutlich jedoch nicht vermeiden lassen.
Komponist Alexandre Desplat übernimmt den Dirigentenstab von Nicholas Hooper und kleidet den Film in ein düsteres musikalisches Ambiente. Dabei orientiert er sich an der Instrumentierung von John Williams und nutzt sogar ähnliche Motive. Nur das eigentliche Harry Potter-Thema ist leider nicht zu hören. Auch verzichtet die Geschichte auf Hogwarts, lediglich der Hogwarts Express ist zu sehen. Nicht nur deshalb scheint der (vor)letzte Teil losgelöst von den übrigen Filmen zu sein. Nur mit welchem Ziel die Geschichte erzählt wird, das ist in den zweieinhalb mitunter langen Filmstunden leider nicht abzusehen.


Fazit:
Wie die Harry Potter-Saga enden würde, war von Beginn an klar. Weswegen man das Unausweichliche jedoch so lange hinauszögern muss, bleibt in Rätsel. Selbst das Finale, das auf zwei Filme aufgeteilt ist, mäandriert eineinhalb Stunden ziellos umher, wiederholt sich mit der Flucht von Harry, Hermine und Ron, ihren Überlegungen, wie denn vorgegangen werden soll, und der erneuten Flucht mehrmals, ehe die Geschichte eine Richtung bekommt. Doch diese Kritikpunkte sind bereits in der Vorlage zu finden, und wer eine romangetreue Verfilmung erwartet, wird genau das bekommen.
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes wirkt wie ein Exposé für ein Finale, auf das immer wieder vertröstet wird. Handwerklich ordentlich umgesetzt, düster und überraschend brutal, ist der Film für ein ganz junges Publikum schlicht ungeeignet. Charmant gespielt und mit sichtlichem Aufwand verfilmt, berührt der Film nur in wenigen Momenten und interessanterweise nie beim Schicksal der Hauptfiguren. Nichtsdestotrotz bleibt der erste Teil der auf zwei gesplitteten, lang erwarteten Auflösung der Reihe schlicht zu lang.